Zur Bestimmung des ursprünglichen Zustandes i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB; Ursprünglicher Zustand ist bei Erwerb eines Wohngebäudes durch Schenkung oder Erbfall der Zustand zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung durch den Schenker oder Erblasser
Leitsatz
1. Eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung, die gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu Herstellungskosten führt, ist gegeben, wenn drei der vier für den Gebrauchswert eines Wohngebäudes wesentlichen Bereiche (Heizungs-, Sanitär-, Elektroinstallationen und Fenster) von einem ursprünglich sehr einfachen auf einen nunmehr mittleren oder von einem ursprünglich mittleren auf einen nunmehr sehr anspruchsvollen Standard gehoben worden sind. Dabei sind für die Prüfung, ob die Installationen und die Fenster im ursprünglichen Zustand als ,,sehr einfach'', ,,mittel'' oder ,,sehr anspruchsvoll'' anzusehen waren, die Maßstäbe zugrunde zu legen, die zu dem Zeitpunkt, in dem sich das Gebäude im ursprünglichen Zustand befand, allgemein üblich waren.
2. ,,Ursprünglicher Zustand'' i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist bei Erwerb eines Wohngebäudes durch Schenkung oder Erbfall der Zustand zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung durch den Schenker/Erblasser. [1]
Gesetze: EStG §§ 7, 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 7, 21 Abs. 1 Nr. 1HGB § 255 Abs. 2 Satz 1
Instanzenzug: FG Berlin (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Klägerin bekam 1991 von ihrer Mutter ein Grundstück geschenkt, das 1919 mit einem Wohnhaus bebaut und seitdem - nach Angabe der Kläger - wiederholt durch Gesamtrechtsnachfolge oder Schenkung innerhalb der Familie weitergegeben worden war. Seit dem Tod der letzten Bewohnerin (1987) stand das Gebäude leer. Die Klägerin ließ an dem Gebäude, das sie anschließend vermietete, für 416 174 DM folgende Umbau-, Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten durchführen:
- Einrichten des Badezimmers in dem bisher als Küche genutzten Raum des Erdgeschosses,
- Neubau eines WC-Raumes im Dachgeschoss,
- Einbau einer Terrassentür im Wohn-Essraum,
- Abbruch der Trennwand zwischen Wohnraum und Essplatz,
- Errichtung einer Dachgaube in Verbindung mit einer Überdachung der Haustür;
- Trockenlegen der Kellerwände,
- teilweiser Abbruch von Kellerböden und Kellerdecken,
- Ausgrabungen für Ver- und Entsorgungsleitungen,
- erstmaliger Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung (zuvor Brunnen);
- Anschluss an die Gasversorgung, Einbau einer Gasheizung (zuvor Ofenheizung),
- Zimmerarbeiten mit Treppenreparatur und Kellertüren,
- Dacheindeckung mit Kamineinsatz aus Edelstahl,
- komplette Erneuerung der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallation sowie der Schmutzwasserleitungen,
- teilweise Erneuerung der Fenster, Innenbänke und Außentüren,
- Holzwurmbekämpfung, Fliesen- und Malerarbeiten.
Ein Viertel der Aufwendungen (104 044 DM) machte die Klägerin gemäß § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) als Werbungskosten des Streitjahres (1992) geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte die Aufwendungen hingegen als Herstellungskosten.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage im Streitpunkt ab (Urteil vom 4243/96).
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von § 9 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) und § 82b EStDV.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin abzuändern, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Absetzung für Abnutzung (AfA) für das Gebäude um 2 073 DM gekürzt wird und weitere Werbungskosten von 103 637,75 DM (= 1/4 von 414 551 DM) gemäß § 82b EStDV abgezogen werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
II.
Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Ob Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen an einem zum Vermieten bestimmten Gebäude sofort abziehbare Werbungskosten (§ 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sind oder nur in Form von AfA verteilt auf die Nutzungsdauer abgezogen werden können (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i. V. m. § 7 EStG) hängt davon ab, ob die Aufwendungen die Merkmale des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB erfüllen. Das FG hat mit unzutreffender Begründung sämtliche strittigen Aufwendungen als Herstellungskosten im Sinne dieser Vorschrift beurteilt. Seine tatsächlichen Feststellungen reichen zu einer abschließenden Entscheidung in der Revisionsinstanz nicht aus.
