Beschwerde gegen Ablehnung eines Antrags; Streitgegenstand; Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel
Leitsatz
1. Richtet sich die Wehrbeschwerde eines Soldaten als Verpflichtungsbeschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags, ist er nicht genötigt, gegen den Bescheid der Ausgangsbehörde, mit dem die erste Ablehnungsentscheidung aufgehoben und zugleich durch eine neue Ablehnungsentscheidung ersetzt wird, nochmals Beschwerde einzulegen.
2. Eine Höchstaltersgrenze für die Zulassung von Fachunteroffizieren aller Laufbahnen zu einer Laufbahn der Feldwebel im Sinne des § 20 SLV kann nicht durch Verwaltungsvorschriften festgelegt werden; sie unterliegt vielmehr dem Anwendungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes und bedarf einer normativen Regelung.
Gesetze: Art 33 Abs 2 GG, Art 33 Abs 5 GG, § 3 Abs 1 SG, § 20 SLV 2002, § 1 Abs 1 WBO
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Soldatin auf Zeit im Dienstgrad eines Stabsunteroffiziers. Ihren Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes lehnte die Stammdienststelle der Bundeswehr mit Bescheid vom ab.
Nachdem die Antragstellerin dagegen mit Schreiben vom Beschwerde eingelegt hatte, hob die Stammdienststelle mit dem gerichtlich angefochtenen Bescheid vom ihren ersten Ablehnungsbescheid auf; zugleich lehnte sie den Zulassungsantrag erneut ab. Gegen diese zweite Ablehnungsentscheidung legte die Antragstellerin keine gesonderte Beschwerde ein. Der Bundesminister der Verteidigung wies die Beschwerde vom als unzulässig zurück.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die zweite Ablehnungsentscheidung im Bescheid vom und den Beschwerdebescheid aufgehoben und den Bundesminister der Verteidigung zur Neubescheidung des Zulassungsantrags verpflichtet.
Gründe
...
21Die Entscheidung der Stammdienststelle im Bescheid vom , die Zulassung der Antragstellerin zu der angestrebten Laufbahn abzulehnen, und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom sind rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten; sie sind deshalb in dem im Tenor genannten Umfang aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO). Da die Sache nicht spruchreif ist, ist der Bundesminister der Verteidigung zur Neubescheidung des Zulassungsantrags der Antragstellerin zu verpflichten (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).
22a) Zu Unrecht hält der Bundesminister der Verteidigung der Antragstellerin entgegen, dass sie gegen die zweite Ablehnungsentscheidung der Stammdienststelle vom nicht ein gesondertes Beschwerdeverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung durchgeführt habe. Gegen diese Entscheidung musste die Antragstellerin nicht erneut Beschwerde einlegen. Denn ihre Beschwerde vom war nicht nur auf den ersten Ablehnungsbescheid vom , sondern nach dessen Aufhebung auch auf die zweite Ablehnungsentscheidung zu beziehen.
23Gegenstand einer Wehrbeschwerde kann nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WBO die "unrichtige Behandlung" eines Soldaten durch Vorgesetzte oder Dienststellen der Bundeswehr sein. Diese generalklauselartige Regelung knüpft nicht an die "Behandlung" in einer bestimmten Form - z.B. in einem Bescheid, einem Befehl, einer Weisung o.ä. - an; vielmehr erstreckt sie sich umfassend auf hoheitliches Handeln oder Unterlassen gegenüber dem Soldaten als rügefähigen Gegenstand der Beschwerde (Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, § 1 Rn. 121 ff). Danach bezieht sich die Beschwerde inhaltlich auf den materiellen Streitgegenstand, hinsichtlich dessen sie Rechtswidrigkeit und/oder Unzweckmäßigkeit geltend macht. Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer, mit seinem Rechtsbehelf den materiellen Streitgegenstand zu bestimmen und gegebenenfalls zu begrenzen (vgl. BVerwG 1 WB 62.05 - Buchholz 450.1 § 16 WBO Nr. 1 <Rn. 21> = NZWehrr 2008, 123). Auf den materiellen Streitgegenstand als Beschwerdegegenstand stellt auch § 9 Abs. 1 Satz 1 WBO bei der Bestimmung der Zuständigkeit für die Beschwerdeentscheidung ab (vgl. BVerwG 1 WB 17.06 - BVerwGE 127, 85 <Rn. 18 f> = Buchholz 450.1 § 9 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2007, 128). Materieller Streitgegenstand und damit Gegenstand der Beschwerde der Antragstellerin war nicht lediglich formal die Aufhebung eines Ablehnungsbescheids der Stammdienststelle, sondern - als Verpflichtungsbegehren - die Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes.
