BFH Urteil v. - V R 69/05

Umsatzsteuerliche Beurteilung von Leistungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft

Leitsatz

Eine Leistung gegen Entgelt i. S. des § 1 UStG liegt auch vor, wenn ein Unternehmer für einen anderen tätig wird und hierfür einen Aufwendungsersatz erhält. Am notwendigen Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und erhaltenem Gegenwert fehlt es jedoch regelmäßig, wenn ein Gesellschafter aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis begründet sind, die Verluste seiner Gesellschaft übernimmt, um ihr die weitere Tätigkeit zu ermöglichen, wenn also die Zahlung nur dazu dient, die Gesellschaft mit dem für ihre Tätigkeit notwendigen Kapital auszustatten. Für die Qualifizierung der Zahlungen der Gesellschafter als Entgelt ist die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Würdigung als Gesellschafterbeitrag unerheblich. Ob eine GmbH nach handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen einen Gesellschafterzuschuss erhalten hat oder nicht, ist umsatzsteuerrechtlich nicht entscheidend.

Gesetze: UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH, die nach der Vereinigung Deutschlands von den fünf neuen Bundesländern und Berlin gegründet wurde. Anlass für die Gründung der GmbH waren die Regelungen im Einigungsvertrag vom (EinigVtr).

Nach Art. 36 Abs. 1 EinigVtr wurden der „Rundfunk der DDR” und der „Deutsche Fernsehfunk” als gemeinschaftliche staatsunabhängige, rechtsfähige Einrichtung der fünf neuen Länder und des Landes Berlin für den Teil, in dem das Grundgesetz (GG) nicht galt, weitergeführt. Die Einrichtung wurde von dem Rundfunkbeauftragten geleitet und vertreten. Aufgrund Art. 36 Abs. 1 und 6 i.V.m. Art. 21 Abs. 1 und 2 EinigVtr wurden die Gesellschafter der GmbH, die fünf neuen Bundesländer und Berlin, im Verhältnis ihrer Anteile Miteigentümer derjenigen Grundstücke, die in der Zeit vor der Wiedervereinigung von den Rundfunk- und Fernseheinrichtungen der DDR genutzt worden waren.

Art. 36 EinigVtr enthielt —soweit hier von Bedeutung— folgende Regelungen:

„Nach Art. 36 Abs. 1 des EinigVertr werden der 'Rundfunk der DDR' und der 'Deutsche Fernsehfunk' als gemeinschaftliche staatsunabhängige, rechtsfähige Einrichtung von den in Artikel 1 Abs. 1 genannten Ländern und dem Land Berlin für den Teil, in dem das Grundgesetz bisher nicht galt, bis spätestens weitergeführt, soweit sie Aufgaben wahrnehmen, für die die Zuständigkeit der Länder gegeben ist. Nach Art. 36 Abs. 6 ist 'die Einrichtung innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums nach Maßgabe der föderalen Struktur des Rundfunks durch gemeinsamen Staatsvertrag der in Artikel 1 genannten Länder aufzulösen oder in Anstalten des öffentlichen Rechts einzelner oder mehrerer Länder überzuführen. Kommt ein Staatsvertrag nach Satz 1 bis zum nicht zustande, so ist die Einrichtung mit Ablauf dieser Frist aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt bestehendes Aktiv- und Passivvermögen geht auf die in Artikel 1 genannten Länder in Anteilen über. Die Höhe der Anteile bemisst sich nach dem Verhältnis des Rundfunkgebührenaufkommens nach dem Stand vom in dem in Artikel 3 genannten Gebiet'. Mit Inkraftsetzung des Staatsvertrags nach Absatz 6, spätestens am , treten die Absätze 1 bis 6 außer Kraft (Art. 36 Abs. 7 EinigVertr).”

