Reisekosten für freigestellte Personalratsmitglieder
Leitsatz
1. Freigestellten Personalratsmitgliedern steht für die Fahrten zwischen Wohnung und Sitz des Personalrats außerhalb des Wohnortes und des bisherigen Dienstortes Trennungsgeld zu.
2. Auf diese Leistungen sind die Regelungen zum Leistungsausschluss für Fahrten innerhalb des Einzugsgebietes ("30-km-Zone") und die Ausschlussfrist in § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV nicht anzuwenden.
Gesetze: § 8 BPersVG, § 44 Abs 1 S 1 BPersVG, § 44 Abs 1 S 2 BPersVG, § 1 Abs 3 TGV, § 9 Abs 1 S 1 TGV, § 15 Abs 1 S 1 BRKG 2005
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern Az: 7 L 214/10 Beschlussvorgehend Az: 8 A 593/10 Beschluss
Gründe
I.
1Der Antragsteller wohnt in Dolgen am See/OT Groß Lantow. Er ist Vorsitzender des Personalrats beim Bundeswehrdienstleistungszentrum Rostock, des Beteiligten zu 2, und als solcher von seiner dienstlichen Tätigkeit ganz freigestellt. Vor seiner Freistellung war er in der Außenstelle Laage-Kronskamp des Bundeswehrdienstleistungszentrums (früher Standortverwaltung) Rostock beschäftigt. Die Außenstelle liegt 3 km von der Wohnung des Antragstellers entfernt. Der Antragsteller fährt arbeitstäglich mit seinem Kraftfahrzeug zum Büro des Beteiligten zu 2 in Rostock. Er macht geltend, dass ihm die Fahrtkosten erstattet werden müssten, welche ihm für den Weg zum Personalratsbüro (27 km) abzüglich des fiktiven Weges zur früheren Dienststätte (3 km) entstünden. Daraus errechne sich ein arbeitstäglicher Erstattungsbetrag von 14,40 € (= 24 km x 0,30 €/km x 2). Dem tritt der Leiter des Bundeswehrdienstleistungszentrums Rostock, der Beteiligte zu 1, entgegen.
2Das Verwaltungsgericht hat das Erstattungsbegehren des Antragstellers abgelehnt. Auf dessen Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluss geändert und den Beteiligten zu 1 verpflichtet, dem Antragsteller Fahrtkostenerstattung in Höhe von 14,40 € arbeitstäglich seit dem zu zahlen. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Dem Antragsteller stehe in der geltend gemachten Höhe Trennungsgeld zu. Die Situation eines freigestellten Mitglieds der Personalvertretung sei mit der eines abgeordneten Beschäftigten vergleichbar, wenn die Freistellung zu einem Wechsel des täglich aufzusuchenden Dienstortes führe. Das bei Abordnungen anzuwendende Trennungsgeldrecht gelte für freigestellte Personalratsmitglieder nicht uneingeschränkt. Zu beachten sei das personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot, wonach das Personalratsmitglied nicht mit Kosten belastet bleiben dürfe, die es bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung seines Personalratsmandats nicht vermeiden könne. Dies führe dazu, dass die Regelung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 TGV keine Anwendung finde, wonach das Trennungsgeld nicht gewährt werde, wenn der neue Dienstort im Einzugsbereich des bisherigen Dienstortes liege. Wäre der Antragsteller nicht freigestelltes Mitglied des Personalrats, so ginge er seiner dienstlichen Tätigkeit in seiner bisherigen, lediglich 3 km von seiner Wohnung entfernten Dienststätte nach. Fahrtkosten in vergleichbarem Umfang fielen nicht an. Erhielte er die nach Lage der Dinge unvermeidbaren Aufwendungen für seine Fahrten zum Sitz der Personalvertretung nicht erstattet, so müsste er als Folge des Personalratsamtes einen entsprechenden Teil seines Einkommens aufwenden. Eine Rechtfertigung für diese Schlechterstellung sei mit dem Benachteiligungsverbot nicht vereinbar. Es handle sich bei dem hier in Rede stehenden Betrag nicht um eine zu vernachlässigende Größe. Zu einem anderen Ergebnis führe nicht die Überlegung, dass ein innerhalb des Einzugsbereiches unabhängig von einem Personalratsmandat abgeordneter Beschäftigter keine Fahrtkostenerstattung erhielte. Das insoweit unmittelbar geltende Dienstrecht enthalte kein dem Personalvertretungsrecht vergleichbares Benachteiligungsverbot.
