Auslegung TV-L (Vergütung von Wegezeiten)
Gesetze: § 611a Abs 2 BGB, § 611 Abs 1 BGB
Instanzenzug: Az: 58 Ca 12524/17 Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg Az: 11 Sa 567/19 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten in der Revision über die Verpflichtung des beklagten Landes, Wegezeiten zu vergüten.
2Die Klägerin ist beim beklagten Land als Wachpolizistin im Zentralen Objektschutz tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TV-L Anwendung. Die Klägerin ist seit dem als Springerin an wechselnden Schutzobjekten eingesetzt.
3Die Wachpolizisten müssen den Dienst in angelegter Uniform nebst persönlicher Schutzausrüstung (iF PSA) und streifenfertiger Dienstwaffe antreten. Auf der dunklen Oberbekleidung der Uniform ist in weißer Schrift der Schriftzug „POLIZEI“ aufgebracht. Es ist den Wachpolizisten freigestellt, ob sie den Weg zum und vom Dienst in Uniform zurücklegen. Die Dienstwaffe ist nach einer Geschäftsanweisung des beklagten Landes über den Umgang mit Faustfeuerwaffen im streifenfertigen Zustand zu führen. Wachpolizisten ist es gestattet, die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen, sofern dort eine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit besteht. Auf dem Weg zum und vom Dienst ist es den Wachpolizisten freigestellt, die Dienstwaffe mit oder ohne Dienstkleidung zu tragen. Der Klägerin stehen an den jeweiligen Einsatzorten keine Umkleidemöglichkeiten und kein Spind zur Verfügung. Dienstliche Waffenschließfächer werden der Klägerin an wechselnden Orten zur Verfügung gestellt. Die Klägerin verwahrt die Dienstwaffe zu Hause und legt diese, ebenso wie die Uniform nebst PSA dort an und ab.
4Mit ihrer Klage hat die Klägerin - soweit diese in die Revision gelangt ist - die Feststellung der Vergütungspflicht für die von ihr aufgewandten Wegezeiten von ihrer Wohnung zu den jeweils zugewiesenen Schutzobjekten seit dem verlangt. Sie hat gemeint, die Wegezeiten, die von ihr in auffälliger Dienstkleidung unter Mitführen der Dienstwaffe zurückgelegt werden, seien zu vergütende Arbeitszeit.
5Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt sinngemäß beantragt
6Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
7Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zu einer Zeitgutschrift auf dem für die Klägerin geführten Arbeitszeitkonto verurteilt, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Soweit für die Revision von Bedeutung, hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil in Bezug auf die Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zurückgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision die Feststellung der Vergütungspflicht der Wegezeiten zwischen Wohnsitz und Einsatzort weiter.
Gründe
8Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort abgelehnt.
9I. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird ( - Rn. 12). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens.
10II. Der Antrag auf Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten ist unbegründet. Die Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort sind keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten iSv. § 611 Abs. 1 BGB bzw. seit dem iSv. § 611a Abs. 2 BGB. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird ( - Rn. 42 ff.). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens. Auch während ihres Einsatzes als Springerin zur Bewachung verschiedener Schutzobjekte kann die Klägerin in Bezug auf den Arbeitsweg nicht mit einem Außendienstmitarbeiter verglichen werden. Das wirtschaftliche Ziel der von ihr in dieser Zeit ausgeübten Gesamttätigkeit ist nicht darauf gerichtet gewesen, verschiedene Einsatzobjekte aufzusuchen. Die Anfahrt dient allein dem Erreichen des Schutzobjekts und zählt nicht zur geschuldeten Tätigkeit eines Wachpolizisten. Diese beinhaltet allein die Bewachung von Schutzobjekten (vgl. - Rn. 21). Dies gilt auch, soweit die Klägerin für die Zeit vom bis zum die Feststellung einer Vergütungspflicht der zusätzlich zum Aufsuchen der Dienststelle in der R Straße, B aufgewandten Zeit begehrt, von der aus sie sodann gemeinsam mit ihren Arbeitskollegen mit einem Dienst-Shuttlefahrzeug zum Schutzobjekt gefahren ist. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der Umweg zur Dienststelle in der R Straße auf einer Weisung des beklagten Landes beruht oder der Dienstantritt bereits dort erfolgt. Daher ist auch dieser Weg nicht allein fremdnützig, mithin nicht vergütungspflichtig.
11III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:131021.U.5AZR180.20.0
Fundstelle(n):
QAAAI-05043