BGH Beschluss v. - 3 StR 414/21

Vermögensabschöpfung im Strafverfahren: Erweiterte Einziehung von Geldbeträgen aus verfahrensfremden Taten

Gesetze: § 73 StGB, § 73a StGB

Instanzenzug: Az: 10 KLs 2090 Js 19353/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung und Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Anrechnungsentscheidung zur im Ausland erlittenen Haft getroffen. Daneben hat es die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 10.000 € angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2Während der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils sachlich-rechtlicher Prüfung standhalten, begegnet der Ausspruch über die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen durchgreifenden rechtlichen Bedenken; dieser Ausspruch entfällt.

3Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift vom insoweit im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:

"Im Jahr 2016 entschloss sich der gesondert verfolgte Zeuge K.   , illegale Kräutermischungen bei dem Angeklagten zu kaufen. Bis Ende des Jahres 2017 erwarb er in einem Umfang von mindestens 10.000 € Betäubungsmittel sowie Kräutermischungen, die unter das 'Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz' (NpSG) fallen, bei dem Angeklagten. Der Angeklagte übergab K.   die Substanzen jeweils auf Kommissionsbasis. Zur Übergabe der Betäubungsmittel bzw. Kräutermischungen und des Geldes trafen sich der Angeklagte und der gesondert verfolgte K.   alle zwei Wochen in R.       […].

Demnach hat der Angeklagte die 10.000 € aus einer oder mehreren konkretisierbaren verfahrensfremden Taten erlangt, weshalb der Anwendungsbereich des § 73a StGB nicht eröffnet ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom - 3 StR 226/13 und vom - 3 StR 486/15; BGH NStZ 2020, 213; BGH NJW 2018, 3325 [3326]). Denn § 73a StGB ist gegenüber § 73 StGB subsidiär. Seine Anwendung kommt erst in Betracht, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind. Dies schließt es aus, Gegenstände der erweiterten Einziehung zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht umfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen des vorrangig anwendbaren § 73 StGB zu prüfen sind. Damit scheidet auch die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen aus. Deren Anordnung hat zu entfallen."

4Dem schließt sich der Senat an.

5Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:080222B3STR414.21.0

Fundstelle(n):
wistra 2022 S. 256 Nr. 6
wistra 2022 S. 3 Nr. 5
SAAAJ-16476