3Der Beteiligte zu 1 trägt zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde vor: Die Strecke zwischen dem Wohnort des Antragstellers in Groß Lantow und dem neuen Dienstort in Rostock betrage weniger als 30 km und liege damit im Einzugsgebiet des neues Dienstortes. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verlange das personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot nicht, dass die Einzugsgebietsregelung in § 1 Abs. 3 Nr. 1 TGV i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BUKG im Verhältnis zwischen Dienststelle und Personalratsmitglied keine Anwendung finde. Der Gesetzgeber habe in § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG auf die Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes in vollem Umfang Bezug genommen. Damit habe er zum Ausdruck gebracht, dass er nicht sämtliche durch Reiseaktivitäten des Personalratsmitgliedes verursachte Kosten für erstattungsfähig halte, sondern nur diejenigen Kosten, die nach den Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes erstattungsfähig seien. Mithin habe ein Personalratsmitglied diejenigen Kosten, die nach dem Bundesreisekostengesetz und den trennungsgeldrechtlichen Vorschriften nicht erstattungsfähig seien, selbst zu tragen. In § 1 Abs. 3 TGV habe der Normgeber zum Ausdruck gebracht, dass der Berechtigte die Kosten für Fahrten zwischen Wohnort und Dienststelle bei einer zurückzulegenden Wegstrecke von weniger als 30 km selbst tragen könne. Dies gelte in gleicher Weise bei einem Personalratsmitglied, das in Folge eines Freistellungsbeschlusses den Ort seiner Tätigkeit wechseln und damit zusätzliche Aufwendungen auf sich nehmen müsse. Eine Benachteiligung der Personalratsmitglieder gegenüber vergleichbaren Beschäftigten ohne Personalratsamt entstehe durch die Anwendung der Einzugsgebietsregelung nicht. Zwar hätte der betroffene Beschäftigte ohne das Personalratsmandat tatsächlich geringere Fahrtkosten, wenn sein Wohnort näher bei der neuen Dienststelle liege. Entsprechendes gelte aber auch für Beschäftigte ohne Personalratsmandat, die aus dienstlichen Gründen auf einem anderen Arbeitsplatz innerhalb des 30-km-Radius eingesetzt würden. Eine etwaige Benachteiligung des Personalratsmitgliedes sei im Übrigen nicht unsachgemäß. Die Einzugsgebietsregelung führe nicht zu einem generellen Ausschluss, sondern nur zu einer Begrenzung der Pflicht der Dienststelle zur Fahrtkostenerstattung. Die Kostenbelastung des Personalratsmitgliedes finde nur bei Unterschreitung der Geringfügigkeitsgrenze statt. Abgesehen von alledem scheitere der streitige Anspruch daran, dass der Antragsteller die in § 9 TGV enthaltende Ausschlussfrist von einem Jahr nicht eingehalten habe.
4Der Beteiligte zu 1 beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen.
5Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
6Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II.
7Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Antragsteller kann als freigestellter Vorsitzender des Beteiligten zu 2 verlangen, dass ihm die Kosten für seine Fahrten zwischen seiner Wohnung in Dolgen am See/OT Groß Lantow und dem Personalratsbüro im Bundeswehrdienstleistungszentrum Rostock abzüglich ersparter Kosten für Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Außenstelle des Bundeswehrdienstleistungszentrums in Laage-Kronskamp erstattet werden.
8Rechtsgrundlage für das streitige Begehren ist § 44 Abs. 1 BPersVG. Danach trägt die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten (Satz 1). Mitglieder des Personalrats erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Reisekostenvergütungen nach dem Bundesreisekostengesetz (Satz 2). Die Grundregel in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG ist hinsichtlich aller Kosten einschlägig, die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehen. Unterfall sind die Reisekosten, für welche § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG mit der Verweisung auf das Bundesreisekostengesetz eine ergänzende Regelung bereit hält (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 6 P 9.03 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 33 S. 14, vom - BVerwG 6 P 5.06 - Buchholz 251.5 § 42 HePersVG Nr. 1 Rn. 13 und vom - BVerwG 6 P 1.09 - Buchholz 251.91 § 45 SächsPersVG Nr. 1 Rn. 12). Diese Regelungen erfassen auch die Kosten für Fahrten freigestellter Mitglieder des Personalrats zwischen Wohnung und Sitz des Personalrats außerhalb des Wohnortes und des bisherigen Dienstortes.
