Umsatzsteuer bei Physiotherapeuten; Umsatzsteuerliche Abgrenzung von Heilbehandlungen und Wellnessmaßnahmen
Nach den Erörterungen auf Bundesebene gilt für Massageleistungen im Anschluss/Nachgang einer ärztlichen Diagnose, die durch Physiotherapeuten oder staatlich geprüfte Masseure durchgeführt werden und für die die Patienten die Kosten selbst tragen, Folgendes:
Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG
Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind u.a. Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin steuerfrei, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Physiotherapeut oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden.
Sowohl Physiotherapeuten als auch staatlich geprüfte Masseure stellen arztähnliche Berufe dar (vgl. Abschnitt 4.14.4 Abs. 2 und Abs. 11 6. Spiegelstrich UStAE).
Heilbehandlungen sind Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Heilberufliche Leistungen sind daher nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (vgl. Abschnitt 4.14.4 Abs. 4 UStAE).
Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe i. S. d. § 20 SGB V, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, weil sie lediglich „den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern” sollen, sind keine Heilbehandlungen (vgl. Abschnitt 4.14.4 Abs. 5 Nr. 10 UStAE). Auch Massageleistungen, die von einem Physiotherapeuten ohne vorherige ärztliche Anordnung lediglich aus kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung des Wohlbefindens („wellness”) durchgeführt werden, fallen nicht unter die Steuerbefreiung (vgl. ).
Die Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist in jedem Einzelfall nachzuweisen. Für die Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen von Physiotherapeuten oder staatlich geprüften Masseuren ist somit entweder eine ärztliche Verordnung erforderlich oder die Leistungen müssen im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme erbracht werden.
Behandlungen im Anschluss/Nachgang einer ärztlichen Diagnose, für die die Patienten die Kosten selbst tragen, sind grundsätzlich nicht als steuerfreie Heilbehandlung anzusehen. Sofern für diese Anschlussbehandlungen keine ärztliche Verordnung vorliegt, handelt es sich hierbei um steuerpflichtige Präventionsmaßnahmen.
Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG
Gemäß Abschnitt 12.11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UStAE zählen physiotherapeutische Leistungen (z. B. Heilmassagen und Heilgymnastik) zu den nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG vom ermäßigten Umsatzsteuersatz begünstigten Heilbädern. Da es bei der Verabreichung von Heilbädern, die ihrer Art nach allgemeinen Heilzwecken dienen, nicht erforderlich ist, dass im Einzelfall ein bestimmter Heilzweck nachgewiesen wird (Abschnitt 12.11 Abs. 4 Satz 1 UStAE), unterliegen die steuerpflichtigen Leistungen, die typischerweise von Physiotherapeuten oder staatlich geprüften Masseuren erbracht werden und von den Krankenkassen grundsätzlich als Heilmittel anerkannt sind, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.
Anwendungszeitpunkt:
Für vor dem ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn die Leistungen der Physiotherapeuten, die im Anschluss an eine ärztliche Diagnose erbracht werden und für die die Patienten die Kosten selbst tragen, dann als steuerfreie Heilbehandlung angesehen werden, wenn die Leistung auf die Diagnose des Arztes gestützt wird und weiterhin zur Behandlung der darin festgestellten Symptome dient.
Finanzministerium des Landes
Nordrhein-Westfalen v. - S 7170 - 26 - V A
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Fundstelle(n):
DB 2011 S. 2062 Nr. 37
GStB 2011 S. 409 Nr. 12
JAAAD-89774