Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs für eine nach dem Beitritt der DDR angemeldete und gezahlte Getreide-Mitverantwortungsabgabe nach § 37 Abs. 2 AO
Leitsatz
1. Maßgebend für die Frage, ob ein Erstattungsanspruch für eine nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland gezahlte Getreide-Mitverantwortungsabgabe besteht, sind die Vorschriften des MOG in entsprechender Anwendung und die AO 1977.
2. Eine etwa in der Anmeldung liegende Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe ist nicht nichtig. Auf den Bestand der Festsetzung hat das Senatsurteil vom VII R 32/95 (BFH/NV 1997, 317) keinen Einfluss.
3. Nach Ablauf der Festsetzungsfrist kann der Antrag auf Aufhebung der danach endgültigen Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe nicht mehr mit Erfolg gestellt werden.
4. Zur Verjährung eines Erstattungsanspruchs.
5. Der Eintritt der Verjährung ist von Amts wegen zu prüfen, seine Geltendmachung steht nicht zur Disposition der Behörde.
Gesetze: MOG § 1 Abs. 2 Nr. 3MOG § 12BGB § 812AO 1977 § 37 Abs. 2AO 1977 § 45 Abs. 1 Satz 1AO 1977 § 47AO 1977 § 125 Abs. 1AO 1977 § 150 Abs. 1 Satz 2AO 1977 § 164 Abs. 2 und 4AO 1977 § 168 Abs. 1 Satz 1AO 1977 § 169 Abs. 2 Nr. 2AO 1977 § 218 Abs. 2 Satz 2AO 1977 § 220 Abs. 2AO 1977 § 228AO 1977 § 229 Abs. 1AO 1977 § 232EGAO 1977 Art. 97aEGAO 1977 § 2 Nr. 5GetrMVAV § 6 Abs. 1GetrMVAV § 32Mitverantwortungsabgabe Verfügung Nr. 2
Instanzenzug: FG Mecklenburg-Vorpommern (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist durch Umwandlung aus der LPG . . . hervorgegangen. Als Rechtsnachfolgerin der LPG . . . beantragte sie mit Schreiben vom die Erstattung von Mitverantwortungsabgabe Getreide in Höhe von . . . DM, die die LPG . . . nach Aufforderung durch das Hauptzollamt Rostock (Schreiben vom . . . Dezember 1990) für Vermarktungen von Getreide im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 1. Juli bis zum am angemeldet und anschließend auch gezahlt hat. Grund für den Erstattungsantrag war das Urteil des Senats vom VII R 32/95 (BFH/NV 1997, 317), das die Erhebung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe in der ehemaligen DDR für rechtswidrig hielt, weil keine Rechtsgrundlage für deren Erhebung vorhanden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt - HZA -) den Antrag wegen Ablaufs der Festsetzungsverjährung zum ab. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) sah die Klage als Verpflichtungsklage auf Erlass eines Abrechnungsbescheids über den Erstattungsanspruch an, die unbegründet sei, weil die Klägerin den geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht habe. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für den hier in Betracht kommenden Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) lägen nicht vor. Unabhängig davon sei aber jedenfalls (Zahlungs-)Verjährung eingetreten.
Auch soweit die Klägerin mit der Klage hilfsweise die Verpflichtung des HZA zur Aufhebung der Anmeldung für die Getreide-Mitverantwortungsabgabe vom beantragt habe, sei sie zwar zulässig, aber ebenfalls unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Verpflichtung des HZA zur Aufhebung der Anmeldung vom , weil die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt des Antrags der Klägerin auf Aufhebung der Anmeldung am bereits abgelaufen gewesen sei.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie meint, für den Fall, dass im Streitfall § 37 AO 1977 nicht zum Zuge komme, seien hilfsweise §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) anzuwenden. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Steueranmeldung nichtig sei, weil der Bundesfinanzhof (BFH) das DDR-Recht, auf dem sie beruhe, kraft eigener Verwerfungskompetenz für rechtswidrig erklärt habe. Das FG habe in Bezug auf den Ablauf der Verjährungsfrist unrichtigerweise § 229 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 nicht angewendet. Die darin erwähnte Aufhebung der Steuerfestsetzung sei im vorliegenden Fall mit der Erklärung der Rechtswidrigkeit der Rechtsgrundlagen für die Steuerfestsetzung (Steueranmeldung) durch den BFH gleichzusetzen. Die Verjährung beginne erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem das Senatsurteil vom verkündet worden sei. Diese Rechtsauffassung der Klägerin sei durch das Schreiben des HZA vom bestätigt worden. Das FG habe das genannte Schreiben des HZA auch in anderer Hinsicht nicht richtig ausgelegt. Hilfsweise hätte die Erklärung des HZA nämlich auch dahin gehend überprüft werden müssen, dass es sich tatsächlich um einen Verzicht auf Erlöschensgründe nach Verjährung handele.
