BGH Urteil v. - V ZR 8/20

Eigentumserwerb an Modulen einer Freiland-Photovoltaikanlage: Sonderrechtsfähigkeit der Photovoltaik-Module; Gebäudeeigenschaft der Photovoltaikanlage

Gesetze: § 93 BGB, § 94 BGB, § 95 Abs 1 BGB

Instanzenzug: OLG Bamberg Az: 6 U 11/19vorgehend LG Aschaffenburg Az: 13 O 209/18

Tatbestand

1Der Kläger ist Insolvenzverwalter. Die Insolvenzschuldnerin kaufte im Jahr 2010 eine Freiland-Photovoltaikanlage mit insgesamt 5.000 Photovoltaikmodulen, neun Wechselrichtern und einer Gesamtleistung von 1.050 kWp, die im Jahr zuvor auf dem Grundstück eines Dritten errichtet worden war. An dem Grundstück erhielt sie ein Nutzungsrecht. Im Dezember 2010 verkaufte sie dem Beklagten 60 Module dieser Photovoltaikanlage nebst einem Miteigentumsanteil an deren Unterkonstruktion. Der Vertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

2Zugleich unterzeichneten die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte ein „Angebot/Bestellung zur Lieferung einer Photovoltaikanlage“, in dem die Module und die Unterkonstruktion näher beschrieben waren. Die mietvertragliche Vereinbarung änderten die Beteiligten noch im Dezember 2010 dahingehend, dass der Beklagte die gekauften Module einschließlich Unterkonstruktion statt an die Insolvenzschuldnerin an deren Tochtergesellschaft vermietete. Der Beklagte zahlte den Kaufpreis von 56.227,50 €. Anfang des Jahres 2012 wurde zugunsten der Insolvenzschuldnerin ein - im Rang einem entsprechenden Recht eines Dritten nachfolgendes - Photovoltaikanlagenrecht in das Grundbuch eingetragen. Am wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

3Mit der Klage hat er zunächst die Feststellung begehrt, dass der Beklagte kein Eigentum an den Modulen und der Unterkonstruktion erworben habe. Nachdem der Beklagte Widerklage u.a. auf Herausgabe der verkauften Module an ihn sowie der Unterkonstruktion an alle Käufer erhoben hat, haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage für in der Hauptsache erledigt erklärt. Das Landgericht hat der Widerklage im Wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers unter Konkretisierung des Tenors zur Herausgabe der Module sowie nach insoweit geändertem Widerklageantrag mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger dem Beklagten an der Unterkonstruktion Mitbesitz zu verschaffen habe. Mit der durch den Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Gründe

I.

4Das Berufungsgericht meint, der Beklagte habe das Eigentum an 60 Modulen und das Miteigentum an der Unterkonstruktion erworben. Diese seien nicht nach § 94 Abs. 1 BGB wesentliche Bestandteile des Grundstücks geworden, weil die Photovoltaikanlage - und damit auch die Module - nur für einen vorübergehenden Zweck errichtet worden seien und nach Ablauf der Nutzungsdauer wieder abgebaut werden sollten. Die Module und die Unterkonstruktion seien auch nicht wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage nach § 93 BGB. Der Kläger behaupte nicht, dass die serienmäßig produzierten und nicht besonders an die Anlage angepassten Module nach den maßgeblichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der Verbindung im Jahr 2009 durch ihre Abtrennung wirtschaftlich wertlos geworden wären und ebenso wenig, dass sie hierdurch beschädigt oder zerstört worden wären. Dass die Module inzwischen nicht mehr auf dem Markt erhältlich seien, sei unerheblich, weil es auf eine Änderung der Verhältnisse nach der Verbindung nicht ankomme.

