BFH Beschluss v. - I B 51/06

Darlegung einer Divergenz; phasengleiche Aktivierung von Dividendenansprüchen

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, KStG § 8 Abs. 1, EStG § 5 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Die Gründungsgesellschafter übertrugen der Klägerin als Sacheinlagen 61/120 der Geschäftsanteile der B-GmbH, die mit einem Stammkapital von 120 000 DM ausgestattet war. Die damaligen Gesellschafter der B-GmbH hatten im März 1996 deren Jahresabschluss für 1995 festgestellt und beschlossen, den nach einer Vorabausschüttung verbliebenen Bilanzgewinn auf neue Rechnung vorzutragen. In ihrer Eröffnungsbilanz auf den aktivierte die Klägerin einerseits die Beteiligung an der B-GmbH mit 61 000 DM und andererseits einen Gewinnanspruch im Betrag von 402 600 DM. Die restlichen Anteile an der B-GmbH erwarb die Klägerin mit Vertrag vom für einen Kaufpreis von 480 000 DM. Diese Anschaffungskosten ordnete die Klägerin mit 59 000 DM der Beteiligung und mit 421 000 DM einem Gewinnanspruch zu.

Am beschloss die Klägerin als nunmehrige Alleingesellschafterin der B-GmbH eine Gewinnausschüttung für 1995 im Betrag von 614 000 DM und ließ sich den nach Steuerabzug verbleibenden Betrag am Folgetag auszahlen. In ihrer Bilanz zum 31. Dezember des Streitjahres 1996 buchte die Klägerin die zuvor aktivierten Gewinnansprüche von insgesamt 823 600 DM gewinnmindernd aus. Das seinerzeit zuständige Finanzamt erkannte die Aktivierung der Gewinnansprüche -und in der Konsequenz auch deren gewinnmindernde Auflösung- im Rahmen der Festsetzung der Körperschaftsteuer für das Streitjahr nicht an. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sächsische zurückgewiesen.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und begründet dies mit einer Divergenz des angefochtenen Urteils zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe in ihrer Beschwerdebegründung nicht schlüssig dargetan.

1. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen einer Divergenz des angefochtenen Urteils zu dem in Bezug genommenen Beschluss des Großen Senats des (BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632) wäre es erforderlich gewesen, einen das FG-Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz aus dem BFH-Beschluss in der Weise gegenüberzustellen, dass die Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom VIII B 295/04, BFH/NV 2006, 339; vom X B 10/05, BFH/NV 2006, 777; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 42, m.w.N.). Dem werden die Ausführungen der Klägerin nicht gerecht. Sie macht geltend, das FG habe nicht beachtet, dass im Streitfall die Voraussetzungen vorlägen, die nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH ausnahmsweise eine Aktivierung des Dividendenanspruchs bei der Muttergesellschaft vor Fassung des Gewinnverteilungsbeschlusses ermöglichten. Damit beruft sie sich nicht auf die Statuierung eines divergierenden abstrakten Rechtssatzes, sondern macht vielmehr geltend, das FG habe den BFH-Beschluss fehlerhaft auf den Streitfall angewendet. Selbst wenn dies zuträfe, läge in einer solchen „schlicht” fehlerhaften Anwendung der BFH-Rechtsprechung auf den Einzelfall kein Revisionszulassungsgrund (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom III B 143/04, BFH/NV 2005, 1632; vom VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799).

2. Den Ausführungen in der Beschwerdebegründung können auch die Voraussetzungen der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) bzw. der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) nicht hinreichend entnommen werden.

Soweit die Klägerin diese Zulassungsgründe daraus ableitet, im Streitfall habe —im Gegensatz zu den bisher zur phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen entschiedenen Fällen— im für die Aktivierung maßgeblichen Zeitpunkt bereits ein Beschluss über die Feststellung des betreffenden Bilanzgewinns vorgelegen, ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht, aus welchen Gründen dieser Umstand eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung der Sachverhalte rechtfertigen könnte. Insbesondere ist nicht erkennbar, inwiefern die Feststellung des Jahresabschlusses auf einen Ausschüttungswillen der Gesellschafter schließen lassen könnte. Ein solcher Schluss würde sich im Streitfall schon deshalb verbieten, weil die seinerzeitigen Gesellschafter der B-GmbH im März 1996 mit der Feststellung des Jahresabschlusses ausdrücklich beschlossen hatten, den Gewinn des Jahres 1995 nicht auszuschütten, sondern vorzutragen.

Die von der Klägerin des Weiteren aufgeworfene Frage, ob die im Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632 entwickelten Grundsätze zur Bilanzierung von Dividendenansprüchen auch auf der Grundlage des ab dem durch das Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz) vom (BGBl I 1985, 2355) geänderten Handelsgesetzbuchs anzuwenden seien, hat der Große Senat des BFH in den Beschlussgründen (Gliederungspunkt C.II.12) ausdrücklich bejaht. Welche neuen, vom Großen Senat des BFH nicht bedachten Aspekte jetzt zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung führen könnten, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht. Die Argumentation der Klägerin, auf der Grundlage des Bilanzrichtlinien-Gesetzes könne die Dividendenforderung vor Fassung des Gewinnausschüttungsbeschlusses handelsrechtlich nicht als Bilanzierungshilfe aktiviert werden, woraus zu folgern sei, dass es sich um einen Vermögensgegenstand und mithin um ein in der Steuerbilanz aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut handeln müsse, ist rechtlich nicht schlüssig und wird auch —soweit ersichtlich— in Rechtsprechung und Literatur nicht vertreten.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 2259 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 2/2008 S. 72
FAAAC-60522