Anerkennung von Zeiten im Feuerwehrdienst der DDR
Gesetze: § 46 Nr 4 Ziff 9.2 S 2 TVöD BT-V, § 46 Nr 4 Ziff 1 TVöD BT-V, § 34 Abs 3 S 3 TVöD, § 33 TVöD, Art 3 Abs 1 GG, Art 9 Abs 3 GG
Instanzenzug: ArbG Dessau-Roßlau Az: 10 Ca 164/17 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Az: 8 Sa 245/18 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob Tätigkeitszeiten bei der Betriebs- bzw. Werksfeuerwehr, die der Kläger zum Teil in der DDR zurückgelegt hat, bei der Berechnung der Übergangsversorgung für Beschäftigte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst zu berücksichtigen sind.
2Der 1962 geborene Kläger war vom bis zum auf der Grundlage eines Dienstvertrags mit der Deutschen Volkspolizei, die dem Ministerium des Innern der DDR unterstand, als Einsatzkraft in der Betriebsfeuerwehr des VEB F W tätig. Diese Tätigkeit setzte er unverändert vom bis zum bei der Werksfeuerwehr der F W AG fort.
3Zum übernahm die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Stadt W, das Objekt der Werksfeuerwehr der F W AG mit den Immobilien, der technischen Ausstattung und 34 Angehörigen der Werksfeuerwehr, darunter den Kläger. Im Zusammenhang mit dieser Übernahme verpflichtete sich die Stadt W, die vom Kläger bei der Betriebsfeuerwehr des VEB F W und der Werksfeuerwehr der F W AG geleisteten Dienst- und Arbeitsjahre als Dienstjahre im Sinne des Bundes-Angestelltentarifvertrags für das Beitrittsgebiet (BAT-O) anzuerkennen. Dementsprechend bescheinigte die Stadt W dem Kläger im Oktober 1992 eine „anrechnungsfähige Beschäftigungszeit nach § 19 BAT-O“ vom bis zum und ab dem . Mit dem Arbeitsvertrag vom bestätigte sie unter Bezugnahme auf den BAT-O die Beschäftigung des Klägers im feuerwehrtechnischen Dienst ab dem . Am fusionierte die Stadt W mit anderen bis dahin eigenständigen Städten und Gemeinden zur Beklagten. Diese ist Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) Sachsen-Anhalt e.V.
4Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestimmt sich aufgrund beiderseitiger Tarifbindung sowie kraft einzelvertraglicher Bezugnahme nach den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung.
5Gemäß §§ 40, 46 Nr. 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) Besonderer Teil Verwaltung (BT-V) im Bereich der VKA (im Folgenden TVöD-BT-V) iVm. § 1 Abs. 1 TVöD - Allgemeiner Teil - (TVöD-AT) gelten für hauptamtlich im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der VKA ist, Sonderregelungen.
6Zu diesen Sonderregelungen gehört die Übergangsversorgung für Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst in § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V (entspricht Anlage D Abschnitt D.2 Nr. 4 der Durchgeschriebenen Fassung des TVöD für den Bereich Verwaltung im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände [TVöD-V]). Nach der seit Inkrafttreten des TVöD bis zum maßgeblichen Tariflage endete das Arbeitsverhältnis von Beschäftigten im Einsatzdienst auf ihr schriftliches Verlangen vor Erreichen der Regelaltersgrenze zu dem Zeitpunkt, zu dem vergleichbare Beamte im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehr in den gesetzlichen Ruhestand traten. Diese Beschäftigten erhielten bei Ausscheiden für jedes volle Beschäftigungsjahr im Einsatzdienst bei demselben Arbeitgeber oder bei einem anderen Arbeitgeber, der einem Mitgliedverband der VKA angehört, eine Übergangszahlung als Einmalleistung in näher geregelter Höhe, wenn sie den Abschluss einer auf eine Kapitalleistung gerichteten Versicherung zu im Einzelnen tariflich festgelegten Bedingungen und die Entrichtung der Beiträge nachgewiesen hatten. § 46 Nr. 4 Abs. 4 TVöD-BT-V enthielt eine nach dem am Stichtag erreichten Lebensalter gestaffelte Übergangsregelung. Für die - wie der Kläger - im Tarifgebiet Ost Beschäftigten war in § 46 Nr. 4 Abs. 6 TVöD-BT-V in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden aF) bis zum folgende abweichende Regelung getroffen:
7Nach Nr. 5 SR 2x BAT-O erhielten seit dem Beschäftigte im Einsatzdienst, deren Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 65. Lebensjahres auf Antrag geendet hatte, bis zum Zeitpunkt des Beginns des Anspruchs auf eine Rente wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Arbeitslosengeld und der Nettourlaubsvergütung als Überbrückungshilfe. Darüber hinaus war in diesem Fall ein Übergangsgeld nach Nr. 6 SR 2x BAT-O zu zahlen.