Weil eine Auflösung oder Überführung der „Einrichtung” i.S. des Art. 36 EinigVtr ausschied und die „Einrichtung” deshalb nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 EinigVtr mit Ablauf des aufgelöst sei, vereinbarten die Chefs der Staats- und Senatskanzleien der betreffenden Länder am die Gründung einer GmbH. Diese sollte die den Ländern nach Art. 36 EinigVtr zustehenden Grundstücke verwerten und bis dahin verwalten. Die mit der Gründung der Gesellschaft und der Wahrnehmung der ihr, der GmbH, zugewiesenen Aufgaben entstehenden Kosten sollten aus Mitteln der „Einrichtung” bzw. den Verwertungserlösen gedeckt werden. Für die Höhe der Anteile war Art. 36 Abs. 6 Satz 4 EinigVtr maßgeblich, d.h. die Höhe der Anteile sollte sich nach dem Verhältnis des Rundfunkgebührenaufkommens nach dem Stand vom in dem in Art. 3 EinigVtr genannten Gebietes bemessen. Erwartet wurde, dass die Gesellschaft die Aufgaben bis zum erfüllt haben werde.

Nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH vom ist an der GmbH das Land…mit einer Stammeinlage von ... DM (8,6 %), das Land…mit ... DM (16,4 %), das Land…mit ... DM (11,6 %), das Land…mit ... DM (30 %), das Land…mit ... DM (18,8 %) und das Land…mit ... DM (14,6 %) beteiligt. Die GmbH wurde am in das Handelsregister eingetragen.

Gegenstand des Unternehmens der GmbH ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrages „die Verwaltung und Verwertung der nach Art. 36 in Verbindung mit Art. 21 Einigungsvertrag auf die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen übergegangenen Grundstücke, die früher dem 'Rundfunk der DDR' und dem 'Deutschen Fernsehfunk' gedient haben, sowie die Abwicklung von Arbeits- und Dienstverhältnissen früherer Mitarbeiter der 'Einrichtung'. Aufgabe der Gesellschaft ist es weiter, in einem Schlussbericht darzulegen, was die einzelnen Länder bzw. Rundfunkanstalten insgesamt wertmäßig von der 'Einrichtung' nach Art. 36 Abs. 1 Einigungsvertrag, durch Aufteilung unter den Rundfunkanstalten bzw. Gründungsbeauftragten und aus Verwertung der Grundstücke erhalten haben”.

Nach § 10 des Vertrages war der Gewinn entsprechend den Anteilen der Gesellschafter an dem Rundfunkgebührenaufkommen per zu verteilen. Die durch die Grundstücksverwertung erzielten Reinerlöse waren entsprechend § 10 auf die Gesellschafter zu verteilen (§ 12). Zur „Deckung der Kosten” der GmbH regelt § 13 des Gesellschaftsvertrages:

„Soweit die Kosten der Gesellschaft nicht durch besondere geldliche Zuführungen der Gesellschafter gedeckt sind, sind sie zu Lasten der Gesellschafter entsprechend § 10 aus den Verwertungserlösen zu decken.”

Weitere Regelungen zur Durchführung der Grundstücksverwaltung und -verwertung durch die GmbH und zu deren Vergütung enthielt der Gesellschaftsvertrag nicht.

Aufgrund des entsprechenden Beschlusses der Chefs der Staats- und Senatskanzleien der betreffenden Länder vom traf der Rundfunkbeauftragte als Vertreter der „Einrichtung gem. Art. 36 EinigVertr” mit der GmbH am eine Vereinbarung, wonach die GmbH zur Finanzierung ihrer sämtlichen voraussichtlich im Geschäftsjahr 1992 benötigten Aufwendungen einen Betrag in Höhe von X DM erhalten sollte. Der Betrag war am zur Zahlung fällig und sollte von der GmbH außerhalb ihrer Gewinn- und Verlustrechnung als Kapitalrücklage erfasst werden, weil die Zahlung als freiwillige Gesellschaftereinlage außerhalb einer formellen Kapitalerhöhung erfolge.

Die GmbH erfasste die Geschäftsvorfälle der Grundstücksbewirtschaftung getrennt von denjenigen ihrer übrigen Verwaltungstätigkeit in jeweils separaten Buchungskreisen. Die im Rahmen der verlustträchtigen Grundstücksverwaltung entstandenen Aufwendungen wies sie erfolgswirksam als Betriebsausgaben aus.

