Anmeldepflicht für Barmittel in internationalen Transitzonen
Leitsatz
Die Pflicht, Barmittel in Höhe von 10.000 € oder mehr anzumelden, besteht auch in den internationalen Transitzonen der Flughäfen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der EU liegen. Eine Person, die von einem Nicht-EU-Staat in einen anderen Nicht-EU-Staat reist, mit Transit über einen Flughafen, der im Hoheitsgebiet der Union liegt, unterliegt somit während der Dauer ihres Transits dieser Anmeldepflicht.
Gründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden (ABl. 2005, L 309, S. 9), und Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. 2006, L 105, S. 1).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Oussama El Dakkak und der Intercontinental SARL einerseits und der Administration des douanes et droits indirects (Zollverwaltung, Frankreich) andererseits über die Anträge von Herrn El Dakkak und Intercontinental auf Ersatz der Schäden, die ihnen dadurch entstanden sein sollen, dass die Zollverwaltung bei Herrn El Dakkak bei seiner Durchreise im Flughafen Roissy-Charles-de-Gaulle (Frankreich) Barmittel beschlagnahmte, weil er diese nicht angemeldet hatte.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung Nr. 1889/2005
3 In den Erwägungsgründen 2 und 4 bis 6 der Verordnung Nr. 1889/2005 heißt es:
„(2) Die Einleitung der Erlöse aus rechtswidrigen Handlungen in das Finanzsystem und ihre Investition im Anschluss an eine Geldwäsche schaden der gesunden und nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung. Daher wurde mit der Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche [(ABl. 1991, L 166, S. 77)] auf Gemeinschaftsebene ein Mechanismus zur Verhinderung von Geldwäsche eingeführt, indem Transaktionen, die von Finanz- und Kreditinstituten sowie bestimmten Berufsgruppen abgewickelt werden, überwacht werden. Da die Gefahr besteht, dass die Anwendung dieses Mechanismus zu einem Anstieg der Bewegungen von Barmitteln für illegale Zwecke führt, sollte die Richtlinie [91/308] durch ein System zur Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, ergänzt werden.
…
(4) Auch den ergänzenden Arbeiten anderer internationaler Gremien, insbesondere der Arbeitsgruppe ‚Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche‘ (FATF), die vom G7-Gipfel 1989 in Paris eingesetzt wurde, sollte Rechnung getragen werden. Durch die Sonderempfehlung IX der FATF vom werden die Regierungen aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, um Bewegungen von Barmitteln aufzuspüren, einschließlich der Einführung eines Anmeldesystems oder anderer Offenlegungspflichten.
(5) Daher sollten Barmittel, die von natürlichen Personen bei der Einreise in die oder bei der Ausreise aus der Gemeinschaft mitgeführt werden, dem Grundsatz der obligatorischen Anmeldung unterliegen. Dieser Grundsatz würde es den Zollbehörden ermöglichen, Informationen über derartige Bewegungen von Barmitteln zu sammeln und diese Informationen gegebenenfalls anderen Behörden zu übermitteln. …
(6) Angesichts ihres präventiven Zwecks und abschreckenden Charakters sollte die Anmeldepflicht bei der Einreise in die oder bei der Ausreise aus der Gemeinschaft erfüllt werden. Damit sich die Behörden jedoch auf die wesentlichen Bewegungen von Barmitteln konzentrieren können, sollte diese Anmeldepflicht nur für Bewegungen von Barmitteln in Höhe von 10 000 [Euro] oder mehr gelten. Ferner sollte klargestellt werden, dass die Anmeldepflicht für die natürliche Person gilt, die die Barmittel mit sich führt, unabhängig davon, ob es sich dabei um den Eigentümer handelt.”
4 Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung lautet:
„Diese Verordnung ergänzt die Bestimmungen der Richtlinie [91/308] betreffend Transaktionen, die von Finanz- und Kreditinstituten sowie bestimmten Berufsgruppen abgewickelt werden, indem sie harmonisierte Vorschriften für die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, durch die zuständigen Behörden festlegt.”
5 Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:
„Jede natürliche Person, die in die Gemeinschaft einreist oder aus der Gemeinschaft ausreist und Barmittel in Höhe von 10 000 [Euro] oder mehr mit sich führt, muss diesen Betrag gemäß dieser Verordnung bei den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, über den sie in die Gemeinschaft einreist oder aus der Gemeinschaft ausreist, anmelden. Die Anmeldepflicht ist nicht erfüllt, wenn die übermittelten Informationen unrichtig oder unvollständig sind.”