. . .
Das HZA bleibt bei seiner Auffassung, dass die Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig war. Für das Erstattungsverfahren sei § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) i. V. m. § 37 Abs. 2 AO 1977, nicht aber §§ 812 ff. BGB anzuwenden. Ein Erstattungsanspruch bestehe nicht, weil rechtlicher Grund für die Zahlung der Abgabe der zwar fehlerhafte, aber bestandskräftige Abgabenbescheid sei. Da die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden habe, hätte die Klägerin innerhalb der in § 32 der Getreide-Mitverantwortungsabgabenverordnung (GetrMVAV) i. d. F. der Bekanntmachung vom (BGBl. I, 160) festgelegten fünfjährigen Verjährungsfrist einen Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 bis zum stellen müssen. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass ihr Rückforderungsanspruch erst mit der Unwirksamkeitserklärung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe-Verfügung durch den BFH entstanden sei. Anspruchsbegründender Tatbestand sei die in 1991 erfolgte Zahlung eines nicht geschuldeten Betrages. Die fünfjährige Zahlungsverjährung bestimme sich nach § 229 Abs. 1 Satz 1 AO 1977; sie sei nicht durch das Schreiben des HZA vom unterbrochen worden.
Gründe
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet, weil die Klägerin, wie das FG richtig erkannt hat, keinen Anspruch auf Erstattung der von ihrer Rechtsvorgängerin gezahlten Getreide-Mitverantwortungsabgabe hat.
1. Maßgebend für die Frage, ob ein Erstattungsanspruch der Klägerin besteht, sind die Bestimmungen der AO 1977.
a) Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat die Getreide-Mitverantwortungsabgabe zwar noch auf der Grundlage des ehemaligen DDR-Rechts geleistet, das bestand aus
- dem von der Volkskammer der DDR verabschiedeten Gesetz über die Ein- und Durchführung von Marktorganisationen für land- und ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse (Marktorganisationsgesetz) vom (Gesetzblatt - GBl - DDR I 1990, 657),
- der auf Grund der Ermächtigung in § 6 des Marktorganisationsgesetzes vom Ministerrat der DDR erlassenen Durchführungsverordnung über die Marktorganisation für Getreide (Getreideverordnung) vom (GBl DDR I 1990, 1196) - eine Rechtsvorschrift i. S. von § 8 Abs. 2 des Gesetzes über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik (Ministerratsgesetz) vom (GBl DDR I 1972, 253) - und
- der Verfügung des Ministeriums für Ernährung, Land- und Forstwirtschaft über die Höhe und das Verfahren bei der Erhebung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe (Mitverantwortungsabgabe-Verfügung) vom . Die Ermächtigung zum Erlass dieser Verfügung war in § 4 Abs. 3 der Getreideverordnung enthalten.
An deren Stelle ist jedoch mit dem am wirksam gewordenen Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik), abgesehen von den Vorschriften, aus denen sich der Anspruch auf Zahlung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe selbst ergibt, das entsprechende in der Bundesrepublik geltende Bundes- und EG-Recht getreten. Für den Streitfall einschlägig sind deshalb insoweit das MOG in entsprechender Anwendung und die AO 1977, auf die § 12 MOG verweist, weil ein etwaiger Erstattungsanspruch der Klägerin nicht durch Sondervorschriften des MOG geregelt ist (, BFH/NV 1996, 92).
Auch wenn die hier in Rede stehende Getreide-Mitverantwortungsabgabe bereits vor Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik nach den Marktordnungsvorschriften der ehemaligen DDR entstanden ist, richtet sich deren etwaige Erstattung daher nicht nach der in der DDR bis zum geltenden Abgabenordnung der Deutschen Demokratischen Republik (AO DDR) vom (GBl DDR Sonderdruck Nr. 1428), sondern nach der AO 1977, weil ein etwaiger Erstattungsanspruch frühestens mit der Zahlung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe, also im Jahre 1991 entstanden sein kann.
b) Die Erstattung kann deshalb der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer Rechtsvorgängerin (§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) nur gewährt werden, wenn die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 AO 1977 erfüllt sind. Über den Erstattungsanspruch entscheidet das HZA durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 2 AO 1977. Ein Anspruch aus § 812 BGB kommt nicht in Betracht, weil der Erstattungsanspruch in Abgabenangelegenheiten durch besondere Vorschriften des öffentlichen Rechts abschließend geregelt ist (vgl. BFH in BFH/NV 1996, 92).
2. Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 37 Abs. 2 AO 1977 sind jedoch nicht erfüllt. Denn entweder ist die Getreide-Mitverantwortungsabgabe nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, oder der Erstattungsanspruch ist durch Verjährung erloschen, falls ein Rechtsgrund für die Zahlung nicht vorhanden war.
a) Als rechtlicher Grund für die Zahlung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe kommt nur eine etwa in der auf Grund von Nr. 2 der Mitverantwortungsabgabe-Verfügung am abgegebenen Anmeldung liegende Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) in Betracht. Eine solche Abgabenfestsetzung würde der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs entgegenstehen, obwohl die Erhebung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe, wie der Senat ausgeführt hat (Urteil in BFH/NV 1997, 317), rechtswidrig ist (vgl. dazu u. a. , BFH/NV 2001, 140, und Urteil vom VII R 86/88, BFHE 160, 108, BStBl II 1990, 523).
Anders als die Klägerin meint, wäre eine solche Abgabenfestsetzung nicht deswegen unbeachtlich, weil sie nichtig wäre. Nach § 125 Abs. 1 AO 1977 ist ein Verwaltungsakt, dem die in der Anmeldung liegende Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe gleichzuachten ist, nur dann nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind im Regelfall nicht schon dann erfüllt, wenn der Verwaltungsakt ohne rechtliche Grundlage ergangen ist (vgl. u. a. , BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133, und Urteil vom VII R 112/96, BFH/NV 1998, 355). Anlass zu der Annahme, dass im Streitfall ein Ausnahmefall vorliegt, besteht nicht. Denn im Hinblick auf die Bekanntmachung des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML) vom war jedenfalls nicht offensichtlich, d. h. für jedermann ohne weiteres erkennbar, dass eine gesetzliche Grundlage für das Verlangen auf Anmeldung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe fehlte. Daran ändert das Senatsurteil in BFH/NV 1997, 317, nach dem die Erhebung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe in der ehemaligen DDR rechtswidrig war, schon deshalb nichts, weil es erst nach Abgabe der Anmeldung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin und die darin etwa liegende Festsetzung der Abgabe ergangen ist.
Eine etwa wirksame Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe wäre auch nicht durch das bereits erwähnte Senatsurteil in BFH/NV 1997, 317 berührt. Denn dem Urteil kommt über den entschiedenen Fall hinaus keine Bindungswirkung zu (§ 110 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Deshalb braucht sich der Senat nicht mit den Erwägungen der Klägerin in ihrer Revisionsschrift zur Anwendung der Vorschrift des § 229 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 über die Zahlungsverjährung im Falle eines die Steuerfestsetzung aufhebenden Urteils auseinander zu setzen.
Eine Aufhebung der inzwischen, weil nicht mit Rechtsmitteln angefochtenen bestandskräftigen Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe nach § 164 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO 1977 käme nicht mehr in Betracht. Nach der genannten Vorschrift kann zwar die Aufhebung eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Abgabenfestsetzung jederzeit beantragt werden. Das FG hat auch richtig erkannt, dass in dem Antrag der Klägerin auf Erstattung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe gleichzeitig ein Antrag auf Aufhebung der der Erstattung entgegenstehenden Festsetzung der Abgabe zu sehen ist. Dieser Antrag kann aber, wie das FG weiter zutreffend ausgeführt hat, nicht mehr zum Erfolg führen, weil der Vorbehalt der Nachprüfung mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist entfällt (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO 1977) und damit der Antrag auf Aufhebung der nunmehr endgültigen Festsetzung nicht mehr mit Erfolg gestellt werden kann (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO 1971). Im Streitfall war die Festsetzungsfrist am , an dem der Aufhebungsantrag gestellt wurde, bereits abgelaufen.
Die Festsetzungsfrist beträgt sowohl nach § 12 MOG i. V. m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 als auch nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO DDR vier Jahre und beginnt nach § 170 Abs. 2 beider Abgabenordnungen in der in den Jahren 1990/1991, um die es im Streitfall geht, geltenden Fassung mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem auf Grund gesetzlicher Vorschrift die Abgabenerklärung eingereicht wird. Es ist daher nicht näher nach Art. 97 a § 2 Nr. 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung zu prüfen, die Bestimmungen welcher Abgabenordnung hier anzuwenden sind. Da die Anmeldung am abgegeben worden ist, endete danach die vierjährige Festsetzungsfrist, die mit Ablauf des Jahres 1991 zu laufen begonnen hatte, am .
