Befristung - Haushalt - Selbstverwaltungskörperschaft
Leitsatz
Die Bundesagentur für Arbeit kann sich zur Rechtfertigung befristeter Arbeitsverträge nicht auf den Sachgrund der sog. haushaltsrechtlichen Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG berufen.
Gesetze: § 14 Abs 1 S 2 Nr 7 TzBfG, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 367 Abs 1 SGB 3
Instanzenzug: Az: 3 Ca 131/08 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 3 Sa 1657/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung zum geendet hat.
Der Kläger war auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge seit dem bei der Beklagten - einer rechtsfähigen bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts - als Angestellter in der Arbeitsvermittlung beschäftigt. Zuletzt schlossen die Parteien unter dem einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom bis zum . Gleichzeitig unterzeichneten sie einen Vermerk zu dem Vertrag, der folgenden Befristungsgrund vorsieht:
Der Arbeitsvertrag stand unter dem Vorbehalt, dass die Bundesregierung den vom Verwaltungsrat der Beklagten am festgestellten Haushaltsplan nach § 71a Abs. 2 SGB IV genehmigt. Die Genehmigung erfolgte durch Beschluss der Bundesregierung vom mit Maßgaben, denen der Verwaltungsrat am bei der Feststellung des Haushaltsplans für das Jahr 2008 nach § 71a Abs. 4 Satz 1 SGB IV Rechnung trug. Für Aufgaben nach dem SGB III weist der Haushaltsplan Mittel zur Beschäftigung von 5.800 Arbeitskräften mit befristetem Arbeitsvertrag aus. Zur Zweckbestimmung heißt es unter Titel 425 07 in Kapitel 5:
4Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG berufen, weil sie selbst und nicht der Gesetzgeber den Haushaltsplan aufgestellt habe. Wenn Körperschaften des öffentlichen Rechts durch die Aufstellung von Haushaltplänen Befristungsgründe schaffen könnten, wären sie gegenüber privaten Arbeitgebern ungerechtfertigt bevorzugt. Außerdem genügten die allgemein gehaltenen haushaltsrechtlichen Befristungsvorgaben im Haushaltstitel 425 07 nicht den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG.
Der Kläger hat beantragt
6Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, die Befristung sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG sachlich gerechtfertigt, da die dem Kläger übertragene Beschäftigung aufgrund von zweckgebundenen, für eine zeitlich begrenzte Aufgabe zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln erfolgt sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiter Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
8Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Befristungskontrollklage zu Recht stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom vereinbarten Befristung am geendet. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegen nicht vor. Die Beklagte kann sich als rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 367 Abs. 1 SGB III) nicht auf den Sachgrund der sog. Haushaltsbefristung berufen. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist nicht anwendbar, wenn das den Haushaltsplan aufstellende Organ und der Arbeitgeber identisch sind und es an einer unmittelbaren demokratischen Legitimation des Haushaltsplangebers fehlt. Andernfalls würden die bei der Körperschaft beschäftigten Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft in ihrem durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Bestandsschutz in einer mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise benachteiligt. Auch der Sachgrund des nur vorübergehenden Bedarfs nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt nicht vor.
9A. Die Klage ist zulässig.
10I. Trotz des nicht an den Vorgaben des § 17 Satz 1 TzBfG orientierten, auf einen allgemeinen Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO hindeutenden letzten Halbsatzes des Klageantrags handelt es sich ausschließlich um eine Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG. Andere Beendigungstatbestände oder -zeitpunkte sind zwischen den Parteien nicht im Streit. In diesem Sinne haben auch die Vorinstanzen die Klage verstanden.
11II. Die Befristungskontrollklage ist nicht deshalb unzulässig, weil sie bereits über neun Monate vor dem vereinbarten Vertragsende erhoben wurde. An der Klärung der Frage, ob eine Befristung wirksam ist und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, besteht in der Regel bereits vor dem Vertragsende ein rechtliches Interesse der Parteien. Deshalb wird die - materiell-rechtliche - Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch durch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gewahrt ( - Rn. 13, AP TzBfG § 14 Nr. 71 = EzA TzBfG § 14 Nr. 67).
12B. Die Klage ist begründet. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses ist mangels eines sie rechtfertigenden Grundes unwirksam.
13I. Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG gerechtfertigt.