1. Zu Unrecht hat das FG deshalb Herstellungskosten angenommen, weil das Gebäude vor den Instandsetzungsmaßnahmen der Klägerin nicht bewohnbar und nicht vermietbar war.
a) Die Herstellung eines Gebäudes im Sinne dieser Vorschrift kann zwar auch dann vorliegen, wenn ein Gebäude so sehr abgenutzt ist, dass es unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß) und durch die Instandsetzungsarbeiten unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile die Brauchbarkeit des Gebäudes wiederhergestellt wird (vgl. , BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, unter I. 2. a). Allerdings ist ein Gebäude nicht schon dann in diesem Sinne unbrauchbar, wenn es nicht vermietbar ist, weil es wegen Abnutzung und Verwahrlosung zeitgemäßen Wohnvorstellungen nicht mehr entspricht, sondern nur bei schweren Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen (, BFH/NV 1998, 841; vom IX R 61/95, BFHE 187, 431, BStBl II 1999, 282). Eine Wohnung ist deshalb nicht neu hergestellt, wenn lediglich der umbaute Raum umgestaltet oder grundlegend saniert wird. Vielmehr müssen die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge geben. Das ist insbesondere der Fall, wenn verbrauchte Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer bestimmend sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 841).
Die von der Klägerin durchgeführten Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Sie berührten, wie sich aus den tatsächlichen Feststellungen des FG ergibt, die tragende Bausubstanz nur zum geringen Teil. Kellerböden und Kellerdecken sind lediglich teilweise abgebrochen und ersetzt worden. Eine Zwischenwand ist verlegt, eine weitere entfernt worden. Im Übrigen sind jedoch die Fundamente, tragenden Außen- und Innenwände, Geschossdecken und die Dachkonstruktion erhalten geblieben.
b) Wenn mithin die Voraussetzungen eines sog. Vollverschleißes im Streitfall nicht erfüllt sind, kann die Wiederherstellung der Bewohnbarkeit und Vermietbarkeit des Gebäudes, u. a. durch Trockenlegung des Kellers, entgegen der Auffassung des FG für sich allein auch nicht zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen. Jede Reparatur ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine ,,Verbesserung''. Auch kann die Bewohnbarkeit eines Gebäudes schon durch geringfügige, leicht zu behebende Schäden beeinträchtigt oder aufgehoben werden, etwa durch ein undichtes Dach, zerbrochene Fenster oder eine reparaturbedürftige Heizung. Reparaturmaßnahmen, die derartige Mängel beheben und die Bewohnbarkeit des Gebäudes wiederherstellen, bilden aber allein deshalb noch keine ,,wesentliche Verbesserung'' i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Vielmehr führen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen nur dann zu einer wesentlichen Verbesserung i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB, wenn durch sie der Gebrauchswert des Gebäudes als Ganzes gesteigert wird (, BFHE 198,74, dazu im Einzelnen unten II. 5.).
2. Das FG hat ferner zu Unrecht die Aufwendungen für den Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Frischwasser- und Gasversorgung und die damit zusammenhängenden weiteren Maßnahmen für sich allein als Herstellungskosten beurteilt.
Im Streitfall geht es nicht um Erschließungsbeiträge für Baumaßnahmen der Gemeinde, sondern um Aufwendungen für Baumaßnahmen, die die Klägerin selbst auf ihrem Grundstück zum Anschluss an die Wasser- und Gasversorgung durchführen ließ. Derartige sog. Hausanschlusskosten hat die Rechtsprechung grundsätzlich zu den Herstellungskosten des Gebäudes gezählt, weil sie unumgänglich mit der Herstellung eines modernen Wohnhauses verbunden sind (, BFHE 91, 42, BStBl II 1968, 178; vom IX R 34/96, BFHE 190, 361, BStBl II 2000, 257, unter II. 2.). Diese Rechtsprechung ist im Streitfall jedoch nicht anwendbar. Die Baumaßnahmen zur Schaffung des Wasser- und Gasanschlusses betrafen nicht die Neuherstellung des Gebäudes der Klägerin. Das Wohnhaus war bereits hergestellt; es wurde seit 1919 durch einen eigenen Brunnen mit Frischwasser versorgt und war mit einer Ofenheizung ausgestattet.
