BGH Beschluss v. - 4 StR 48/21

Herstellung und Besitz kinderpornographischer Schriften: Konkurrenzverhältnis

Gesetze: § 52 StGB, § 184b Abs 1 Nr 3 StGB

Instanzenzug: LG Detmold Az: 23 KLs 22/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in kinderpornographischer Absicht in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit Herstellung und mit Besitz kinderpornographischer Schriften, sowie wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verfahrensrüge bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.

32. Auf die Sachrüge ist der Schuldspruch abzuändern, da in den Fällen II.1 bis II.7 der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB rechtlicher Prüfung nicht standhält.

4Der Angeklagte hat vorliegend dadurch, dass er in den Fällen II.1 bis II.7 der Urteilsgründe jeweils Fotos oder Videos des sexuellen Missbrauchs eines Kindes anfertigte und zunächst auf seinem Mobiltelefon speicherte, neben § 176a Abs. 3 StGB jeweils auch den Tatbestand des Herstellens kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB (in der ab geltenden Fassung) verwirklicht. Die ebenfalls erfüllten Tatbestände des Sich-Verschaffens kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 3 Alt. 1 StGB (vgl. hierzu , BGHSt 43, 366, 368) und des Besitzes kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB treten dahinter zurück.

5Dient das Herstellen kinderpornographischer Schriften - wie hier - zugleich der Verschaffung von Eigenbesitz und fallen deshalb der Herstellungs- und der Beschaffungsakt zusammen, wird das Unrecht der Tat von der nach § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB mit höherer Strafe bedrohten Tatvariante des Herstellens kinderpornographischer Schriften vollständig umfasst (vgl. Hörnle in MüKo-StGB, 3. Aufl., § 184b Rn. 55; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 184b Rn. 49; Ziegler in BeckOK-StGB, 49. Edition, Stand , § 184b Rn. 24).

6Der Besitz kinderpornographischer Schriften nach § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB ist als Auffangtatbestand zu den Verschaffungsdelikten konzipiert. Er tritt deshalb nicht nur hinter das Sich-Verschaffen kinderpornographischer Schriften zurück (vgl. , Rn. 4; Beschluss vom - 1 StR 255/15 [zu § 184b StGB aF]; Beschluss vom - 3 StR 215/08, NStZ 2009, 208), sondern auch hinter die Tatvariante des Herstellens kinderpornographischer Schriften, sofern diese - wie hier - das Unrecht der Besitzverschaffung in sich aufnimmt. Die Grundsätze zum konkurrenzrechtlichen Verhältnis zwischen Besitz und Verbreitungsdelikten, wonach das Dauerdelikt des Besitzes tateinheitlich neben das jeweilige Verbreitungsdelikt nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB tritt, wenn der Besitz in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten bzw. öffentliche Zugänglichmachen erforderlichen Besitz hinausgeht (vgl. ), stehen dem nicht entgegen. Denn diese Bewertung stützt sich in Abgrenzung zur Tatbestandsvariante des Sich-Verschaffens darauf, dass das Zugänglichmachen nicht der Besitzbegründung dient (vgl. ).

7Der Senat kann den Schuldspruch in den Fällen II.1 bis II.7 der Urteilsgründe selbst ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

8Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass sich die tateinheitliche Verurteilung auch wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften auf die Einzelstrafen in den Fällen II.1 bis II.7 der Urteilsgründe ausgewirkt hat. Die Strafkammer hat insoweit im Rahmen der Strafbemessung allein darauf abgestellt, dass der Angeklagte mehrere Straftatbestände verwirklicht hat. Dies ist auch nach Wegfall des Besitztatbestands der Fall (§ 176a Abs. 3 und § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB).

93. Im Übrigen hat die Prüfung des Urteils keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.

104. Angesichts des geringen Teilerfolgs ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:310321B4STR48.21.0

Fundstelle(n):
JAAAI-59338