Prüfungen nach dem Mindestlohngesetz bei einem im EU-Ausland (hier: Slowakei) ansässigen Unternehmen der Transport- und Logistikbranche
hinsichtlich Fahrten mit Be- oder Entladung in Deutschland sowie hinsichtlich Kabotagefahrten EU- und verfassungsrechtlich
zulässig
Umfang der bei der Prüfung vorzulegenden Unterlagen
Leitsatz
1. Die Anordnung einer Prüfung nach dem Mindestlohngesetz bei Arbeitgebern im In- oder Ausland steht im Ermessen der Finanzbehörde
und ist in aller Regel ermessensgerecht, wenn sie dem Gesetzeszweck, d. h. der Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des
MiLoG dient, es sei denn, es lägen Anhaltspunkte für ein unverhältnismäßiges, sachwidriges oder willkürliches Verhalten der
Finanzbehörde vor. Die Überprüfung des für ein in der Slowakei ansässiges Logistikunternehmen grenzüberschreitend tätigen
Fahrers ist daher hinsichtlich der Zeiten, in denen der Fahrer in Deutschland tätig war, grundsätzlich unabhängig davon zulässig,
ob dem Beschäftigungsverhältnis ein Arbeitsvertrag nach deutschem Recht zugrunde gelegen hat (Abgrenzung zum Urteil des Österreichischen
Obersten Gerichtshofs v. , 9 ObA 53/16h).
2. Die aus §§ 1 und 20 MiLoG folgende Mindestlohnpflicht ist auch nicht vor dem Hintergrund einschränkend auszulegen, dass
im Bereich der Beförderung von Gütern und Personen die entsandten Arbeitnehmer ggf. nur kurzzeitig im Inland tätig werden.
Ausländische Arbeitgeber unterliegen jedenfalls insoweit den Vorschriften des MiLoG, als ihre Arbeitnehmer über reine Transitfahrten
hinaus Transporte aus oder nach einem anderen Mitgliedstaat mit Be- oder Entladung in Deutschland oder Kabotagefahrten durchführen
(Abgrenzung zum , ECLI:EU:C:2014:2235, sowie zum Urteil des AG Weißenburg v. ,
1 C 435/16).
3. Die Vorschriften des MiLoG, etwa zu den Prüfungsbefugnissen der Zollverwaltung einerseits und den Mitwirkungsverpflichtungen
des Arbeitgebers andererseits, verstoßen nicht gegen Europa- oder Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen das verfassungsrechtliche
Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG).
4. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Vorlage von Unterlagen nach §§ 15 S. 1 Nr. 1, 2 MiLoG besteht auch dann noch, wenn
seit dem Erlass der Prüfungsanordnung bzw. Aufklärungsanordnung mittlerweile mehr als zwei Jahre vergangen sind und dies auf
die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Prüfungsverfügung durch den Arbeitgeber zurückzuführen ist.
5. Das Hauptzollamt darf vom Arbeitgeber zur Prüfung Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, Nachweise über die Zahlung der Löhne
sowie Arbeitszeitaufzeichnungen anfordern, nicht aber die Mitteilung von Firma und Anschrift des jeweiligen Auftraggebers
des einzelnen Transports.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStR 2019 S. 8 Nr. 14 DStRE 2019 S. 519 Nr. 8 IAAAG-94358
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