141. Ein Arbeitsvertrag kann nach dieser Vorschrift wirksam befristet werden, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird. Umstritten ist, ob die Haushaltsmittel durch ein Gesetz, mindestens aber durch ein Parlament ausgebracht werden müssen (vgl. dazu APS/Backhaus 3. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 103; Dörner FS Otto 2008 S. 55, 69; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 217 f.; Gräfl in Arnold/Gräfl 2. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 217a; Schlachter in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 83; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 40 Rn. 36), oder ob es genügt, dass sie in einem nach dem öffentlichen Haushaltsrecht aufgestellten Haushaltsplan ausgewiesen sind, so dass nicht nur Bund, Länder und Gebietskörperschaften, sondern auch sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts diese Befristungsmöglichkeit in Anspruch nehmen können (so MünchKommBGB/Hesse § 14 TzBfG Rn. 67; Annuß/Thüsing/Maschmann TzBfG 2. Aufl. § 14 Rn. 67; Joussen RdA 2010, 65, 66 f.; ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 71; Löwisch NZA 2006, 457, 459; Steinherr ZTR 2003, 216, 219; ebenso KR/Lipke 9. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 317, einschränkend allerdings Rn. 318). In früheren Entscheidungen hat der Senat die Frage ausdrücklich offen gelassen ( - Rn. 14, AP TzBfG § 14 Nr. 56 = EzA TzBfG § 14 Nr. 53; - 7 AZR 162/08 - Rn. 12, AP TzBfG § 14 Haushalt Nr. 14 = EzA TzBfG § 14 Nr. 60; zuletzt - 7 AZR 843/08 - Rn. 9, AP TzBfG § 14 Haushalt Nr. 16). Er beantwortet sie nunmehr dahin, dass jedenfalls der Haushaltsplan der beklagten bundesunmittelbaren Selbstverwaltungskörperschaft für § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nicht genügt. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift. Der Streitfall verlangt keine Entscheidung, was für Gebietskörperschaften gilt.
15a) Der Wortlaut des Gesetzes ist für die Auslegung unergiebig. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG verwendet zwar den Begriff Haushaltsgesetz nicht, sondern spricht von Haushaltsmitteln und von der haushaltsrechtlichen Bestimmung der Mittel. Dies schließt aber ein Verständnis nicht aus, wonach die Haushaltsmittel in einem förmlichen Gesetz ausgewiesen oder zumindest Gegenstand eines unmittelbar demokratisch legitimierten Verfahrens gewesen sein müssen. Soweit die gesetzlichen Begrifflichkeiten dafür angeführt werden, dass der Gesetzgeber den Befristungstatbestand nicht nur auf Mittel in den Haushalten des Bundes oder der Länder begrenzen, sondern alle nach dem öffentlichen Haushaltsrecht aufgestellten Haushaltspläne einbeziehen wollte (vgl. ErfK/Müller-Glöge § 14 TzBfG Rn. 71; Joussen RdA 2010, 65, 67; Kittner/Däubler/Zwanziger-Däubler 8. Aufl. § 14 TzBfG Rn. 114), ist der Schluss nicht zwingend. Der Umstand, dass der Begriff Haushaltsgesetz nicht verwendet wurde, könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass die nicht auf einem Gesetz beruhenden Haushalte der Gebietskörperschaften nicht ausgeschlossen werden sollten.
16b) Die Gesetzesgeschichte spricht dafür, dass § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG Haushaltsmittel verlangt, die in einem förmlichen Haushaltsgesetz vorgesehen sind. Bereits vor dem TzBfG hatte die Rechtsprechung einen sachlichen Grund zur Befristung eines Arbeitsvertrags anerkannt, wenn eine Haushaltsstelle von vornherein nur für eine genau bestimmte Zeitdauer bewilligt war und anschließend fortfallen sollte. Das Bundesarbeitsgericht unterstellte dabei, der Haushaltsgesetzgeber habe sich selbst mit den Verhältnissen gerade dieser Stelle befasst und aus sachlichen Erwägungen festgelegt, diese werde anschließend nicht mehr bestehen (vgl. etwa - zu III 3 d der Gründe, BAGE 82, 101; - 7 AZR 609/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 92, 121; - 7 AZR 579/98 - zu I 1 der Gründe mwN; - 7 AZR 758/98 - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 94, 130; - 7 AZR 208/99 - zu B II 3 b aa der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 173). Diesen von der Rechtsprechung entwickelten Anwendungsbereich hat der Gesetzgeber durch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ausgestaltet und sich dabei an der Rechtsprechung des Senats zu § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG in der bis zum geltenden Fassung (aF) orientiert (BT-Drucks. 