Kein nachträglicher Betriebsausgabenabzug des früheren Betriebsinhabers für unzutreffend vor der unentgeltlichen Betriebsübertragung
in der Bilanz des gewerblichen Einzelunternehmens nicht durch eine Rückstellung berücksichtigte rückständige Sozialversicherungsbeiträge
Leitsatz
1. Überträgt eine Steuerpflichtige ein gewerbliches Einzelunternehmen unentgeltlich „mit sämtlichen Aktiva und Passiva” auf
einen Angehörigen, ist von einer unentgeltlichen Betriebsübertragung im Sinne von § 6 Abs. 3 EStG auszugehen. Auch die Übernahme
von Verbindlichkeiten des übertragenen Betriebs stellt kein Veräußerungsentgelt dar, sondern sie mindert vielmehr lediglich
den Wert des übertragenen Vermögens. Dies gilt grundsätzlich auch bei der Übertragung eines Betriebs, dessen steuerliches
Kapitalkonto negativ ist.
2. Ist bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung für das Wirtschaftsjahr der Betriebsübertragung aufgrund mehrerer vom Sozialversicherungsträger
angestrengter gerichtlicher Verfahren sowie arbeitsgerichtlicher Entscheidungen bereits erkennbar, dass das Einzelunternehmen
als Arbeitgeber für vor der Betriebsübertragung liegende Zeiträume mutmaßlich Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer
pflichtwidrig nicht abgeführt hat und mit entsprechenden Nachforderungen rechnen muss, muss dieser Sachverhalt spätestens
in Bilanz für den Zeitpunkt der Betriebsübertragung durch Bildung einer Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten berücksichtigt
werden.
3. Wurde jedoch in der Bilanz des Einzelunternehmens weder vor noch nach der Betriebsübertragung eine Rückstellung wegen der
streitigen rückständigen Sozialversicherungsbeiträge gebildet, hat zunächst der Angehörige als Rechtsnachfolger Ratenzahlungen
auf die Sozialversicherungsbeiträge geleistet und wird nunmehr wegen finanzieller Schwierigkeiten des Betriebsnachfolgers
die frühere Inhaberin, die nach dem abschließenden Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge
für Zeiträume vor der Betriebsübertragung alleine schuldet, vom Sozialversicherungsträger in Anspruch genommen, darf sie die
auf die rückständigen Sozialversicherungsbeiträge geleisteten Zahlungen nicht in den jeweiligen Jahren der Zahlung als nachträgliche
Betriebsausgaben abziehen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): BB 2022 S. 1904 Nr. 33 DStR 2022 S. 6 Nr. 45 DStRE 2022 S. 1349 Nr. 22 DStZ 2022 S. 134 Nr. 5 EFG 2022 S. 329 Nr. 5 KÖSDI 2022 S. 22677 Nr. 4 AAAAI-62532
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