Von Finanzbehörde als Vollstreckungsbehörde an eine Bank als Drittschuldnerin gerichtete Ausfertigung einer Pfändungs- und
Einziehungsverfügung (Nachfolgeentscheidung zu ): Fortsetzungsfeststellungsklage
kein Anspruch der Bank auf Mitteilung der Gründe der Ermessensausübung der Vollstreckungsbehörde
Form- und Inhaltserfordernisse der Pfändungs- und Einziehungsverfügung
Leitsatz
1. Hat sich die angefochtene Pfändungs- und Einziehungsverfügung erledigt, hat der Drittschuldner unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr
ein berechtigtes Interesse an der Feststellung deren Rechtswidrigkeit – als Voraussetzung für eine zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage
–, wenn sich seine Einwendungen gegen die Form der Verfügung richteten und die beklagte Behörde Pfändungs- und Einziehungsverfügungen
auch weiterhin in der beanstandeten Form erlässt.
2. Die Klage eines Kreditinstituts als Drittschuldner gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist grundsätzlich unzulässig,
soweit sich das Kreditinstitut auf das Fehlen von Ermessenserwägungen im Verhältnis zur Vollstreckungsschuldnerin und auf
die Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen im Hinblick auf einschneidende Folgen von Pfändungs- und Einziehungsverfügungen
für den jeweiligen Schuldner beruft. Etwas anderes könnte sich allenfalls bezüglich einer Ermessensausübung im Hinblick auf
die Möglichkeit einer unzulässigen oder mangelhaften Pfändungs- und Einziehungsverfügung beziehen, wie z. B. bei einer von
vornherein möglicherweise zwecklosen Pfändung.
3. Die Erwägungen bei der Ermessensausübung der Vollstreckungsbehörde über das Ergreifen, die Art und den Zeitpunkt der Vollstreckungsmaßnahmen
müssen nur dem Vollstreckungsschuldner, nicht aber dem Drittschuldner mitgeteilt werden. Der Drittschuldner ist nur insoweit
Betroffener, als die ihm gegenüber zugestellten Ausfertigungen der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen ihm selbst Pflichten
auferlegen. Nur in diesem Rahmen hat er selbst einen Anspruch auf eine ermessensgerechte Entscheidung.
4. Eine an eine Bank als Drittschuldnerin gerichtete, wegen Steuerschulden des Vollstreckungsschuldners ergangene Pfändungs-
und Einziehungsverfügung kann auch dann wirksam sein,wenn darin die betroffenen Konten des Vollstreckungsschuldners nicht
unter Angabe der jeweiligen Kontonummer einzeln benannt werden (vgl. , NJW-RR 1999)
und darin der Bank der nur die Höhe der Schuld (ohne Angabe der Steuerarten und der betroffenen Steuerjahre), nicht aber der
Schuldgrund mitgeteilt wird.
5. Mit Hilfe automatischer Einrichtungen (hier: IT-Verfahren eVs) erlassene Pfändungsverfügungen bedürfen gemäß § 119 Abs.
3 Satz 2 2. Halbsatz AO keiner Unterschrift oder Namenswiedergabe des zuständigen Bediensteten der Vollstreckungsstelle.
6. Das IT-Verfahren eVS dient bei der Bearbeitung von Vollstreckungsfällen, insbesondere auch bei der Erstellung von Pfändungs-
und Einziehungsverfügungen, lediglich als Hilfsmittel; es bedarf schon aufgrund seiner Programmierung bei der Erstellung von
Pfändungs- und Einziehungsverfügungen stets entsprechender Entscheidungen des jeweiligen Sachbearbeiters. So muss der Sachbearbeiter
zunächst prüfen und per Mausklick bestätigen, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sind, und sich durch entsprechendes
Anklicken aktiv dafür entscheiden, mit der Vollstreckung zu beginnen.
7. Ein Hauptzollamt als Vollstreckungsbehörde darf grundsätzlich auch bei einem geringen Umfang der beizutreibenden Forderungen
eine vollumfängliche Pfändung sämtlicher Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung des Schuldners mit einem Kreditinstitut vornehmen.
Einer besonderen Begründung gegenüber dem Kreditinstitut bedarf es dafür auch dann nicht, wenn die Pfändungswirkung eine Überpfändung
im Sinne des § 281 Abs. 2 AO zur Folge hat. Eine Teilpfändung zur Vermeidung einer Überpfändung ist nur dann erforderlich,
wenn und soweit die Wirkung der Überpfändung klar und zweifelsfrei erkennbar ist.
Fundstelle(n): DAAAJ-15295
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