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Uneinbringlichkeit von Forderungen
Eine Übersichtsseite zu den Stichwörtern des Kontierungslexikons finden Sie hier: NWB LAAAE-91155.
Zusammenfassung
Unternehmer, die der Sollbesteuerung nach § 13 UStG unterliegen, müssen für erbrachte Leistungen die Umsatzsteuer auch dann an das Finanzamt abführen, wenn der Kunde die Rechnung noch nicht bezahlt hat. Eine Korrektur ist dann möglich, wenn die Forderung uneinbringlich i. S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist. Jedoch gibt es keine konkreten Hinweise im Gesetz, welche Kriterien für eine Uneinbringlichkeit sprechen. Darüber hinaus sind ertragsteuerliche Gesichtspunkte für die Umsatzsteuer völlig unerheblich.
Der Beitrag zeigt die Unterschiede zwischen Ertrag- und Umsatzsteuer auf und gibt einen Überblick über mögliche Anhaltspunkte, die für eine Uneinbringlichkeit i. S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG sprechen. Darüber hinaus wird anhand von Beispielsfällen die Verbuchung einzelner Fallgestaltungen der Uneinbringlichkeit dargestellt.
1. Welche Konten werden im SKR 03 oder 04 benötigt?
1.1 SKR 03
Tabelle in neuem Fenster öffnen
0996 | Pauschalwertberichtigung auf Forderungen - Restlaufzeit bis 1
Jahr |
1400 | Forderungen aus Lieferungen und
Leistungen |
1486 | Uneinbringliche Forderungen
§ 17
UStG |
1776 | Umsatzsteuer 19
% |
1799 | Verrechnungskonto Umsatzsteuer auf Forderungsverluste
§ 17 UStG
|
2400 | Forderungsverluste (übliche Höhe) |
2406 | Forderungsverluste
19 % USt (übliche Höhe) |
2410 | Forderungsverluste
§ 17
UStG |
2411 | Gegenkonto Forderungsverluste
§ 17
UStG |
2450 | Einstellungen in die
Pauschalwertberichtigung auf Forderungen |
1.2 SKR 04
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1200 | Forderungen aus
Lieferungen und Leistungen |
1248 | Pauschalwertberichtigung auf
Forderungen - Restlaufzeit bis 1 Jahr |
1256 | Uneinbringliche Forderungen
§ 17
UStG |
3699 | Verrechnungskonto Umsatzsteuer
auf Forderungsverluste
§ 17 UStG
|
3806 | Umsatzsteuer 19 % |
6920 | Einstellungen in die
Pauschalwertberichtigung auf Forderungen |
6930 | Forderungsverluste
(übliche Höhe) |
6936 | Forderungsverluste 19 % USt
(übliche Höhe) |
6940 | Forderungsverluste
§ 17
UStG |
6941 | Gegenkonto Forderungsverluste
§ 17
UStG |
2. Rechtsgrundlagen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
3. Wie wird kontiert?
3.1 Allgemeine Grundsätze
Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, so hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag entsprechend zu berichtigen.
Die Änderung der Bemessungsgrundlage kann darauf beruhen, dass das vereinbarte Entgelt nicht gezahlt wird, entweder
nur teilweise – Fall des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG – oder
gänzlich – Fall des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG.
Grundsätzliche Voraussetzung für die Anwendung des § 17 UStG ist, dass es sich um einen Unternehmer handeln muss, der seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG versteuert.
Ferner kann § 17 UStG nur dann Anwendung finden, wenn der Umsatz in einem vorherigen Besteuerungszeitraum auch tatsächlich Eingang in die Steuerfestsetzung gefunden hat, d. h. bei Ausführung der Leistung auch tatsächlich versteuert worden ist. Nicht erforderlich ist aber, dass die Steuer für die ausgeführte Leistung auch tatsächlich durch den Leistenden an die Staatskasse abgeführt wurde. Denn § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG geht von der „geschuldeten“ und nicht von der „entrichteten“ Steuer aus.
Dieses Zusammenspiel von § 13 UStG und § 17 UStG führt im Besteuerungsverfahren zum materiell-rechtlich zutreffenden Ergebnis, dass letztlich nur das besteuert wird, was der Leistungsempfänger tatsächlich aufgewendet hat, um die Leistung zu erhalten. Dem materiell-rechtlichen Regelungsinhalt nach enthält § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG somit lediglich eine Feststellung dessen, was sich ohnehin in Auslegung des § 10 UStG ergibt: Wendet der Leistungsempfänger mangels Zahlungsfähigkeit nichts auf, so ist auch nichts zu besteuern.
Der Unternehmer, der systembedingt die Umsatzsteuer für eine erbrachte Leistung bereits versteuern muss, ohne dass es – zunächst – auf die Zahlung der Gegenleistung ankommt, hat demnach ein Interesse daran, die vorfinanzierte Umsatzsteuer so früh wie möglich zu berichtigen, wenn es zu Zahlungsstörungen kommt. In derartigen Fällen ist die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG zu prüfen.