91. Diese Fahrten sind als Reisen von Mitgliedern des Personalrats im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG zu behandeln. Darunter fallen mit Blick auf die allgemeine Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG alle Fahrten, die durch die Personalratstätigkeit verursacht sind. Ausgeschlossen sind demnach Fahrten zwischen Wohnung und Dienststätte, wenn sich dort das Personalratsbüro befindet; denn diese Fahrten fallen auch für jeden Beschäftigten ohne Personalratsamt an, welche in dieser Dienststätte arbeiten. Dagegen ist die Kausalität der Personalratstätigkeit gegeben für Fahrten freigestellter Mitglieder des Personalrats zu dessen Büro, wenn dieses nicht in der bisherigen Dienststätte liegt. Ist die Entfernung zwischen Wohnung und Personalratsbüro größer als diejenige zwischen Wohnung und bisheriger Dienststätte, so handelt es sich um einen Mehraufwand, der ohne die fragliche Tätigkeit für die Personalvertretung nicht entstanden wäre (vgl. BVerwG 6 P 6.04 - Buchholz 251.7 § 40 NWPersVG Nr. 3 S. 3).
102. Die Fahrten freigestellter Mitglieder des Personalrats von ihrer Wohnung zum Personalratsbüro und zurück sind Reisen, die zur Erfüllung der Personalratsaufgaben notwendig sind. Wird der Vorsitzende des Personalrats wegen Art und Umfang der ihm obliegenden Aufgaben von seiner dienstlichen Tätigkeit ganz freigestellt, dann gebietet es schon seine maßgebliche Beteiligung an der Führung der laufenden Geschäfte (§§ 32, 46 Abs. 3 Satz 1 und 2 BPersVG), dass er sich täglich an den Sitz des Personalrats begibt (vgl. Beschlüsse vom a.a.O., vom a.a.O. Rn. 15 und vom a.a.O. Rn. 14).
113. Sind die Voraussetzungen für die Kostenerstattung bei Fahrten freigestellter Mitglieder des Personalrats zu dessen Sitz erfüllt, so tritt die in § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG ausgesprochene Rechtsfolge ein, wonach diese Personalratsmitglieder Reisekostenvergütungen nach dem Bundesreisekostengesetz erhalten. Verwiesen wird damit auf das Bundesreisekostengesetz (BRKG) vom (BGBl I S. 1418). Der sachliche Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt sich auf die Reisekostenvergütung nach §§ 1 ff. BRKG sowie ferner auf das Trennungsgeld nach § 15 BRKG.
12a) Nach ständiger Senatsrechtsprechung steht freigestellten Mitgliedern der Stufenvertretung wegen Ausübung ihrer Personalratstätigkeit an dem von ihrem Wohnort und bisherigen Dienstort verschiedenen Sitz der Stufenvertretung Trennungsgeld zu (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 6 P 13.88 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 17, vom a.a.O. Rn. 19 ff., vom - BVerwG 6 PB 17.09 - Buchholz 251.92 § 42 SAPersVG Nr. 1 Rn. 5 ff. und vom a.a.O. Rn. 16). Daran ist auch mit Blick auf die nunmehr geltende Definition der Dienstreise in § 2 Abs. 1 Satz 1 BRKG festzuhalten. Danach sind Dienstreisen Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte. Diese Definition passt weder wörtlich noch sinngemäß auf Fahrten eines freigestellten Mitgliedes der Stufenvertretung zu deren Sitz. Denn der Erledigung von Dienstgeschäften durch einen Beschäftigten innerhalb der Dienststätte ist die Personalratstätigkeit in eben dieser Dienststätte vergleichbar. Geht das Personalratsmitglied nach seiner Freistellung seiner Personalratstätigkeit regelmäßig in derjenigen Dienststätte nach, in welcher sich das Personalratsbüro befindet, so wird es nicht außerhalb, sondern innerhalb der Dienststätte tätig. Angesichts dessen können die Fahrten zum Personalratsbüro auch bei weitestmöglicher Heranziehung des Analogieschlusses nicht wie Dienstreisen behandelt werden. Die Freistellung hat für das Mitglied der Stufenvertretung hinsichtlich der ihm zustehenden Reisekosten vergleichbare Auswirkungen wie die Abordnung eines Beamten ohne Zusage einer Umzugskostenvergütung. Dies führt zur entsprechenden Anwendung der Regelungen über das Trennungsgeld.
