Besorgnis der Befangenheit bei Vorschlag des Verzichts auf mündliche Verhandlung und unklarem Rubrum
Gesetze: § 80 Abs 1 S 1 DRiG, § 54 Abs 1 VwGO, § 42 Abs 2 ZPO
Instanzenzug: OLG Dresden Az: DGH 1/19nachgehend Az: RiZ (B) 1/21 Beschlussnachgehend Az: RiZ (R) 1/19 Urteilnachgehend Az: RiZ (R) 1/19 Beschlussnachgehend Az: RiZ (B) 1/21 Beschluss
Gründe
I.
1Der Antragsteller, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Leipzig, hat in einem bei dem Senat anhängigen Prüfungsverfahren mit Schriftsatz vom den Senatsvorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und mit Schriftsatz vom klargestellt, dass sich der Befangenheitsantrag auch gegen den Berichterstatter richtet. Sein Befangenheitsgesuch hat der Antragsteller mit weiteren Schriftsätzen vom sowie vom ergänzt. Der Senatsvorsitzende hat sich am zu dem gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert. Diese dienstliche Äußerung ist dem Antragsteller übersandt worden.
2Berichterstatter in den Verfahren RiZ(R) 1/19, RiZ(R) 2/19 und RiZ(B) 1/21 war Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung. Dieser ist zum aus dem Dienstgericht ausgeschieden. Mit Verfügung des stellvertretenden Senatsvorsitzenden vom ist dem Antragsteller die neue Senatsbesetzung ab dem und der Name des neuen Berichterstatters für das Ablehnungsverfahren mitgeteilt worden.
3Auf die bezeichneten Schriftsätze des Antragstellers, die dienstliche Äußerung des Senatsvorsitzenden sowie den weiteren Akteninhalt wird ergänzend Bezug genommen.
II.
41. Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Pamp ist unbegründet. Die von dem Antragsteller angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen nicht nach § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 54 Abs. 1 VwGO, § 42 Abs. 2 ZPO die Besorgnis der Befangenheit.
5a) Befangenheit ist zu besorgen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Einerseits ist es nicht notwendig, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Andererseits reicht die rein subjektive Vorstellung eines Beteiligten, der Richter werde seine Entscheidung an persönlichen Motiven orientieren, nicht aus, wenn bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund für die Befürchtung ersichtlich ist. Entscheidend ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass dazu hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. Senatsbeschlüsse vom - RiZ 2/16, juris Rn. 11; vom - RiZ 2/16, juris Rn. 24; vom - RiZ 2/16, juris Rn. 4). Fehlerhafte verfahrensleitende Maßnahmen rechtfertigen nicht ohne Weiteres die Annahme, der Richter stehe der Sache nicht mehr mit der erforderlichen Unvoreingenommenheit gegenüber, sofern nicht zugleich Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Verfahrensverstöße gerade auf Voreingenommenheit des Richters gegenüber der ablehnenden Partei oder Willkür beruhen ( AnwZ(Brfg) 3/21, juris Rn. 33 m.w.N.).
6b) Hieran gemessen geben die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters zu zweifeln.
7aa) Über die Frage, wer als Vertreter des Beschwerdegegners zu benennen ist - das Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung oder der Präsident/die Präsidentin des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts - wird das Dienstgericht noch in der Sache zu beraten und zu entscheiden haben. Dies gilt auch für die Frage, welche Akten beizuziehen sind. Aus dem Umstand, dass der abgelehnte Richter dem Vorbingen des Antragstellers zur Vertretung des Beschwerdegegners - ohne vorherige Beratung des Senats - nicht umgehend Folge geleistet und das Rubrum entsprechend den Vorstellungen des Antragstellers geändert hat, kann der Antragsteller nicht auf eine unsachliche Einstellung des Vorsitzenden des Dienstgerichts schließen. Die bisherige Aufnahme des Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigter orientiert sich lediglich am Rubrum des Urteils des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Dresden. Der Umstand, dass der bisherige Präsident des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, der die Kanzlei Weidemann mit der Prozessvertretung beauftragt hatte, am in den Ruhestand getreten ist, ist für die Vertretung des Beschwerdegegners in den Verfahren vor dem Dienstgericht des Bundes ebenfalls unerheblich.
8bb) Auch der Umstand, dass unter dem Aktenzeichen der Nichtzulassungsbeschwerde - RiZ(B) 1/21 - mit Verfügung vom angefragt worden ist, ob auf mündliche Verhandlung verzichtet wird, begründet bei objektiver Würdigung der Tatsachen keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters. Zwar bezog sich die Anfrage auf ein Beschwerdeverfahren, bei dem - anders als in den Verfahren RiZ(R) 1/19 und RiZ(R) 2/19 - zunächst über die Frage der Zulassung der Revision zu entscheiden ist (vgl. § 81 Abs. 2 DRiG). Auch eine schon vorab gestellte Frage hinsichtlich eines Verzichts auf eine mündliche Verhandlung begründet aber - unabhängig davon, ob sie sich nur auf das Verfahren RiZ(B) 1/21 oder lediglich auf die Verfahren RiZ(R) 1/19 und RiZ(R) 2/19 bezog - keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters in der Behandlung der Sache selbst. Im Übrigen hat auch der Antragsteller selbst mit Schreiben vom auf die Anfrage des Gerichts inhaltlich Stellung genommen und lediglich erklärt, derzeit nicht auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten.
9Bei vernünftiger Würdigung aller Umstände spricht ferner die erneute Anfrage hinsichtlich eines Verzichts auf eine mündliche Verhandlung in den Verfahren mit den Aktenzeichen RiZ(R) 1/19 und RiZ(R) 2/19 nicht für eine Voreingenommenheit des abgelehnten Richters. In seinem Anschreiben vom an den Antragsteller hat der neue Vorsitzende des Dienstgerichts des Bundes deutlich gemacht, dass es ihm insoweit lediglich um eine Klarstellung durch den Antragsteller geht, weil dieser auf die entsprechende Anfrage der früheren Vorsitzenden des Dienstgerichts des Bundes vom nicht reagiert hatte.
10Die Terminierung der Verfahren des Dienstgerichts des Bundes mit den Aktenzeichen RiZ(R) 1/19 und RiZ(R) 2/19 durch den abgelehnten Richter begründet ebenfalls nicht die Besorgnis seiner Befangenheit. Aus dem Schreiben des Vorsitzenden an den Antragsteller vom ergibt sich unmittelbar, dass der Senat über die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers mit dem Aktenzeichen RiZ(B) 1/21 noch nicht entschieden hat und die Tagesordnung für den bei einem Erfolg der Beschwerde des Antragstellers ergänzt werden kann.
11cc) Aus der Behandlung der Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers mit dem Aktenzeichen RiZ(B) 1/21 durch das Dienstgericht des Bundes kann bei objektiver Würdigung ebenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters abgeleitet werden. Wie in der Entscheidung der Präsidentin des Bundesgerichtshofs über die Dienstaufsichtsbeschwerde des Antragstellers vom ausgeführt wird, lag die Rechtsmittelschrift des Antragstellers dem vom Antragsteller abgelehnten Vorsitzenden des Dienstgerichts des Bundes bis zum Eingang der Dienstaufsichtsbeschwerde nicht zur Bearbeitung vor.
122. Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung ist erledigt, nachdem dieser mit Ablauf des aus dem Dienstgericht des Bundes ausgeschieden ist.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:150222BRIZ.B.1.21.0
Fundstelle(n):
IAAAI-06236