OFD Frankfurt am Main - S 7410 A

Umsatzsteuer bei Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe

1 Keine Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG

Ein Unternehmer, der seinen landwirtschaftlichen Betrieb verpachtet und dessen unternehmerische Betätigung im Bereich der Landwirtschaft sich in dieser Verpachtung erschöpft, betreibt mit der Verpachtung keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 24 UStG ( BStBl II S. 613 und vom , BStBl II S. 922).

2 Behandlung der sog. Alt-Verpachtungsfälle

Die o.a. Rechtsprechung wird in den Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb vor dem verpachtet wurde, aus Billigkeitsgründen erst ab angewandt.

3 Abwicklungsumsätze

Nach dem Ergebnis der Erörterung der Vertreter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder unterliegen Umsätze, die bei der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs noch auf der Bewirtschaftung des bisherigen Betriebs beruhen (z.B. Verkauf von Erntevorräten oder Maschinen, die der Pächter nicht übernommen hat), nicht der Besteuerung des § 24 UStG, da die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung einen aktiven landwirtschaftlichen Betrieb voraussetzt ( BStBl II S. 696, Abschnitt 264 Abs. 5 Satz 1 UStR).

4 Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG

Hat der Landwirt vor der Verpachtung seines Betriebes für seine Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG angewendet, können unter Umständen Vorsteuerberichtigungen erforderlich werden, denn der Wechsel der Besteuerungsform stellt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (sog. ,,Mähdrescherurteil'' vom (BStBl 1994 II S. 339) eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 15 a UStG dar. Soweit die Pacht auf steuerpflichtig überlassene Wirtschaftsgüter entfällt, bei denen der Berichtigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist, ist dem Unternehmer die auf den restlichen Zeitraum entfallende anteilige Vorsteuer zu seinen Gunsten zu erstatten (vgl. Beispiel 6 im , BStBl I S. 831).

Soweit die Pacht für steuerfrei überlassene Wirtschaftsgüter gezahlt wird (Grundstück, § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG), entfällt eine Vorsteuerberichtigung.

Zur Übergangsregelung bei der Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG beim Wechsel der Besteuerungsform bei Landwirten siehe auch USt-Kartei OFD Ffm - § 15 a - S 7316 - Karte 6.

5 Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs nach vorangegangener Verpachtung

Auch die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nach Ablauf der Pachtzeit ist kein Umsatz, der unter die Durchschnittsatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG fällt. Sie unterliegt den Allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes. In der Regel wird es sich um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1 a UStG handeln. Der erwerbende Unternehmer (z.B. Sohn) tritt in diesem Fall an die Stelle des Veräußerers (z. B. Vater). Der erwerbende Unternehmer übernimmt auch die noch laufenden Berichtigungszeiträume für die übertragenen Wirtschaftsgüter (§ 15 a Abs. 6 a UStG). Unterwirft der Erwerber seine Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG, so tritt auch hier durch den Wechsel der Besteuerungsform von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung für diese übertragenen Wirtschaftsgüter eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15 a UStG ein. Soweit dem Veräußerer für diese Wirtschaftsgüter ein Vorsteuerabzug zustand, kann durch die Übertragung eine beim Erwerber vorzunehmende Vorsteuerberichtigung für bisher steuerpflichtig verpachtete Wirtschaftsgüter ausgelöst werden.

6 Verpachtung von Teilen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs

Die Verpachtung eines lebensfähigen Betriebs unterliegt der Regelbesteuerung ohne Rücksichti darauf, welchen Umfang der vom Verpächter zurückbehaltene Teil hat und ob dieser der Durchschnittsbesteuerung unterliegt.

Zu der rechtlichen Problematik der Verpachtung von Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebes bei einem pauschal versteuernden Landwirt sind vor dem BFH mehrere Revisionsverfahren anhängig:

- - (EFG 2000, 1421) - Az BFH: V R 64/00

- (EFG 2000, 243) - Az BFH: V R 6/01

- Schlesw.-Holsteinisches - (EFG 2001, 603) - Az BFH: V R 8/01

Sollte sich ein Steuerpflichtiger auf eines der o.a. Urteile oder auf möglicherweise weitere Revisionsverfahren berufen, so ruhen Einsprüche gegen nach den o.a. Grundsätzen behandelten Teilbetriebsverpachtungen insoweit (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO). Aussetzung der Vollziehung ist hingegen nicht zu gewähren.