14/4374 S. 19). Für eine haushaltsrechtliche Befristung nach dem HRG wurde verlangt, dass der Haushaltsgesetzgeber Haushaltsmittel mit einer Zweckbindung für befristete Arbeitsverhältnisse zur Verfügung stellt, der Arbeitnehmer entsprechend dieser Zweckbindung eingestellt und beschäftigt wird und seine Vergütung zu Lasten dieser Mittel erfolgt ( - zu 2 b der Gründe, AP HRG § 57b Nr. 7 = EzA BGB § 620 Hochschule Nr. 2). Die Übernahme des Gesetzeswortlauts aus § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG aF in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG legt den Schluss nahe, dass der Gesetzgeber des TzBfG die Befristungsmöglichkeit in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG auf Arbeitgeber mit (Haushalts-)Gesetzgebungskompetenz, dh. auf staatliche Arbeitgeber (Bund und Länder) beschränken wollte. Freilich lässt sich gegen diese entstehungsgeschichtliche Argumentation einwenden, dass § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG inhaltlich nicht auf den Wissenschaftsbetrieb beschränkt, sondern gegenüber § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG aF ein weitergehender Anwendungsbereich eröffnet ist und die Regelung daher in ihrem gesamten Anwendungsbereich interpretiert werden muss. Ferner ist zu bedenken, dass nach dem HRG ausnahmslos Regeln der Landesgesetzgeber zur Überprüfung standen, sodass sich die Frage, ob auch Haushalte öffentlich-rechtlicher Körperschaften, die nicht auf einem Gesetz beruhen, nicht stellte. Der Senat hat vor Inkrafttreten des TzBfG die Grundsätze zur Befristung von Arbeitsverträgen aus haushaltsrechtlichen Gründen nach allgemeinen Grundsätzen der Befristungskontrolle nicht ausschließlich auf staatliche Arbeitgeber angewandt, sondern auch auf die Bundesanstalt für Arbeit ( - BAGE 55, 1). Das HRG ist deshalb nicht die abschließende Quelle zur Auslegung des Sachgrundes der haushaltsrechtlichen Befristung (Joussen RdA 2010, 65, 67).
17c) Jedoch bestätigt eine systematische Betrachtung, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich für eine Privilegierung des öffentlichen Arbeitgebers durch die haushaltsrechtliche Befristung nur in dem Verständnis der Rechtsprechung zu § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG aF legitimieren wollte. In § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG hat der Gesetzgeber nicht die vom Senat entwickelte allgemeine Rechtsprechung zur Haushaltsbefristung kodifiziert, sondern die spezielle Regelung in § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG aF in das TzBfG übernommen, die nach der vom Gesetzgeber in seinen Regelungswillen einbezogenen Rechtsprechung eine Anordnung durch den Haushaltsgesetzgeber erforderte (vgl. - Rn. 15 ff., BAGE 120, 42; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag Rn. 205). Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG finden die Grundsätze der haushaltsrechtlichen Befristung nach der früheren Rechtsprechung (zuletzt - 7 AZR 542/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 217) auch nach Inkrafttreten des TzBfG zu dem Sachgrund aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG Anwendung, der vorliegt, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend ist ( - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 56 = EzA TzBfG § 14 Nr. 53). Das systematische Verhältnis zwischen § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG und § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG spricht dafür, die letztere Vorschrift iSd. vormaligen Rechtsprechung zu § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG aF zu verstehen, wonach die Haushaltsmittel für befristete Beschäftigung auf einem Haushaltsgesetz beruhen müssen und nur unter diesen Voraussetzungen auf die Prognose zu verzichten, dass die Arbeitsmenge nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrags wieder mit dem Personal bewältigt werden kann (vgl. zur Abgrenzung der Nr. 1 zu Nr. 7 - Rn. 21).
18d) Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG sprechen ebenfalls dafür, die Vorschrift nicht anzuwenden, wenn Arbeitgeber und Haushaltsplangeber personenidentisch sind und der Haushaltsplan nicht von einem davon unabhängigen, demokratisch legitimierten Parlament aufgestellt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats soll die Regelung dem Umstand Rechnung tragen, dass der öffentliche Arbeitgeber gehalten ist, nicht durch den Abschluss von Arbeitsverträgen Verpflichtungen einzugehen, die haushaltsrechtlich nicht gedeckt sind (vgl. - zu II 1 der Gründe, BAGE 92, 121; - 7 AZR 193/06 - Rn. 17 mwN, BAGE 121, 236). Dieses gesetzgeberische Anliegen erscheint nur plausibel, wenn dem öffentlichen Arbeitgeber von einem Haushaltsgesetzgeber Vorgaben gemacht werden, die er selbst nicht oder nur in beschränktem Umfang beeinflussen kann. Diese „Fremdbestimmtheit“ des Arbeitgebers ist nicht, jedenfalls nicht in gleichem Maße vorhanden, wenn der Arbeitgeber selbst - und sei es auch unter einem Genehmigungsvorbehalt - seinen eigenen Haushaltsplan aufstellt. In diesem Fall besteht vielmehr die Gefahr, dass sich der öffentliche Arbeitgeber durch die Gestaltung seines Haushalts selbst die Befristungsgründe schafft.