6 Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung sieht vor:
„Bei einer Verletzung der Anmeldepflicht nach Artikel 3 können die Barmittel im Einklang mit den nach nationalem Recht festgelegten Bedingungen auf dem Verwaltungsweg einbehalten werden.”
Verordnung Nr. 562/2006
7 Art. 1 der Verordnung Nr. 562/2006 lautet:
„Diese Verordnung sieht vor, dass keine Grenzkontrollen in Bezug auf Personen stattfinden, die die Binnengrenzen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union überschreiten.
Sie legt Regeln für die Grenzkontrollen in Bezug auf Personen fest, die die Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union überschreiten.”
8 Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung lautet:
„Die Außengrenzen dürfen nur an den Grenzübergangsstellen und während der festgesetzten Verkehrsstunden überschritten werden. Die Verkehrsstunden sind an den Grenzübergangsstellen, die nicht rund um die Uhr geöffnet sind, deutlich anzugeben.
Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission gemäß Artikel 34 die Liste ihrer Grenzübergangsstellen.”
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
9 Intercontinental beauftragte Herrn El Dakkak, auf dem Luftweg US-Dollar (USD) von Cotonou (Benin) nach Beirut (Libanon) zu befördern, mit Transit über den Flughafen Roissy-Charles-de-Gaulle.
10 Am wurde Herr El Dakkak während seines Transits an diesem Flughafen auf der Fluggastbrücke Richtung Beirut von Zollbeamten kontrolliert. Als sie feststellten, dass Herr El Dakkak 3 900 Euro und 1 607 650 USD (etwa 1 511 545 Euro) in bar bei sich führte, legte er ihnen eine bei den Zollbehörden der Republik Benin abgegebene Anmeldung vor.
11 Infolge dieser Kontrolle wurde Herr El Dakkak vom Zoll festgehalten. Ein Ermittlungsrichter eröffnete ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Verletzung der Pflicht zur Anmeldung von Barmitteln sowie Geldwäsche von Erlösen aus Betrug.
12 Die von Herrn El Dakkak transportierten Barmittel wurden bei der Zollverwaltung sichergestellt und in Verwahrung genommen.
13 Mit Urteil vom erklärte die Chambre d’instruction der Cour d’appel de Paris (Ermittlungskammer des Berufungsgerichts Paris, Frankreich) das gesamte Verfahren für nichtig, weil Herr El Dakkak unrechtmäßig festgehalten worden sei, und ordnete die Rückgabe des verwahrten Geldes an.
14 Infolgedessen teilte die zuständige Behörde Herrn El Dakkak mit Schreiben vom mit, sie werde die Eurobeträge und den Gegenwert in Euro der US-Dollar-Beträge sowie einen Anteil des auf die Bearbeitungskosten eingeräumten Nachlasses überweisen.
15 Daraufhin klagten Herr El Dakkak und Intercontinental zunächst beim Tribunal d’instance d’Aulnay-sous-Bois (Amtsgericht von Aulnay-sous-Bois, Frankreich) und anschließend bei der Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) einen Antrag auf Schadensersatz. Dabei machten sie geltend, die Zollverwaltung habe zu Unrecht eine Verletzung der Anmeldepflicht durch Herrn El Dakkak angenommen, weil er einer solchen Pflicht nicht unterworfen gewesen sei.
16 Nachdem die Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris) mit Urteil vom die Klage abgewiesen hatte, legte Herr El Dakkak Kassationsbeschwerde beim vorlegenden Gericht ein.
17 Unter diesen Umständen hat die Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 und Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 562/2006 dahin gehend auszulegen, dass ein Angehöriger eines Drittstaats, der sich in der internationalen Transitzone eines Flughafens aufhält, nicht der Anmeldepflicht gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 unterliegt, oder vielmehr dahin gehend, dass dieser Staatsangehörige dieser Pflicht unterliegt, da er eine Außengrenze der Union an einer Grenzübergangsstelle im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 562/2006 überschritten hat?
Zur Vorlagefrage
18 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 dahin auszulegen ist, dass die darin vorgesehene Anmeldepflicht in der internationalen Transitzone eines Flughafens eines Mitgliedstaats besteht, wenn, wie im Ausgangssachverhalt, eine natürliche Person, indem sie aus einer Maschine mit Herkunft aus einem Drittstaat von Bord geht, in diese Zone einreist und dort verweilt, bevor sie an Bord einer anderen Maschine mit Ziel in einem anderen Drittstaat geht.
19 Die Bestimmung der Reichweite dieser Anmeldepflicht hängt von der Auslegung des Begriffs „natürliche Person, die in die [Union] einreist oder aus der [Union] ausreist” im Sinne von Art. 3 Abs. 1 ab.