24Abgesehen von der hier nicht in Rede stehenden Erledigung durch verfahrens-unabhängige Aspekte (z.B. Zeitablauf) erledigt sich eine eingelegte Beschwerde solange nicht, bis die gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Beschwerdestelle über den Rechtsbehelf entschieden hat, indem sie der Beschwerde entweder abhilft (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WBO) oder die Beschwerde als unzulässig (vgl. z.B. § 12 Abs. 3 Satz 1 WBO) oder unbegründet (§ 13 Abs. 3 WBO) zurückweist. Eine derartige Entscheidung über die Beschwerde vom stellt die strittige zweite Ablehnungsentscheidung der Stammdienststelle vom nicht dar; insbesondere enthält sie keine Abhilfeentscheidung. Bei einem Verpflichtungsbegehren des Beschwerdeführers - wie hier - erschöpft sich die Abhilfe nicht in der Aufhebung des angefochtenen Ablehnungsbescheids. Vielmehr ist die Beschwerde erst dann durch Abhilfe erledigt, wenn die zuständige Beschwerdestelle dem streitgegenständlichen Verpflichtungsbegehren in vollem Umfang entsprochen hat. Das folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 5 WBO, der die Abhilfe bei Verpflichtungsbegehren dahin definiert, dass zu Unrecht unterbliebene Maßnahmen - soweit noch möglich - nachzuholen bzw. zu Unrecht abgelehnte Gesuche oder Anträge zu genehmigen sind. Unabhängig von der formellrechtlichen Frage, ob der Stammdienststelle der Bundeswehr eine Abhilfebefugnis anstelle des insoweit zuständigen Bundesministers der Verteidigung zusteht (dies befürwortend: Dau, a.a.O., Einf. Rn. 85), hat die Stammdienststelle in ihrem zweiten Bescheid das Verpflichtungsbegehren der Antragstellerin erneut abgelehnt, also keine Abhilfe verfügt. Die Beschwerde der Antragstellerin vom war daher mit diesem Bescheid noch nicht nach Maßgabe der Vorschriften in § 9 Abs. 1, § 12 und § 13 WBO beschieden; sie wirkte deshalb auch gegen diese zweite Ablehnungsentscheidung.
25Soweit in der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten wird, dass in Fällen, in denen der mit einem Widerspruch angegriffene Bescheid noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens durch einen neuen Bescheid geändert, wiederholt oder ersetzt wird, der Widerspruchsführer zur Vermeidung der Bestandskraft des Änderungsbescheids tätig werden muss, indem er entweder durch Änderung des Widerspruchs analog § 91 VwGO den Änderungsbescheid in das Widerspruchsverfahren einbezieht oder das Widerspruchsverfahren hinsichtlich des ersten Bescheids für erledigt erklärt und gegen den Änderungsbescheid gesondert Widerspruch einlegt (so Nr. 23 B 80 A.2332 - NVwZ 1983, 615; Geis in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 68, Rn. 170; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 68, Rn. 25 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 68, Rn. 23 m.w.N.; vgl. ferner VGH Mannheim, Urteil vom - 9 S 2278/03 - NVwZ-RR 2006, 154 = juris Rn. 25 m.w.N.; Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68, Rn. 29), sind diese Überlegungen auf die hier in Rede stehende Wehrbeschwerde nicht übertragbar; es handelt sich entweder um Argumentationen zu einem Anfechtungswiderspruch oder um Erwägungen, die nicht in der erforderlichen Weise zwischen Anfechtungs- und Verpflichtungswiderspruch differenzieren.
