BGH Beschluss v. - 3 StR 141/22

Instanzenzug: LG Duisburg Az: 32 KLs 34/20

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:

2- den Angeklagten X.     wegen schweren Bandendiebstahls in 15 Fällen, davon in zehn Fällen in Tateinheit mit "Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung", und versuchten schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem "Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung",

3- den Angeklagten R.     wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen, davon in acht Fällen in Tateinheit mit "Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung", versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem "Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung", und Diebstahls in vier Fällen.

4Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel führen zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und Neufassung der Einziehungsentscheidung. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

51. Das Landgericht hat in den Fällen des vollendeten oder versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls jeweils rechtsfehlerfrei angenommen, dass sie dauerhaft genutzte Privatwohnungen im Sinne des § 244 Abs. 4 StGB betrafen. Die Urteilsformel ist deshalb insoweit dahin neu zu fassen, dass sie jeweils auf "schweren Wohnungseinbruchdiebstahl" lautet (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 2/19, BGHR StGB § 244 Abs. 4 Urteilsformel 1 Rn. 6; vom - 3 StR 430/19, juris Rn. 59).

62. Soweit die Strafkammer die Angeklagten in Fall II.B.12. der Urteilsgründe wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit schwerem Wohnungseinbruchdiebstahl verurteilt hat, ist der Schuldspruch dahin zu ändern, dass sie des schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit versuchtem schweren Wohnungseinbruchdiebstahl schuldig sind. Nach den getroffenen Feststellungen versuchten die Angeklagten zunächst erfolglos, ein Fenster einer Doppelhaushälfte aufzuhebeln, bevor sie eine unverschlossene Kellertür entdeckten, durch die sie ins Innere gelangten. Sie betraten die Räumlichkeiten mithin letztlich durch eine zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmte Tür. Ein Einsteigen im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB liegt deshalb nicht vor (, BGHSt 61, 166 Rn. 12 ff.). Beim Schuldspruch wegen schweren Bandendiebstahls nach § 244a Abs. 1 StGB verbleibt es gleichwohl, weil die Strafkammer rechtsfehlerfrei das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB) festgestellt hat. Daneben liegt den Angeklagten - im Hinblick auf das Fenster - ein versuchtes Einbrechen gemäß § 244 Abs. 4, § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, §§ 22, 23 StGB zur Last. Der mit diesem versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahl verbundene Eingriff in die Integrität der dauerhaft genutzten Privatwohnung stellt ein zusätzliches Tatunrecht dar, weshalb beide Delikte ideal konkurrieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 2/19, BGHR StGB § 244 Abs. 4 Konkurrenzen 1; vom - 3 StR 63/19, juris Rn. 4; vom - 3 StR 308/21, NStZ-RR 2022, 108).

7Die Strafaussprüche können bestehen bleiben. Das Landgericht hat den Strafrahmen rechtsfehlerfrei dem § 244a Abs. 1 StGB entnommen und weder die vermeintliche Verwirklichung eines zweiten Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB noch den tateinheitlichen schweren Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Abs. 4 StGB strafschärfend gewürdigt. Es ist mithin auszuschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung mildere Strafen verhängt hätte.

83. Soweit das Landgericht die Angeklagten in Fall II.B.15. der Urteilsgründe (nur) wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt hat, sind die Schuldsprüche dahin zu ergänzen, dass auch eine hierzu tateinheitlich begangene Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB vorliegt. In diesem Fall hebelten die Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen die Tür einer Gaststätte sowie zwei Zigarettenautomaten auf, um an die Beute zu gelangen. Dadurch verursachten sie einen Sachschaden von 2.500 €. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, hat der Geschädigte diesbezüglich Strafantrag gestellt (§ 303c StGB). Die Sachbeschädigung steht mit dem schweren Bandendiebstahl gemäß § 52 StGB in Tateinheit (, BGHSt 63, 253 Rn. 15 ff.).

9Das Verschlechterungsverbot des § 358 StPO hindert die Verschärfung des Schuldspruchs nicht (vgl. , juris Rn. 60 mwN). § 265 StPO steht ebenfalls nicht entgegen, weil sich die geständigen Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.

104. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB ist in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden.

11Zunächst ist nicht vollumfänglich Gesamtschuldnerschaft angeordnet, obwohl die Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen sämtliche Taten mit Mittätern begingen und in keinem Fall einer von ihnen allein über die Tatbeute verfügte. Den Wertersatz für diese haben sie deshalb jeweils als Gesamtschuldner zu leisten (vgl. etwa , juris Rn. 4 mwN). Die individuelle Benennung anderer Gesamtschuldner in der Entscheidungsformel ist dabei allerdings nicht geboten (s. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 428/20, wistra 2021, 238 Rn. 2; vom - 3 StR 100/21, juris Rn. 11; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 333a).

12Der Ausspruch über die Wertersatzeinziehung begegnet ferner Bedenken, soweit das Landgericht die von den Angeklagten geschuldete Summe in einzelne Beträge unterteilt und deren Einziehung jeweils "zugunsten" namentlich bezeichneter Geschädigter angeordnet hat. Dadurch erweckt die Urteilsformel den Eindruck, sie begründe einen Zahlungsanspruch der Tatopfer. Gläubigerin des als Wertersatz eingezogenen Geldbetrags ist jedoch allein die Staatskasse. Die Entschädigung der Verletzten ist nach § 459h Abs. 2 StPO Teil des späteren Vollstreckungsverfahrens. Sie hängt von weiteren Voraussetzungen ab (§ 459k StPO; s. zum Ganzen , NStZ-RR 2022, 108).

13Schließlich hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend darauf hingewiesen, dass der Strafkammer bei der Festsetzung des in Fall B.II.23. vom Angeklagten R.     Erlangten ein Tippfehler unterlaufen ist (4.549,20 € anstatt 4.548,20 €), so dass für ihn 1 € in Abzug zu bringen ist. Insgesamt addieren sich die Einziehungsbeträge damit auf die in der Beschlussformel genannten Summen.

14Der Ausspruch über die Wertersatzeinziehung ist demnach unter Erstreckung auf den gleichermaßen betroffenen Mitangeklagten (§ 357 Satz 1 StPO) entsprechend zu ändern (§ 354 Abs. 1 StPO analog).

155. Angesichts des geringen Erfolgs der Revisionen ist es nicht unbillig, die Angeklagten mit den gesamten Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:260722B3STR141.22.0

Fundstelle(n):
IAAAJ-22070