Antrag der Gemeinde auf Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung des Zerlegungsbescheides nicht statthaft - Pflicht der Gemeinde zur Anpassung des Gewerbesteuerbescheides an (geänderten) Zerlegungsbescheid
Leitsatz
1. NV: Der Antrag der Gemeinde auf Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung eines von ihr angefochtenen Zerlegungsbescheides ist nicht statthaft.
2. NV: Der Zerlegungsbescheid hat für die am Zerlegungsverfahren beteiligte Gemeinde keinen vollziehbaren Inhalt. Dies gilt auch dann, wenn die Gemeinde mit einer Gewerbesteuererstattung belastet wird.
3. NV: Das Verfahren nach § 69 FGO dient nicht dazu, das Gewerbesteueraufkommen zwischen den am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden vorläufig aufzuteilen.
Gesetze: FGO § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3, Abs. 2 Satz 5; AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; AO § 188; GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 20 Abs. 3; GG Art. 28 Abs. 2;
Instanzenzug:
Tatbestand
I.
1 Streitig ist, ob die Stadt A-Stadt (Antragstellerin und Beschwerdeführerin —Antragstellerin—) die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung der Bescheide über die Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge 2012 bis 2016 (Streitjahre) der B-GmbH & Co. KG (B-KG) —Zerlegungsbescheide 2012 bis 2016— erreichen kann.
2 Das für die B-KG zunächst zuständige Finanzamt C ging bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags der B-KG für die Jahre 2014 bis 2016 davon aus, dass der Gewerbesteuermessbetrag für diese Jahre hälftig auf die Antragstellerin entfalle. In den unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Zerlegungsbescheiden 2014 bis 2016 wurde dies entsprechend berücksichtigt.
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Nachdem die B-KG ihren Sitz von A-Stadt nach D-Stadt verlegt hatte, wurde der Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt E —FA—) zuständig. Im Rahmen einer für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass der Antragstellerin kein Anteil am Gewerbesteuermessbetrag der B-KG zustehe, da die Geschäfte der B-KG von D-Stadt aus geführt worden seien. Dem folgend erließ das FA geänderte Zerlegungsbescheide 2014 bis 2016 und erstmalige Zerlegungsbescheide 2012 und 2013, alle vom . In diesen Zerlegungsbescheiden wurde der Antragstellerin ein Gewerbesteuermessbetrag von 0 € zugeteilt. Im Einzelnen: | |||
Zerlegungsbescheide vom | Gewerbesteuer-messbetrag | Anteil D-Stadt (Hebesatz) | Anteil A-Stadt (Hebesatz) |
2012 | 0 € | 0 € (350 %) | 0 € (330 %) |
2013 | 15.155 € | 15.155 € (350 %) | 0 € (350 %) |
2014 | 516.085 € | 516.085 € (350 %) | 0 € (350 %) |
2015 | 344.466 € | 344.466 € (390 %) | 0 € (373,50 %) |
2016 | 0 € | 0 € (390 %) | 0 € (380 %) |
4 Die B-KG legte weder gegen die Gewerbesteuermessbescheide noch gegen die Zerlegungsbescheide Einspruch ein.
5 Die Antragstellerin änderte die Gewerbesteuerbescheide 2013 bis 2015 für die B-KG und erstattete dieser einen Betrag von 1.584.635,29 € (nebst 315.133 € Zinsen). Zudem legte sie gegen die Zerlegungsbescheide 2012 bis 2016 vom Einsprüche ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) dieser Bescheide. Das FA lehnte den AdV-Antrag ab. Über die Einsprüche ist bislang nicht entschieden.
6 Am beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG) die AdV der Zerlegungsbescheide 2012 bis 2016 vom . Am hat die Antragstellerin beim FG eine Untätigkeitsklage (Aktenzeichen 1 K 1115/21) erhoben.