5Die Module und die Unterkonstruktion seien auch wirksam an den Beklagten übereignet worden. Die dingliche Einigung habe dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot entsprochen, da sich aus der Anlage 1 zum Kaufvertrag (Lageplan) ergebe, welche Module an den Beklagten hätten übereignet werden sollen. Zwar sei die von dem Beklagten zunächst zu den Akten gereichte Schwarz-Weiß-Kopie des Lageplans schwer lesbar. Es bestehe jedoch kein Zweifel, dass die von ihm nachgereichte lesbare Farbkopie mit der zunächst vorgelegten Kopie identisch sei. Auch hindere die in § 1 Nr. 3 des Kaufvertrags vereinbarte aufschiebende Bedingung die Wirksamkeit der Übereignung nicht. Zwar sei im Grundbuch vorrangig ein anderes Photovoltaikanlagenrecht eingetragen. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut diene die von der Schuldnerin als Verwenderin gestellte Vertragsklausel aber ausschließlich dem Schutz des Käufers, so dass sich der Kläger auf den fehlenden Bedingungseintritt zum Nachteil des Beklagten nicht berufen könne. Ein Besitzkonstitut im Sinne von § 930 BGB liege in Form eines Mietvertrags mit der Schuldnerin bzw. deren Tochtergesellschaft vor, mittels dessen der Beklagte den mittelbaren Besitz erlangt habe. Die Schuldnerin bzw. deren Tochtergesellschaft übten den unmittelbaren Besitz ersichtlich für den Beklagten aus.

II.

6Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Widerklage nicht stattgegeben werden.

71. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Widerklage nur Erfolg haben kann, wenn der Beklagte Eigentümer der Module und Miteigentümer der Unterkonstruktion (nachfolgend der Einfachheit halber auch nur Module) ist, da die Herausgabeansprüche nur auf § 985 BGB i.V.m. § 47 Satz 2 InsO gestützt werden können. Richtig ist auch, dass der Beklagte das Eigentum nur durch eine wirksame Übereignung durch die Insolvenzschuldnerin erlangt haben kann, was voraussetzt, dass die Module im Zeitpunkt der Übereignung Gegenstand besonderer Rechte sein konnten (§ 93 BGB). Denn anderenfalls wäre das dingliche Rechtsgeschäft, durch das dem Beklagten das Eigentum verschafft werden sollte, nichtig (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 269/86, BGHZ 104, 298, 303). Die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche setzen daher voraus, dass die Module weder wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB) noch der Photovoltaikanlage (§ 93 oder § 94 Abs. 2 BGB) waren, als sie dem Beklagten von der Insolvenzschuldnerin übereignet wurden.

82. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Module und die Unterkonstruktion nicht nach § 94 Abs. 1 BGB als wesentliche Bestandteile des Grundstücks anzusehen sind, weil die Photovoltaikanlage nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden wurde und daher insgesamt einen Scheinbestandteil des Grundstücks im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt.

9a) Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse eines Grundstücks, solange sie mit dem Boden fest zusammenhängen. Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören aber nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Verbindet ein Mieter, Pächter oder sonst schuldrechtlich Berechtigter eine Sache mit dem ihm nicht gehörenden Grundstück, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er dabei nur in seinem eigenen Interesse handelt und nicht zugleich in der Absicht, die Sache nach Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Grundstückseigentümer zufallen zu lassen, also dafür, dass die Verbindung nur vorübergehend - für die Dauer des Vertragsverhältnisses - im Sinne des § 95 Abs. 1 BGB hergestellt ist (Senat, Urteil vom - V ZR 52/16, ZfIR 2017, 541 Rn. 8 mwN; Beschluss vom - V ZB 75/19, WM 2020, 938 Rn. 7). Eine Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Sache für ihre gesamte (wirtschaftliche) Lebensdauer auf dem Grundstück verbleiben soll (Senat, Urteil vom - V ZR 52/16, ZfIR 2017, 541 Rn. 14 f.).

10b) Nach diesem Maßstab nimmt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei an, dass die Photovoltaikanlage ein Scheinbestandteil des Grundstücks ist, weil sie auf der Grundlage eines mit dem Grundstückseigentümer geschlossenen schuldrechtlichen Nutzungsvertrages errichtet wurde und dieser die Entfernung der Anlage von dem Grundstück nach Ablauf der vereinbarten Nutzungsdauer vorsieht. Sind demnach die Voraussetzungen des § 95 BGB zu bejahen, durfte das Berufungsgericht offenlassen, ob die Tatbestandsmerkmale des § 94 BGB erfüllt sind, namentlich ob die Photovoltaikanlage im Sinne des § 94 Abs. 1 BGB fest mit Grund und Boden verbunden ist (vgl. zu den Voraussetzungen Senat, Beschluss vom - V ZB 75/19, WM 2020, 938 Rn. 10 f.), weil es hierauf nicht mehr ankommt (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 110/15, GE 2017, 825 Rn. 15).