Die Schaffung des Wasser- und Gasanschlusses ist auch keine ,,Erweiterung'' i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Der Einbau neuer Teile in vorhandene Installationen eines Wohnhauses (hier: Wasserversorgung) ist ebenso wenig eine Erweiterung, die zu Herstellungskosten führt, wie der Ersatz von Einzelöfen durch eine Gasheizung. Das Merkmal der Erweiterung in § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB tritt insoweit hinter das der wesentlichen Verbesserung zurück (, BFH/NV 2003, 103; unter II. 2. b).
Danach ist im Streitfall die Schaffung des Wasser- und Gasanschlusses zwar keine Erweiterung i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB, sie ist aber ebenfalls in die Prüfung einzubeziehen, ob der Gebrauchswert des Gebäudes insgesamt deutlich gesteigert worden ist (dazu unten II. 5). Dasselbe gilt für die Sanitär- und Heizungsinstallationen, die das FG als ,,Folgemaßnahmen des Anschlusses'' beurteilt hat.
3. Entgegen der Auffassung des FG erhöht das Entfernen oder Versetzen von Zwischenwänden für sich allein ebenfalls nicht notwendigerweise den objektiven Gebrauchswert des Hauses (, BFHE 183, 470, 475, BStBl II 1997, 802; vom IX R 72/95, BFH/NV 1999, 761).
4. Zu Recht hat das FG allerdings den Einbau einer Dachgaube im Flurbereich des Gebäudes der Klägerin als Erweiterung i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB beurteilt. Eine durch Einbau einer Dachgaube erzielte - auch geringfügige - Vergrößerung der nutzbaren Fläche ist eine Erweiterung in diesem Sinne, so dass deren Kosten Herstellungskosten sind (, BFHE 178, 32, BStBl II 1996, 628; IX R 69/92, BFHE 178, 36, BStBl II 1996, 630; vom IX R 80/95, BFH/NV 1999, 605).
Im Streitfall ist nach den Feststellungen des FG und den von ihm in Bezug genommenen Fotos durch den Einbau der Dachgaube die nutzbare Fläche erweitert worden. Dass die Flächenvergrößerung einen Treppenabsatz betraf, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Die von den Klägern herangezogenen DIN-Normen, nach denen, wie sie vortragen, das Treppenhaus bei der Berechnung der Wohnfläche nicht zu berücksichtigen ist, sind für die Auslegung des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht maßgebend.
5. Da die Vorentscheidung auf einer abweichenden Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang prüfen müssen, ob die strittigen Aufwendungen - über die Herstellungskosten für die Errichtung der Dachgaube hinaus - deshalb Herstellungskosten sind, weil das Haus der Klägerin gegenüber dem ursprünglichen Zustand wesentlich verbessert worden, d. h. sein Gebrauchswert insgesamt deutlich erhöht worden ist.
a) Ursprünglicher Zustand i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist grundsätzlich der Zustand des Gebäudes zu dem Zeitpunkt, in dem der Steuerpflichtige es in sein Vermögen aufgenommen hat. Dies ist der Zeitpunkt der Herstellung oder, wenn der Steuerpflichtige das Gebäude erworben hat, der Zeitpunkt des Erwerbs. Waren die ursprünglichen Herstellungskosten (oder im Falle des Erwerbs die Anschaffungskosten) vor den Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen bereits verändert worden, etwa durch anderweitige nachträgliche Herstellungs- oder Anschaffungskosten oder eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung - AfaA - (§ 7 Abs. 1 letzter Satz EStG), so ist der für die geänderte AfA-Bemessungsgrundlage maßgebende Zustand mit dem nunmehr durch die ausgeführten Arbeiten erreichten Zustand zu vergleichen (BFH-Urteil in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, unter I. 2. c).
