Instanzenzug: LG Arnsberg Az: II-6 KLs 30/19
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen „verbotener Veräußerung von Insiderpapieren“ in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Ferner hat es eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensbeanstandung und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat im Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Verfahrensrüge hat aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg.
32. Die Prüfung des Urteils auf die Sachrüge hin hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben. Hingegen haben der Strafausspruch und die zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) keinen Bestand, weil die Bemessung der Einzelstrafen auf Rechtsfehlern beruht und die Aufhebung der Einzelstrafaussprüche der Gesamtstrafe die Grundlage entzieht.
4a) Das Landgericht hat bei der Bemessung aller Einzelstrafen zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser „lediglich geringfügig und in völlig anderem Kontext vorbestraft“ ist. Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft, denn der Angeklagte war nach den Feststellungen im Zeitpunkt der Begehung der hier verfahrensgegenständlichen Taten unbestraft. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Landgericht diesem Umstand, hätte es ihn zutreffend erkannt, ein höheres strafmilderndes Gewicht beigemessen hätte als der von ihm herangezogenen Erwägung, dass die - tatsächlich erst nach dem Tatzeitraum erfolgte - Vorverurteilung nur „geringfügig“ war und ein andersartiges Delikt betraf.
5b) Strafschärfend hat das Landgericht gewertet, dass bislang „keinerlei Schadensausgleich“ erfolgte. Der Senat lässt offen, ob, gegenüber wem und auf welche Weise in der vorliegenden Fallkonstellation der Veräußerung von Insiderpapieren unter Verwendung einer Insiderinformation (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG in der Fassung vom ) überhaupt eine Schadenswiedergutmachung möglich wäre (vgl. , NStZ 2010, 326). Denn das Landgericht hat dem Angeklagten mit dieser Erwägung jedenfalls das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes zur Last gelegt, was rechtsfehlerhaft ist (vgl. mwN).
6c) Schließlich ist zu besorgen, dass das Landgericht die lange Verfahrensdauer bei seiner Strafzumessung unberücksichtigt gelassen hat. Die Strafkammer hat strafmildernd herangezogen, dass die Taten „sehr lang zurück“ liegen, und eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt. Dies lässt besorgen, dass sie der Verfahrensdauer bei der Strafzumessung keine eigenständige Bedeutung beigemessen hat. Eine überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer ist indes ungeachtet eines geringeren Strafbedürfnisses aufgrund des zeitlichen Abstands zwischen Tatbegehung und Urteil und eines etwa gewährten Vollstreckungsabschlags bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (vgl. , NStZ-RR 2022, 200; Beschluss vom - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 142) und stellt einen bestimmenden Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO dar (vgl. Rn. 49; Beschluss vom - 4 StR 202/21, NStZ-RR 2022, 200 mwN).
73. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird im Übrigen nähere Feststellungen zum Vollstreckungsstand der mit den hiesigen Taten an sich gesamtstrafenfähigen Geldstrafe aus der Verurteilung durch das Amtsgericht Brilon vom zu treffen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:170822B4STR472.21.0
Fundstelle(n):
GAAAJ-22075