113. Die Übereignung der Module an den Beklagten wäre aber auch dann unwirksam, wenn diese zum Zeitpunkt der Übereignung als wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage i.S.v. § 93 BGB anzusehen waren. Dies lässt sich mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht ausschließen.

12a) Noch zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Module Bestandteile der Photovoltaikanlage sind.

13aa) Bestandteile einer Sache sind diejenigen körperlichen Gegenstände, die entweder von Natur aus eine Einheit bilden oder die durch die Verbindung miteinander ihre Selbständigkeit dergestalt verloren haben, dass sie fortan, solange die Verbindung dauert, als eine einzige Sache erscheinen. Maßgebend dafür ist die Verkehrsanschauung und - wenn diese fehlt oder nicht festgestellt werden kann - die natürliche Betrachtungsweise eines verständigen Beobachters, wobei Zweck und Wesen der Sache und ihrer Bestandteile vom technisch-wirtschaftlichen Standpunkt aus zu beurteilen sind (Senat, Urteil vom - V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 Rn. 11 mwN).

14bb) Zu Recht geht das Berufungsgericht nach diesem Maßstab davon aus, dass die Module jedenfalls einfache Bestandteile der Photovoltaikanlage sind, weil sie dazu ausgelegt sind, gemeinsam mit den anderen Teilen der Anlage verbunden zu werden, und nur so ihren Zweck der Stromerzeugung erfüllen könnten (vgl. auch Senat, Urteil vom - V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 Rn. 12).

15b) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Module seien nicht als wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage anzusehen, weil sie serienmäßig produziert und nicht besonders an die Photovoltaikanlage angepasst worden seien und daher zum Zeitpunkt der Verbindung im Jahre 2009 durch ihre Abtrennung wirtschaftlich nicht wertlos geworden wären.

16aa) Wesentliche Bestandteile einer Sache sind nach § 93 BGB solche, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend sieht, bestimmt sich die Wesentlichkeit der einzelnen Bestandteile einer Sache nach den Wirkungen ihres (gedachten) Ausbaus. Eine Zerstörung oder Wesensveränderung des abzutrennenden Teils ist daher anzunehmen, wenn dieses durch die Trennung wertlos wird oder nur noch Schrottwert hat, nicht aber wenn es nach dem Ausbau in gleicher oder in ähnlicher Weise in eine andere Anlage integriert werden und damit wieder seine Funktion erfüllen kann. Ebenso wird die Restsache durch die Trennung nicht zerstört oder in ihrem Wesen verändert, wenn sie nach der Abtrennung des Bestandteils noch in der bisherigen Weise benutzt werden kann, sei es auch erst, nachdem sie zu diesem Zweck wieder mit anderen Sachen verbunden wird (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom - V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 Rn. 14 ff.; , BGHZ 20, 159, 161 f.). Somit wären die einzelnen Module in der Tat nicht als wesentliche Bestandteile der Gesamtanlage anzusehen, wenn sie durch ein gleiches oder ähnliches Bauteil ersetzt und wenn sie zudem ihrerseits wieder in eine andere Anlage eingebaut werden und dort Strom erzeugen könnten.

17bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es aber insoweit nicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage an, sondern auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Übereignung. Ob ein Bestandteil im Sinne des § 93 BGB wesentlich ist, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Verbindung, wenn es darauf ankommt, ob an dem Bestandteil bestehende Rechte Dritter infolge der Verbindung untergegangen sind. Ist dagegen zu beurteilen, ob Rechte Dritter an einem Bestandteil begründet werden können, der bereits in eine zusammengesetzte Sache eingefügt ist, kommt es auf die Verhältnisse bei Entstehung des Rechts an (hierzu ausführlich Senat, Urteil vom - V ZR 69/20, Rn. 28 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