Das Gesetz spricht von der sog. Uneinbringlichkeit der Gegenleistung. Eine Definition des Begriffs „Uneinbringlichkeit“ enthält das Gesetz aber nicht. Uneinbringlichkeit i. S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG kann sich aus rechtlichen Gründen oder aus tatsächlichen Gründen ergeben.
Die Vorschrift geht jedoch davon aus, dass eine Berichtigung nicht ein endgültiges Ereignis voraussetzt: Denn nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG können trotz vorliegender Uneinbringlichkeit noch nachträglich Zahlungen eingehen.
Es braucht demnach nicht mit absoluter Sicherheit festzustehen, dass die Forderung nicht mehr beglichen werden kann. Voraussetzung ist nicht, dass die Forderung schlechthin keinen Wert mehr hat. Vielmehr genügt es, wenn die Forderung „für eine geraume Zeit nicht mehr durchsetzbar ist“. Hieraus wird deutlich, dass keine erhöhten Anforderungen an das Vorliegen der Uneinbringlichkeit gestellt werden dürfen. Insofern kann die gesetzliche Begriffsbestimmung der „Uneinbringlichkeit“ nach dem Wortlaut missverstanden werden.
3.2 Zeitpunkt der Berichtigung der Umsatzsteuer
Die Berichtigung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Änderung wirkt demnach ex nunc, d. h. nachträgliche Ereignisse wirken nicht auf den Besteuerungszeitraum der ausgeführten Leistung zurück. Eine Änderung oder Aufhebung der ursprünglichen Steuerfestsetzung kommt nicht in Betracht.
Der Berichtigungszeitpunkt ist nicht verhandelbar. Der Unternehmer hat kein Wahlrecht, in welchem Besteuerungszeitraum die Umsatzsteuer berichtigt werden kann. Insbesondere kann die Berichtigung der Umsatzsteuer nicht nachgeholt werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 17 UStG („haben ... zu berichtigen“ und „sind ... vorzunehmen“). Die Berechnung der Umsatzsteuer folgt nach den Regelungsgrundsätzen in § 16 UStG. Wahlrechte hinsichtlich des Zeitpunkts der Berücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen sind dem § 16 UStG nicht zu entnehmen. Es besteht kein Verhandlungsspielraum für den Zeitpunkt der Berichtigung.
Der Unternehmer U hat Forderungen i. H. von rund 10 Mio. € + 19 % Umsatzsteuer gegenüber einer Vielzahl von Kunden. Im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten 2023 stellt der steuerliche Berater fest, dass die Forderungen bis in das Kalenderjahr 2018 zurückreichen. Er ermittelt, dass Forderungen der Kalenderjahre 2018, 2019, 2020 und 2021 i. H. von jeweils 100.000 € + 19 % Umsatzsteuer = 19.000 € uneinbringlich sind. Er bucht demnach im Jahr 2023 Forderungen i. H. von 400.000 € + 19 % Umsatzsteuer = 76.000 € aus. Im Rahmen einer Prüfung des Finanzamts wird festgestellt, dass die Forderungen aus dem Kalenderjahr 2018 bereits im Kalenderjahr 2018 uneinbringlich i. S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG waren. Für das Kalenderjahr 2018 ist jedoch bereits die Festsetzungsverjährung eingetreten.
U hat kein Berichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG im Kalenderjahr 2023, da die Voraussetzungen bereits im Kalenderjahr 2018 vorlagen. Die Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr 2018 ist wegen bereits eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr änderbar.
3.3 Ertragsteuerliche und handelsrechtliche Sichtweise
Einkommensteuerrechtlich und handelsrechtlich können Forderungen pauschal wertberichtigt werden. Diese betragsmäßige pauschale Schätzung des möglichen Risikos des Forderungsausfalls anhand der tatsächlichen Verhältnisse der Vergangenheit ist für die umsatzsteuerrechtliche Betrachtungsweise unmaßgeblich. Sie führt nicht zu einer Berichtigung der Umsatzsteuer. Entsprechend ist eine pauschale Wertberichtigung nur nach dem Wert der Nettoforderungen zulässig.
Versäumte Berichtigungen nach § 17 UStG können anders als ertragsteuerliche Wertberichtigungen von Forderungen, die nach den Grundsätzen des Bilanzzusammenhangs in der ersten offenen Veranlagung nachgeholt werden können, nicht nachgeholt werden.
3.4 Umsatzsteuerrechtliche Sichtweise
Für die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt die Umsatzsteuer bei Forderungen berichtigt werden kann bzw. muss, ergeben sich keine konkreten Hinweise im Gesetz. Man muss die Hinweise der Finanzverwaltung sowie einschlägige Rechtsprechung zu Rate ziehen, um eine gewisse Tendenz zu erkennen und für die Praxis einen einigermaßen verlässlichen Leitfaden zu finden.