Beihilfe zum Betrug: Beihilfe nach Beendigung der Haupttat
Gesetze: § 27 StGB, § 263 StGB
Instanzenzug: Az: 4 StR 103/21 Beschlussvorgehend LG Bochum Az: 12 KLs 13/19nachgehend Az: 4 StR 103/21 Beschluss
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in sieben Fällen, wovon es in einem Fall beim Versuch blieb, und wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderung und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen - soweit für die Entscheidung von Bedeutung - verständigten sich der Mitangeklagte K. und der gesondert Verfolgte A. mit dem Angeklagten darauf, dass hochwertige Kraftfahrzeuge illegal, unter anderem durch von K. und weiteren Beteiligten zu begehende Betrugstaten zum Nachteil von Mietwagenunternehmen, beschafft und danach durch A. zur Verschleierung ihrer Herkunft manipuliert werden sollten, um sie anschließend gewinnbringend ins Ausland veräußern zu können. Der Angeklagte sollte hierbei als Mittelsmann und Dolmetscher zwischen K. und A. fungieren. Er erklärte sich wegen seiner schlechten wirtschaftlichen Situation bereit, gegen einen von K. für jede Tatbeteiligung zugesagten Lohn an dem Vorhaben mitzuwirken.
3Der Mitangeklagte K. veranlasste sodann in den Fällen B.II.3.-7., 9. und 11. der Urteilsgründe (Teil 2) Dritte dazu, Fahrzeuge bei Mietwagenunternehmen unter Angabe falscher Personalien und Vorspiegelung der tatsächlich nicht bestehenden Bereitschaft zur späteren Rückgabe anzumieten. Die Fahrzeuge wurden jeweils irrtumsbedingt an die als Mieter auftretenden Beteiligten übergeben und danach zu A. gebracht, der sie u.a. mit falschen Kennzeichen und Fahrzeugpapieren versehen, die Fahrzeugidentifikationsnummer verändern und vorhandene GPS-Geräte entfernen sollte. Der Angeklagte wirkte hieran in sieben Fällen mit, indem er mindestens die Daten, die A. zur Herstellung falscher Fahrzeugdokumente verwenden sollte, absprachegemäß von K. an A. übermittelte. In einem der Fälle (Fall B.II.3.) konnte das Fahrzeug vor Fertigstellung der Arbeiten des A. durch die Polizei sichergestellt werden. In allen anderen Fällen wurden die Fahrzeuge wie geplant ins Ausland abgesetzt.
4Das Landgericht hat die Beteiligung des Angeklagten an den vorgenannten Taten rechtlich als Beihilfe zum Betrug in sieben Fällen, wovon es in einem Fall beim Versuch blieb, gewürdigt.
52. Der Schuldspruch hält der auf die Sachrüge des Angeklagten gebotenen Nachprüfung in den Fällen B.II.3.-7., 9. und 11. der Urteilsgründe nicht stand. Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangener Beihilfe zum (versuchten) Betrug nicht, weil der Angeklagte die vom Landgericht als Beihilfehandlungen gewerteten Datenübermittlungen an A. erst nach Beendigung der Betrugstaten erbrachte.
6a) Beihilfe im Sinne von § 27 StGB kann nur geleistet werden, solange das Haupttatgeschehen noch nicht vollständig abgeschlossen ist; nach Beendigung der Haupttat kommt eine strafbare Beihilfe nicht mehr in Betracht (vgl. ; Urteil vom - 5 StR 242/07, NJW 2008, 1460, 1461, jew. mwN). Ein Betrug ist beendet, wenn der Vermögensvorteil beim Täter endgültig eingetreten ist (, NStZ 2014, 516, 517; vgl. auch , NStZ-RR 2018, 211, 212). Maßgeblich ist hierbei die Erlangung des (letzten) vom Tatplan umfassten Vermögensvorteils (, NStZ 2018, 45, 46; Beschluss vom - 4 StR 76/15, NStZ-RR 2016, 42 mwN).
7Die Betrugstaten waren hier jeweils auf die Erlangung des Besitzes, nämlich die den Berechtigten ausschließende faktische Herrschaftsgewalt an den Mietwagen, gerichtet. Diesen Vermögensvorteil hatten die Täter der Betrugstaten bereits in dem Zeitpunkt erlangt, in dem die Fahrzeuge durch das Mietwagenunternehmen an den jeweiligen Anmieter herausgegeben worden und dieser damit davongefahren war. Die danach beabsichtigten oder tatsächlich erfolgten Maßnahmen des A. zur Verschleierung der Identität der Fahrzeuge, welche der Angeklagte durch seine Beiträge unterstützte, dienten nur noch dazu, die Rückerlangung des Besitzes durch die Berechtigten zu erschweren.