Die Verluste aus der Grundstücksbewirtschaftung verbuchte die GmbH zunächst als Forderungen an ihre Gesellschafter. Entsprechend dem Gesellschafterbeschluss vom verrechnete sie diese jedoch mit einem entsprechenden Teil der Kapitalrücklage und verfuhr derart auch mit danach entstandenen Verlusten jeweils bereits bei Bilanzerstellung. Kostenerstattungsansprüche verbuchte die GmbH nicht, weil sie der Auffassung war, sie habe keinerlei Vergütungsansprüche gegen ihre Gesellschafter.

Am beschlossen die Gesellschafter die Auflösung der GmbH zum . Die Liquidation wurde am ins Handelsregister eingetragen. Zugleich beschlossen die Gesellschafter, aus der Kapitalrücklage zum einen Betrag in Höhe von ... DM an die Gesellschafter auszukehren. Die entsprechenden Zahlungen wurden im Januar und Februar 1995 geleistet.

Im Anschluss an eine die Jahre 1992 bis 1994 (Streitjahre) betreffende Betriebsprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) davon aus, bei der Zahlung von X DM handele es sich nicht um eine freiwillige Gesellschaftereinlage im Sinne einer Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Ziff. 4 des Handelsgesetzbuches (HGB). Die Zahlung beruhe auf einer Vergütungsvereinbarung und stelle eine Anzahlung auf den Vergütungsanspruch der GmbH gegen ihre Gesellschafter dar. Diesen Sachverhalt berücksichtigte das FA in den geänderten Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre 1992 bis 1994.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Dessen Urteil ist in „Entscheidungen der Finanzgerichte” 2004, 1326 abgedruckt.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ergebe sich, dass die GmbH die Grundstücke nicht „quoad sortem” (dem Wert nach) eingebracht habe. Vielmehr habe sie den Gesellschaftern gehörende Grundstücke gegen ein —wenn auch nur kostendeckendes— Entgelt verwaltet. Sie habe steuerbare Leistungen erbracht. Diese seien mit den Zahlungen als Entgelt zu besteuern.

Mit der vom FG zugelassenen Revision macht die GmbH im Wesentlichen geltend, das FG gehe zu Unrecht davon aus, die Grundstücke seien nicht dem Wert nach („quoad sortem”) eingebracht worden. Insbesondere handele es sich um eine Gesellschaftereinlage und nicht um eine Anzahlung auf künftige Vergütungsansprüche. Die Regelung in § 12 des Gesellschaftsvertrages betreffe nur die Verteilung der Verwertungserlöse und spreche für eine Einbringung „quoad sortem”. Die Höhe der Kapitaleinlage und die Rückzahlung von ... DM im Jahr 1995 belege, dass nicht die Verwaltungskosten, sondern vor allem die erheblichen Grundstücksbewirtschaftungskosten einschließlich etwaiger Verwertungsverluste bedacht worden seien. Jedenfalls sei keine Vergütung für die Verwaltung vereinbart worden. Umsatzsteuerrechtlich seien unentgeltliche Leistungen an die Gesellschafter im Rahmen des Unternehmenszweckes —anders als Leistungen für unternehmensfremde Zwecke— nicht steuerbar.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1992 auf ./. ... DM, die Umsatzsteuer für 1993 auf ./. ... DM und die Umsatzsteuer für 1994 auf ... DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Über das Vermögen der GmbH ist nach Zustellung des vollständigen Urteils des FG () mit das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Als Insolvenzverwalter hat der Kläger zugleich mit der Revisionsschrift die Aufnahme des Rechtsstreites erklärt.

II. A. Das Verfahren wegen Körperschaftsteuer 1992 bis 1994 ist mit Beschluss vom abgetrennt und an den I. Senat abgegeben worden.

B. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Der Senat ist durch das anhängige Insolvenzverfahren nicht gehindert, über die Revision zu entscheiden. Der Rechtsstreit war zunächst infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH gemäß § 155 FGO i.V.m. § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen. Die Unterbrechung eines gerichtlichen Verfahrens durch ein Insolvenzverfahren dauert solange, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird (§ 155 FGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO). Das ist durch Aufnahme des Rechtsstreites durch den Insolvenzverwalter geschehen.

2. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Das FG geht zu Recht davon aus, dass die GmbH mit der Verwaltung und Verwertung der Grundstücke steuerbare Leistungen an ihre Gesellschafter erbracht hat. Die Feststellungen des FG erlauben aber keine abschließende Beurteilung, in welcher Höhe in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden steuerpflichtige Leistungen berücksichtigt werden dürfen.

Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. unter den im Gesetz näher bezeichneten, nicht streitigen Voraussetzungen Lieferungen und sonstige Leistungen gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 —UStG 1991/1993—), bzw. Lieferungen oder sonstige Leistungen, die Körperschaften an ihre Anteilseigner, Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen ausführen, für die die Leistungsempfänger kein Entgelt aufwenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1991/1993). Eine Besteuerung nach diesen Vorschriften setzt also im Streitfall voraus, dass die GmbH an ihre Gesellschafter gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1991/ 1993) oder unentgeltlich (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1991/1993) Lieferungen oder sonstige Leistungen i.S. des § 3 Abs. 1 oder Abs. 9 UStG 1991/1993 ausgeführt hat (z.B. , BFH/NV 2005, 923; vom V R 75/89, BFH/NV 1994, 202).

a) Das FG geht bei seiner Entscheidung davon aus, dass die GmbH mit der Verwaltung und Veräußerung der zivilrechtlich und wirtschaftlich im Eigentum der Gesellschafter verbliebenen Grundstücke gegenüber ihren Gesellschaftern steuerbare Leistungen erbracht hat, und nicht lediglich —wie der Kläger meint— aufgrund Einbringung in das Vermögen der GmbH ihre „eigenen” Grundstücke verwaltet und verwertet hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Grundsätzlich kann ein Grundstück auch in der Weise in das Gesellschaftsvermögen eingelegt werden, dass zwar das zivilrechtliche Eigentum beim Gesellschafter verbleibt, dass aber das Grundstück dem Wert nach der Gesellschaft endgültig überlassen wird mit der Folge, dass die Gesellschaft durch ihre Organe darüber verfügen kann und auch eine gegenständliche Rückgabe bei Liquidation oder Ausscheiden eines Gesellschafters der Gesellschaft grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. zur Einbringung „quad sortem”: , BFH/NV 2002, 10; vom I R 395/83, BFHE 152, 261, BStBl II 1988, 453; vom I R 147/85, BFHE 158, 129, BStBl II 1989, 983; vom I R 16/86, BFHE 159, 56, BStBl II 1990, 244; vom VIII R 5/92, BFHE 174, 451, BStBl II 1994, 856; vom VIII R 18/92, BFHE 180, 79, BStBl II 1996, 291).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen und nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) die im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Erkenntnis gewonnen, dass im Streitfall kein Anhaltspunkt für eine Einbringung der Grundstücke in das Vermögen der Gesellschaft dem Wert nach bestehe. Insbesondere ergebe sich aus § 2 des Gesellschaftsvertrages keine Verpflichtung der Gesellschafter, die Grundstücke dem Wert nach einzubringen; bestätigt werde dies durch die neben der Regelung über die Gewinnverteilung in § 10 getroffene Vereinbarung in § 12 des Gesellschaftsvertrages, wonach die durch die Verwertung der Grundstücke erzielten Reinerlöse auf die Gesellschafter aufzuteilen seien. Diese auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung ist möglich; dagegen spricht —entgegen der Auffassung der GmbH— nicht die Regelung in Art. 36 EinigVtr. Nach dessen Abs. 6 geht, wenn ein Staatsvertrag nach Abs. 1 nicht bis zum geschlossen wird, das zu diesem Zeitpunkt bestehende Aktiv- und Passivvermögen der gemeinschaftlichen staatsunabhängigen Einrichtung i.S. des Art. 36 Abs. 1 EinigVtr auf die in Abs. 1 genannten Länder entsprechend dem Verhältnis der Rundfunkgebühren zum genannten Stichtag über. Zum weiteren Verfahren der Auseinandersetzung zwischen den Ländern enthält der EinigVtr keine Regelungen. Die Auffassung des FG wird vielmehr bestätigt dadurch, dass die GmbH selbst die Grundstücke nicht als ihr Anlagevermögen bilanziert hat.

b) Ob die GmbH gegenüber ihren Gesellschaftern gegen ein vereinbartes Entgelt oder unentgeltlich tätig geworden ist, kann der Senat anhand der Feststellungen des FG nicht abschließend entscheiden.

