Merkblatt: Liebhabereiwahlrecht bei kleinen Photovoltaikanlagen & Blockheizkraftwerken
Stand: August 2022
Bezug: BStBl 2021 I S. 2202
1. Allgemein
Wer mit einer Photovoltaikanlage oder einem Blockheizkraftwerk Strom erzeugt und ihn zumindest teilweise gegen Entgelt in das öffentliche Netz einspeist, ist unternehmerisch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes tätig und erzielt grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, mit denen er der Einkommensteuer unterliegt.
2. Einkommensteuer
Zu den Tatbestandsmerkmalen eines Gewerbebetriebs im Sinne des Einkommensteuerrechts gehört die Gewinnerzielungsabsicht. D. h. der Steuerbürger muss mit seiner Tätigkeit auf Dauer gesehen einen Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anstreben. Maßgebend ist dabei die gesamte Lebensdauer des Betriebes von seiner Gründung bis zur Einstellung bzw. zum Verkauf. Angesichts des langen Zeitraums und der verschiedenen Einflussfaktoren fällt die Prognose, ob die Anlage auf eine Gewinnerzielung ausgerichtet ist, nicht immer leicht.
Eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht wird steuerlich als "Liebhaberei" bezeichnet.
2.1. Wahlrecht
Das Bundesministerium der Finanzen hat mit seinem Schreiben vom (GZ IV C 6 – S 2240/19/10006 :006, DOK 2021/1117804) eine Vereinfachungsregelung für kleine Photovoltaikanlagen bzw. vergleichbare Blockheizkraftwerke geschaffen. Danach unterstellt das Finanzamt ohne weitere Prüfung, dass ein einkommensteuerlich unbeachtlicher Liebhabereibetrieb vorliegt, wenn der Betreiber schriftlich erklärt, dass er die Vereinfachungsregelung in Anspruch nehmen möchte und die Voraussetzungen hierfür erfüllt. Die Erklärung wirkt auch für die Folgejahre.
Wenn Sie die Vereinfachungsregelung nutzen, entfällt die ansonsten ggf. erforderliche, aufwändige Prognoserechnung und Sie müssen – auch bei bereits bestehenden Anlagen – keine Gewinnermittlung mehr erstellen.
Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei ausschließlich um eine Vereinfachungsregelung für die Einkommensteuer handelt. Ausführungen zur Umsatzsteuer und den dort geltenden Vereinfachungsregelungen finden Sie unten im Punkt 3.
2.2. Voraussetzungen für das Wahlrecht
Soweit Sie mehrere Anlagen betreiben, müssen die nachfolgenden Voraussetzungen von sämtlichen Anlagen erfüllt werden. Falls eine Anlage die Voraussetzungen nicht erfüllt, kann die Vereinfachungsregelung für sämtliche Anlagen nicht gewährt werden.
Das Wahlrecht bezieht auf die Anlagen als solche. D. h. die oben genannten Leistungsmerkmale gelten auch für Anlagen, die von mehreren Steuerbürgern gemeinsam betrieben werden. Die Leistungen können in diesem Fall nicht unter den Anlagenbetreibern aufgeteilt werden.
2.2.1. Photovoltaikanlagen
Photovoltaikanlagen sind bei einer Leistung von bis zu 10,0 kW oder 10,0 kW (peak) begünstigt. Die Vereinfachungsregelung kann in Anspruch genommen werden, wenn Ihre PV-Anlage entweder eine Bruttoleistung oder eine Nettonennleistung von bis zu 10,0 kW oder 10,0 kW (peak) hat. Die Leistung Ihrer Anlage können Sie beispielsweise der Anschaffungsrechnung, der Einspeiseabrechnung oder dem Marktstammdatenregister entnehmen. Einspeisebegrenzungen aufgrund von gesetzlichen Vorschriften sind für die Überprüfung der Leistungsgrenze nicht von Relevanz.