Im Falle des unentgeltlichen Erwerbs (zur Gesamtrechtsnachfolge vgl. bereits BFH-Urteil in BFHE 183, 470, BStBl II 1997, 802) ist ursprünglicher Zustand i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB grundsätzlich der Zustand des Gebäudes zu dem Zeitpunkt, in dem der Erblasser oder Schenker es in sein Vermögen aufgenommen hat. Denn das Grundstück geht mit seinen ursprünglichen, vom Erblasser oder Schenker aufgewendeten Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf den Erben oder Beschenkten über. Dementsprechend bemessen sich die AfA gemäß § 11d Abs. 1 EStDV nach den - vom Rechtsnachfolger fortzuführenden - Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die beim Rechtsvorgänger anzusetzen waren. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge tritt der Gesamtrechtsnachfolger materiell-rechtlich in die steuerrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein (, BFHE 172, 362, BStBl II 1993, 874, m. w. N.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht persönliche Eigenschaften oder Umstände des Steuerpflichtigen, sondern objektiv gegebene tatsächliche Verhältnisse zu beurteilen sind. Als solche Verhältnisse sind die tatsächlichen Voraussetzungen anzusehen, nach denen sich entscheidet, ob Herstellungskosten i. S. des § 255 Abs. 2 HGB vorliegen (BFH in BFHE 183, 470, BStBl II 1997, 802). Dies gilt nicht nur für die Gesamtrechtsnachfolge, sondern ebenso für die unentgeltliche Einzelrechtsnachfolge, weil § 255 HGB i. V. m. § 11d EStDV insoweit keine Unterscheidung erlaubt. An dem entgegenstehenden Urteil vom IX R 5/93 (BFHE 178, 40, BStBl II 1996, 588, dazu bereits , BStBl I 1996, 1258) hält der Senat nicht mehr fest.
Ob Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen ein Gebäude über seinen ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessert haben, ist danach bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge durch einen Vergleich des Gebäudezustands bei Anschaffung oder Herstellung durch den Rechtsvorgänger mit dem Zustand nach den strittigen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen des Rechtsnachfolgers zu ermitteln.
b) Eine ,,wesentliche Verbesserung'' i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist gegeben, wenn der Gebrauchswert (Nutzungspotential) eines Gebäudes gegenüber dem ursprünglichen Zustand von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird, (BFH-Urteil in BFHE 198, 74, unter II. 3. a cc).
aa) Der Standard eines Wohngebäudes wird insbesondere bei sehr einfachen Wohnungen weniger durch die Verwendung hochwertiger Materialien als durch die Modernisierung der Einrichtungen gesteigert, die den Nutzungswert eines Gebäudes im Wesentlichen bestimmen: Das sind vor allem die Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie die Fenster. Wenn daher im Zuge der Baumaßnahmen diese Einrichtungen nicht nur in zeitgemäßer Form ersetzt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, zu I. 3. b bb, m. w. N.), sondern darüber hinaus in ihrer Funktion (Gebrauchswert) deutlich erweitert und ergänzt werden und dadurch der Wohnkomfort des Hauses insgesamt deutlich gesteigert wird, dann wird ein Wohnhaus dadurch wesentlich verbessert. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn Sanitärinstallationen deutlich erweitert oder ergänzt und ihr Komfort (z. B. durch zweckmäßigere und funktionstüchtigere Ausstattungsdetails) erheblich gesteigert wird, wenn eine technisch überholte Heizungsanlage (z. B. Kohleöfen) durch eine dem Stand der Technik entsprechende Heizungsanlage ersetzt wird, wenn bei der Modernisierung der Elektroinstallation die Leitungskapazität maßgeblich erweitert und die Zahl der Anschlüsse erheblich vermehrt wird und wenn einfach verglaste Fenster durch Isolierglasfenster ersetzt werden. Wenn auch einzelne dieser Maßnahmen noch nicht zu einer wesentlichen Verbesserung führen, so kann doch ein Bündel derartiger Baumaßnahmen, bei denen mindestens drei der o. g. wesentlichen Bereiche betroffen sind, ein Gebäude gegenüber seinem ursprünglichen Zustand in seinem Standard heben und es damit i. S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB wesentlich verbessern. Derartig gebündelte Baumaßnahmen und die damit bautechnisch zusammenhängenden Baumaßnahmen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, zu I. 3. b cc, und vom IX R 34/94, BFHE 181, 50, BStBl II 1996, 649) können insgesamt zu Herstellungskosten führen. Andere Aufwendungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sind (ggf. durch Schätzung) davon abzugrenzen und daneben sofort als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abzuziehen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 74, unter II. 3. a cc).
