§ 9 GrEStG Berücksichtigung des Kapitalnutzungsvorteils des Veräußerers bei Vorleistungspflicht des Erwerbers als sonstige Leistung
Verzichtet der Käufer eines Grundstücks im Kaufvertrag auf das ihm durch die §§ 320, 322 BGB gewährte Recht, den Kaufpreis erst im Zuge der Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung (Übereignung und Übergabe des Grundstücks) erbringen zu müssen, indem er sich einer Vorleistungspflicht unterwirft, so gewährt er dem Verkäufer einen als sonstige Leistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG anzusehenden geldwerten Vorteil in Gestalt der vorzeitigen Kapitalnutzungsmöglichkeit. Der Jahreswert der Nutzung ist gemäß § 15 Abs. 1 BewG mit 5,5 v.H. des Kaufpreises anzusetzen ( BStBl 1995 II S. 69).
Bei Teilzahlungsbeträgen, die bei Werkverträgen als Abschlagszahlungen nach der Makler- und Bauträgerverordnung – MaBV – vereinbart werden, kommt dagegen der Ansatz einer sonstigen Leistung in Gestalt der Überlassung der Kapitalnutzungsmöglichkeit an den Unternehmer nicht in Betracht (amtlich nicht veröffentlichtes –, BFH/NV 2002 S. 1612).
Etwas anderes gilt nach dem (EFG 2000 S. 1027) für den Fall, dass der Erwerber unter Verzicht auf sein Recht nach der MaBV, den Kaufpreis nach Baufortschritt in Teilbeträgen zahlen zu können, diesen – unter Gewährung eines Preisnachlasses – in einem Betrag als Vorauszahlung leistet. In einem solchen Fall sei eine sonstige Leistung in Gestalt der Überlassung der Kapitalnutzungsmöglichkeit zu bejahen und mit dem Zinssatz von 5,5 v.H., in Anlehnung an § 3 Abs. 2 MaBV bezogen auf die einzelnen Baufortschritte/Fertigstellungszeitpunkte z.B. für Erdarbeiten, Rohbaufertigstellung etc., zu ermitteln.
Die Anwendung dieser Berechnungsmethode würde jedoch in der Praxis zu einem unverhältnismäßig hohen Ermittlungs- und Zeitaufwand führen. Es bestehen daher in Fällen mit derartigen Kaufpreisvereinbarungen keine Bedenken, den Kapitalnutzungsvorteil aus Vereinfachungsgründen in Höhe des im Kaufvertrag vereinbarten Preisnachlasses als sonstige Leistung anzusetzen. Führt die Berechnungsmethode jedoch zu einer offensichtlich zu niedrigen Steuer, z.B. bei sehr hoher Gegenleistung und einem Preisnachlass, der einer deutlich unter dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 v.H. liegenden Verzinsung entspricht, ist der Besteuerung die o.g. Berechnungsmethode des Finanzgerichts Berlin zugrunde zu legen.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.
Finanzministerium Baden-Württemberg v. - 3 –
S 4521 / 25
Fundstelle(n):
IAAAA-82258