Bei mehreren Photovoltaikanlagen sind die einzelnen Leistungen zusammen zu addieren. Übersteigt die Leistung insgesamt die Leistungsgrenze, kann die Vereinfachungsregelung für sämtliche Anlagen nicht gewährt werden, auch wenn die Leistung der einzelnen Anlage unter 10,0 kW oder 10,0 kW (peak) liegt. Bei einer Leistung von insgesamt bis zu 10,0 kW oder 10,0 kW (peak) kann die Vereinfachungsregelung für alle Anlagen gewährt werden.
Eine mathematische Abrundung der Leistung erfolgt nicht.
Weitere Voraussetzung ist, dass die Anlage erst nach dem erstmalig in Betrieb genommen wurde oder alternativ vor mehr als 20 Jahren (sog. ausgeförderte Anlagen). Beim Erwerb einer gebrauchten PV-Anlage ist für die Überprüfung der Voraussetzungen nicht der Zeitpunkt des Erwerbs von Relevanz, sondern der Zeitpunkt der erstmaligen Inbetriebnahme des Voreigentümers, da sich dieser Begriff nach dem EEG bestimmt. Nach § 3 Nr. 30 EEG ist die „Inbetriebnahme“ die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage. Hiernach richtet sich anschließend die Einspeisevergütung des Anlagenbetreibers, die bei einem Kauf im Regelfall vom Voreigentümer übernommen wird.
Zudem darf der produzierte Strom neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ausschließlich nur für eigene Wohnzwecke verwendet werden oder unentgeltlich für Wohnzwecke überlassen werden. Anlagen, die ausschließlich der Einspeisung dienen, sind ebenfalls begünstigt. Die Vereinfachungsregelung können Sie auch dann in Anspruch nehmen, wenn Sie in der Immobilie ein häusliches Arbeitszimmer nutzen oder wenn Sie Räume (z. B. Gästezimmer) gelegentlich entgeltlich vermieten und die Mieteinnahmen daraus nicht mehr als 520 Euro betragen. Jede darüberhinausgehende Nutzung des produzierten Stroms für eigen- oder fremdbetriebliche Zwecke oder im Rahmen einer entgeltlichen Vermietung ist für die Wahlrechtsausübung schädlich.
Bitte beachten Sie, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung ganzjährig vorliegen müssen. Sollten Voraussetzungen erst im Laufe eines Veranlagungszeitraums erfüllt werden, so kann die Vereinfachungsregelung ab dem Folgejahr in Anspruch genommen werden.
2.2.2. Blockheizkraftwerke
Begünstigt sind vergleichbare Blockheizkraftwerke (BHKW) mit einer elektrischen Leistung von bis zu 2,5 kW. Auch hier ist Voraussetzung, dass das BHKW erst nach dem erstmalig in Betrieb genommen wurde oder alternativ vor mehr als 20 Jahren und ausschließlich für eigene Wohnzwecke genutzt wird oder alternativ unentgeltlich für Wohnzwecke überlassen wird.
Beim gleichzeitigen Betrieb eines BHKW und einer PV-Anlage sind die Leistungsgrenzen getrennt zu prüfen.
2.3. Ausübung des Wahlrechts
Das Wahlrecht üben Sie durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Finanzamt aus, die folgendes zur Photovoltaikanlage bzw. dem Blockheizkraftwerk enthalten muss:
Erklärung, dass Sie für die Anlage / die Anlagen die Vereinfachungsregelung in Anspruch nehmen
Leistung der Anlage / der Anlagen
Datum der erstmaligen Inbetriebnahme
Erklärung, dass der produzierte Strom neben der Einspeisung in das öffentliche Netz ausschließlich für eigene Wohnzwecke genutzt wird oder in unentgeltlich überlassenen Räumen für Wohnzwecke genutzt wird
Die Erklärung ist im Übrigen formfrei. Sie kann daher auch elektronisch in MeinELSTER oder per E-Mail an das Finanzamt übermittelt werden. Auf den Internetseiten der Finanzverwaltung ist zudem eine Mustererklärung verfügbar (www.finanzamt.bayern.de unter der Rubrik > Steuerinfos > Fotovoltaikanlagen oder > Photovoltaikanlagen).