19e) Das Auslegungsergebnis entspricht dem Gebot der möglichst verfassungskonformen Auslegung. Die mit der Befristungsmöglichkeit verbundene Benachteiligung der bei einem öffentlichen Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer in ihrem aufgrund Art. 12 Abs. 1 GG gebotenen arbeitsvertraglichen Bestandsschutz gegenüber den in der Privatwirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern lässt sich allenfalls dann rechtfertigen, wenn der Haushaltsplangeber demokratisch legitimiert und mit dem Arbeitgeber nicht identisch ist. Andernfalls ist die Benachteiligung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Die Privilegierung einer Selbstverwaltungskörperschaft, sich in ihrer Doppelrolle als Haushaltsplangeber und als Arbeitgeber ohne unmittelbare demokratische Legitimation Sachgründe für die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer selbst zu schaffen, lässt sich sachlich nicht rechtfertigen.
20aa) Der Grundsatz, dass alle Menschen nach Art. 3 Abs. 1 GG vor dem Gesetz gleich sind, soll eine ungerechtfertigte Bevorzugung oder Benachteiligung von Personen verhindern. Deshalb unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt dagegen das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird. Überdies sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. In diesen Fällen müssen für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. ua. - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 98, 365).
21bb) Die allein dem öffentlichen Arbeitgeber durch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG zusätzlich zu den auch ihm zur Verfügung stehenden sonstigen Sachgründen des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG eröffnete Befristungsmöglichkeit stellt für die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer im Verhältnis zu den in der Privatwirtschaft beschäftigten Arbeitnehmern eine Verschlechterung des gesetzlichen Bestandsschutzes dar. Da diese Verschlechterung die Schutzpflicht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG betrifft, sind an ihre Rechtfertigung strenge Anforderungen zu stellen (vgl. dazu schon Preis/Greiner RdA 2010, 148, 157). Diese sind jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Haushaltsplan nicht unmittelbar demokratisch legitimiert ist und der Haushaltsplangeber zugleich Arbeitgeber ist.
22(1) Art. 12 Abs. 1 GG garantiert für Arbeitsverhältnisse einen staatlichen Mindestbestandsschutz. Diesen hat der Gesetzgeber für die Befristung von Arbeitsverträgen durch das TzBfG näher ausgestaltet (vgl. - Rn. 10 f., AP TzBfG § 14 Haushalt Nr. 16). Ausgehend von der Vorstellung des Gesetzgebers, dass das unbefristete Arbeitsverhältnis der Normalfall und das befristete Arbeitsverhältnis die Ausnahme ist (BT-Drucks. 14/4374 S. 12), soll das Erfordernis eines sachlichen Grundes für die Befristung in § 14 Abs. 1 TzBfG den Arbeitnehmer vor einem grundlosen Verlust des Arbeitsplatzes bewahren. Innerhalb der in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG geregelten Sachgründe stellt die haushaltsrechtliche Befristung in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG einen Sondertatbestand dar, der für den Bereich des öffentlichen Dienstes eine erleichterte Befristungsmöglichkeit zur Verfügung stellt. Als Grundrechtsadressaten haben die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung dieser Ausnahmeregelung den Anforderungen zu genügen, die sich aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht der Berufsfreiheit ergeben (vgl. - Rn. 18 mwN, BAGE 120, 42). Das verfassungsrechtliche Untermaßverbot aus Art. 12 Abs. 1 GG wäre nicht ausreichend beachtet, wenn ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses allein deshalb bejaht würde, weil der Arbeitnehmer bei entsprechender Beschäftigung aus Haushaltsmitteln vergütet wird. Dem Arbeitnehmer würde der inhaltlich gebotene Bestandsschutz entzogen, der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses wäre stets unabhängig von Dauer und Inhalt der übertragenen Aufgaben gerechtfertigt. Eine Auslegung, die das verfassungsrechtlich gebotene Schutzminimum nicht beachtet, könnte im Bereich des öffentlichen Dienstes eine Erosion des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als der vom Gesetzgeber sozialpolitisch erwünschten Beschäftigungsform herbeiführen (vgl. BT-Drucks. 14/4374 S. 12 zu II; - Rn. 18, aaO; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag Rn. 206).