Wie das FG ebenfalls richtig ausgeführt hat, wäre die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Aufhebung der in der Anmeldung liegenden Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe jedoch selbst dann abgelaufen gewesen, wenn sie nach § 32 der (bundesrechtlichen) GetrMVAV zu bestimmen wäre. Danach verjähren Ansprüche auf Grund dieser Verordnung in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe anzumelden war. Da die Anmeldung bis zum abzugeben war, ist die Festsetzungsverjährung nach der genannten Vorschrift mit Ablauf des eingetreten und damit die Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe endgültig geworden (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO 1977). Deshalb wäre auch unter Zugrundelegung dieser Vorschrift der Antrag auf Aufhebung der Festsetzung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe vom verspätet und daher vom HZA mit Recht abgelehnt worden.
b) Würde es hingegen an einer wirksamen Abgabenfestsetzung i. S. von § 168 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 fehlen, weil eine gesetzliche Verpflichtung zur Anmeldung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe i. S. von § 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 gemäß Nr. 2 der Mitverantwortungsabgabe-Verfügung nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am nicht mehr bestand und auch aus § 6 Abs. 1 GetrMVAV - geändert durch Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Getreide-Mitverantwortungsabgabenverordnung vom (BGBl. I 1990, 1329) - nicht hergeleitet werden kann, so wäre zwar ein Rechtsgrund für die Zahlung der Abgabe nicht vorhanden. Der sich in diesem Fall aus § 37 Abs. 2 AO 1977 ergebende Erstattungsanspruch wäre aber durch Verjährung erloschen (§§ 47, 232 AO 1977).
Nach § 228 AO 1977 verjähren Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen auch der Erstattungsanspruch gehört, in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist (§ 229 Abs. 1 AO 1977). Das wäre im Streitfall der Ablauf des Jahres 1991, weil die Abgabe in diesem Jahr mangels entsprechender Festsetzung ohne Rechtsgrund gezahlt worden und damit der Erstattungsanspruch entstanden wäre (§ 220 Abs. 2 AO 1977). Der Erstattungsanspruch wäre daher unter dieser Annahme mit Ablauf des Jahres 1996 und damit im Zeitpunkt der Stellung des Erstattungsantrags im Jahre 1997 verjährt gewesen.
Dem steht § 229 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 nicht entgegen, weil sich der hier in Betracht kommende Erstattungsanspruch ohne seine vorherige Festsetzung und ohne Aufhebung einer etwa entgegenstehenden Abgabenfestsetzung allein daraus ergibt, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Abgabe gezahlt hat (vgl. , BFH/NV 1997, 10, und Beschluss vom II R 64/95, BFH/NV 1998, 1455).
c) Nach den vorstehenden Ausführungen ist es für die Entscheidung im Ergebnis unerheblich, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin gesetzlich zur Abgabe einer Anmeldung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe verpflichtet war. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich eine solche gesetzliche Anmeldepflicht im Zeitpunkt der Abgabe der Anmeldung nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik noch auf Nr. 2 der Mitverantwortungsabgabe-Verfügung zurückführen ließ oder sie aus § 6 GetrMVAV hergeleitet werden konnte, obwohl es sich bei der Getreide-Mitverantwortungsabgabe um eine nach dem Recht der ehemaligen DDR eingeführte Abgabe handelte.
3. Schließlich lässt sich aus dem Schreiben des HZA vom nichts zu Gunsten der Klägerin herleiten. Auf Grund einer Sachstandsanfrage der Klägerin hatte das HZA die Klägerin darüber unterrichtet, dass die Erhebung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe in dem in Rede stehenden Zeitraum nach dem Senatsurteil in BFH/NV 1997, 317 rechtswidrig sei und Anträgen auf Erstattung der gezahlten Abgabe grundsätzlich zu entsprechen sei. Das Verfahren der Erstattung werde allerdings noch vom Bundesministerium der Finanzen geprüft, bis zum Abschluss der Prüfung sei das HZA nicht ermächtigt, die gewünschte Auszahlung vorzunehmen. Bei dem Schreiben handelt es sich um eine Sachstandsmitteilung, mit der das HZA keinerlei Rechtsbindungen eingegangen ist. Ein Verzicht des HZA auf die Geltendmachung von Erlöschensgründen hinsichtlich eines Erstattungsanspruchs nach Verjährung kann entgegen der Ansicht der Klägerin daraus schon deshalb nicht entnommen werden, weil die Frage einer Verjährung von Amts wegen zu prüfen ist und die Frage, ob sie geltend gemacht wird, daher nicht der Disposition des HZA unterliegt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 447
BB 2002 S. 982 Nr. 19
BFH/NV 2002 S. 827 Nr. 6
BFHE S. 569 Nr. 197
BStBl II 2002 S. 447 Nr. 13
DStRE 2002 S. 724 Nr. 11
WAAAA-89248