7 Wirtschaftsüberlassungsverträge

Überlässt ein Betriebsinhaber einem Angehörigen seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb aufgrund eines sog. Wirtschaftsüberlassungsvertrags, so sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für den Hofeigentümer - mit Ausnahme des Umstands, dass er keine Pachteinnahmen, sondern Unterhaltsleistungen vom Nutzungsberechtigten erhält - dieselben Rechtsfolgen abzuleiten, wie sie für die Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe gelten; der Nutzungsberechtigte ist im Ergebnis einem Pächter gleichzustellen (Urteile vom , BStBl II S. 335 und vom - IV R 104/90, Betriebsberater 1992 S. 1048).

8 ,,Eiserne Verpachtung''

Hingabe und Rückgabe des ,,eisernen Inventars'' stellen keine Lieferungen dar. Ein sich bei der Rückgabe ergebender Mehrwert, den der Verpächter aufzugleichen hat, ist Entgelt für eine sonstige Leistung des Pächters.

9 Aufteilung eines einheitlichen Pachtentgelts

Die pauschalen Aufteilungsgrundsätze zur Verteilung der Einheitswerte nach § 49 Bewertungsgesetz sind unter Berücksichtigung des Strukturwandels für eine sachgerechte Aufteilung des Pachtentgelts für Zwecke der Umsatzsteuer nicht geeignet. Bei der Aufteilung des Pachtentgelts in den steuerfreien Teil für die Verpachtung des Grundstücks (Grund und Boden, Gebäude, Gebäudeteile, Außenanlagen) sowie in den steuerpflichtigen Teil für die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen (z. B. Getreidesilos, Güllebelälter) sind die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls maßgebend. Dabei ist auf eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten sachgerechte Aufteilung zu achten.

10 Höhe des Entgelts für die Verpachtungsleistung

Zahlungen, die der Pächter zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Verpächters leistet (z. B. Grundsteuer, Zinsen, Versicherungsbeiträge), sind Teil des Entgelts für die Verpachtungsleistung (§ 10 Abs. 1 UStG).

11 Behandlung von Gebäuden auf fremden Grund und Boden

Bei Baumaßnahmen des Pächters eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sind die Grundsätze des BMF-Schreibens zum Bauen auf fremden Grund und Boden vom (BStBl I S. 432) anzuwenden. Bleibt der Pächter bis zum Ende des Pachtvertrags wirtschaftlicher Eigentümer eines von ihm errichteten Bauwerks und findet unmittelbar an den Pachtvertrag anschließend die Hofübergabe an den Pächter statt, so ist keine Lieferung des Bauwerks an den Verpächter anzunehmen. Das Bauwerk auf fremden Grund und Boden nimmt dann an der Hofübergabe (Geschäftsveräußerung) nicht teil.

12 Ermittlung des Gesamtumsatzes für die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG

Soweit im Rahmen der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs lebendes und totes Inventar mitverpachtet wird, ist die Verpachtung des Inventars grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Wenn der nach § 19 Abs. 1 UStG maßgebende Umsatz (einschließlich der steuerpflichtigen Umsätze aus der Verpachtung) den Betrag von 16.620 Euro (32.500 DM) jährlich nicht übersteigt, kann die Kleinunternehmerregelung angewendet werden, d. h. die an sich geschuldete Umsatzsteuer wird nicht erhoben. Bei der Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG kann dabei zu Beginn der Verpachtung auf dem Gesamtumsatz des laufenden Kalenderjahres abgestellt werden. Beginnt die Verpachtung zur Jahresmitte, so werden aus Vereinfachungsgründen die vor der Verpachtung erzielten Umsätze, die unter die Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG fallen, bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes des laufenden Jahres nicht berücksichtigt. Besitzt der Landwirt nur in einem Teil des Jahres die Unternehmereigenschaft, so ist § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG sinngemäß anzuwenden.

Bei der Ermittlung der Umsatzgrenzen nach § 19 Abs. 1 UStG ist vom Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG abzüglich der darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, also i. d. R. aus Lieferungen oder unentgeltlichen Wertabgaben, auszugehen. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut ist danach eine Kürzung um sonstige Leistungen, die mit Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ausgeführt werden, also z. B. Verpachtungen, nicht vorzunehmen.

Die Rundverfügung vom - S 7410 A - 1/83 - St IV 16 - USt-Kartei OFD Ffm - § 24 S 7410 - Karte 5 - ist überholt und kann ausgesondert werden. Die Änderungen sind durch einen Strich am Textrand gekennzeichnet. Im OFD-Informationssystem werden die geänderten Textteile blau dargestellt.

OFD Frankfurt am Main v. - S 7410 A

Fundstelle(n):
NWB EN 706/2002
JAAAA-88169