BGH Beschluss v. - V ZR 86/21

Gesetze: § 63 Abs 3 S 1 Nr 2 GKG, § 71 Abs 1 S 2 GKG, § 49 aF GKG, § 49a aF GKG

Instanzenzug: Az: V ZR 86/21 Urteilvorgehend LG Frankfurt Az: 2-09 S 11/20vorgehend AG Frankfurt Az: 33 C 1451/19 (93)

Gründe

11. Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Klägerin wendet sich mit der Revision gegen die Abweisung ihrer Klage, mit der sie von der Beklagten - neben einer Auskunft und der Gewährung eines Zutrittsrechts - die Beseitigung baulicher Veränderungen sowie die Unterlassung der Nutzung der Kellerräume als Wohnung verlangt.

22. Für das Revisionsverfahren beträgt der Streitwert 10.000 €.

3a) Die Revision ist am und damit nach Inkrafttreten des WEMoG am eingelegt worden. Damit gilt gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG für die Wertfestsetzung neues Recht. Da § 49 GKG nur noch für Beschlussklagen Sonderregelungen enthält und bei sonstigen Klagen - wie hier - auch unter Übergangsgesichtspunkten kein Anlass für eine weitere Anwendung von § 49a GKG aF besteht (vgl. dazu Senat, Beschluss vom - V ZR 112/21, juris Rn. 4), gelten die allgemeinen Vorschriften.

4b) Maßgeblich ist deshalb nach § 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO das (einfache) Interesse der Klägerin an dem Erfolg ihrer Klage, das sie in der Klageschrift selbst mit 10.000 € bewertet und von dem mangels anderer Anhaltspunkte auch für das Revisionsverfahren auszugehen ist. Dass der Streitwert im Rechtsmittel-verfahren durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt ist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 GKG) und das Amtsgericht den Streitwert auf lediglich 5.000 € festgesetzt hat, rechtfertigt nicht die Festsetzung auf diesen Wert. Richtigerweise hätte das Amtsgericht nämlich den Streitwert mit 25.000 € bemessen müssen (vgl. nachfolgend unter 3. b).

53. Die Abänderung des Streitwerts für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.

6a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beträgt der Berufungsstreitwert nicht 22.500 €, sondern 25.000 €.

7aa) Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist allerdings zutreffend. Weil die Berufungen der Parteien noch vor dem Inkrafttreten des WEMoG am eingelegt wurden, findet nach § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG bisheriges Recht und damit auch die Vorschrift des § 49a GKG aF weiter Anwendung (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 112/21, juris Rn. 5). Wird - wie hier - mit der gegen einen Wohnungseigentümer gerichteten Klage die Beseitigung einer baulichen Veränderung verlangt, bemisst sich der Streitwert gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG aF nach dem (hälftigen) klägerischen Interesse an der Beseitigung und dem (hälftigen) Interesse der Beklagten, keinen Rückbau vornehmen zu müssen; daneben sind die Grenzen des § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG und des § 49a Abs. 2 GKG zu beachten (Senat, Urteil vom - V ZR 86/16, juris Rn. 5).

8bb) Bei der Bemessung des klägerischen (Gesamt-)Interesses ist dem Berufungsgericht allerdings ein Fehler unterlaufen. Dieses beträgt nämlich nach den Angaben in der Klageschrift nicht nur 5.000 €, wie es meint, sondern 10.000 €. Soweit dort zusätzlich 5.000 € aufgeführt sind, handelt es sich um das hälftige Klägerinteresse. Das (Gesamt-)Interesse der Beklagten, den Rückbau nicht vornehmen zu müssen, wird von dem Berufungsgericht unter Verweis auf entsprechende Angaben der Beklagten auf 40.000 € geschätzt, wovon mangels sonstiger Anhaltspunkte auch der Senat ausgeht. Damit ergibt sich ein Gesamtinteresse der Parteien von 50.000 € (nicht 45.000 €) und ein nach § 49a GKG aF maßgebliches hälftiges Interesse von 25.000 €. Die Grenzen des § 49a Abs. 1 und 2 GKG aF sind eingehalten. Den weiteren Anträgen der Klägerin hat das Berufungsgericht zu Recht keinen den Streitwert erhöhenden Wert beigemessen.

9b) Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens beträgt nach § 49a GKG aF ebenfalls 25.000 € und nicht 5.000 €, wie das Amtsgericht meint. Zu dem hälftigen Klägerinteresse von 5.000 € ist nämlich das hälftige Beklagteninteresse von 20.000 € zu addieren, was das Amtsgericht übersehen hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:280122BVZR86.21.0

Fundstelle(n):
DNotZ 2022 S. 937 Nr. 12
NJW 2022 S. 8 Nr. 16
NJW-RR 2022 S. 733 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 14/2022 S. 963
PAAAI-58565