20 Dieser Begriff wird in der Verordnung Nr. 1889/2005 nicht definiert.
21 Er ist allerdings unzweideutig und muss in seinem üblichen Sinn verstanden werden, nämlich dass eine natürliche Person sich von einem Ort, der nicht zum Unionsgebiet gehört, zu einem Ort, der zum Unionsgebiet gehört, fortbewegt oder umgekehrt.
22 Das Unionsgebiet umfasst den räumlichen Bereich im Sinne von Art. 52 EUV und Art. 355 AEUV, die den räumlichen Geltungsbereich der Verträge definieren.
23 Mangels einer Präzisierung ist der räumliche Geltungsbereich eines Sekundärrechtsakts anhand dieser Vorschriften zu bestimmen, da das Sekundärrecht grundsätzlich den gleichen Geltungsbereich wie die Verträge selbst hat und in diesem Bereich von Rechts wegen gilt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Parlament und Kommission/Rat, bis , EU:C:2015:813, Rn. 76 und 77).
24 Zum einen gehören die Flughäfen der Mitgliedstaaten zu diesem räumlichen Bereich und somit zum Unionsgebiet.
25 Zum anderen schließen die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1889/2005 die in Art. 3 Abs. 1 vorgesehene Anmeldepflicht in den internationalen Transitzonen dieser Flughäfen genauso wenig aus, wie Art. 52 EUV und Art. 355 AEUV diese Zonen aus dem räumlichen Geltungsbereich der Verträge ausschließen oder eine entsprechende Ausnahme vorsehen.
26 Eine natürliche Person, die sich von einem Ort, der nicht zu dem von den Art. 52 EUV und Art. 355 AEUV umrissenen räumlichen Bereich gehört, zu einem Ort fortbewegt, der zu diesem Bereich gehört, reist also im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 in die Union ein.
27 Dies ist der Fall bei einer Person, die, wie Herr El Dakkak, in einem Flughafen auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aus einer Maschine mit Herkunft aus einem Drittstaat von Bord geht und in der internationalen Transitzone dieses Flughafens verweilt, bevor sie an Bord einer anderen Maschine mit Ziel in einem anderen Drittstaat geht.
28 Die Auslegung, wonach die in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 vorgesehene Anmeldepflicht in den internationalen Transitzonen der Flughäfen, die im Unionsgebiet liegen, besteht, ist auch mit dem Ziel dieser Verordnung vereinbar.
29 Gemäß ihren Erwägungsgründen 2, 5 und 6 soll die Verordnung Nr. 1889/2005 nämlich abschrecken und verhindern, dass Erlöse aus rechtswidrigen Handlungen in das Finanzsystem eingeleitet sowie im Anschluss an eine Geldwäsche investiert werden, wozu sie u. a. den Grundsatz der obligatorischen Anmeldung für Bewegungen von Barmitteln, die in die Union oder aus der Union verbracht werden, aufstellt, der es ermöglicht, Informationen über diese zu sammeln (vgl. Urteil vom , Chmielewski, , EU:C:2015:475, Rn. 18).
30 Zu diesem Zweck sieht Art. 3 Abs. 1 der Verordnung für jede natürliche Person, die in die Union einreist oder aus der Union ausreist und Barmittel in Höhe von 10 000 Euro oder mehr mit sich führt, die Verpflichtung vor, diesen Betrag anzumelden (vgl. Urteil vom , Chmielewski, , EU:C:2015:475, Rn. 19).
31 Wie sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit den Erwägungsgründen 1 bis 3 der Verordnung Nr. 1889/2005 ergibt, bezweckt diese im Kontext der Förderung einer harmonischen, ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftslebens in der ganzen Union eine Ergänzung der Bestimmungen der Richtlinie 91/308, indem sie harmonisierte Vorschriften für die Überwachung von Barmitteln festlegt, die in die Union oder aus der Union verbracht werden (vgl. Urteil vom , Chmielewski, , EU:C:2015:475, Rn. 17).
32 Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass der Hauptzweck der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. 2005, L 309, S. 15), die die Richtlinie 91/308 ersetzt hat, in der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zweck der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung besteht, wie aus ihrem Titel und ihren Erwägungsgründen sowie daraus hervorgeht, dass sie, wie die ihr vorhergehende Richtlinie 91/308, in einem internationalen Kontext erlassen wurde, um die Empfehlungen des Arbeitskreises „Financial Action Task Force” (FATF), die das führende internationale Gremium auf dem Gebiet der Bekämpfung der Geldwäsche ist, in der Union anzuwenden und verbindlich zu machen (vgl. Urteil vom , Jyske Bank Gibraltar, , EU:C:2013:270, Rn. 46).