13b) Entsprechendes gilt für freigestellte Mitglieder des Gesamtpersonalrats, wenn die Geschäftsstelle des Gesamtpersonalrats sich nicht in der bisherigen Dienststätte befindet. Diese Schlussfolgerung versteht sich schon deswegen, weil die Rechtsstellung des Gesamtpersonalrats derjenigen von Stufenvertretungen entspricht (§ 54 Abs. 1, § 56 BPersVG). Dieselbe Wertung ist aber auch bei freigestellten Mitgliedern örtlicher Personalräte geboten, die ein von ihrer bisherigen Dienststätte entferntes Personalratsbüro aufsuchen müssen, wenn es um die Frage einer Entlastung von Mehrkosten geht, die durch Personalratstätigkeit entstehen.
144. Entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 BRKG erhalten freigestellte Mitglieder des Personalrats für ihre Fahrten zum Sitz des Personalrats außerhalb ihres Wohnortes und ihres bisherigen Dienstortes Trennungsgeld für die ihnen dadurch entstehenden notwendigen Aufwendungen unter Berücksichtigung der häuslichen Ersparnis. Der Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung ist offen dafür, dass die betroffenen Personalratsmitglieder die ihnen unvermeidlich entstehenden Fahrtkosten erstattet erhalten (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 6 P 5.06 - Buchholz 251.5 § 42 HePersVG Nr. 1 Rn. 22 und vom a.a.O. Rn. 10).
15§ 15 Abs. 1 Satz 1 BRKG ermächtigt - wie schon vorher § 22 Abs. 1 Satz 1 BRKG a.F. - das Bundesministerium des Innern, die näheren Einzelheiten über die Gewährung des Trennungsgeldes bei Abordnungen im Inland ohne Zusage der Umzugskostenvergütung durch Rechtsverordnung zu regeln. Dies ist durch die Trennungsgeldverordnung (TGV) in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl I S. 1533), zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 38 der Verordnung vom (BGBl I S. 320), geschehen. Die Bestimmungen dieser Verordnung haben ihre gesetzliche Grundlage ausschließlich im Beamtenrecht. Es kann daher nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sie in jeder Hinsicht mit Normen und Grundsätzen des Personalvertretungsrechts im Einklang stehen (vgl. Beschluss vom a.a.O. Rn. 24).
16Als ein derartiger Grundsatz, der bei der Anwendung der Trennungsgeldverordnung strikte Beachtung verdient, ist derjenige des § 8 BPersVG anzusehen. Danach dürfen Personen, die Aufgaben und Befugnisse nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz wahrnehmen, wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden. Das Benachteiligungsverbot bedeutet, dass Personalratsmitglieder nicht schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbar Beschäftigte ohne Personalratsamt (vgl. Beschluss vom a.a.O. Rn. 25).
17Wäre der betreffende Beschäftigte nicht freigestelltes Mitglied des Personalrates, so ginge er seiner dienstlichen Tätigkeit in seiner bisherigen, unweit seiner Wohnung gelegenen Dienststätte nach. Fahrtkosten in vergleichbarem Umfang fielen nicht an. Erhält der Beschäftigte dagegen als freigestelltes Personalratsmitglied seine nach Lage der Dinge unvermeidbaren Aufwendungen für seine Fahrten zum Sitz des Personalrats nicht erstattet, so muss er als Folge des Personalratsamts einen entsprechenden Teil seines Einkommens "zuschießen". Eine einleuchtende Rechtfertigung dafür, die vor § 8 BPersVG und der Kostenregelung in § 44 Abs. 1 BPersVG Bestand haben könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. Beschluss vom a.a.O. Rn. 26).
