BMF - IV B 4 - S 2293 - 54/02 BStBl 2002 I S. 1386

Steuerabzug von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG; Entlastung von Abzugsteuern aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nach einem vereinfachten Verfahren („Kontrollmeldeverfahren„)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die Voraussetzungen für die Teilnahme am Kontrollmeldeverfahren (§ 50d Abs. 5 EStG) nachfolgend neu geregelt.

I. Kontrollmeldeverfahren

1 Gemäß § 50d Abs. 5 EStG kann das Bundesamt für Finanzen auf Antrag den Schuldner von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG ermächtigen, in Fällen von geringer steuerrechtlicher Bedeutung ein vereinfachtes Verfahren (Kontrollmeldeverfahren) anzuwenden. Das Verfahren setzt voraus, dass die Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG nach einem DBA im Inland nicht oder nur zu einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden können (vgl. Tz. 4). Die Ermächtigung kann mit Auflagen verbunden werden.

Im Kontrollmeldeverfahren unterlassen die Schuldner von sich aus bei Gläubigern, die in einem ausländischen Staat ansässig sind, mit dem ein entsprechendes DBA besteht, den Steuerabzug oder nehmen diesen nur nach dem gemäß dem DBA höchstens zulässigen Satz vor. Nach Ablauf des Kalenderjahres haben die Schuldner für jeden Gläubiger dem Bundesamt für Finanzen und dem für sie zuständigen Finanzamt jeweils eine „Jahreskontrollmeldung“ zu übersenden.

II. Ermächtigung zur Anwendung des Kontrollmeldeverfahrens

2 Ein Schuldner von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG kann das Kontrollmeldeverfahren nur anwenden, wenn er hierzu auf seinen Antrag vom Bundesamt für Finanzen ermächtigt worden ist. Der Antrag ist nach vorgeschriebenem Muster zu stellen. In dem Antrag hat sich der Schuldner zu verpflichten,

  1. die Jahreskontrollmeldung (Tz. 10) bis zum Ablauf des Monats April jeden Jahres für das vorhergehende Kalenderjahr zu übersenden;

  2. den Ermächtigungsbescheid (Tz. 3) und je einen Abdruck der Jahreskontrollmeldung (Tz. 10) als Belege zu seinen Unterlagen zu nehmen;

  3. dem Gläubiger die in Tz. 8 bezeichnete Mitteilung zu machen.

Der Schuldner hat außerdem anzuerkennen, dass die Ermächtigung zum Kontrollmeldeverfahren die Haftung nach § 50a Abs. 5 EStG unberührt lässt.

3 Die Ermächtigung, das Kontrollmeldeverfahren anzuwenden, wird von dem Bundesamt für Finanzen durch Bescheid erteilt, und zwar im Allgemeinen unbefristet, jedoch unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs; eine Abschrift des Ermächtigungsbescheides erhält das für den Schuldner der Vergütungen nach § 73e Satz 1 EStDV örtlich zuständige Finanzamt. In dem Ermächtigungsbescheid weist das Bundesamt für Finanzen auf die nach Tz. 2 zu übernehmenden Verpflichtungen hin. Die Ermächtigung zur Anwendung des Kontrollmeldeverfahrens kann mit Wirkung vom 1. Januar des Jahres erteilt werden, in dem die Teilnahme am Kontrollmeldeverfahren beantragt wurde.

III. Anwendungsbereich des Kontrollmeldeverfahrens

4 Das Kontrollmeldeverfahren kann nur auf Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG angewendet werden. Das Bundesamt für Finanzen kann es auf Zahlungen aus einer bestimmten (z. B. im Inland lediglich verwerteten) Tätigkeit und auf bestimmte Personen oder Personengruppen beschränken sowie Abweichungen zulassen. Die Teilnahme am Kontrollmeldeverfahren ist ausgeschlossen für Zahlungen, die für die Ausübung einer Tätigkeit als Künstler oder Berufssportler im Inland geleistet werden, weil für diese Zahlungen nach den DBA regelmäßig der Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht hat.

5 Das Kontrollmeldeverfahren kann nur bei Gläubigern zugelassen werden, bei denen die jeweilige Zahlung (Einzelzahlung) den Bruttobetrag von 5 500 Euro und die während eines Kalenderjahres geleisteten gesamten Zahlungen den Bruttobetrag von 40 000 Euro nicht übersteigen.