23(2) Im Hinblick auf seine Ausnahmestellung ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG - wie nach der wortgleichen Vorschrift des § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG aF - zu verlangen, dass die Haushaltsmittel im Haushaltsplan mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung ausgebracht sind. Der Haushaltsplan selbst muss erkennen lassen, für welche Aufgaben die Haushaltsmittel bereitgestellt werden und dass diese Aufgaben nicht zeitlich unbegrenzt, sondern nur vorübergehend anfallen. Es muss sich dabei um keine von den Daueraufgaben abgrenzbare Zusatzaufgabe des öffentlichen Arbeitgebers handeln, wie zB ein Sonderprogramm. Es können auch Mittel für die befristete Beschäftigung zur Bewältigung eines vorübergehend erhöhten Arbeitsanfalls im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers bereitgestellt werden. In jedem Fall muss die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung jedoch objektive und nachprüfbare Vorgaben enthalten, die gewährleisten, dass die Mittel zur Deckung eines nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs genutzt werden (vgl. - Rn. 11, AP TzBfG § 14 Haushalt Nr. 16).
24(3) Die danach erforderliche Zweckbestimmung beugt dem Risiko einer erhöhten Missbrauchsanfälligkeit jedoch jedenfalls dann nicht ausreichend vor, wenn der Haushaltsplan nicht unmittelbar demokratisch legitimiert ist und außerdem der Haushaltsgeber zugleich als Arbeitgeber bei der Befristung von Arbeitsverträgen eine Doppelrolle einnimmt (vgl. zur unzulässigen Privilegierung eines Landes in der Doppelrolle als Gesetzgeber und Arbeitgeber auch - Rn. 95, EzA GG Art. 12 Nr. 48). In einem solchen Fall ist der verfassungsrechtlich zu gewährleistende Mindestbestandsschutz der bei dem öffentlichen Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer im Vergleich zu den in der Privatwirtschaft beschäftigten geringer ausgeprägt, ohne dass dies durch das Haushaltsrecht zu rechtfertigen ist. Öffentliche Haushalte können grundsätzlich nur dann einen Sachgrund für die Befristung der Arbeitsverhältnisse darstellen, wenn es sich dabei für den Arbeitgeber um eine durch ein Haushaltsgesetz fremdbestimmte Vorgabe handelt.
25(a) Eine Ungleichbehandlung der betroffenen Arbeitnehmer bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen lässt sich nicht mit dem für Beamte geltenden Lebenszeitprinzip rechtfertigen. Dieses gilt für im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmer nicht. Arbeitsverträge werden im öffentlichen Dienst nicht auf Lebenszeit geschlossen und können im Rahmen der allgemeinen Regeln vom Arbeitgeber gekündigt werden. Eine durch Tarifverträge begründete Arbeitsplatzsicherung, wie sie für fast alle Bereiche des öffentlichen Dienstes besteht, existiert auch in zahlreichen Branchen der Privatwirtschaft. Derartige Tarifbestimmungen dienen dem Schutz der Arbeitnehmer und nicht der Etablierung eines dem Beamtenstatus entsprechenden Lebenszeitprinzips (vgl. zur Untauglichkeit des Lebenszeitprinzips als Differenzierungsgrund bei der Behandlung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst auch ua. - zu C II 3 b der Gründe, BVerfGE 98, 365).
26(b) Die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst im Verhältnis zu den Beschäftigten in der Privatwirtschaft lässt sich auch nicht mit dem legitimen Interesse an einer Entlastung der öffentlichen Haushalte begründen (vgl. ua. - zu C II 3 g der Gründe, BVerfGE 98, 365). Ebenso wenig stellt die jährliche Begrenzung des Haushalts durch den Haushaltsgesetzgeber einen Sachgrund für die Ungleichbehandlung dar. Anderenfalls könnte die öffentliche Hand keine Dauerschuldverhältnisse eingehen. Weder genügen allgemeine Einsparungen noch der Umstand einer allgemein zu erwartenden Mittelkürzung (vgl. - zu I 3 b aa der Gründe, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 116 = EzA BGB § 620 Nr. 97; - 7 AZR 208/99 - zu B II 3 b aa der Gründe, EzA BGB § 620 Nr. 173). Es entspricht dem zentralen Grundsatz des Befristungsrechts, dass derartige allgemeine Unsicherheiten des Haushaltsrechts eine Befristung nicht rechtfertigen können (vgl. APS/Backhaus § 14 TzBfG Rn. 233 f.; ErfK/Müller-Glöge § 14 TzBfG Rn. 71; KR/Lipke § 14 TzBfG Rn. 306 mwN).