8Mit Wirkung zum wurde die Übergangsversorgung für Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst grundlegend reformiert. § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V in der nach § 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 19 zum TVöD-BT-V vom geltenden Fassung (im Folgenden nF) lautet nunmehr auszugsweise:
9§ 34 Abs. 3 TVöD-AT lautet auszugsweise:
10Mit Schreiben vom beantragte der Kläger erfolglos eine Neuberechnung seiner Übergangsversorgung für Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst unter Berücksichtigung der Zeiten vom bis zum .
11Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Berücksichtigung dieser Tätigkeitszeiten bei der Berechnung der Übergangsversorgung ergebe sich aus § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V nF. Die Formulierung „bei demselben Arbeitgeber“ in Ziff. 9.2 Satz 2 dieser Vorschrift sei iSv. § 34 Abs. 3 TVöD-AT, auf den § 46 Nr. 4 Ziff. 1 Satz 2 TVöD-BT-V nF verweise, und iSv. § 19 BAT-O zu verstehen. Die auf der Grundlage des § 19 BAT-O erfolgte Anerkennung der Beschäftigungszeit ab dem im Arbeitsvertrag vom sei für sämtliche Tarifbestimmungen maßgeblich.
12Der Kläger hat beantragt,
13Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Beschäftigungszeiten des Klägers vom bis zum seien nicht nach § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V nF anzurechnen, weil die Tarifnorm nicht an den Begriff der „Beschäftigungszeit“ anknüpfe, sondern auf denselben Arbeitgeber abstelle. Das sei allein der bis zum unverändert gebliebene Arbeitgeber und damit die Beklagte. Soweit Zeiten anerkannt worden seien, habe es sich lediglich um Tarifvollzug gehandelt. Eine übertarifliche Anerkennung von Zeiten sei damit nicht verbunden gewesen.
14Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Gründe
15Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Tätigkeitszeiten des Klägers vom bis zum bei der Berechnung der Übergangsversorgung zu berücksichtigen.
16I. Der Klageantrag ist in der gebotenen Auslegung als Feststellungsantrag zu behandeln (zum Gebot der rechtsschutzgewährenden Antragsauslegung vgl. etwa - Rn. 16 mwN, BAGE 153, 271).
171. Der Kläger will durch gerichtliche Feststellung die Ungewissheit über eine Leistungspflicht der Beklagten beseitigt wissen, nämlich ihre Verpflichtung, die von ihm zurückgelegten Tätigkeitszeiten beim VEB F W und bei der F W bis zum bei der Berechnung der ihm auf Antrag nach § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V nF zustehenden Übergangsversorgung zu berücksichtigen (zur Umdeutung eines Leistungsantrags in einen Feststellungsantrag vgl. - Rn. 17 f. mwN).
182. Soweit der Antrag ausdrücklich auf den Änderungstarifvertrag Nr. 22 vom zum TVöD-BT-V vom Bezug nimmt - gemeint sein dürfte der Änderungstarifvertrag Nr. 21 vom selben Tag, da nur dieser eine Änderung des § 46 TVöD-BT-V regelt -, will der Kläger, wie die Formulierung „zuletzt in der Fassung“ zeigt, vor dem Hintergrund einer beiderseitigen Tarifbindung der Parteien durch diesen Antragsteil einen Anspruch auf Berechnung der Startgutschrift nach den Bestimmungen des § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 TVöD-BT-V in der jeweils geltenden Fassung festgestellt wissen.
193. Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Die Beklagte bestreitet einen Anspruch des Klägers auf eine entsprechende Anerkennung der streitgegenständlichen Zeiten. Durch die Entscheidung über den darauf gerichteten Feststellungsantrag kann der Streit zwischen den Parteien beseitigt werden.
20II. Die Klage ist unbegründet. § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 TVöD-BT-V nF verpflichtet die Beklagte nicht zur Anrechnung der streitgegenständlichen Tätigkeitszeiten. Mit diesem Inhalt verstößt die Tarifnorm nicht gegen höherrangiges Recht.
211. Der Kläger fällt als hauptamtlich Beschäftigter im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst (§ 46 Nr. 1 TVöD-BT-V) unter die Sonderregelungen des § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 TVöD-BT-V nF, weil er über den hinaus bei der Beklagten, die Mitglied eines Mitgliedverbandes der VKA ist, im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst tätig ist.
222. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Zeiten seiner Tätigkeit bei der Betriebs- bzw. Werksfeuerwehr beim VEB F W und der F W bis zum bei der Ermittlung der Startgutschrift für die Freistellung im Rahmen der Übergangsversorgung nach § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 TVöD-BT-V nF. Diese Tätigkeitszeiten werden - entgegen der Auffassung des Klägers - von der Regelung nicht erfasst. Das ergibt die Auslegung der Tarifnorm (zu den Auslegungsgrundsätzen für Tarifverträge vgl. - Rn. 20 mwN).
23a) Der Kläger hat die Zeiten vom bis zum weder im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst bei „demselben Arbeitgeber“ noch bei einem anderen Arbeitgeber, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der VKA ist, zurückgelegt, sodass diese Zeiten nicht in die Berechnung des nach § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 TVöD-BT-V nF maßgeblichen Multiplikators einfließen.
24aa) Bereits aus dem Wortlaut des § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 TVöD-BT-V nF folgt unmissverständlich, dass die Tarifvertragsparteien die streitbefangenen Zeiten bei der Berechnung der Startgutschrift nicht berücksichtigen wollten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt eine Tätigkeit bei „demselben Arbeitgeber“ voraus, dass das Arbeitsverhältnis mit derselben Person im Rechtssinne bestanden hat (zuletzt - zu 1 der Gründe, BAGE 106, 141). Die Tarifvertragsparteien haben mit der Verwendung dieses Begriffs, der in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes einen feststehenden Bedeutungsgehalt hat, offenkundig den Kreis der Arbeitgeber, bei denen die für die Ermittlung der Startgutschrift anzuerkennenden Tätigkeitszeiten zurückgelegt worden sein können, eng begrenzen und damit insbesondere auch Zeiten bei Arbeitgebern im früheren Beitrittsgebiet ausschließen wollen. Zwischen diesen Arbeitgebern und den Kommunen als Körperschaften des öffentlichen Rechts kann keine rechtliche Identität bestehen. Das hat der Senat wiederholt klargestellt ( - zu II 1 a der Gründe; - 6 AZR 792/94 - zu II 1 a der Gründe mwN).
25bb) Aus dem Verweis in § 46 Nr. 4 Ziff. 1 Satz 2 TVöD-BT-V nF auf § 34 TVöD-AT folgt nichts anderes.
26(1) Es kann dahinstehen, ob die Regelungen in Ziff. 1 und Ziff. 9 des § 46 Nr. 4 TVöD-BT-V nF überhaupt nebeneinander Anwendung finden oder ob § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 gegenüber § 46 Nr. 4 Ziff. 1 TVöD-BT-V nF ein in sich geschlossenes Regelungssystem für die Übergangsversorgung der - wie der Kläger - am schon und am noch im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst Beschäftigten beinhaltet. Für Letzteres könnte insbesondere die Formulierung in § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 6 TVöD-BT-V nF sprechen, wonach die Beschäftigten den Freistellungsanspruchsanteil für die Zeit ab Inkrafttreten der Neuordnung der Übergangsversorgung am nicht in direkter, sondern lediglich in entsprechender Anwendung des § 46 Nr. 4 Ziff. 4 Satz 3 TVöD-BT-V nF erwerben. Dieser tariflich angeordneten Analogie hätte es nicht bedurft, wenn § 46 Nr. 4 Ziff. 1 TVöD-BT-V nF die Grundnorm für die Übergangsversorgung und Ziff. 9.2 eine bloße Berechnungsregelung für bereits zuvor Beschäftigte wäre.