18cc) Folglich kommt es für die hier zu entscheidende Frage, ob der Beklagte das Eigentum an den Modulen erwerben konnte oder ob diese als wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage nach § 93 BGB nicht Gegenstand gesonderter Rechte sein konnten, darauf an, welche Folgen der Ausbau der Module bei der Übereignung an den Beklagten gehabt hätte. Diese ist frühestens im Dezember 2010 erfolgt. Zu den Verhältnissen zu diesem Zeitpunkt hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

194. Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 93 BGB kann insbesondere nicht deshalb dahinstehen, weil die Module nur als sogenannte Scheinbestandteile der Photovoltaikanlage zu qualifizieren wären. Bei der Photovoltaikanlage - die kein Gebäude i.S.v. § 94 BGB (vgl. dazu noch unter Rn. 23) und kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (siehe oben Rn. 8 ff.) ist - handelt es sich um eine bewegliche Sache im Rechtssinne. § 95 Abs. 1 BGB ist auf Bestandteile einer beweglichen Sache i.S.v. § 93 BGB nicht entsprechend anwendbar (hierzu ausführlich Senat, Urteil vom - V ZR 69/20, Rn. 39 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

III.

20Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil weitere Feststellungen zu treffen sind. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

211. Das Berufungsgericht wird festzustellen haben, ob es sich bei den Modulen und den Teilen der Unterkonstruktion zu dem Zeitpunkt der Übereignung an die Beklagte nach den oben dargestellten Maßstäben um wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage nach § 93 BGB handelte. Dies beurteilt sich maßgeblich danach, ob die Module noch durch zumindest vergleichbare, auf dem Markt verfügbare Modelle hätten ersetzt und ob sie ihrerseits in anderen Anlagen hätten verwendet werden können. Dem Kläger wird Gelegenheit zu geben sein, hierzu ergänzend vorzutragen. Sollten keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorgetragen werden, wird das Berufungsgericht davon ausgehen dürfen, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse in der eher kurzen Zeitspanne zwischen der Errichtung der Anlage und der Übereignung nicht geändert haben.

22Unerheblich ist indes entgegen der Auffassung des Klägers, ob das gesamte Solarkraftwerk durch den Ausbau eines oder mehrerer Module die bisherige Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verloren und nur noch die geringere Einspeisevergütung aus dem Jahr der Übereignung an den Beklagten erhalten hätte, weil für sie nach § 32 Abs. 5 EEG aF in diesem Fall ein neues Fertigstellungsdatum gegolten hätte. Denn eine solche Verringerung der Einspeisevergütung für die Photovoltaikanlage führte weder zu ihrer wirtschaftlichen Zerstörung noch zu einer Wesensveränderung i.S.v. § 93 BGB (hierzu Senat, Urteil vom - V ZR 69/20, Rn. 44, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

232. Entgegen der von der Revision und in einem Parallelverfahren von dem Oberlandesgericht Karlsruhe (, bislang nicht veröffentlicht) vertretenen Ansicht scheitert eine wirksame Übereignung hingegen nicht daran, dass die Photovoltaikanlage als Gebäude i.S.v. § 94 BGB anzusehen ist und die Module wesentliche Bestandteile nach § 94 Abs. 2 BGB geworden sind. Gebäude i.S.v. § 94 BGB sind zwar auch andere größere Bauwerke, deren Beseitigung eine dem (Teil-)Abriss eines Gebäudes im engeren Sinne vergleichbare Zerschlagung wirtschaftlicher Werte bedeutete. Ein Bauwerk setzt in diesem Zusammenhang aber regelmäßig etwas mit klassischen Baustoffen „Gebautes“ von solcher Größe und Komplexitätvoraus, dass die Beseitigung die Zerstörung oder wesentliche Beschädigung und den Verlust der Funktionalität der Sache zur Folge hätte. Eine Freiland-Photovoltaikanlage, die aus einer gerüstähnlichen Aufständerung aus Stangen oder Schienen sowie darin eingesetzten Photovoltaikmodulen besteht, stellt daher kein Gebäude i.S.v. § 94 BGB dar (vgl. dazu im Einzelnen Senat, Urteil vom - V ZR 69/20, Rn. 12 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

243. Selbst wenn die Module und die Unterkonstruktion danach im Zeitpunkt der Übereignung an den Beklagten sonderrechtsfähig gewesen sein sollten, trägt die Begründung des Berufungsgerichts aber nicht die Annahme, das Eigentum daran sei wirksam auf den Beklagten übergegangen.

