§ 10 ErbStG Beurteilung der Gesamtgläubigerschaft i.S. des § 428 BGB
Zu den Fragen,
unter welchen Voraussetzungen in Fällen, in denen ein Eigentümer schenkweise einen Vermögensgegenstand gegen das Einräumen von Renten- bzw. Nutzungsrechten für sich und einen Dritten als Gesamtgläubiger überträgt, auch eine sofort zu besteuernde Schenkung des Eigentümers an den Dritten vorliegt und
ob in Fällen, in denen der Schenker und dessen Ehegatte Gesamtgläubiger eines eingeräumten Nutzungsrechts sind, das erst mit dem Tod des Längerlebenden erlöschen soll, beim Tod des erstversterbenden Ehegatten die nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG gestundete Steuer teilweise fällig wird,
soll folgende Auffassung vertreten werden:
Im Fall einer Gesamtgläubigerschaft ist die Schenkung des anteiligen Renten- oder Nutzungsrechts an den Dritten ausgeführt (§ 9 ErbStG), wenn diesem im Innenverhältnis zwischen dem Schenker und dem Dritten ein eigener Anspruch zusteht und er gegenüber dem bisherigen Eigentümer nicht zum vollen Ausgleich verpflichtet ist. In diesem Zeitpunkt tritt die Bereicherung des Dritten auf Kosten des bisherigen Eigentümers ein. Soweit keine anderen Vereinbarungen ersichtlich sind oder nachgewiesen werden, kann von einer – sofortigen – Berechtigung der Gesamtgläubiger zu gleichen Teilen ausgegangen werden (vgl. § 430 BGB). Steht dem Dritte nach dem im Innenverhältnis Vereinbarten erst zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. mit dem Tod eines weiteren Gesamtgläubigers, ein Leistungsanspruch zu, ist sein Erwerb aufschiebend bedingt oder befristet und erst zu einem späteren Zeitpunkt zu berücksichtigen.
Erwirbt ein Beschenkter Vermögen und räumt er in diesem Zusammenhang ein lebenslängliches Nutzungsrecht zugunsten des Schenkers und eines Dritten, der nicht sein Ehegatte ist, als Gesamtgläubiger ein, ist die Nutzungslast in den als Nutzungsauflage abzugsfähigen Anteil des Dritten und den dem Abzugsverbot des § 25 ErbStG unterliegenden Anteil des Schenkers aufzuteilen. Die auf den Kapitalwert des anteiligen Anspruchs entfallende Steuer wird bis zum Erlöschen des Anspruchs des Schenkers zinslos gestundet. Erlischt der Anspruch des Schenkers, z.B. im Fall seines Todes, wird die gestundete Steuer fällig (§ 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Der Teil des Anspruchs des Schenkers geht ersatzlos unter. Auf den Dritten geht nichts über (vgl. BStBl 2001 II S. 245).
Dies gilt entsprechend auch in den Fällen, in denen Gesamtgläubiger eines Nutzungsrechts neben dem Schenker dessen Ehegatte ist, so dass die Belastung insgesamt dem Abzugsverbot des § 25 ErbStG unterliegt und die darauf entfallende Steuer bis zum Erlöschen des Anspruchs zinslos zu stunden ist. Beim Tod eines der Gesamtgläubiger oder Erlöschen seines Anspruchs aus anderen Gründen fällt die Stundung insoweit weg, als sie auf den dieser Person zuzurechnenden Teil des Kapitalwerts der gesamten Belastung entfällt. Hinsichtlich des der anderen Person zurechnenden Anteils der Belastung gilt die Stundung fort.
Beispiel:
Vater V schenkt einem Kind ein Mietwohngrundstück unter Vorbehalt des Nießbrauchs für sich selbst bzw. Einräumung eines Nießbrauchs zugunsten seiner Ehefrau E als Gesamtgläubiger bis zum Tod des Längstlebenden. Der gesamte Jahreswert der Nutzung beträgt 36.000 €. Auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung ergeben sich folgende Kapitalwerte der Belastung bzw. der Teilbeträge:
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Berechtigter | Lebensalter | Vervielfältiger lt. Anlage 9 | Jahreswert | Kapitalwert | Summe | Anteil |
V | 62 | 9,889 | 18.000 | 178.002 | 178.002 | 39,39 % |
E | 58 | 12,553 12,553 - 9,889 = 2,664 | 18.000 18.000 | 225.954 47.952 | 273.906 | 60,61 % |
Summe | 451.908 | 100,00 % |
Bei einem angenommenen Steuersatz von 19 % errechnet sich ein Stundungsbetrag von insgesamt 451.900 € (abgerundet) × 19 % = 85.861 €, der anteilig mit 39,39 % bzw. 60,61 % auf die einzelnen Ansprüche der Gesamtgläubiger entfällt.
Als V stirbt, wird der gestundete Betrag in Höhe von (85.861 € × 39,39 % =) 33.820 € fällig. Der Restbetrag in Höhe von (85.861 € - 33.820 € =) 52.041 € bleibt weiter gestundet.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.
OFD Frankfurt am Main v. - –
S 3810 A
– 19 – St III 3.06
Fundstelle(n):
XAAAA-82321