26b) Die Ablehnung des Zulassungsantrags der Antragstellerin mit der Begründung, sie habe die insoweit zu beachtende Höchstaltersgrenze des 32. Lebensjahres überschritten, ist rechtswidrig, weil sie auf der Anwendung einer vom Bundesministerium der Verteidigung nur im Erlasswege (Nr. 429 ZDv 20/7) getroffenen Bestimmung beruht.
27Eine Höchstaltersgrenze für die Zulassung von Fachunteroffizieren aller Laufbahnen zu einer Laufbahn der Feldwebel im Sinne des § 20 SLV kann nicht allein durch Verwaltungsvorschriften festgelegt werden; sie unterliegt vielmehr dem Anwendungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes und bedarf deshalb einer normativen Regelung.
28Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Zulassung von Fachunteroffizieren aller Laufbahnen zu einer Laufbahn der Feldwebel gemäß § 27 Abs. 1 SG i.V.m. § 3 und §§ 15, 20 SLV aufgrund der Ermächtigung in § 44 SLV in Kapitel 4, Abschnitt II der ZDv 20/7 näher geregelt. Danach wird die Entscheidung über die Zulassung eines Fachunteroffiziers zu einer Laufbahn der Feldwebel von der Stammdienststelle der Bundeswehr getroffen (Nr. 429 und Nr. 434 ZDv 20/7). Deren Entscheidung, die Zulassung zu der angestrebten Laufbahn abzulehnen, kann vom Wehrdienstgericht nur auf Ermessensfehler (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 2 WBO, § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO) sowie darauf überprüft werden, ob die im Wege der Selbstbindung an eine tatsächliche Verwaltungspraxis (Art. 3 Abs. 1 GG) vom Bundesministerium der Verteidigung in Verwaltungsvorschriften (z.B. in Erlassen, Zentralen Dienstvorschriften oder Richtlinien) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind; ggf. ist die Prüfung auf die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Erlassbestimmung mit höherrangigem Recht zu erstrecken (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom - BVerwG 1 WB 21.04 - Buchholz 236.110 § 2 SLV 2002 Nr. 5, vom - BVerwG 1 WB 3.10 - und vom - BVerwG 1 WB 75.08 und 1 WB 10.09 - jeweils m.w.N.).
29Die maßgeblichen laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenzen sind in der Regel durch den Verordnungsgeber bestimmt, z.B. in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SLV (in der bis zum geltenden Fassung; gestrichen durch Art. 1 Nr. 9 der Dritten Verordnung zur Änderung der Soldatenlaufbahnverordnung vom <BGBl S. 1095>) § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 1 SLV jeweils für die Einstellung und in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SLV (in der bis zum geltenden Fassung; gestrichen durch Art. 1 Nr. 36a der genannten Änderungsverordnung) für den Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes. Demgegenüber ist die Höchstaltersgrenze für den hier strittigen Laufbahnwechsel nicht in § 20 Satz 1 SLV als normative Zulassungsvoraussetzung formuliert, sondern lediglich durch Erlass in Nr. 429 ZDv 20/7 festgelegt worden. Das widerspricht dem auf diese Altersgrenze anzuwendenden Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes.
30Dieser vor allem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratiegebot entwickelte Grundsatz verlangt, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf (vgl. - auch zum Folgenden - im Einzelnen: BVerwG 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 = Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 14 Rn. 34 ff; ferner: - BVerfGE 83, 130 <142> und - BVerfGE 116, 24 <58>). Der Vorbehalt des Gesetzes und die Maßgaben der "Wesentlichkeitstheorie" gelten auch für das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG, das jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt gewährleistet, und für den daraus abgeleiteten Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der Bestenauslese. Einer normativen Grundlage bedarf es danach stets, wenn der durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Leistungsgrundsatz eingeschränkt wird. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz selbst verankert sind, sondern diesen durchbrechen, einschränken oder modifizieren, können nur dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen ihrerseits Verfassungsrang zukommt. Dabei ist es grundsätzlich Aufgabe des Gesetzgebers, die Abwägung und den Ausgleich zwischen dem Leistungsgrundsatz und den anderen verfassungsgeschützten Belangen vorzunehmen. Ausnahmen vom Leistungsgrundsatz sowie Einschränkungen und Modifikationen bedürfen deshalb einer gesetzlichen Grundlage (vgl. insbesondere - NVwZ 1997, 54; a.a.O. m.w.N.). Die Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG übernimmt § 3 Abs. 1 SG nicht nur für die Ernennung, sondern ausdrücklich auch für die Verwendung der Soldaten. Sie gelten auch für den Laufbahnwechsel (Beschlüsse vom - BVerwG 1 WB 32.08 - und vom - BVerwG 1 WB 46.10 -).