27(2) Selbst wenn man § 46 Nr. 4 Ziff. 1 TVöD-BT-V nF als Grundnorm und § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 TVöD-BT-V nF als bloße Berechnungsregel für bereits zuvor Beschäftigte verstehen würde, fehlte es an dem erforderlichen, unzweideutigen Verweis (zu diesem Erfordernis - Rn. 15 ff.) darauf, dass die Tarifvertragsparteien für den gesamten Regelungszusammenhang dieser Versorgung auf den weiten Begriff der Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 TVöD-AT und insbesondere dessen Satz 3 abstellen wollten. Im Gegenteil ließe sich ein solches Verständnis mit der deutlich engeren Definition ua. in § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 TVöD-BT-V nF nicht in Einklang bringen. Der in Nr. 4 Ziff. 1 Satz 2 der Tarifnorm enthaltene Hinweis auf die §§ 33 und 34 TVöD-AT besagt angesichts dieses Regelungszusammenhangs lediglich, dass die in diesen Bestimmungen geregelten Beendigungstatbestände durch die Inanspruchnahme der Übergangsversorgung nicht ausgeschlossen sind (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/2 BT-V § 46 (VKA) Stand Juli 2016 Rn. 21; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Teil B 4.1 TVöD-V Anlage D Kommunaler feuerwehrt. Dienst Stand Oktober 2016 Rn. 19).
28cc) Auch die vom Kläger in das Verfahren eingeführten Auskünfte der Tarifvertragsparteien vom und vom führen zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann eine Tarifauskunft im Einzelfall von Bedeutung sein, wenn bei der Auslegung einer Tarifnorm nach Wortlaut, Wortsinn und tariflichem Gesamtzusammenhang Zweifel an deren Inhalt bleiben und eine Tarifauskunft etwa zur Feststellung auslegungsrelevanter Umstände aus der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags beitragen kann. Sie darf aber nicht auf die Beantwortung der prozessentscheidenden Rechtsfrage gerichtet sein. Die Auslegung von Tarifverträgen und tariflichen Begriffen ist vielmehr Sache der Gerichte für Arbeitssachen (st. Rspr. zuletzt zB - Rn. 26 mwN). Vorliegend bestehen schon keine Zweifel an dem gefundenen Auslegungsergebnis. Im Übrigen beschränken sich die beiden Schreiben jeweils auf nachträgliche Erklärungen zum subjektiven Verständnis einer tariflichen Regelung, die für die Auslegung einer Tarifnorm ohne Bedeutung sind (vgl. hierzu - Rn. 45 mwN, BAGE 164, 326).
29dd) Unbeachtlich für die Auslegung von § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 TVöD-BT-V nF ist - entgegen der Ansicht der Revision - auch, dass die Zeit vom bis zum als anrechnungsfähige Beschäftigungszeit nach § 19 BAT-O in § 1 des Arbeitsvertrags des Klägers vom aufgenommen worden ist. Dies hätte lediglich im Zusammenhang mit einem vom Tarifvertrag unabhängigen Anspruch Bedeutung. Auf eine solche übertarifliche individualvertragliche Vereinbarung beruft sich der Kläger aber ausdrücklich nicht.
30b) Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass der VEB F W und die F W AG als frühere Arbeitgeber des Klägers keine Mitglieder in Mitgliedverbänden des VKA waren und dies auch nicht sein konnten.
313. § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 TVöD-BT-V nF verletzt kein höherrangiges Recht.
32a) Die Beschränkung anrechnungsfähiger Zeiten auf solche bei demselben Arbeitgeber führt nicht zu gleichheitswidrigen Ergebnissen und damit zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (umfassend zum Prüfungsmaßstab - Rn. 19 ff. mwN, BAGE 169, 163), soweit Arbeitnehmer wie der Kläger im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst in der DDR, der organisatorisch dem Ministerium des Inneren zugehörig und auf Kreisebene den Volkspolizei-Kreisämtern zugeordnet war, tätig waren und diese Zeiten schon deshalb nicht bei demselben Arbeitgeber iSd. § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 TVöD-BT-V nF zurücklegen konnten.