18Im Gegenteil wäre eine derartige finanzielle Schlechterstellung geeignet, qualifizierte Personen von der Wahrnehmung des Amtes eines von der dienstlichen Tätigkeit ganz freigestellten Mitglieds des Personalrats abzuhalten. Damit würde die Institution Personalvertretung insgesamt geschwächt. Wie die Regelung in § 6 Abs. 3 BPersVG zeigt, ist dem Gesetzgeber geläufig, dass personalratsfähige Dienststellen nicht stets aus einer einzigen Dienststätte bestehen, sondern sich nicht selten, in eine Hauptstelle und - zum Teil weit entfernte - Nebenstellen und Dienststellenteile aufgliedern. Kommt es in einem solchen Fall nicht zu einer Verselbstständigung, so müssen die Beschäftigten der Außenstellen die gleiche Chance haben, das Amt eines freigestellten Personalratsmitgliedes bekleiden zu können wie die Beschäftigten der Hauptstelle. Die Beschäftigten der Dienststelle haben ihrerseits ein Recht darauf, dass die dafür am meisten geeigneten Personen ihre Interessen als freigestellte Personalratsmitglieder vertreten, unabhängig davon, ob diese in der Hauptstelle oder in Außenstellen beschäftigt sind. Das aber ist nicht gewährleistet, wenn das Amt eines freigestellten Personalratsmitgliedes für Beschäftigte in Außenstellen mit finanziellen Opfern verbunden ist, weil sie nicht nur geringfügige zusätzliche Fahrtkosten zum Erreichen des Personalratssitzes selbst tragen müssen. Die entsprechende Anwendung einzelner Bestimmungen der Trennungsgeldverordnung darf daher nicht dazu führen, dass die Mandatswahrnehmung durch nicht in der Nähe des Behördensitzes wohnende Beschäftigte verhindert wird (vgl. Beschluss vom a.a.O. Rn. 27).
195. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 TGV wird Trennungsgeld nur gewährt, wenn insbesondere bei Abordnungen oder vorübergehenden Umsetzungen zu einem anderen Teil der Dienststelle (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 und 8 TGV) der neue Dienstort ein anderer als der bisherige Dienstort ist und die Wohnung nicht im Einzugsgebiet nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c des Bundesumzugskostengesetzes (BUKG) liegt. Danach liegt die Wohnung im Einzugsgebiet, wenn sie auf einer üblicherweise befahrenen Strecke weniger als 30 km von der neuen Dienststätte entfernt ist oder im neuen Dienstort liegt.
20a) § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 TGV steht der Gewährung von Trennungsgeld in der vorliegenden Fallgestaltung nicht entgegen, bei welcher die politische Gemeinde des Personalratssitzes nicht dieselbe ist wie die politische Gemeinde der Beschäftigungsdienststätte vor der Freistellung. Ebenso wenig ist Trennungsgeld wegen § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 TGV i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c Alt. 2 BUKG in der vorliegenden Fallgestaltung ausgeschlossen, bei welcher die Wohnung des Personalratsmitgliedes nicht in der politischen Gemeinde des Personalratssitzes liegt. Dagegen erfasst § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 TGV i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c Alt. 1 BUKG die vorliegende Fallgestaltung, bei welcher die Wohnung des Personalratsmitgliedes auf der üblicherweise befahrenen Strecke weniger als 30 km vom Personalratsbüro entfernt ist. Diese Regelung ist jedoch nicht anzuwenden, wenn das Personalratsmitglied vor seiner Freistellung in einer Dienststätte beschäftigt war, die von seiner Wohnung weniger weit entfernt ist als der Personalratssitz. Dies folgt aus dem personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbot des § 8 BPersVG, wonach der Beschäftigte nicht mit Kosten belastet bleiben darf, die er bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung seines Personalratsmandates nicht vermeiden kann (vgl. Beschluss vom a.a.O. Rn. 30).
