Zwangsverwaltervergütung: Bemessung bei der Verwaltung eines vermieteten Grundstücks und Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens wegen rückständiger Mieten
Leitsatz
1. Die Bemessung der Vergütung des Zwangsverwalters nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ZwVwVO setzt voraus, dass geschuldete Mieten tatsächlich an den Zwangsverwalter geleistet werden. Die Einleitung eines Mahnverfahrens reicht ebenso wenig aus wie eine Zahlung des Mieters an den Schuldner oder an einzelne Gläubiger.
2. Für die Einleitung eines Mahnverfahrens kann der Zwangsverwalter nicht die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts abrechnen, weil es sich nicht um eine Tätigkeit handelt, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Zwangsverwalter einem Rechtsanwalt übertragen hätte.
Gesetze: § 17 Abs 3 ZwVwV, § 18 Abs 1 S 1 ZwVwV
Instanzenzug: Az: 5 T 111/11vorgehend AG Rheine Az: 12 L 9/10
Gründe
I.
1Auf Antrag der Beteiligten zu 1 ordnete das die Zwangsverwaltung des im Eingang dieses Beschlusses näher bezeichneten Erbbaurechts an und bestellte den Beteiligten zu 4, einen Rechtsanwalt, zum Zwangsverwalter. Wegen rückständiger Mieten für die Monate September und Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 40.460 € leitete der Zwangsverwalter ein Mahnverfahren gegen die Mieterin ein. Diese zahlte die Mieten direkt an die Beteiligte zu 1 bzw. auf das dort geführte Mietkonto der Schuldnerin. Nach Antragsrücknahme hob das Amtsgericht die Zwangsverwaltung mit Beschluss vom auf.
2Der Zwangsverwalter hat beantragt, seine Vergütung auf 4.840,50 € festzusetzen. Dem Antrag hat er eine Rechnung über die auf die Einleitung des Mahnverfahrens bezogenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von (weiteren) 792,54 € beigefügt. Das Amtsgericht hat die Vergütung auf 809,20 € zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer festgesetzt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Zwangsverwalters ist erfolglos gewesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will er die von ihm beantragte Festsetzung der Vergütung unter Einschluss der Rechtsanwaltsgebühren erreichen.
II.
3Das Beschwerdegericht meint, das Vollstreckungsgericht habe die Vergütung zu Recht nicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ZwVwVO, sondern nach Satz 2 dieser Vorschrift berechnet. "Eingezogen" seien Mieten nur dann, wenn sie zu Händen des Zwangsverwalters gezahlt würden. Daran fehle es, weil die Beteiligte zu 1 die zu Unrecht vereinnahmten Mieten nicht an den Zwangsverwalter herausgegeben habe. Eine Erhöhung gemäß § 18 Abs. 2 ZwVwVO sei nicht angemessen, weil das Verfahren weder schwierig noch zeitaufwendig gewesen sei. Die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren sei nicht beantragt, weil die bloße Beifügung einer Rechnung nicht ausreiche.
III.
4Die zulässige Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.
51. Das Beschwerdegericht hat die Vergütung des Zwangsverwalters zu Recht nach § 18 Abs. 1 Satz 2 ZwVwVO bemessen.
6a) Der Zwangsverwalter hat nach § 17 Abs. 1 ZwVwVO Anspruch auf eine angemessene Vergütung für seine Geschäftsführung, deren Höhe an seiner Leistung sowie an der Art und dem Umfang der Aufgabe auszurichten ist. Betrifft die Zwangsverwaltung - wie hier - Grundstücke, die durch Vermietung genutzt werden, erhält er als Regelvergütung 10 % des für den Zeitraum der Verwaltung an Mieten eingezogenen Bruttobetrags (§ 18 Abs. 1 Satz 1 ZwVwVO), wobei eine Verringerung bzw. Erhöhung des Betrags nach Maßgabe von § 18 Abs. 2 ZwVwVO erfolgen kann. Für vertraglich geschuldete, nicht eingezogene Mieten beläuft sich die Vergütung auf 20 % des Betrags, den er erhalten hätte, wenn diese Mieten eingezogen worden wären (§ 18 Abs. 1 Satz 2 ZwVwVO). Eine Vergütung nach Zeitaufwand sieht die Zwangsverwalterverordnung bei solchen Objekten nur für den Ausnahmefall vor, dass die Regelvergütung nach § 18 ZwVwVO offensichtlich unangemessen ist (§ 19 Abs. 2 ZwVwVO).