7 Das FG lehnte die AdV mit Beschluss vom - 1 V 2974/20 ab und ließ die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zu. Der Antrag sei unzulässig, weil die Zerlegungsbescheide gegenüber der Antragstellerin —auch wenn sie diese mit Einspruch und Klage anfechten könne— keine vollziehbaren Verwaltungsakte seien.
8 Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der das FG nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin ist der Auffassung, ihr AdV-Antrag sei zulässig. Sie habe auf Grund der geänderten Zerlegungsbescheide geänderte Gewerbesteuerbescheide erlassen und entsprechende Zahlungen an die B-KG leisten müssen. Bereits dieser Umstand spreche für eine vorläufige Rechtsschutzmöglichkeit. Ebenso sei die Annahme des FG nicht haltbar, der Zerlegungsbescheid sei nur gegenüber dem Steuerpflichtigen als vollziehbarer Verwaltungsakt anzusehen. Der Erlass eines geänderten Gewerbesteuerbescheides in Verbindung mit einer entsprechenden Erstattungspflicht sei sehr wohl die Vollziehung des Zerlegungsbescheides. Dem (BFHE 181, 265, BStBl II 1997, 136) sei zu entnehmen, dass „die Umsetzung eines Grundlagenbescheides in einem Folgebescheid sich im weitesten Sinne als Vollziehung des Grundlagenbescheides“ darstelle. Hiervon gehe auch das FG München in seinem Beschluss vom - 7 V 1907/05 ohne jede personalisierende Einschränkung aus. Soweit das FA meine, für die Streitjahre 2012 und 2016 fehle es wegen der Messbetragsfestsetzungen in Höhe von jeweils 0 € bereits an der Beschwer, sei dem entgegenzuhalten, dass von den Zerlegungsbescheiden 2012 und 2016 ein zu beseitigender Rechtsschein ausgehe.
9 Die Antragstellerin beantragt (wörtlich), den aufzuheben.
10 Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
11 Es teilt die Rechtsauffassung des FG, wonach der AdV-Antrag unzulässig sei. Die Zerlegungsbescheide hätten für die Antragstellerin keinen vollziehbaren Inhalt. AdV könne nur zugunsten des Steuerpflichtigen gewährt werden. Die Antragstellerin stehe jedoch auf Seiten des Steuergläubigers. Zudem fehle für die Jahre 2012 und 2016 bereits eine Beschwer der Antragstellerin, weil in diesen Jahren der Gewerbesteuermessbetrag jeweils auf 0 € festgesetzt worden sei. Außerdem diene das Aussetzungsverfahren nicht der vorläufigen Aufteilung des Gewerbesteueraufkommens zwischen verschiedenen steuerberechtigten Gemeinden.
Gründe
II.
12 Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet und war deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat den AdV-Antrag der Antragstellerin zu Recht als unzulässig abgelehnt.
13 Der AdV-Antrag der Antragstellerin ist nicht statthaft. Die streitgegenständlichen Zerlegungsbescheide (vgl. § 188 der Abgabenordnung —AO—) sind in Bezug auf die Antragstellerin keine vollziehbaren Verwaltungsakte. Daher hat die Antragstellerin keine Möglichkeit, durch Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung einstweiligen Rechtsschutz nach § 69 FGO wegen etwaiger materiell-rechtlicher Fehler der Zerlegungsbescheide zu erlangen.
14 1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO).
15 2. Soweit die Zerlegungsbescheide für die Jahre 2013 bis 2015 betroffen sind, ist das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin darauf gerichtet, die an die B-KG geleisteten Gewerbesteuererstattungen erstattet zu erhalten (dazu a). Dieses Begehren lässt sich jedoch nicht über die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung der Zerlegungsbescheide erreichen (dazu b).