Der Antrag muss bei Ihrem zuständigen Finanzamt innerhalb von folgenden Fristen eingereicht werden:
Bei Neuanlagen (Inbetriebnahme nach dem ):
Antragstellung bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums, der auf das Jahr der Inbetriebnahme folgt.
Bei Altanlagen (Inbetriebnahme zwischen dem bis zum ):
Antragstellung bis zum .
Bei ausgeförderten Anlagen (Inbetriebnahme bis zum ):
Antragstellung bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums, der auf das Jahr folgt, in dem die erhöhte garantierte Einspeisevergütung zum letzten Mal gewährt wurde.
Neben der schriftlichen Erklärung, dass Sie die Vereinfachungsregelung in Anspruch nehmen möchten, müssen Sie zudem den „Fragebogen zur Errichtung und zum Betrieb einer Photovoltaikanlage mit Inbetriebnahme ab “ an das Finanzamt schicken. Diesen finden Sie auf den Internetseiten der Bayerischen Finanzämter (www.finanzamt.bayern.de) unter der Rubrik Steuerinfos > Photovoltaikanlagen > Formulare.
Falls Sie von der Vereinfachungsregelung keinen Gebrauch machen möchten, müssen stattdessen folgende Unterlagen bei der Anschaffung einer neuen Anlage beim Finanzamt eingereicht werden:
Fragebogen zur Errichtung und zum Betrieb einer Photovoltaikanlage mit Inbetriebnahme ab .
Fragebogen zur steuerlichen Erfassung (elektronische Übermittlung erforderlich).
2.4. Folgen der Wahlrechtsausübung
Wenn Sie die unter 2.3 beschriebene Erklärung abgeben unterstellt das Finanzamt bei Neu- und Altanlagen (siehe oben 2.3), dass die Anlage von Beginn an ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde. Dementsprechend werden aus der Anlage weder Gewinne noch Verluste einkommensteuerlich berücksichtigt
bei der aktuellen Veranlagung zur Einkommensteuer,
in Vorjahren, soweit die Bescheide nach den Vorschriften des Verfahrensrechts noch geändert werden können z. B., weil sie unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 oder wegen der Gewinnerzielungsabsicht vorläufig gemäß § 165 der Abgabenordnung ergangen sind oder weil sie mit Einspruch angefochten wurden,
in den Folgejahren.
Bei ausgeförderten Anlagen ist die Antragstellung frühestens ab dem Jahr möglich, welches dem Jahr folgt, in dem letztmalig die garantierte Einspeisevergütung gewährt wurde. In diesen Fällen werden aus der Anlage weder Gewinne noch Verluste einkommensteuerlich berücksichtigt
bei der Veranlagung zur Einkommensteuer, die dem Jahr folgt, in dem letztmalig die garantierte Einspeisevergütung gewährt wurde,
in den Folgejahren.
Eine Gewinnermittlung (Einnahmen- / Überschussrechnung oder Bilanz) müssen Sie nicht mehr übermitteln. Bei ausgeförderten Anlagen wird unterstellt, dass die Gewinnerzielungsabsicht nach Wegfall der erhöhten EEG-Vergütung nicht mehr vorliegt. In diesem Fall müssen ab dem hierauf folgenden Veranlagungszeitraum keine Gewinnermittlungen mehr übermittelt werden.
Bitte beachten Sie, dass es zu Nachzahlungen für Vorjahre kommen kann, wenn die Steuerbescheide verfahrensrechtlich geändert werden können (siehe oben) und aus der Photovoltaikanlage/dem Blockheizkraftwerk bisher Verluste berücksichtigt wurden; in diesem Fall können auch Nachzahlungszinsen anfallen. In Vorjahren, deren Bescheide verfahrensrechtlich nicht mehr geändert werden können, verbleibt es bei der bisherigen steuerlichen Behandlung.