27(c) Auch die grundsätzliche Verpflichtung öffentlicher Arbeitgeber, keine Verpflichtungen einzugehen, die haushaltsrechtlich nicht gedeckt sind, stellt allein keine ausreichende Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung dar. Diese Verpflichtung ist Folge des internen Verhältnisses von Exekutive und Haushaltsgesetzgeber, wirkt aber auf das einzelne Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar ein. Sie besagt nicht, dass, wo immer das Haushaltsrecht nur befristete Arbeitsverträge zulässt, diese sachlich gerechtfertigt wären. Auch vom Haushaltsrecht nicht gedeckte Arbeitsverträge sind nicht etwa nach § 3 Abs. 2 HGrG unwirksam (zutr. APS/Backhaus § 14 TzBfG Rn. 235). Der an das Haushaltsrecht gebundene öffentliche Arbeitgeber kann sich wie private Arbeitgeber uneingeschränkt auf die anderen Befristungsgründe berufen. Die Möglichkeit eines Abschlusses von Sachgrundbefristungen wird durch das Haushaltsrecht nicht eingeschränkt.
28(d) Eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber durch eine haushaltsrechtliche Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist allenfalls durch das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) sowie durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) zu rechtfertigen (vgl. allerdings zur „Doppelrolle“ des demokratisch legitimierten Landesgesetzgebers bei einem Privatisierungsgesetz auch - Rn. 95, EzA GG Art. 12 Nr. 48). Die staatliche Haushaltswirtschaft (Art. 110 ff. GG) wird durch das Parlament legitimiert, das nach dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Gewaltenteilung die alleinige Definitionskompetenz für die wahrzunehmenden öffentlichen Aufgaben besitzt. Durch dieses Verfahren wird die Durchsichtigkeit des Staatshandelns gewährleistet. Würde an der Stelle des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens das Genehmigungsverfahren durch die Bundesregierung ausreichen, könnte eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ohne parlamentarische Legitimation und Kontrolle selbst darüber entscheiden, ob sie Arbeitsverhältnisse befristet, indem sie Haushaltsmittel dafür nur vorübergehend zur Verfügung stellt. Eine solche Doppelfunktion als Haushalts- und als Arbeitgeber derselben staatlichen Gewalt kann das Schutzminimum Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht wahren (vgl. Dörner Der befristete Arbeitsvertrag Rn. 218).
29f) Diese die Befristungsmöglichkeit einschränkende Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG steht im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (Rahmenvereinbarung), deren Umsetzung der befristungsrechtliche Teil des TzBfG dient. Die Frage, ob die in der haushaltsrechtlichen Befristungsmöglichkeit liegende sektorale Privilegierung des öffentlichen Dienstes insbesondere unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Gleichheitssatzes (Art. 20 GRC) überhaupt mit § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung vereinbar ist, stellt sich vorliegend nicht (vgl. dazu das - inzwischen erledigte - Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom - 7 AZR 485/09 (A) - NZA-RR 2011, 272).
30aa) Die Richtlinie geht davon aus, dass der unbefristete Arbeitsvertrag den Normalfall der Beschäftigung darstellt und nur in bestimmten Branchen oder für bestimmte Berufe und Tätigkeiten befristete Arbeitsverträge charakteristisch sind (vgl. Nr. 6 und Nr. 8 der allgemeinen Erwägungsgründe der Rahmenvereinbarung). Die Richtlinie und die inkorporierte Rahmenvereinbarung verlangen von den Mitgliedstaaten zur Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge die Ergreifung einer oder mehrerer der drei in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 14 Abs. 1 bis 4 TzBfG für eine Kombination der genannten Maßnahmen entschieden und in § 14 Abs. 1 TzBfG die Rechtfertigung einer Befristung durch das Vorliegen sachlicher Gründe (§ 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung) näher ausgestaltet. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verlangt der Begriff „sachliche Gründe“ iSv. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung, dass der in der nationalen Regelung vorgesehene Rückgriff auf diese besondere Art des Arbeitsverhältnisses durch konkrete Gesichtspunkte gerechtfertigt wird, die vor allem mit der betreffenden Tätigkeit und den Bedingungen ihrer Ausübung zusammenhängen. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs so auszulegen, dass er der Verwendung aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge entgegensteht, die allein damit gerechtfertigt wird, dass sie in einer allgemeinen Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats vorgesehen ist ( - [Adeneler] Rn. 75, Slg. 2006, I-6057). Der Begriff des sachlichen Grundes in § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung ist dahin zu verstehen, dass er genau bezeichnete, konkrete Umstände meint, die eine bestimmte Tätigkeit kennzeichnen und daher in diesem speziellen Zusammenhang die Verwendung befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen können. Derartige Umstände können sich zB aus der besonderen Art der Aufgabe, zu deren Erfüllung diese Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmalen oder ggf. einem legitimen sozialpolitischen Ziel eines Mitgliedstaats ergeben (vgl. etwa ua. - [Angelidaki] Rn. 96 mwN, Slg. 2009, I-3071). Erforderlich ist die Festlegung objektiver Faktoren, die mit den Besonderheiten der Tätigkeit und den Bedingungen ihrer Ausübung zusammenhängen. Die Bestimmung darf nicht dazu dienen, einen ständig und dauerhaft bestehenden Bedarf zu decken ( ua. - [Angelidaki] Rn. 107, aaO).