16 a) Die Antragstellerin hat die Gewerbesteuerbescheide 2013 bis 2015 (die Jahre positiver Messbetragsfestsetzungen) bereits an die (geänderten) Zerlegungsbescheide für 2013 bis 2015 vom angepasst und an die B-KG Gewerbesteuererstattungen in Höhe von 1.584.635,29 € (nebst 315.133 € Zinsen) geleistet. Auch wenn die Antragstellerin wörtlich nur die Aufhebung des beantragt hat, kann ihr Begehren inhaltlich nur darauf gerichtet sein, die an die B-KG geleisteten Gewerbesteuererstattungen (ggf. nebst Zinsen) vorläufig wieder zu erhalten. Dieses Rechtsschutzziel ließe sich aber nur dann erreichen, wenn das Verfahren nach § 69 FGO (auch) dazu bestimmt wäre, den Erlass der an die geänderten Zerlegungsbescheide angepassten Gewerbesteuerbescheide 2013 bis 2015 wieder rückgängig zu machen (erste Möglichkeit) oder eine vorläufige Aufteilung des Gewerbesteueraufkommens zwischen den am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden herbeizuführen (zweite Möglichkeit).
17 b) Beides ist nicht der Fall.
18 aa) Die erste Möglichkeit scheitert daran, dass die Zerlegungsbescheide —wie das FG zutreffend ausgeführt hat— für die Antragstellerin keinen vollziehbaren (vollstreckbaren) Inhalt haben (gleicher Ansicht Brandis in Tipke/Kruse, § 188 AO Rz 5; Schmieszek in Gosch, AO § 188 Rz 22).
19 (1) Der Antrag auf AdV ist nur statthaft, wenn ein Steuerverwaltungsakt angefochten ist, der vollzogen werden kann. Das ist bei solchen Bescheiden der Fall, die dem Steuerpflichtigen eine Leistungspflicht auferlegen oder die —wie bei Grundlagenbescheiden— Grundlage für eine Leistungspflicht sind. Es muss vom Steuerpflichtigen durch den Steuerverwaltungsakt etwas gefordert werden, was im Falle der Verweigerung im Wege von Vollziehungsmaßnahmen erzwungen werden könnte oder müsste (, BFHE 114, 171, BStBl II 1975, 240). Danach sind auch Grundlagenbescheide vollziehbar, wenn sie zu einer Leistungspflicht führen, die im Folgebescheid umgesetzt wird. Ergeht ein (erstmaliger oder geänderter) Zerlegungsbescheid, haben die am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden nach § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (für Baden-Württemberg i.V.m. § 9 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes vom , Gesetzblatt 2005, 206) entsprechend (geänderte) Gewerbesteuerbescheide zu erlassen (zum Zerlegungsbescheid als Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuerbescheid z.B. , BFHE 172, 97, BStBl II 1993, 828). Danach ist der Zerlegungsbescheid wegen seiner Umsetzung im (jeweiligen) Gewerbesteuerbescheid bei Streit über die Zerlegung —so wie hier— im Grundsatz ein vollziehbarer Verwaltungsakt (, BFHE 122, 18, BStBl II 1977, 612, unter 1.; ; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 69 Rz 122; Birkenfeld in Hübschmann/ Hepp/Spitaler —HHSp—, § 69 FGO Rz 267).
20 (2) Die AdV des Zerlegungsbescheides würde aber nicht in die für die Antragstellerin bestehende Umsetzungspflicht eingreifen.
