BSG Beschluss v. - B 12 KR 38/21 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Amtsermittlungsrüge

Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 128 Abs 2 SGG, § 103 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Instanzenzug: Az: S 11 KR 438/17 Urteilvorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Az: L 5 KR 188/20 Urteil

Gründe

1I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Jahre 2017 und 2018 sowie die Zeit vom 1.1. bis zum .

2Der Kläger unterlag mit Unterbrechungen seit der Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer. Zum meldete er der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft die Abgabe von landwirtschaftlichen Nutzflächen an seine 1935 geborene Mutter. Die gegen seine Wiederaufnahme (wegen Zweifeln an der tatsächlichen Abgabe) in das Unternehmerverzeichnis gerichtete Klage blieb zuletzt vor dem ) erfolglos. Die beklagte Landwirtschaftliche Kranken- und Pflegekasse setzte Beiträge für die Zeit ab fest (Bescheide vom , , ; Widerspruchsbescheide vom , , ).

3Die dagegen gerichteten Klagen hat das SG Koblenz zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter Auswertung der Feststellungen des ) abgewiesen (Urteil vom ). Die Berufung ist erfolglos geblieben (). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, das wiederholte Vorbringen des Klägers, er habe in maßgeblichem Umfang Flächen an seine Mutter abgegeben, sei nicht glaubhaft. Er sei bei der Beklagten versichert und habe Beiträge zu entrichten.

4Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

5II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

61. Der Senat berücksichtigt lediglich die Ausführungen des klägerischen Prozessbevollmächtigten in dessen Schriftsatz vom . Die danach an das Gericht per Fax übersandten handschriftlichen Äußerungen des Klägers persönlich genügen nicht den Zulässigkeitsanforderungen, weil insoweit der auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BSG geltende Vertretungszwang (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG) bei der notwendigen Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) nicht beachtet worden ist. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat für diese Ausführungen die Verantwortung nicht übernommen (vgl - juris RdNr 5; - juris RdNr 7).

72. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung hat der Kläger nicht dargetan. Er lässt ausführen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe, ohne eine abstrakt generelle Rechtsfrage aufzuwerfen und deren über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Bedeutung, Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit aufzuzeigen (vgl - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; - juris RdNr 6 mwN). Sein Vortrag erschöpft sich insofern im Wesentlichen darin, auf die Bewirtschaftung durch die Mutter hinzuweisen und die Entscheidung des LSG kurz wiederzugeben.

83. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB - BSGE 2, 81, 82; - BSGE 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) nur gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Dass der Kläger prozessordnungsgemäße Beweisanträge nicht nur gestellt, sondern auch bis zuletzt aufrechterhalten hätte, ist nicht dargetan. Im Gegenteil führt der Kläger aus, er habe die notwendigen Beweismittel nicht explizit benennen müssen, ohne diese Rechtsauffassung jedoch anhand der einschlägigen Normen (§ 160 Abs 2 Nr 3, § 103, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 373 ZPO) zu begründen.

9Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 128 Abs 2, § 62 SGG) liegt insbesondere dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl - SozR 4-3100 § 60 Nr 7 RdNr 26; - BVerfGE 84, 188, 190). Zu diesen Voraussetzungen hat der Kläger ebenfalls nicht hinreichend vorgetragen. Sein Vortrag beschränkt sich auf die Rüge, das Gericht hätte von Amts wegen seinen Vortrag mit geeigneten Mitteln prüfen müssen und es habe ohne Weiteres die Mutter befragen können. Damit macht er in der Sache wiederum die fehlende Amtsermittlung durch das LSG geltend. Die Beschränkung der Amtsermittlungsrüge kann jedoch nicht über den Umweg über die Vorschriften zum rechtlichen Gehör umgangen werden (vgl - juris RdNr 11 mwN).

104. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

115. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2021:151221BB12KR3821B0

Fundstelle(n):
ZAAAI-04444