Die Vereinfachungsregelung hat bei den Anlagen (Ausnahme: ausgeförderte Anlagen) zur Folge, dass diese kleinen Anlagen von Anfang an ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Da somit einkommensteuerrechtlich kein Gewerbebetrieb vorliegt, stellt die Photovoltaikanlage bzw. das Blockheizkraftwerk kein Betriebsvermögen dar. Dem entsprechend ist kein Betriebsaufgabegewinn bzw. -verlust zu erfassen. Ebenso wenig müssen eventuell vorhandene sog. stille Reserven ermittelt und festgestellt werden. Auch bei ausgeförderten Anlagen, deren Gewinnerzielungsabsicht erst nach 20 Jahren wegfällt, ist kein Aufgabegewinn zu versteuern.
Fallen die in den Nummern 2.2.1 und 2.2.2 genannten Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts zu einem späteren Zeitpunkt weg – zum Beispiel, weil weitere Module angeschafft werden und somit die Leistungsgrenze überschritten wird – müssen Sie dies dem zuständigen Finanzamt schriftlich mitteilen.
3. Umsatzsteuer
Für die Unternehmereigenschaft im Umsatzsteuerrecht kommt es darauf an, ob mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage bzw. des Blockheizkraftwerks Einnahmen erzielt werden sollen. Ob die Anlage steuerlich mit Gewinn oder Verlust betrieben wird, ist dagegen unbeachtlich. Dem entsprechend hat das unter 2. beschriebene Wahlrecht keinerlei Auswirkungen auf die Umsatzsteuer.
3.1. Kleinunternehmerregelung nach § 19 Umsatzsteuergesetz (UStG)
Umsätze aus dem Betrieb einer PV-Anlage oder eines Blockheizkraftwerks unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer. Allerdings enthält das Umsatzsteuergesetz in § 19 eine Vereinfachungsregel für sog. Kleinunternehmer, zu denen regelmäßig auch Betreiber einer PV-Anlage oder eines Blockheizkraftwerks gehören.
Sie sind Kleinunternehmer, wenn Ihre Umsätze im Gründungsjahr voraussichtlich nicht mehr als 22.000 € betragen werden. In den Folgejahren sind Sie Kleinunternehmer, wenn die Umsätze im Vorjahr den Betrag von 22.000 € nicht überstiegen haben und im laufenden Jahr den Betrag von 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen werden. Wird die unternehmerische Tätigkeit nur während eines Teils des Kalenderjahres ausgeübt, ist für die Ermittlung der vorstehend genannten Umsatzgrenzen der tatsächliche Umsatz in einen Jahresumsatz umzurechnen (§ 19 Abs. 1 und Abs. 3 UStG).
Kommt die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung, wird die Umsatzsteuer nicht erhoben. Sie müssen dann in der Regel auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen übermitteln. Allerdings können Sie in diesem Fall auch keine Vorsteuer geltend machen.
3.2. Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung
Möchten Sie von der Vereinfachung keinen Gebrauch machen – etwa um die Vorsteuer aus dem Erwerb der PV-Anlage oder des Blockheizkraftwerks geltend machen zu können – können Sie auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten (§ 19 Abs. 2 UStG). Diese Option bindet Sie für mindestens fünf Kalenderjahre. Danach kann die Option zur Regelbesteuerung nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden (§ 19 Abs. 2 UStG).
4. Weitere Informationen
Das und weitere Informationen zur Besteuerung von Photovoltaikanlagen finden Sie auf den Internetseiten der Bayerischen Finanzämter (www.finanzamt.bayern.de) unter der Rubrik Steuerinfos > Fotovoltaikanlagen oder > Photovoltaikanlagen. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, können Sie sich an ihr örtlich zuständiges Finanzamt wenden.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Finanzämter nicht im Einzelfall beraten können bzw. dürfen, wie durch die Wahlrechtsausübung ein möglichst günstiges steuerliches Ergebnis erzielt werden kann. Diese Aufgabe ist den Angehörigen der steuerberatenden Berufe vorbehalten.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. -
Fundstelle(n):
TAAAJ-22169