21 Auch wenn sich nach den Ausführungen in dem BFH-Beschluss in BFHE 181, 265, BStBl II 1997, 136 —worauf die Antragstellerin hinweist— die Umsetzung eines Grundlagenbescheides (hier des Zerlegungsbescheides) in einen Folgebescheid (hier in den Gewerbesteuerbescheid) für die Gemeinde im weitesten Sinne als Vollziehung des Grundlagenbescheides darstellte, bliebe es jedoch —was der BFH in dem zitierten Beschluss ebenfalls ausgeführt hat— bei der Pflicht der zuständigen Behörde (hier der Antragstellerin), den Gewerbesteuerbescheid zu erlassen. Die Gemeinde ist infolge der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes —GG—) zur Umsetzung des Zerlegungsbescheides verpflichtet (§ 1 Abs. 2 Nr. 4, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Die AdV des Zerlegungsbescheides könnte —wie sich aus § 69 Abs. 2 Satz 5 FGO (vgl. auch § 1 Abs. 2 Nr. 6, § 361 Abs. 3 Satz 2 AO) ergibt— den Erlass des Gewerbesteuerbescheides nicht verhindern (vgl. auch Verwaltungsgericht Dresden, Urteil vom - 2 K 367/09; Boeker in HHSp, § 188 AO Rz 12a), und zwar unabhängig davon, ob aus dem geänderten Gewerbesteuerbescheid Steuernachforderungen oder Steuererstattungen resultieren. Ebenso könnte durch die Aufhebung der Vollziehung des Zerlegungsbescheides nicht der Erlass eines geänderten Gewerbesteuerbescheides rückgängig gemacht werden (BFH-Beschluss in BFHE 181, 265, BStBl II 1997, 136).
22 (3) Die Aussetzung ebenso wie die Aufhebung der Vollziehung der Zerlegungsbescheide könnten allein bewirken, dass auch die Vollziehung der Gewerbesteuerbescheide auszusetzen oder aufzuheben ist (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO). Aber auch dies wäre für die Antragstellerin nicht hilfreich, weil Gewerbesteuerbescheide, aus denen sich Erstattungsansprüche ergeben, nicht vollziehbar und damit nicht aussetzbar sind (BFH-Beschluss in BFHE 181, 265, BStBl II 1997, 136).
23 (4) Danach ist die sich aus der Bindungswirkung eines Grundlagenbescheides für Gemeinden (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 AO) ergebende verfahrensrechtliche Umsetzungs-/Anpassungspflicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO jedenfalls keine „Vollziehung“ i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO, die ausgesetzt oder aufgehoben werden könnte.
24 bb) Ebenso dient das AdV-Verfahren nach § 69 FGO —wie das FG ebenfalls zu Recht ausgeführt hat— nicht dazu, vorläufig das Gewerbesteueraufkommen zwischen den am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden aufzuteilen.
25 (1) Die AdV wirkt mit Blick auf ihr Rechtsschutzziel nur zugunsten des Steuerpflichtigen, nicht auch zugunsten der den Steuerverwaltungsakt erlassenden Behörde.
26 Die AdV ist ein wesentlicher Bestandteil des in Art. 19 Abs. 4 GG angelegten subjektiv-rechtlichen Grundrechtsschutzes (Birkenfeld in HHSp, § 69 FGO Rz 30). Hierdurch soll zugunsten des Steuerpflichtigen soweit als möglich verhindert werden, dass durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme Tatsachen geschaffen werden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich die Maßnahme bei späterer abschließender richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist (z.B. , BVerfGE 46, 166, unter B.I.1.). Übertragen auf Zerlegungsbescheide bedeutet dies, dass der Steuerpflichtige bei Streit über die Zerlegung deren Aussetzung beantragen kann, soweit er wegen unterschiedlicher Hebesätze der am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden vorläufig eine höhere Gewerbesteuer als in der Gemeinde mit dem niedrigeren Hebesatz zahlen muss (BFH-Beschluss in BFHE 122, 18, BStBl II 1977, 612, unter 1.; Brandis in Tipke/Kruse, § 188 AO Rz 5). Hierauf beschränkt sich der vollziehbare Inhalt des Zerlegungsbescheides. Die den Steuerverwaltungsakt erlassende Behörde hat kein Recht, AdV zu beantragen, wenn eine Steuerfestsetzung herabgesetzt wird (vgl. Birkenfeld in HHSp, § 69 FGO Rz 32). Danach kann es auch nicht Aufgabe des AdV-Verfahrens sein, das Gewerbesteueraufkommen zwischen den am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden (Steuergläubigern) vorläufig aufzuteilen.