31bb) Einer haushaltsrechtlichen Regelung nationalen Rechts, die die befristete Beschäftigung ermöglicht, muss sich daher entnehmen lassen, dass die Haushaltsmittel für die Beschäftigung mit einer Aufgabe von vorübergehender Dauer bereitgestellt werden. Dabei muss die Zweckbestimmung eine Prüfung anhand objektiver Umstände ermöglichen, ob die Beschäftigung nicht in Wahrheit zur Deckung eines ständigen und dauerhaften Bedarfs erfolgt ( - Rn. 22, BAGE 120, 42; - 7 AZR 843/08 - Rn. 14, AP TzBfG § 14 Haushalt Nr. 16). Diese Prüfung wäre nicht möglich, wenn es der (Selbst-)Verwaltung überlassen bliebe, sich selbst Befristungsmöglichkeiten zu schaffen. Dem steht nicht entgegen, dass der Haushaltsplan einer bundesunmittelbaren Selbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechts der Genehmigung der Bundesregierung bedarf, wie dies in § 71a Abs. 2 SGB IV für den Haushaltsplan der Beklagten vorgesehen ist. Dies ermöglicht zwar eine Rechts- und Inhaltskontrolle des Haushaltsplans durch die Bundesregierung. Das Genehmigungserfordernis durch die Bundesregierung ersetzt aber nicht eine von der Verwaltung unabhängige Rechtssetzung durch einen Haushaltsgesetzgeber (vgl. Dörner Der befristete Arbeitsvertrag Rn. 218).
322. Hiernach kann sich die Beklagte nicht auf die Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG berufen. Zum einen ist der Haushaltsplan nicht Gegenstand eines demokratisch legitimierten Haushaltsgesetzes; zum anderen fungiert die Beklagte in einer Doppelrolle als Haushaltsplangeber und als Arbeitgeber. Im Übrigen enthält der maßgebliche Haushaltstitel für befristete Stellen im Haushaltsplan 2008, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, auch keine ausreichende Zweckbestimmung.
33a) Der für die Beklagte geltende Haushaltsplan ist von ihren eigenen Selbstverwaltungsorganen festgestellt worden. Die Beklagte ist eine rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 367 Abs. 1 SGB III). Für die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sowie für die sonstige Haushaltswirtschaft der Beklagten gelten die Vorschriften der BHO sinngemäß (§ 77a Satz 1 SGB IV). Ihr Haushaltsplan wird aber nicht durch ein Haushaltsgesetz verabschiedet, sondern vom Vorstand der Beklagten aufgestellt, von ihrem Verwaltungsrat festgestellt (§ 71a Abs. 1 SGB IV) und von der Bundesregierung genehmigt (§ 71a Abs. 2 SGB IV). Damit fehlt es an einer parlamentarischen Legitimation des Haushaltsplans. Außerdem ist es mit dem zu gewährleistenden arbeitsvertraglichen Bestandsschutz nicht vereinbar, wenn die Beklagte aufgrund ihrer Doppelrolle als Haushaltsplangeber und als Arbeitgeber sich den Sachgrund zur Befristung der Arbeitsverhältnisse selbst schafft.
34b) Der Haushaltsplan hält den Anforderungen der Rechtsprechung aber auch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht Stand. Die Beklagte hat im Haushaltsplan für das Jahr 2008 im Kapitel 5 unter dem Titel 425 07 Mittel für die Vergütung von 5.800 befristeten Arbeitskräften verschiedener Gruppen (Arbeitsvermittler/innen, Ausbildungsvermittler/innen, Berater/innen, Teamleiter/innen, Fachassistenten im Bereich Kundenportal sowie in den Leistungsteams) bereitgestellt, ohne die Anzahl der Stellen den vier bezeichneten, im Haushaltsplan näher erläuterten Projekten zuzuordnen. Eine Befristungskontrolle kann aber wirksam nur erfolgen, wenn der Zweck der Mittel einschließlich der dazu zur Verfügung gestellten Stellen im Haushaltsverfahren selbst festgelegt wird. Dürfte sich der Haushaltsgeber in der von der Beklagten vorgenommenen Weise darauf beschränken, unterschiedliche Zwecke für ein gemeinsames befristetes Stellenvolumen zu bestimmen, würde die eigentliche Zweckbestimmung vom Arbeitgeber außerhalb des Haushaltsverfahrens getroffen. Damit könnte bezogen auf den Einzelfall nicht aufgrund des Haushaltsplans geprüft werden, ob der befristete Arbeitsvertrag noch zur vom Haushalt legitimierten Erledigung eines vorübergehend anfallenden zusätzlichen Arbeitsvolumens abgeschlossen worden ist. Es wäre nicht festzustellen, ob der Arbeitgeber sich noch innerhalb der Zweckbestimmung hält.
