Örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer im Ausland ansässiger Unternehmer
1. Grundsätzliches
Gem. § 21 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) in der durch Art. 8 des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001 – StÄndG 2001) vom (BGBl 2001 I S. 3794) geänderten und am in Kraft getretenen Fassung kann das BMF zur Sicherstellung der Besteuerung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats für Unternehmer, die Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs der AO haben, die örtliche Zuständigkeit einem Finanzamt (FA) für den Geltungsbereich des Gesetzes übertragen. Eine entsprechende Ermächtigung für Unternehmen, die von einem nicht zum Geltungsbereich der AO gehörenden Ort aus betrieben wurden, enthielt § 21 Abs. 1 Satz 3 AO a. F.
Aufgrund der Ermächtigung in § 21 Abs. 1 Satz 3 AO a. F. wurde die Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer im Ausland ansässiger Unternehmer vom (UStZustVO; BGBl 1995 I S. 225, BStBl 1995 I S. 204) erlassen. Sie wurde durch die Erste Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom (BGBl 1996 I S. 700, BStBl 1996 I S. 668), durch Art. 20 Steuerbereinigungsgesetz (StBereinG) 1999 vom (BGBl 1999 I S. 2601, BStBl 2000 I S. 13, 33), durch Art. 3 des Gesetzes zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe (BGBl 2001 I S. 3794) durch Art. 21 StÄndG 2001 (BGBl 2001 I S. 3794 = BStBl 2002 I S. 4, 24) und durch Art. 8 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes (BGBl 2003 I S. 660 = BStBl 2003 I S. 321, 325).
Nach § 1 der UStZustVO sind für die Umsatzsteuer ausländischer Unternehmer folgende FÄ örtlich zentral zuständig:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Unternehmer ansässig in | örtlich zuständiges FA |
Belgien | Trier |
Bulgarien | Neuwied |
Dänemark | Flensburg |
Estland | Rostock I |
Finnland | Bremen-Mitte |
Frankreich | Kehl |
Griechenland | Berlin Neukölln-Nord |
Großbritannien und Nordirland [1] | Hannover-Nord |
Irland | Hamburg Mitte-Altstadt |
Italien | München II |
Kroatien | Kassel-Goethestraße |
Lettland | Bremen-Mitte |
Liechtenstein | Konstanz |
Litauen | Mühlhausen |
Luxemburg | Saarbrücken Am Stadtgraben |
Mazedonien | Berlin Neukölln-Nord |
Niederlande | Kleve |
Norwegen | Bremen-Mitte |
Österreich | München II |
Polen | Oranienburg |
Portugal | Kassel-Goethestraße |
Rumänien | Chemnitz-Süd |
Russische Föderation | Magdeburg II |
Schweden | Hamburg Mitte-Altstadt |
Schweiz | Konstanz |
Slowakische Republik | Chemnitz-Süd |
Slowenien | Oranienburg |
Spanien | Kassel-Goethestraße |
Tschechische Republik | Chemnitz-Süd |
Türkei | Dortmund-Unna |
Ukraine | Magdeburg II |
Ungarn | Zentral-FA Nürnberg |
Vereinigte Staaten von Amerika | Bonn-Innenstadt |
Weißrussland | Magdeburg II |
übriges Ausland | Berlin Neukölln-Nord |
War vor dem In-Kraft-Treten der UStZustVO i. d. F. des StÄndG 2001 ein anderes FA zuständig, müssen die einschlägigen Akten grundsätzlich – unabhängig vom jeweiligen Verfahrensstand – an das nach der Verordnung neu zuständige FA abgegeben werden (§ 26 Satz 1 AO).
Ausnahmsweise können aber begonnene Verfahren unter den Voraussetzungen des § 26 Satz 2 AO fortgeführt werden.
2. Abschluss von Zuständigkeitsvereinbarungen nach § 27 AO
Im Einvernehmen mit dem nach der Verordnung zuständigen FA kann ein anderes – z. B. das vorher zuständige – FA die Besteuerung übernehmen, wenn der Betroffene zustimmt (§ 27 AO). Hiervon ist jedoch ebenfalls nur in Ausnahmefällen Gebrauch zu machen; denn eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO kann nicht beliebig geschlossen werden, sondern muss sich an sachgerechten Kriterien orientieren. Kein derartiges Kriterium für sich allein gesehen ist z. B. die räumliche Nähe eines FA zu den Unternehmen. Durch eine zu großzügige Anwendung des § 27 AO würde die Übersichtlichkeit der Umsatzbesteuerung ausländischer Unternehmer leiden und der Zweck der UStZustVO infrage gestellt werden. Soweit in der Vergangenheit Zuständigkeitsvereinbarungen abgeschlossen worden sind, kann es dabei zwar grundsätzlich verbleiben, die Unternehmer sind jedoch mit dem Ziel anzuschreiben, die bisherige Vereinbarung einvernehmlich aufzuheben, um nunmehr die Zuständigkeit nach der UStZustVO zu begründen.
Im Übrigen ist zu beachten, dass es sich aufgrund der Neufassung des § 21 Abs. 1 Satz 2 AO durch das StÄndG 2001 bei den von der UStZustVO erfassten. Unternehmern um solche handelt, die entweder Wohnsitz (§ 8 AO) oder Sitz (§ 11 AO) oder Geschäftsleitung (§ 10 AO) im Ausland haben. In diesen Fällen gilt die UStZustVO auch dann, wenn sich im Inland eine Betriebsstätte des ausländischen Unternehmers i. S. von § 12 Satz 2 Nrn. 2 bis 8 AO oder eines mit dem betreffenden ausländischen Staat bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens befindet. In diesen Fällen können die Zuständigkeiten für die Ertragbesteuerung (§ 19 Abs. 2 AO i. V. m. § 1 Abs. 4 EStG, § 20 Abs. 3 oder 4 AO i. V. m. § 2 Nr. 1 KStG) bzw. für die Abführung der Lohnsteuer (§ 41a EStG) einerseits und für die Umsatzbesteuerung andererseits auseinander fallen. Ob dem durch eine Zuständigkeitsvereinbarung zwischen den beteiligten FÄ gem. § 27 AO zu begegnen ist, ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.
3. Hinweis auf die USt-Kartei
Bezüglich der Besonderheiten für die Vergütung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer nach § 61 Abs. 1 S. 1 UStDV sowie den Geltungsbereich der UStZustVO wird auf 1 Tz. 3 und II USt-Kartei – OFD – S 7340 Karte 4 zu § 18 UStG verwiesen.
OFD Hannover v. - S 0062 - 12 - StH 462S 0123 - 3 - StO 321
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BAAAB-25556
1Dieses Gebiet schließt nur England, Schottland, Wales und Nordirland ein (Niedersächsisches FinMin mit Erlass vom – S 0123 – 4 – 33 –; vgl. auch Debatin/Wassermeyer, zum DBA-Großbritannien, vor Art. 1 Nr. 14 am Ende).