27 (2) Zudem käme eine (abweichende) —dem Rechtsschutzziel der Antragstellerin entsprechende— vorläufige Aufteilung des Gewerbesteueraufkommens (unter Zuteilung hälftiger Anteile am Messbetrag) einer Änderung der Zerlegungsbescheide für 2013 bis 2015 gleich. Auch dies widerspräche dem Wesen des AdV-Verfahrens nach § 69 FGO. In diesem Verfahren kann nämlich nur die vorläufige „Nichtberücksichtigung“ von zu Lasten des Steuerpflichtigen vollziehbaren Verwaltungsakten, nicht aber die vorläufige Berücksichtigung noch nicht ergangener Verwaltungsakte begehrt werden (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 114, 171, BStBl II 1975, 240).
28 3. Danach sind auch die AdV-Anträge gegen die Zerlegungsbescheide 2012 und 2016 vom nicht statthaft. Die Gemeinde hat aus den vorstehend unter II.2. genannten Gründen keine Möglichkeit, durch Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung einstweiligen Rechtsschutz wegen materiell-rechtlicher Fehler von Zerlegungsbescheiden zu erlangen.
29 Abgesehen davon fehlt für diese Jahre auch das für einen AdV-Antrag erforderliche Rechtsschutzinteresse (, BFH/NV 1986, 357; Birkenfeld in HHSp, § 69 FGO Rz 450a). Denn die unstreitigen Messbetragsfestsetzungen für 2012 und 2016 in Höhe von jeweils 0 €, die ihrerseits als Grundlagenbescheide für die Zerlegungsbescheide bindend sind (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFHE 172, 97, BStBl II 1993, 828), führen zu keinen Gewerbesteuerbelastungen. Im Übrigen ist es nicht Aufgabe des AdV-Verfahrens, einen bloßen Rechtsschein zu beseitigen.
30 4. Die fehlende Möglichkeit der Antragstellerin, durch Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung einstweiligen Rechtsschutz nach § 69 FGO wegen materiell-rechtlicher Fehler von Zerlegungsbescheiden zu erlangen, verstößt nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG.
31 Dies ergibt sich schon daraus, dass sich Gemeinden als kommunale Gebietskörperschaften nicht auf Art. 19 Abs. 4 GG berufen können. Denn die Garantie effektiven Rechtsschutzes dient der Durchsetzung von Rechten natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts und findet auf Gebietskörperschaften und deren Organe grundsätzlich keine Anwendung (, 2 BvF 2/15, BVerfGE 150, 1, Rz 216).
32 Den Gemeinden garantiert allerdings Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG u.a. das Recht, Eingriffe in den Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 GG durch die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes überprüfen zu lassen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 150, 1, Rz 216 f.; Schmidt-Aßmann in Dürig/Herzog/Scholz, Komm. z. GG, Art. 19 Abs. 4 Rz 44a; Huber in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., Art. 19 Rz 387). Dabei gewährleistet Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG den Gemeinden das Recht zur eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens. Eine Gemeinde kann sich jedoch nur dann gegen finanzielle Belastungen durch staatliches Handeln wenden, wenn sie eine nachhaltige, von ihr nicht mehr zu bewältigende und hinzunehmende Einengung ihrer Finanzspielräume darlegt und nachweist (dazu ausführlich , BVerwGE 140, 34, Rz 22). Dass ihre Finanzspielräume ohne die von ihr begehrte Möglichkeit, die der B-KG erstatteten Gewerbesteuerzahlungen vorläufig zurückfordern zu können, derart eingeengt sind, hat die Antragstellerin weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich, so dass dahinstehen kann, ob ein solcher Anspruch überhaupt im Finanzrechtsweg geltend gemacht werden könnte.
33 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2022:BA.200522.IVB50.21.0
Fundstelle(n):
AO-StB 2022 S. 222 Nr. 7
BFH/NV 2022 S. 819 Nr. 8
StuB-Bilanzreport Nr. 13/2022 S. 520
ZAAAI-63095