33aa) Die Tarifvertragsparteien haben der mit einem Einsatz im feuerwehrtechnischen Dienst einhergehenden physischen und psychischen Belastung (vgl. hierzu - Rn. 34, BAGE 169, 163) auch bei der vorstehend genannten Arbeitnehmergruppe Rechnung getragen und durch § 1 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 5 zum BAT-O vom zum mit den Nr. 5 und Nr. 6 SR 2x BAT-O eine gegenüber der im Tarifgebiet West geltenden Übergangsversorgung nach Nr. 4 SR 2x BAT eigenständige Übergangsversorgung für das Tarifgebiet Ost geschaffen, die den Besonderheiten der dort bestehenden Arbeitsverhältnisse Rechnung trug. Sie haben damit diesen Beschäftigten die Möglichkeit eröffnet, vor Vollendung des 65. Lebensjahres zu dem Zeitpunkt, zu dem ein vergleichbarer Beamter im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehren nach den entsprechenden Landesbeamtengesetzen in den Ruhestand tritt, das Arbeitsverhältnis auf schriftlichen Antrag ohne vorherige Kündigung zu beenden und einen Zuschuss zum Arbeitslosengeld zu erhalten. Durch diese Regelung, die keine Wartezeiten voraussetzte, konnten auch solche Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst in den Genuss einer Übergangsversorgung kommen, die den überwiegenden Teil ihrer Tätigkeit in der DDR erbracht hatten und deshalb von der im Tarifgebiet West vorgesehenen Übergangsversorgung, die wie eine Versorgungsrente in entsprechender Anwendung der Satzungsvorschriften der Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes berechnet und bezahlt wurde (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Teil B 4.1 TVöD-V Anlage D Kommunaler feuerwehrt. Dienst Stand Oktober 2016 Rn. 5), nicht profitieren konnten. Sie haben ferner die auf die Beschäftigten im Tarifgebiet Ost zugeschnittene Altregelung nach Nr. 5 SR 2x BAT-O noch bis zum und damit gut weitere vier Jahre bestehen lassen, als im Zuge der Neuordnung des Tarifrechts im Jahr 2005 für das Tarifgebiet West die hier bis dahin geltende, als zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung ausgestaltete Übergangsversorgung nach den Regelungen der Nr. 4 SR 2x BAT abgelöst und zum mit Inkrafttreten des TVöD durch eine jedenfalls teilweise auf Eigenvorsorge aufbauende Übergangversorgung ersetzt wurde(§ 46 Nr. 4 Abs. 6 Satz 1 TVöD-BT-V aF).
34bb) Die Tarifvertragsparteien haben demnach die besondere Situation der Arbeitnehmer, die einen großen Teil ihrer Feuerwehrtätigkeit in der DDR und damit nicht bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt haben, bei der Überleitung in ein gemeinsames Übergangsversorgungssystem mit den entsprechenden Beschäftigten des Tarifgebiets West in den Blick genommen. Sie haben durch die insoweit geltenden Sonderregelungen, die sie - wie dargelegt - im Kern auch nach der ersten Reform der Übergangsversorgung zum noch mehr als vier Jahre weiter haben gelten lassen, der Interessenlage dieses Personenkreises weiter Rechnung getragen. Damit konnten die älteren Feuerwehreinsatzkräfte die Übergangsversorgung in Anspruch nehmen, ohne dass deren Umfang in Relation zu Beschäftigungszeiten bei demselben Arbeitgeber stand. Im Zeitpunkt der erneuten vollständigen Reformierung der Übergangsversorgung für Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst zum und damit 25 Jahre nach der Wiedervereinigung durften die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative bei der Ausgestaltung von § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 TVöD-BT-V nF berücksichtigen, dass sich der Anteil der nicht bei demselben Arbeitgeber erbrachten und damit nicht berücksichtigungsfähigen Tätigkeitszeiten infolge Zeitablaufs stetig verringert und damit für den erreichbaren Umfang der Übergangsversorgung zunehmend bedeutungslos wird. Diese Differenzierung in § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 TVöD-BT-V nF ist vom Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien, der Teil der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie (vgl. hierzu - Rn. 37; - 1 ABR 28/20 - Rn. 40 mwN) ist, gedeckt und deshalb verfassungskonform.