7b) Nach dieser Systematik kann der Beteiligte zu 4 die Festsetzung der Regelvergütung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 ZwVwVO nicht verlangen. Mieten sind im Sinne von § 18 Abs. 1 ZwVwVO erst dann eingezogen, wenn sie an den Zwangsverwalter gezahlt werden. Das entspricht dem Wortlaut der Norm. Sie unterscheidet danach, ob die Tätigkeit des Zwangsverwalters hinsichtlich der Mieten erfolgreich ist oder nicht. Erfolgreich ist sie erst dann, wenn geschuldete Mieten tatsächlich an den Zwangsverwalter gezahlt worden sind. Der Verordnungsgeber hat die Bemessungsgrundlage bewusst an den tatsächlich eingezogenen Miet- oder Pachtzinsen ausgerichtet, um einen Anreiz für die Eintreibung von Außenständen zu setzen (BR-Drucks. 842/03, S. 15 f.). Die Bestimmungen über die Zwangsverwaltervergütung sollen nicht nur eine angemessene Vergütung des Zwangsverwalters sicherstellen, sondern zugleich den Interessen der Gläubiger an einer sparsamen und zugleich effektiven Verwaltung dienen (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 5. Aufl., § 17 Rn. 6). Die Gläubigerinteressen werden nur gewahrt, wenn Zahlungen zu der Masse gelangen und Überschüsse durch den Zwangsverwalter nach Maßgabe des Teilungsplans verteilt werden können (§§ 155 ff. ZVG, § 11 ZwVwVO). Vorbereitungshandlungen wie die Einleitung des Mahnverfahrens reichen ebenso wenig aus wie eine Zahlung des Mieters an den Schuldner oder an einzelne Gläubiger. Erfolglose Bemühungen des Zwangsverwalters sind ausschließlich gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2, § 19 Abs. 2 ZwVwVO zu honorieren.
82. Eine Erhöhung der Vergütung nach § 18 Abs. 2 ZwVwVO hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei verneint; auch der Zwangsverwalter macht nicht geltend, dass seine Tätigkeit besonderen Aufwand erfordert hätte.
93. Allerdings hat es das Beschwerdegericht mit unzutreffender Begründung unterlassen, die Rechtsanwaltsgebühren festzusetzen. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 ZwVwVO kann ein als Rechtsanwalt zugelassener Zwangsverwalter solche Tätigkeiten, die ein nicht als Anwalt zugelassener Verwalter einem Rechtsanwalt übertragen hätte, zusätzlich nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes abrechnen. Auch diese Gebühren unterliegen - anders als es offenbar das Vollstreckungsgericht gemeint hat - der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 22 ZwVwVO (eingehend Senat, Beschluss vom - V ZB 122/08, NJW 2009, 3104 f.). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hat der Zwangsverwalter einen entsprechenden Festsetzungsantrag gestellt. Dass die darauf bezogene Rechnung seinem Vergütungsantrag beigefügt war, ließ bei verständiger Würdigung nur den Schluss zu, dass er neben seiner Vergütung auch die gerichtliche Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren begehrte.
104. Die Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO), weil der Zwangsverwalter für die Einleitung des Mahnverfahrens keine gesonderte Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen kann. Dies kommt gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 ZwVwVO nur für solche Tätigkeiten in Betracht, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter einem Rechtsanwalt übertragen hätte. Nicht jede Tätigkeit, für die das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz die Entstehung einer Gebühr vorsieht, fällt darunter. Für die Einleitung eines Mahnverfahrens ist eine anwaltliche Beratung des Zwangsverwalters regelmäßig entbehrlich (Eickmann, ZIP 2004, 1736, 1740; für § 5 InsVV LG Lübeck NZI 2009, 559 f.; anders Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, 6. Aufl., Rn. 818: einzelfallbezogene Prüfung erforderlich). Denn als Zwangsverwalter kommen gemäß § 1 Abs. 2 ZwVwVO ohnehin nur geschäftskundige Personen in Betracht. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids erfordert im Hinblick auf die Formalisierung des Antragsverfahrens keine über die allgemeine Geschäftskundigkeit hinausgehenden besonderen Rechtskenntnisse (vgl. zu dem Verfahren der Bewilligung von Prozesskostenhilfe , Rpfleger 2010, 330).
IV.
11In einem Rechtsbeschwerdeverfahren über die Höhe der Zwangsverwaltervergütung ist eine Kostenentscheidung regelmäßig nicht veranlasst, weil es nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist (Senat, Beschluss vom - V ZB 90/09, NZM 2010, 50 Rn. 33 mwN). Der Kostenausspruch der Vorinstanz ist aus diesem Grund aufzuheben.
Krüger Stresemann Roth
Brückner Weinland
Fundstelle(n):
SAAAI-33249