25a) Im Ergebnis zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings an, der Eigentumserwerb des Beklagten scheitere nicht an dem fehlenden Eintritt einer aufschiebenden Bedingung.

26aa) Dies folgt allerdings - wie die Revision mit Recht rügt - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht daraus, dass der Kläger sich schon deshalb nicht auf die (fehlende bzw.) nachrangige und damit unzureichende Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit berufen kann, weil die aufschiebende Bedingung nach ihrem Wortlaut ausschließlich dem Schutz des Beklagten dient. Richtig ist zwar, dass die Berufung auf eine ausschließlich dem Schutz des anderen Vertragspartners dienende Vertragsklausel sich als treuwidrig (§ 242 BGB) erweisen kann. Die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bedarf jedoch konkreter Feststellungen. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach sich eine Vertragspartei auf eine vertragliche Regelung nicht berufen kann, die den Schutz der anderen Vertragspartei bezweckt, gibt es nicht. Im Gegenteil ist eine nur einseitige Verbindlichkeit von vertraglichen Abreden, die nur oder vorrangig im Interesse eines Beteiligten liegen, dem Vertragsrecht fremd. Soll es einem Vertragspartner nicht gestattet sein, sich auf eine zugunsten des anderen Vertragspartners getroffene Regelung zu berufen, muss sich dies entweder ausdrücklich aus der Vereinbarung selbst ergeben oder bedarf als Ergebnis einer Inhalts- oder Ausübungskontrolle besonderer Gründe.

27bb) Die Ansicht, der fehlende Einritt der in § 1 Nr. 3 des Vertrags vereinbarten Bedingung stehe der wirksamen Übereignung nicht entgegen, erweist sich aber jedenfalls aus anderem Grund als richtig. Denn bei der Auslegung dieser Abrede ergibt sich nicht mit der notwendigen Klarheit, dass auch der Eigentumsübergang durch die Eintragung der Dienstbarkeit aufschiebend bedingt sein sollte.

28(1) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Klausel um eine von der Insolvenzschuldnerin verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB.

29(2) Das Berufungsgericht hat sich nicht (ausdrücklich) mit der Frage auseinandergesetzt, ob sich die aufschiebende Bedingung nur auf das Kausalgeschäft oder auch auf das Verfügungsgeschäft bezieht. Da insoweit weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, kann der Senat die Frage selbst entscheiden. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist revisionsrechtlich in vollem Umfang überprüfbar. Im Unterschied zu individuellen Vertragsbestimmungen sind sie objektiv ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und des Willens der konkreten Parteien auszulegen. Besondere Bedeutung kommt daher dem Wortlaut einer Klausel und seinem Verständnis durch die typischerweise beteiligten redlichen Verkehrskreise unter Berücksichtigung derer Interessen zu. Verbleiben nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel und sind zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar, geht die Unklarheit nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders (vgl. zum Ganzen , NJW 2021, 771 Rn. 44 mwN).