21§ 1 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 TGV i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c Alt. 1 BUKG regelt keine Bagatellgrenze. Auf freigestellte Personalratsmitglieder angewandt hat die Regelung zur Folge, dass ein Betrag (K) von über 350 € monatlich von der Erstattung durch die Dienststelle ausgeschlossen bleibt:
22K = 2 x 30 km x 0,3 €/km x 5 Arbeitstage/Woche x 4,3 Wochen/Monat = 387 €/Monat.
23Dieser Betrag ergibt sich, wenn das Personalratsmitglied auf die Benutzung eines privaten PKW angewiesen ist und seine Wohnung nur knapp weniger als 30 km vom Sitz des Personalrats entfernt liegt. Dabei ist zu Grunde zu legen, dass die große Wegestreckenentschädigung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BRKG in Höhe von 30 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke die tatsächlichen Kosten nicht übersteigt (vgl. BVerwG 6 PB 17.09 - Buchholz 251.92 § 42 SAPersVG Nr. 1 Rn. 17 und 19). Ein derartiger Betrag macht bereits einen nicht unerheblichen Teil eines durchschnittlichen Beschäftigteneinkommens aus. Da die Regelung in § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 TGV i.V.m. § 3 Abs. 1 Buchst. c Alt. 1 BUKG keine auch für freigestellte Personalratsmitglieder zumutbare Geringfügigkeitsgrenze normiert, ist sie auf die vorliegende Fallgestaltung insgesamt nicht anzuwenden.
24b) Das in § 8 BPersVG ebenfalls enthaltene Begünstigungsverbot steht der Nichtanwendung von § 1 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 TGV i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c Alt. 1 BUKG auf freigestellte Personalratsmitglieder nicht entgegen. Es trifft zwar zu, dass abgeordnete und vorübergehend umgesetzte Beamte sich diese Regelung bei der Gewährung von Trennungsgeld entgegenhalten lassen müssen. Solche Beamte sind jedoch nicht die hier relevante Vergleichsgruppe. Denn sie stehen typischerweise nicht vor der Frage, ob sie sich statt der in Aussicht genommenen Abordnung oder Umsetzung für die Arbeit im Personalrat freistellen lassen sollen. Richtige Vergleichsgruppe im Rahmen von § 8 BPersVG sind vielmehr Beschäftigte ohne Personalratsamt und nicht freigestellte Personalratsmitglieder, die in der Nähe ihrer Dienststätte wohnen und deswegen nicht die weitere Entfernung zwischen ihrer Wohnung und dem Sitz des Personalrats in der Hauptstelle zurücklegen müssen. Diesem Personenkreis gegenüber werden die freigestellten Personalratsmitglieder durch die Nichtanwendung der genannten Regelung nicht begünstigt. Vielmehr wird dadurch nur derjenige finanzielle Zustand hergestellt, der bestünde, wenn sie sich nicht hätten freistellen lassen.
256. Freigestellte Personalratsmitglieder, die täglich an den Wohnort zurückkehren, erhalten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 TGV als Trennungsgeld Fahrtkostenerstattung oder Wegstreckenentschädigung wie bei Dienstreisen. Anzuwenden sind daher §§ 4 und 5 BRKG. Während Fahrtkostenerstattung nach § 4 BRKG bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel bewilligt wird, wird Wegstreckenentschädigung nach § 5 BRKG vor allem bei Benutzung von Kraftfahrzeugen gewährt (vgl. dazu Beschluss vom a.a.O. Rn. 17 ff.).
267. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV ist das Trennungsgeld innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr nach Beginn der Maßnahme nach § 1 Abs. 2 TGV schriftlich zu beantragen. Diese Vorschrift ist auf das Trennungsgeld für freigestellte Personalratsmitglieder nicht entsprechend anzuwenden.