8b) Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen rechtfertigen jedoch in allen vom Landgericht als Beihilfe zum Betrug gewerteten Fällen eine Verurteilung des Angeklagten wegen täterschaftlich begangener gewerbsmäßiger Hehlerei (§ 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB) bzw. im Fall B.II.3. der Urteilsgründe wegen Versuchs. Der Angeklagte leistete K. jeweils Absatzhilfe im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB.
9Absatzhilfe ist die Unterstützung des Vortäters beim Absatz der bemakelten Sache (vgl. , BGHSt 33, 44, 47; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 259 Rn. 17 mwN), wobei der Absatzhelfer „im Lager“ des Vortäters stehen muss (vgl. , NStZ 2008, 215, 216).
10Dies ist hier der Fall: Der Angeklagte unterstützte durch seine vom Landgericht rechtsfehlerhaft als Beihilfe zu den Betrugstaten gewerteten Tatbeiträge, namentlich die Datenübermittlung an A. , jeweils den - im Fall B.II.3. nur versuchten - Absatz der betrügerisch erlangten Fahrzeuge durch K. und stand hierbei „im Lager“ nicht der jeweiligen Erwerber, sondern des K. als (Mit-)Täter der Vortat. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte zudem die Absicht, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang in Gestalt der zugesagten Entlohnungen zu verschaffen. Damit sind die Voraussetzungen der gewerbsmäßigen Absatzhilfe im Sinne von § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB jeweils erfüllt, wobei es im Fall B.II.3. mangels Absatzerfolges beim Versuch blieb (vgl. , BGHSt 33, 44, 47; Beschluss vom - 3 StR 402/07, NStZ 2008, 215, 216).
11c) Dieser rechtlichen Würdigung steht nicht entgegen, dass der Angeklagte - nach den Feststellungen naheliegend - bereits dadurch eine auf alle Betrugstaten des K. bezogene Beihilfe geleistet hatte, dass er seine spätere Mitwirkung an den Manipulationen der Fahrzeuge bereits vorab zusagte (vgl. , NStZ 2002, 200). Denn auch der Teilnehmer an der Vortat kann Täter einer Hehlerei sein (vgl. , BGHSt 8, 390, 391 f.; Urteil vom - 1 StR 305/96, NStZ 1996, 493). Dies kommt lediglich dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene unmittelbar am wirtschaftlichen Erfolg der Vortat teilhaben will, etwa im Sinne eines „Anrechts“ auf die Beute (vgl. , NJW 1987, 77; 5 St RR 103/06, NStZ-RR 2006, 371).
12So lag es hier aber nicht, denn nach den Urteilsfeststellungen erstrebte der Angeklagte für seine Tatbeteiligung einen von K. zugesagten Gehilfenlohn. Dass das Landgericht die Beteiligungszusage nicht als - ggf. zu den Hehlereitaten im Verhältnis der Tatmehrheit stehende (vgl. , BGHSt 22, 206, 207 ff.; Beschluss vom - 3 StR 379/01, NStZ 2002, 200 Rn. 11; anders für eine hier nicht gegebene Fallkonstellation , BGHSt 33, 44, 47) - Beihilfe zum Betrug in sieben tateinheitlichen Fällen in den Blick genommen hat, beschwert den Angeklagten nicht.
133. Die Schuldspruchänderung auf die Revision des Angeklagten verletzt nicht das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO (st. Rspr.; vgl. nur mwN). Auch § 265 StPO steht nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass der - im Wesentlichen geständige - Angeklagte sich anders als geschehen hätte verteidigen können.
144. Die Schuldspruchänderung führt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht geringere Einzelstrafen in den von der Korrektur betroffenen Fällen und eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, hätte es statt des nach § 27, § 49 StGB gemilderten Strafrahmens des § 263 Abs. 3 StGB (im Fall B.II.3. weiter gemildert nach § 23 Abs. 2, § 49 StGB) den - höheren - Strafrahmen des § 260 Abs. 1 StGB (im Fall B.II.3. gemildert nach § 23 Abs. 2, § 49 StGB) angewendet.
155. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:251121B4STR103.21.1
Fundstelle(n):
wistra 2022 S. 200 Nr. 5
NAAAI-03411