30(3) Nach diesen Maßstäben ist zu Lasten der Insolvenzschuldnerin davon auszugehen, dass die Übereignung nicht unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Dienstbarkeit stehen sollte (vgl. im Ergebnis ebenso in einem Parallelverfahren , bisher nicht veröffentlicht, unter II.1.3.; hierzu Senat, Urteil vom - V ZR 225/19, Rn. 50, zur Veröffentlichung bestimmt). Der Wortlaut, nach dem „der Vertrag“ unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit steht, ist nicht eindeutig. Er könnte zwar dahin zu verstehen sein, dass die Wirksamkeit aller in der Urkunde enthaltenen Regelungen, also sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft, aufschiebend bedingt sein sollten. Auch das Gegenteil ist aber möglich. Als einheitliches Rechtsgeschäft sind ein Kaufvertrag und die zu seiner Vollziehung erfolgende dingliche Einigung jedenfalls in aller Regel nicht zu qualifizieren (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 22/89, BGHZ 112, 376, 378). Es gibt außerdem keine allgemeine Übung, aufschiebende Bedingungen im Zusammenhang mit Veräußerungen jeweils sowohl in Bezug auf die Wirksamkeit des Kaufvertrags als auch in Bezug auf die Verfügung zu vereinbaren (vgl. allgemein Erman/Armbrüster, BGB, 16. Aufl., § 158 Rn. 2; Staudinger/Bork, BGB [2020], § 158 Rn. 12). Der ausdrücklich bezweckte Schutz des Käufers erfordert es mit Blick auf die weiteren Vereinbarungen nicht, auch die Wirkung der Verfügung bis zu dem Eintritt dieser Bedingung aufzuschieben. An sich läge es zwar nahe, die dingliche Einigung - die hier in § 8 erklärt ist - nicht vorzunehmen, bevor die schuldrechtliche Vereinbarung wirksam geworden ist. In § 8 ist aber auch ein Eigentumsvorbehalt (vgl. § 449 BGB) bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung enthalten. Hat der Käufer den Kaufpreis vollständig bezahlt, liegt es jedoch nicht mehr in seinem Interesse, die Übereignung noch weiter aufzuschieben, unabhängig davon, ob die langfristige Durchführung des Projekts auf fremden Grundstück aufgrund einer vorrangig eingetragenen Dienstbarkeit bestmöglich abgesichert ist.

31cc) Ob, wie die Revisionserwiderung meint, und ggf. zu welchem Zeitpunkt ein wirksamer Verzicht auf die Bedingung (vgl. zu den Voraussetzungen etwa , BGHZ 138, 195, 202 f.; Urteil vom - VIII ZR 262/87, NJW-RR 1989, 291, 292 f. mwN) angenommen werden könnte, kann daher dahinstehen.

32b) Die bisherigen Feststellungen tragen aber nicht die Annahme des Berufungsgerichts, die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang sei hinreichend bestimmt gewesen.

33aa) Eine wirksame dingliche Einigung setzt voraus, dass die Beteiligten eine gemeinsame, auf individuell bestimmte Gegenstände gerichtete Vorstellung und den Willen haben, dass das Eigentum an diesen Gegenständen übergehen soll (, BGHZ 21, 52, 55; Urteil vom - VIII ZR 205/57, BGHZ 28, 16, 19 f.). Für diese Beurteilung ist allein der Zeitpunkt der dinglichen Einigung maßgebend (, BGHZ 28, 16, 20).

34bb) Aus dem Vertrag (Anlage K2) ergibt sich, dass dem Beklagten insgesamt 60 Module übereignet werden sollten, die in dem in Bezug genommenen Angebot (Anlage K3) mit den Anlagen-Nummern 141, 142 und 143 näher bezeichnet sind. Da nicht festgestellt ist, dass die betroffenen Module selbst mit diesen Nummern gekennzeichnet waren, kann von einer hinreichenden Bestimmtheit der Übereignung nur ausgegangen werden, wenn dem Beklagten zum Zeitpunkt der dinglichen Einigung ein Plan vorlag, der eine eindeutige Identifizierung der an ihn zu übereignenden 60 von den insgesamt 5.000 Modulen ermöglichte. Hierzu fehlt es an Feststellungen. Zu welchem Zeitpunkt dem Beklagten ein Lageplan vorgelegen hat, in dem die zu übereignenden Module eindeutig gekennzeichnet sind, lässt sich dem Urteil des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Seine Bemerkung, es habe keinerlei Zweifel, dass die von dem Beklagten im Laufe des Verfahrens nachgereichte leserliche Farbkopie mit der von ihm zunächst überreichten Schwarz-Weiß-Kopie des Lageplans identisch sei, reicht hierfür nicht aus.

