Gewerbesteuerliches Bankenprivileg bei der Hinzurechnung von Entgelten nach § 8 Nr. 1 GewStG: Im Wesentlichen an Bankgeschäften
ausgerichtetes Unternehmen
nicht unbedingt rückzahlbares Gelddarlehen kein „Bankgeschäft”
Leitsatz
1. Grundvoraussetzung für die Annahme eines „Kreditinstituts” im Sinne des § 35c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e GewStG, § 19 GewStDV
ist, dass es sich um ein im Wesentlichen am Geld- und Kreditverkehr und damit an den eigentlichen Bankgeschäften ausgerichtetes
Unternehmen handelt (vgl. , BStBl 2019 II S. 173). Eine wesentliche Ausrichtung an den
eigentlichen Bankgeschäften ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Umsatz mit Bankgeschäften sich im Millionenbereich bewegt
und die damit erzielten Umsätze auch deutlich höher sind als die Umsätze mit anderen Geschäften.
2. Gelddarlehen innerhalb eines Konzerns sind Kreditgeschäfte im Sinne des § 1 Abs.1 Satz 2 Nr. 2 KWG, weil das Kreditgeschäft
– anders als das Garantiegeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG – nicht auf Geschäfte „für andere” beschränkt ist. Dies
gilt auch für Darlehen, welche eine Muttergesellschaft ihrer Tochtergesellschaft gewährt.
3. Im Rahmen des § 19 Abs. 1 GewStDV gehören nicht nur solche Darlehen zu den Kreditgeschäften, die vollständig oder nahezu
vollständig mit Fremdmitteln finanziert worden sind (Abgrenzung zur BFH-Rechtsprechung). Beläuft sich der Anteil des Fremdkapitals
an der Bilanzsumme auf rund 40 %, reicht das jedenfalls aus, um die Anwendung von § 19 Abs. 1 GewStDV zu rechtfertigen.
5. Eine Gelddarlehensforderung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG gehört nicht zu den Aktivposten aus Bankgeschäften
im Sinne von § 19 Abs. 2 GewStDV, wenn es an der unbedingten Rückzahlbarkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG fehlt;
eine qualifizierte Rangrücktrittsklausel oder die Vereinbarung einer Verlustbeteiligung lassen insoweit die unbedingte Rückzahlbarkeit
entfallen.
6. Die wirksame Vereinbarung einer Verlustbeteiligung oder eines qualifizierten Rangrücktritts sind nicht die einzigen Fallgruppen,
in denen die Unbedingtheit des Rückzahlungsanspruchs ausgeschlossen ist. Vielmehr ist die Rückzahlbarkeit bei Darlehen an
Unternehmer ganz allgemein nicht als unbedingt im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG anzusehen, wenn Vereinbarungen getroffen
sind, die den Rückzahlungsanspruch unter einen Vorbehalt stellen und er damit nicht unabhängig vom Geschäftserfolg des Schuldners
bestehen soll. Allgemein fehlt es an der Unbedingtheit des Rückzahlungsanspruchs, wenn die Rückzahlungspflicht von einem ungewissen
zukünftigen Ereignis, z. B. vom Unternehmenserfolg abhängt.
7. Zur Abgrenzung zwischen einfachen und qualifizierten Rangrücktrittsvereinbarungen im Rahmen von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
KWG kann auf dieselben Grundsätze zurückgegriffen werden, welche auch für die Abgrenzung im Rahmen von § 19 Abs. 2 Satz 2
InsO und § 39 Abs. 2 InsO gelten, weil eine eigenständige gesetzliche Regelung zu Rangrücktritten im KWG nicht vorhanden ist.
8. Der Zuordnung einer Darlehensforderung zu den Aktivposten aus Bankgeschäften im Sinne des § 19 Abs. 2 GewStDV steht es
auch bei Fehlen einer qualifizierten Rangrücktrittsvereinbarung entgegen, wenn Zins- und Tilgungsleistungen nur dann erfolgen
müssen, wenn der Schuldner zuvor die Forderungen eines anderen Gläubigers vollständig befriedigt hat. Denn dies ist ein zukünftiges
ungewisses Ereignis, das zudem maßgeblich vom Geschäftserfolg des Schuldners abhängt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStRE 2023 S. 694 Nr. 11 GmbH-StB 2023 S. 20 Nr. 1 GmbH-StB 2023 S. 20 Nr. 1 GmbH-StB 2023 S. 21 Nr. 1 GmbH-StB 2023 S. 21 Nr. 1 EAAAJ-22174
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