bb) Bei der Prüfung, ob durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen drei der wesentlichen Bereiche (Heizungs-, Sanitär-, Elektroinstallationen und Fenster) nicht nur in zeitgemäßer Form ersetzt, sondern darüber hinaus in ihrer Funktion (Gebrauchswert) deutlich erweitert und ergänzt werden und dadurch der Wohnkomfort des Hauses insgesamt deutlich gesteigert wird, ist zunächst festzustellen, ob die genannten Installationen und die Fenster im ,,ursprünglichen Zustand'' i. S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB (bei Erwerb durch Schenkung oder Erbfall ist dies der Zustand bei Anschaffung oder Herstellung durch den Schenker/Erblasser) einem sehr einfachen, einem mittleren oder einem sehr anspruchsvollen Standard entsprachen. Dabei sind für die Beurteilung der Installationen und der Fenster als ,,sehr einfach'', ,,mittel'' oder ,,sehr anspruchsvoll'' die Maßstäbe zugrunde zu legen, die zu dem Zeitpunkt, in dem sich das Gebäude im ursprünglichen Zustand befand, allgemein üblich waren. Nur so wird der ,,ursprüngliche Zustand'' als Vergleichsgröße zutreffend erfasst.
Sodann ist für den Zeitpunkt nach Abschluss der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu prüfen, ob die Installationen und die Fenster nach den nunmehr üblichen Maßstäben einem sehr einfachen, einem mittleren oder einem sehr anspruchsvollen Standard entsprechen. Ergibt sich danach, dass drei der genannten Bereiche (Heizungs-, Sanitär-, Elektroinstallationen und Fenster) von einem ursprünglich sehr einfachen auf einen nunmehr mittleren oder von einem ursprünglich mittleren auf einen nunmehr sehr anspruchsvollen Standard gehoben worden sind, dann ist das Gebäude dadurch gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB wesentlich verbessert worden.
cc) Die Feststellungslast hinsichtlich der Tatsachen, die eine wesentliche Verbesserung begründen und damit die Behandlung als Herstellungskosten, trägt das FA. Da das FA in der Regel nicht in der Lage ist, den ursprünglichen Zustand eines Gebäudes festzustellen, trifft den Steuerpflichtigen insoweit eine erhöhte Mitwirkungspflicht (BFH-Urteil in BFHE 198, 74, unter II. 4.).
c) Das FG hat den Sachverhalt nach den vorstehenden Grundsätzen insgesamt neu zu würdigen. Dabei wird es unter anderem dem Vorbringen der Kläger nachgehen müssen, der Zuschnitt des Hauses sei zur Zeit seiner Herstellung (1919) höherwertig gewesen, und es sei mehrfach ausschließlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder Schenkung innerhalb der Familie weitergegeben worden. Sollte sich dies als zutreffend erweisen, wäre zu prüfen, ob die Installationen und Fenster im Jahr 1919 nach den damals üblichen Maßstäben einem sehr einfachen, einem mittleren oder einem sehr anspruchsvollen Standard entsprochen haben und ob mindestens drei dieser wesentlichen Bereiche durch die strittigen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen von einem ursprünglich sehr einfachen auf einen nunmehr mittleren oder von einem ursprünglich mittleren auf einen nunmehr sehr anspruchsvollen Standard gehoben worden sind.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BStBl 2003 II Seite S. 590
BB 2003 S. 461 Nr. 9
BB 2003 S. 572 Nr. 11
BFH/NV 2003 S. 406
BFH/NV 2003 S. 406 Nr. 3
BFHE S. 148 Nr. 201
BStBl II 2003 S. 590 Nr. 11
DB 2003 S. 419 Nr. 8
DStR 2003 S. 322 Nr. 9
DStRE 2003 S. 383 Nr. 6
FR 2003 S. 351 Nr. 7
INF 2003 S. 203 Nr. 6
KÖSDI 2003 S. 13636 Nr. 3
XAAAA-89573
1Hinweis auf - (BStBl I S. 386).