35(1) In der von dem Beklagten im Prozess zunächst überreichten Schwarz-Weiß-Kopie sind die einzelnen Module der Photovoltaikanlage nicht gekennzeichnet, und zwar weder zeichnerisch oder farblich - etwa durch Grautöne o.ä. -, noch durch eine Beschriftung. Zwar sind die einzelnen Reihen der Anlage beschriftet, diese Beschriftung ist aber nicht leserlich. In der von dem Beklagten mit einem späteren Schriftsatz vorgelegten Farbkopie sind die einzelnen Reihen der Module farblich in Gruppen unterteilt. Diese Gruppen sind jeweils - wenn auch schwer leserlich - beschriftet mit den Bezeichnungen „String 141“, „String 142“ usw. Zusätzlich finden sich entsprechende handschriftliche Kennzeichnungen am Rand, die in der Schwarz-Weiß-Kopie nicht enthalten sind. Somit lässt sich der Farbkopie, nicht aber der Schwarz-Weiß-Kopie des Lageplans hinreichend bestimmt entnehmen, welche Module, zusammengefasst in sog. „Strings“, an den Beklagten übereignet werden sollten.

36(2) Mit Recht rügt die Revision, dass vor diesem Hintergrund die Begründung des Berufungsgerichts, es bestünden keine Zweifel, dass die von dem Beklagten vorgelegte Farbkopie mit der von ihm zunächst vorgelegten Schwarz-Weiß-Kopie identisch sei, die Feststellung einer hinreichend bestimmten Einigung nicht trägt. Denn dieser Satz ist, da die Schwarz-Weiß-Kopie mit der Farbkopie ersichtlich nicht im eigentlichen Wortsinne identisch ist, mehrdeutig.

37(a) Entweder meint das Berufungsgericht, dass die Schwarz-Weiß-Kopie und die Farbkopie von demselben Lageplan gefertigt wurden und in diesem Sinne „identisch“ sind. Dann wären die zu übereignenden Module aber nur hinreichend bestimmt, wenn es (nur) ein Original des Lageplans gab und dieses im Zeitpunkt der Übereignung sowohl der Insolvenzschuldnerin als auch dem Beklagten vorgelegen hat oder zumindest bekannt war. In diesem Falle wäre die Schwarz-Weiß-Kopie in der Anlage zu dem Kaufvertrag lediglich als konkrete Form der Bezugnahme auf das Original des Lageplans anzusehen, letzteres aber für die Übereignung maßgeblich. Dass es sich so verhalten hat, ist indes nicht festgestellt.

38(b) Oder das Berufungsgericht meint, dass die von dem Beklagten im Prozess eingereichte Farbkopie beiden Vertragsparteien bei Abschluss des Kaufvertrages vorgelegen hat bzw. - falls sie nachträglich erstellt worden sein sollte - zumindest zeichnerisch, farblich und der Beschriftung nach mit der Kopie des Lageplans übereinstimmt, die dem Kaufvertrag beigefügt war. Dann hätte es aber zumindest der Angabe bedurft, worauf diese Annahme fußt.

39c) Nicht hinreichend sind schließlich die Feststellungen des Berufungsgerichts zu der Übergabe der Module und der Unterkonstruktion an den Beklagten bzw. einer nach §§ 929 ff. BGB zulässigen Surrogation. Zutreffend geht es zwar davon aus, dass die Erlangung des mittelbaren Besitzes genügen kann. Nicht offenlassen durfte das Berufungsgericht aber, ob die Schuldnerin selbst oder deren Tochtergesellschaft den unmittelbaren Besitz ausübte und dem Beklagten den Besitz vermittelte.

40aa) Ein Besitzkonstitut nach § 930 BGB setzte voraus, dass zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten ein Besitzmittlungsverhältnis begründet worden wäre. Davon ist aber nach der Änderungsvereinbarung (Anlage B1) und dem „überholenden“ Mietvertrag zwischen dem Beklagten und der Tochtergesellschaft (Anlage B2) nicht auszugehen. Ein Besitzmittlungsverhältnis sollte nach dem Willen der Beteiligten vielmehr nur zwischen der Tochtergesellschaft und dem Beklagten entstehen.

41bb) Eine Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB setzte jedenfalls voraus, dass die Insolvenzschuldnerin als Veräußerin den unmittelbaren Besitz aufgegeben hat (vgl. , NJW 1979, 714, 715; Urteil vom - II ZR 286/07, NJW-RR 2010, 983 Rn. 23 zum mittelbaren Besitz). Dies ist ebenfalls nicht festgestellt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:221021UVZR8.20.0

Fundstelle(n):
CAAAI-03069