27Wie bereits oben erwähnt, ist die Reisekostenerstattung für Personalratsmitglieder nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG ein Unterfall der allgemeinen Regelung in § 44 Abs. 1 BPersVG, wonach die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten trägt. Die Kostenerstattungspflicht der Dienststelle ist antragsunabhängig. Das tatsächlich vielfach zweckmäßigerweise Anträge gestellt werden, führt nicht zu einem konstitutiven Antragserfordernis. Dies ist für Kosten, die in keinem Zusammenhang mit Reisen von Personalratsmitgliedern stehen, wie zum Beispiel die Heranziehung von Rechtsanwälten in personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren oder für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen innerhalb der Dienststätte schon nach dem Gesetzeswortlauf in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG eindeutig. Für Reisekosten nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG kann aus systematischen Gründen nichts anderes gelten. Dahingehende Ansprüche haben ungeachtet der Anwendung des Bundesreisekostengesetzes ihre Rechtsgrundlage im Personalvertretungsrecht. Das in § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV normierte Antragserfordernis nebst Ausschlussfrist ist - ebenso wie die vergleichbare Bestimmung in § 3 Abs. 1 BRKG - auf die Rechtsbeziehung zwischen Beamtem und Dienstherrn zugeschnitten. Solche Regelungen sind generell charakteristisch für Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis (vgl. zur Nichtanwendung tariflicher Ausschlussfristen auf betriebsverfassungsrechtliche Ansprüche: - AP Nr. 3 zu § 40 BetrVG 1972 S. 197).
288. In Anwendung der vorstehenden Grundsätze sind dem Antragsteller die streitigen Reisekosten zuzusprechen. Zu Recht hat der Antragsteller bereits von sich aus diejenigen Kosten abgezogen, welche ihm auch entstanden wären, wenn er seine dienstliche Tätigkeit in der Außenstelle Laage-Kronskamp fortgesetzt hätte. Kosten in diesem Umfang sind nicht durch seine Personalratstätigkeit veranlasst (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG). Der Höhe nach richtet sich die Kostenerstattung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 TGV i.V.m. § 5 Abs. 2 BRKG. Dass die Voraussetzungen dieser Regelung gegeben sind, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
299. Der somit zu bestätigende Ausspruch des Oberverwaltungsgerichts ist zeitlich auf das Ende des Freistellungszeitraums begrenzt, welcher vor dem begonnen hatte. Denn Freistellungen enden spätestens mit Ablauf der Amtszeit des Personalrats; nach der Neuwahl ist erneut über die Freistellungen zu entscheiden (vgl. BVerwG 6 P 3.95 - Buchholz 251.2 § 43 BlnPersVG Nr. 5 S. 2; Faber, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 46 Rn. 130; Altvater/Peiseler, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Auflage 2011, § 46 Rn. 57; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Band V, K § 46 Rn. 37; Treber, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Auflage 2008, § 46 Rn. 71). Da die zeitliche Begrenzung unmittelbar aus dem materiellen Recht folgt, ist eine Korrektur des Tenors nicht geboten.
3010. Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der Senat nicht im Sinne vom § 2 Abs. 1 RsprEinhG vom - (AP Nr. 31 zu § 38 BetrVG 1972) ab. Nach dieser Entscheidung hat das freigestellte Betriebsratsmitglied keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten zwischen Wohnort und Betriebsratssitz; dies gilt bei einem aus mehreren räumlich voneinander getrennt liegenden Betriebsstätten bestehenden Betrieb auch dann, wenn das Betriebsratsmitglied ohne die Freistellung nicht in der Betriebsstätte zu arbeiten hätte, in der sich der Sitz des Betriebsrats befindet, sondern in einer anderen, seinem Wohnort näher gelegenen Betriebsstätte ( a.a.O. Rn. 14). Die für Reisekostenerstattung maßgeblichen Vorschriften im Betriebsverfassungsgesetz einerseits und im Bundespersonalvertretungsgesetz andererseits weichen nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang erheblich voneinander ab. § 44 Abs. 1 BPersVG mit seiner Verweisung auf das Bundesreisekostengesetz sowie das in Stufenvertretungen, Gesamtpersonalräte und örtliche Personalräte gegliederte System der Personalvertretungen sind Besonderheiten, welche sich in dieser Gestalt im Betriebsverfassungsrecht nicht finden. Diese Besonderheiten aber haben die Senatsrechtsprechung zur Auslegung des Benachteiligungsverbots im Zusammenhang mit der Reisekostenerstattung für Personalratsmitglieder geprägt (vgl. dazu bereits BVerwG 6 PB 15.09 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 37 Rn. 6 f.).
Fundstelle(n):
IAAAI-56755