Das FG führt insoweit aus, die „vereinbarten Entgelte” seien nach den entsprechenden steuerrechtlichen —"insbesondere bilanzsteuerrechtlichen"— Regeln der Besteuerung zu unterwerfen.

Auf die ertragsteuerrechtliche Beurteilung der Zahlung kommt es jedoch nicht an (, BFHE 184, 137, BStBl II 1998, 169). Maßgeblich sind allein die umsatzsteuerrechtlichen Grundsätze.

aa) Gegen Entgelt i.S. des § 1 UStG 1991/1993 wird eine sonstige Leistung erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Eine Leistung gegen Entgelt liegt u.a. auch vor, wenn ein Unternehmer für einen anderen tätig wird und hierfür einen Aufwendungsersatz erhält (vgl. z.B. , BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798; vom V R 92/01, BFHE 201, 339; vom V R 65/00, BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782, m.w.N.).

bb) Dagegen fehlt es regelmäßig an dem notwendigen Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und erhaltenem Gegenwert, soweit ein Gesellschafter aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis begründet sind, die Verluste seiner Gesellschaft übernimmt, um ihr die weitere Tätigkeit zu ermöglichen, wenn also die Zahlung nur dazu dient, die Gesellschaft mit dem für ihre Tätigkeit notwendigen Kapital auszustatten (BFH-Urteil in BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782; , juris Nr. STRE200550420). Für die Qualifizierung der Zahlungen der Gesellschafter als Entgelt ist die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Würdigung als Gesellschafterbeitrag unerheblich (, BFHE 180, 204, BStBl II 1996, 387). Ob eine GmbH nach handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen einen Gesellschafterzuschuss erhalten hat oder nicht, ist umsatzsteuerrechtlich nicht entscheidend.

cc) Das FG ist insoweit von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war deshalb hinsichtlich der Umsatzsteuer 1992 bis 1994 aufzuheben.

dd) Die Frage, inwieweit die Tätigkeiten der GmbH und die Zahlungen der Gesellschafter im Gesellschaftsverhältnis oder in einem Geschäftsbesorgungsvertrag begründet waren, kann grundsätzlich nicht ohne die dem FG obliegende Sachverhaltswürdigung entschieden werden (BFH-Urteil in BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782, unter II. 4.). Das FG wird bei seiner Entscheidung jedoch zu berücksichtigen haben, dass

- weder die Regelung in § 13 des Gesellschaftsvertrages, wonach die Kosten der Gesellschaft durch „besondere geldliche Zuführungen der Gesellschaft” gedeckt werden sollen bzw. soweit dies nicht der Fall ist, „zu Lasten der Gesellschafter…aus den Verwertungserlösen zu decken ist”,

- noch die Vereinbarung zwischen der GmbH und dem Rundfunkbeauftragten der „Einrichtung i.S.d. Art. 36 EinigVertr” vom ,

die Annahme rechtfertigt, die Zahlung in Höhe von X DM am sei umsatzsteuerrechtlich als Entgelt für die Verwaltungsleistungen der GmbH zu beurteilen.

Zwar hat der BFH im Urteil in BFHE 180, 204, BStBl II 1996, 387 einen Leistungsaustausch in einem Fall bejaht, in dem eine Personengesellschaft nach dem Gesellschaftsvertrag „unentgeltlich” Grundeigentum der Gesellschafter verwalten und monatliche „Nachschüsse” erhalten sollte, die der Beteiligung an der Gesellschaft entsprachen. Ein solcher Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor.

ee) Kommt das FG —wofür u.a. die Höhe der Zahlung angesichts tatsächlicher jährlicher Kosten in Höhe von zwischen ... DM und ... DM spricht— zu dem Ergebnis, dass die Zahlung der Kapitalausstattung der GmbH diente und die GmbH mit der Grundstücksverwaltung und -verwertung unentgeltlich für ihre Gesellschafter tätig geworden ist, unterliegen diese Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG 1991/1993 der Umsatzsteuer. Bemessungsgrundlage sind nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1991/1993 die bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1205 Nr. 6
HFR 2007 S. 683 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2007 S. 15
UR 2007 S. 448 Nr. 12
DAAAC-43355