31Der für das Dienstrecht der Beamten zuständige 2. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts hat entschieden ( BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6 und vom - BVerwG 2 C 31.08 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 44), dass die Bestimmung von Altersgrenzen für die Einstellung oder die Übernahme in eine Beamtenlaufbahn einer gesetzlichen Grundlage bedürfe; Altersgrenzen könnten den Leistungsgrundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG einschränken, wenn und soweit sie im ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestatteten Lebenszeitprinzip als einem durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentum angelegt seien; die Abwägung dieser beiden gegenläufigen Belange erfordere eine normative Regelung und dürfe nicht der Verwaltungspraxis überlassen werden.
32Auf die hier strittige Höchstaltersgrenze ist diese Rechtsprechung des 2. Revisionssenats im Ergebnis übertragbar.
33Mit der Beschränkung der Zulassung zu der angestrebten Laufbahn der Feldwebel durch die Höchstaltersgrenze des 32. Lebensjahres wird in den durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Leistungsgrundsatz eingegriffen. Dieser Eingriff erhält zusätzliches Gewicht durch den Umstand, dass in der neuen Laufbahn - nach erfolgreichem Abschluss der Laufbahnprüfung (§ 27 Abs. 2 Nr. 1c SG, § 20 Satz 2, § 16 Abs. 2 SLV, Nr. 105 und Nr. 439 ZDv 20/7) - die Beförderung in das Statusamt möglich ist, das die dienstgradbezogene Voraussetzung für die Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten darstellt (vgl. § 39 Nr. 1 SG).
34Im Fall der Antragstellerin eröffnet Art. 33 Abs. 5 GG jedoch keinen vom Gesetzgeber abzuwägenden Belang. Die Antragstellerin ist nicht Berufssoldatin, sondern Soldatin auf Zeit. Davon abgesehen enthält Art. 33 Abs. 5 GG nach Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck keine institutionelle Garantie des Berufssoldatentums; auch wenn das Recht der Berufssoldaten dem der Beamten in vielem ähnlich ist, besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu einer derartigen Angleichung ( - BVerfGE 3, 288; Kammerbeschluss vom - 1 BvR 2325/07 - juris Rn. 9).
35Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Alter in bestimmten Fallkonstellationen ein Eignungsmerkmal im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG darstellt, wenn daraus geschlossen werden kann, dass Bewerber bei Überschreitung eines bestimmten (Höchst-)Alters typischerweise den Anforderungen eines Amtes oder einer Laufbahn nicht mehr genügen. Dies liegt insbesondere bei Ämtern und Laufbahnen nahe, die mit erhöhten körperlichen Anforderungen verbunden sind wie etwa im Militärdienst, im Polizeivollzugsdienst und im Dienst in der Berufsfeuerwehr (Urteile vom a.a.O., Rn. 9 und vom a.a.O., Rn. 21). Bei der Einschränkung des Leistungsgrundsatzes durch eine Altersgrenze hat der Gesetzgeber danach in die Abwägung einzubeziehen, welche (Höchst-)Altersgrenze unter dem Aspekt der Eignung für die konkret in Rede stehende Laufbahn angemessen ist und in welchem Umfang Ausnahmen in Betracht kommen (vgl. Urteil vom a.a.O., Rn. 26). Das gilt nicht nur für die Laufbahnen der Beamten, sondern ebenso für die militärischen Laufbahnen nach der Soldatenlaufbahnverordnung. Insoweit sind zwischen diesen Laufbahnen keine verfassungsrechtlich beachtlichen Unterschiede ersichtlich. Es kommt hinzu, dass abwägungsrelevante Belange bei Soldaten auf Zeit auch in dem personalpolitischen Interesse an einer ausgewogenen Altersstruktur liegen (für Soldaten auf Zeit bejaht z.B. in Beschlüssen vom - BVerwG 1 WB 13.08 - Buchholz 449.2 § 30 SLV 2002 Nr. 1 und vom - BVerwG 1 WB 59.09 -; für Berufssoldaten bejaht z.B. in Beschlüssen vom - BVerwG 1 WB 99.91 - und vom - BVerwG 1 WB 32.08 -; für Berufsbeamte bejaht im BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153>) oder aus dem verfassungsrechtlichen Gebot in Art. 87 a Abs. 1 Satz 1 GG abgeleitet werden können, funktionstüchtige Streitkräfte zu unterhalten (dazu eher kritisch: Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 81).
36Der Senat weist an dieser Stelle darauf hin, dass gerade die Höchstaltersgrenze des 32. Lebensjahres in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SLV, die gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SLV für die Einstellung mit dem höheren Dienstgrad Stabsunteroffizier in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit maßgeblich war, durch Art. 1 Nr. 9 der zitierten Dritten Änderungsverordnung mit Wirkung zum aufgehoben worden ist.
37Da die strittige Höchstaltersgrenze für den Laufbahnwechsel weder gesetzlich (im Soldatengesetz) noch normativ (in der Soldatenlaufbahnverordnung) geregelt ist, kann sie dem Zulassungsbegehren der Antragstellerin nicht als Ablehnungsgrund entgegengehalten werden. Der Senat hält insoweit an seiner entgegenstehenden Rechtsprechung (zuletzt im BVerwG 1 WB 49.03 -) nicht fest.
38Der vom Bundesminister der Verteidigung vorgetragene Einwand, die Zulassung der Antragstellerin scheitere an der gesetzlich festgelegten Altersgrenze in § 40 Abs. 1 Nr. 1 SG, greift nicht durch.
39Nach dieser Vorschrift kann ein Bewerber in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit nicht über das 40. Lebensjahr hinaus berufen werden. Diese gesetzliche Beschränkung der Berufungsdauer ist gemäß § 87 Abs. 3 SG jedoch nicht auf Bewerber anzuwenden, die entsprechend § 87 Abs. 1, Abs. 2 SG erfolgreich eine Eignungsübung von mindestens vier Monaten absolviert und unmittelbar danach zum Berufssoldaten oder zum Soldaten auf Zeit ernannt worden sind. In Abweichung von der (Höchst-)Altersgrenze in § 40 Abs. 1 Nr. 1 SG lässt § 87 Abs. 3 SG die Ernennung zum Soldaten auf Zeit auch bei solchen eignungsübenden Soldaten zu, die das 40. Lebensjahr bereits überschritten haben oder in ihrer Dienstzeit überschreiten werden (Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 8. Aufl. 2008, § 87 Rn. 8). Wenn danach diese Höchstaltersgrenze unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 SG schon für die Berufung und Ernennung (Berufung als mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt in Form der Ernennung: § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SG; Walz/Eichen/Sohm, a.a.O., § 40 Rn. 8; Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O. § 4 Rn. 5) nicht gilt, steht sie der Möglichkeit der Verlängerung der Dienstzeit des betroffenen Soldaten auf Zeit erst recht nicht entgegen.
40Nach dem Inhalt der vorgelegten Personalgrundakte erfüllt die Antragstellerin die Voraussetzungen des § 87 Abs. 3 SG. Sie ist am gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SLV zu einer Eignungsübung aufgefordert worden, hat diese in der Zeit vom bis zum mit Erfolg abgeleistet und ist mit Wirkung zum in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden. ...
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZAAAI-56061