33 Wie aus ihrem vierten Erwägungsgrund hervorgeht, wurde die Verordnung Nr. 1889/2005, ebenso wie die Richtlinien 91/308 und 2005/60, angenommen, um ergänzenden Arbeiten anderer internationaler Gremien, insbesondere der FATF, Rechnung zu tragen. Durch deren Sonderempfehlung IX vom werden die Regierungen aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, um Bewegungen von Barmitteln aufzuspüren, einschließlich der Einführung eines Anmeldesystems oder anderer Offenlegungspflichten.
34 Wie der Generalanwalt in den Nrn. 44 und 45 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, verlangen das von der Verordnung Nr. 1889/2005 verfolgte Ziel, der internationale Kontext, in den sie sich einfügt, und die Notwendigkeit, den Präventiv- und Abschreckungszweck der in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung vorgesehenen Anmeldepflicht zu erreichen, den Begriff „natürliche Person, die in die [Union] einreist oder aus der [Union] ausreist” im Sinne dieser Vorschrift weit auszulegen.
35 Wenn diese Vorschrift nämlich dahin ausgelegt würde, dass Personen, die sich in einer internationalen Transitzone eines Flughafens der Union befinden, dieser Anmeldepflicht nicht unterliegen, wären die Wirksamkeit des von der Verordnung Nr. 1889/2005 vorgesehenen Kontrollsystems für Bewegungen von Barmitteln, die in die Union oder aus der Union verbracht werden, und demnach die Verwirklichung des von ihr verfolgten Ziels zumindest teilweise in Gefahr.
36 Hierfür ist die Frage, ob ein Drittstaatsangehöriger, der sich in der internationalen Transitzone des Flughafens eines Mitgliedstaats befindet, im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 562/2006 eine Außengrenze der Union überschritten hat oder nicht, unerheblich.
37 Insbesondere aus den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen der Verordnungen Nr. 1889/2005 und Nr. 562/2006 ergibt sich nämlich, dass diese unterschiedliche Gegenstände haben und unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen.
38 Wie in Rn. 31 des vorliegenden Urteils bereits erwähnt wurde, soll die Verordnung Nr. 1889/2005 die Bestimmungen der Richtlinie 91/308 um harmonisierte Vorschriften für die Überwachung der Bewegungen von Barmitteln ergänzen, die in die Union oder aus der Union verbracht werden; die Verordnung Nr. 562/2006 sieht nach ihrem Art. 1 hingegen vor, dass keine Grenzkontrollen in Bezug auf Personen stattfinden, die die Binnengrenzen zwischen den Mitgliedstaaten überschreiten, und legt Regeln fest für die Grenzkontrollen in Bezug auf Personen, die die Außengrenzen der Mitgliedstaaten überschreiten.
39 Im Übrigen weist nichts in der Verordnung Nr. 1889/2005 darauf hin, dass ihre Bestimmungen unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 562/2006 auszulegen wären.
40 Da keiner der beiden Texte dies ausdrücklich vorsieht, kann die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 also nicht von der Auslegung des Begriffs der Überschreitung einer Außengrenze der Union im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 562/2006 abhängen.
41 Nach alledem dürfen internationale Transitzonen der Flughäfen der Mitgliedstaaten nicht vom Geltungsbereich von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 ausgeschlossen werden, so dass eine natürliche Person, die in einem Flughafen auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aus einer Maschine mit Herkunft aus einem Drittstaat von Bord geht und in der internationalen Transitzone dieses Flughafens verweilt, bevor sie an Bord einer anderen Maschine mit Ziel in einem anderen Drittstaat geht, der Anmeldepflicht nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 unterliegt, wenn sie bei ihrer Einreise in die Union Barmittel in Höhe von 10 000 Euro oder mehr mit sich führt.
42 Es ist Sache der Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu erlassen, die es den Betroffenen erlauben, dieser Pflicht unter vollständiger Wahrung ihrer Rechtssicherheit nachzukommen.
43 Unter diesen Umständen ist auf die gestellte Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1889/2005 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Anmeldepflicht in der internationalen Transitzone eines Flughafens eines Mitgliedstaats besteht.
Kosten
44 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, ist dahin auszulegen, dass die darin vorgesehene Anmeldepflicht in der internationalen Transitzone eines Flughafens eines Mitgliedstaats besteht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:EU:C:2017:341
Fundstelle(n):
KAAAG-44612