35II. Die Befristung in dem Arbeitsvertrag vom ist nach den zutreffenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt.
361. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht.
37a) Mit diesem Sachgrund knüpft das Gesetz an die vor Inkrafttreten des TzBfG von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Befristungskontrolle nach § 620 BGB an, wonach ein nur vorübergehender Bedarf an Arbeitskräften die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigen konnte (BT-Drucks. 14/4374 S. 18 f.). Die Befristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb kein (dauerhafter) Bedarf mehr besteht (st. Rspr., vgl. etwa - Rn. 28 mwN, BAGE 121, 18; - 7 AZR 950/06 - Rn. 12, AP TzBfG § 14 Nr. 45). Der vorübergehende Bedarf iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist zu unterscheiden von der regelmäßig gegebenen Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs des Arbeitgebers. Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehenden Beschäftigungsmöglichkeiten rechtfertigt die Befristung nicht. Sie gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf die Arbeitnehmer abwälzen kann ( - zu I 3 a der Gründe mwN, BAGE 101, 262). Über den vorübergehenden Bedarf iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des Sachgrundes für die Befristung ( - Rn. 17, aaO; - 7 AZR 846/98 - zu 3 a der Gründe, AP BAT § 2 SR 2y Nr. 19 = EzA BGB § 620 Nr. 166).
38b) Nach der bereits vor Inkrafttreten des TzBfG ergangenen Senatsrechtsprechung können im Bereich des öffentlichen Dienstes haushaltsrechtliche Gründe die Befristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs rechtfertigen, wenn der öffentliche Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund konkreter Tatsachen die Prognose erstellen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen. An diesen Grundsätzen, von denen der Senat zuletzt in seiner Entscheidung vom (- 7 AZR 542/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 217) ausgegangen ist, hat der Senat auch nach Inkrafttreten des TzBfG zu dem Sachgrund aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG festgehalten ( - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 56 = EzA TzBfG § 14 Nr. 53).
2. Danach ist die Befristung nicht wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung des Klägers nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt. Allein die Ausbringung von Haushaltsmitteln für befristete Beschäftigungen im Aufgabenbereich des SGB III zum genügt nicht zu der Annahme, dass die konkrete Stelle des Klägers nach diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht mehr bestehen sollte. Dies wäre nur der Fall, wenn sich der Haushaltsgeber, dh. der Vorstand und der Verwaltungsrat der Beklagten, mit den Verhältnissen der einzelnen Stellen in den Agenturen bzw. Dienststellen an den verschiedenen Standorten befasst und entschieden hätte, welche dieser Stellen zum nicht weiter bestehen sollen. Dies ist jedoch gerade nicht geschehen. Jedenfalls dann, wenn wie hier die Haushaltsmittel für eine derart große Anzahl von befristeten Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt werden, ist ein Bezug zur konkret betroffenen Stelle nicht mehr nachvollziehbar. Allein die Ausbringung von Haushaltsmitteln für die befristete Beschäftigung ist mit einer unternehmerischen Entscheidung über den Fortfall des Arbeitsplatzes nicht gleichzustellen. Darin liegt nicht stets die endgültige Entscheidung des Haushaltgebers, auf die Stelle anschließend zu verzichten. Die Befristung im Haushaltsplan rechtfertigt nicht die Feststellung, dass die Stelle auch tatsächlich mit einiger Sicherheit entfallen wird. Der Umstand, dass der Arbeitsvertrag nach der Feststellung des Haushalts durch die Beklagte zunächst vorbehaltlich einer Genehmigung durch die Bundesregierung geschlossen wurde, die Bundesregierung diesen Haushalt aber nur mit Änderungen genehmigt hat, woraufhin die Beklagte einen entsprechenden korrigierten Haushalt aufgestellt und erst danach selbst die „Detailplanung“ außerhalb des Haushaltsverfahrens vorgenommen hat, zeigt, dass kein Bezug zur konkreten Stelle vorgelegen hat.
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Fundstelle(n):
XAAAI-19133