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LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss v. - L 16 KR 516/21 B

Gesetze: § 2 Abs 1a SGB V; § 27 Abs 1 S 1 SGB V; Art 2 Abs 2 S 1 GG

Leitsatz

Leitsatz:

Zum Anspruch auf Versorgung mit dem Medikament Lynparza (Olaparib) bei metastasiertem Leiomyosarkom aus § 2 Abs 1a SGB V im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht mehr zur Verfügung steht.

Keine Verweisung auf eine rein palliativ-symptomatische Behandlung der Versicherten nur noch zur Schmerzlinderung, wenn Aussicht auf eine (palliativ) positive Auswirkung auf das Tumorgeschehen im Sinne einer Verlangsamung des Wachstums oder einer Größenverringerung des Tumors besteht.

Bei der Kollision der Behandlungsziele nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V der Linderung von Beschwerden und der Lebensverlängerung obliegt die Wahl dem Versicherten und den Ärzten, andernfalls liefe § 2 Abs 1a SGB V ins Leere, da eine rein palliative Behandlung der Symptome ohne weitere Bestrebung, auf die Krankheit Einfluss zu nehmen, stets möglich ist. § 2 Abs 1a SGB V dient dazu, der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates nachzukommen, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs 2 Satz 1 GG zu stellen.

Die Grundsätze des § 2 Abs 1a SGB V greifen im Einzelfall (hier: wenige Metastasen in einem begrenzten Bereich) auch, wenn bereits zu Behandlungsbeginn eine palliative Situation vorliegt (Abgrenzung zu Bayrisches – juris Rn 84: „absolut palliative Situation“)

Die Anforderungen an ernsthafte Hinweise auf eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf sind im Lichte des Nikolausbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts umso geringer, je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation des Betroffenen im konkreten Fall ist.

Für hinreichende Anhaltspunkte auf eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf der Versicherten sprechen, dass die Behandlung mit Olaparib nicht lediglich vom behandelnden Arzt, sondern vom molekularen Tumorboard und ihm folgend der Tumorkonferenz der behandelnden Universitätsklinik vorgeschlagen und empfohlen wurde.

Die Einordnung als rein experimentelle Behandlung scheidet aus, weil schon eine Zulassung und Erfahrung mit einer Reihe anderer Krebsarten besteht.

Fundstelle(n):
TAAAI-04741

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