35b) § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 TVöD-BT-V nF verstößt auch nicht gegen § 613a Abs. 1 BGB in Verbindung mit unionsrechtlichen Vorgaben. Der Kläger muss wegen der Nichtberücksichtigung der streitgegenständlichen Tätigkeitszeiten keine Verschlechterung bereits erworbener Rechtspositionen hinnehmen. Er hat selbst nicht behauptet, dass ihm ein entsprechender oder jedenfalls vergleichbarer Anspruch bzw. eine Anwartschaft auf eine Übergangsversorgung schon vor dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin zugestanden hätte.
36aa) Es ist den Tarifvertragsparteien nicht verwehrt, bei der Festlegung von Kriterien für die Bemessung von Vergütungsbestandteilen den in der Vergangenheit absolvierten Beschäftigungszeiten eines Arbeitnehmers, die dieser unmittelbar bei seinem Arbeitgeber erbracht hat, größere Bedeutung beizumessen als denjenigen, die er bei einem anderen Arbeitgeber erbracht hat, auch wenn das Arbeitsverhältnis - wie im Streitfall - von dem früheren Arbeitgeber auf den aktuellen Arbeitgeber nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen ist. Das gilt erst Recht bei einer Sonderregelung zu einer fakultativen Übergangsversorgung wie der vorliegenden. § 613a BGB gewährt Bestandsschutz. Die Vorschrift schützt die Arbeitnehmer gegen den durch den Betriebsübergang bewirkten Verlust von Rechtspositionen, die sie bei ihrem bisherigen Arbeitgeber gehabt haben. Soweit diese durch den Zeitraum der bisherigen Beschäftigung beeinflusst sind, nehmen auch derartige Beschäftigungszeiten an dem durch § 613a BGB bewirkten Schutz teil. Dies gilt aber nur für solche Rechte, die bereits bei dem Veräußerer bestanden haben. Soweit Rechte erst bei dem Erwerber begründet werden, ist der Schutz für den Bestand einzelner Elemente des bisherigen Arbeitsverhältnisses nicht gewährleistet. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im Fall des Klägers - die Rechte erst in einem Zeitraum nach Durchführung des Betriebsübergangs begründet werden und vom Arbeitnehmer somit erst beim Betriebserwerber erlangt werden können (vgl. - Rn. 42 mwN).
37bb) Das Unionsrecht gebietet kein anderes Ergebnis.
38(1) Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG umfasst nach seinem Wortlaut und seiner Struktur alle Rechte und Pflichten des Veräußerers und damit alle Ansprüche der Arbeitnehmer aus dem bestehenden Arbeitsvertrag bzw. Arbeitsverhältnis, sofern sie nicht unter eine in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehene Ausnahme fallen ( - [Gimnasio Deportivo San Andrés] Rn. 52 f. mwN).
39(2) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Richtlinie 77/187/EWG gewährleistet die Richtlinie damit die Wahrung der Rechte der Arbeitnehmer bei einem Wechsel des Inhabers des Unternehmens, indem sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu den gleichen Bedingungen fortzusetzen, wie sie mit dem Veräußerer vereinbart waren. Das Dienstalter, das die übernommenen Arbeitnehmer bei ihrem früheren Arbeitgeber erworben haben, stellt als solches kein Recht dar, das die Arbeitnehmer gegenüber ihrem neuen Arbeitgeber geltend machen könnten. Es dient vielmehr dazu, bestimmte finanzielle Rechte der Arbeitnehmer zu bestimmen. Allein diese Rechte müssen gegebenenfalls vom Erwerber in gleicher Weise, wie sie beim Veräußerer bestanden, aufrechterhalten werden (vgl. - [Obras y Servicios Públicos und Acciona Agua] Rn. 106 ff.; - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 75, 77; - C-343/98 - [Collino und Chiappero] Rn. 50; sh. auch - Rn. 43 mwN).
40III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:270122.U.6AZR564.20.0
Fundstelle(n):
BB 2022 S. 1011 Nr. 18
RAAAI-59276