6 Hat der Schuldner Personen in das Kontrollmeldeverfahren einbezogen, bei denen diese Höchstbeträge überschritten werden, so ist für diese Personen zu dem Zeitpunkt eine Freistellungsbescheinigung zu beantragen, in dem eine Einzelzahlung von mehr als 5 500 Euro geleistet wird oder die gesamten Zahlungen den Betrag von 40 000 Euro überschreiten. Die Jahreskontrollmeldung (Tz. 10) hat jedoch alle an diese Personen geleisteten Zahlungen zu umfassen. Wird die Höchstgrenze im Laufe eines Jahres überschritten und weigert sich der Gläubiger, eine Freistellungsbescheinigung zu beantragen, so hat der Schuldner gemäß § 50a Abs. 5 EStG von der die Jahreshöchstgrenze überschreitenden Vergütung die gesetzliche Steuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.

7 In die vorgenannten Höchstbeträge sind Vorschüsse, Teil-, Abschlags- und Abschlusszahlungen sowie Kostenerstattungen (Fahrtkosten, Mehraufwand für Verpflegung, Übernachtung u. Ä.) einzubeziehen und sämtliche während eines Kalenderjahres geleisteten Zahlungen zusammenzurechnen, die sich auf dieselbe Tätigkeit oder Leistung des Gläubigers beziehen.

8 Ein Schuldner, der die Zahlungen an einen bestimmten Gläubiger in das Kontrollmeldeverfahren einbezieht und daher keine oder nur eine reduzierte Abzugsteuer einbehält, hat dies so früh wie möglich, spätestens bei der ersten in dieser Weise geleisteten Zahlung, dem Gläubiger mitzuteilen und ihn darauf hinzuweisen, dass die deutschen Finanzbehörden die Finanzbehörden seines Wohnsitzstaates über diese und alle künftigen Zahlungen informieren können.

9 Bei den einzelnen Gläubigern kann das Verfahren innerhalb desselben Kalendervierteljahres, für das die einzubehaltende Abzugsteuer abzuführen ist (§ 73e EStDV), auch rückwirkend angewendet werden. Die nach dem einschlägigen DBA zuviel einbehaltene, aber noch nicht an das zuständige Finanzamt abgeführte Abzugsteuer ist dann gesondert oder zusammen mit weiteren Zahlungen an den betreffenden Gläubiger auszuzahlen. Der Schuldner hat das in seinen Unterlagen zu vermerken. Soweit die Abzugsteuer bereits an das zuständige Finanzamt abgeführt worden ist, kann das Kontrollmeldeverfahren nicht rückwirkend angewendet werden.

IV. Jahreskontrollmeldungen

10 Von den Schuldnern ist für jeden Gläubiger bis zum 30. April jeden Kalenderjahres für das vorhergehende Kalenderjahr jeweils eine Jahreskontrollmeldung beim Bundesamt für Finanzen und beim zuständigen Finanzamt einzureichen und als „Meldung über die im Jahr … gezahlten Lizenzgebühren und/oder Vergütungen für eine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte persönliche Tätigkeit“ zu bezeichnen. Sie muss mindestens folgende Angaben enthalten:

  • Name, Vorname sowie Wohnort oder Geschäftsleitung des Schuldners;

  • Name, Vorname sowie Staat und Ort des Wohnsitzes oder der Geschäftsleitung des Gläubigers (einschließlich Postleitzahl, Straße, Hausnummer). Die Angabe eines Postfaches oder einer c/o-Anschrift ist nicht ausreichend;

  • Bei Zahlungen an Empfänger mit Wohnsitz oder Sitz in den Vereinigten Staaten ist deren „Social Security Number“, „Employer‘s Identification Number“ oder „Taxpayer Identification Number“ anzugeben;

  • Bruttobetrag und Art der Vergütungen, ausgedrückt durch genaue Angabe der Vorschrift des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 oder 3 EStG;

  • von den Vergütungen einbehaltener Steuerbetrag.

Das Bundesamt für Finanzen kann die Übersendung der Jahreskontrollmeldung auf Magnetband oder einem anderen Datenträger nach einem von ihm vorgegebenen Datensatz zulassen. Dem zuständigen Finanzamt ist die Jahreskontrollmeldung hingegen nur in Papierform zuzuleiten.

Die Einreichung der Jahreskontrollmeldung lässt die Meldeverpflichtung nach § 73e EStDV unberührt.

11 Unbeschadet der Zuständigkeit des Bundesamtes für Finanzen für das Entlastungsverfahren nach § 50d EStG, obliegt es dem für den Schuldner der Vergütungen zuständigen Finanzamt, die ordnungsmäßige Abwicklung des Verfahrens im Rahmen des § 73d Abs. 2 EStDV zu prüfen. Zu diesem Zweck erhält es von dem Vergütungsschuldner eine Ausfertigung der Jahreskontrollmeldung.

12 Das Bundesamt für Finanzen wird nach Weisung des BMF aufgrund der bestehenden Regelungen über den Austausch von Auskünften zur Durchführung der DBA Daten aus den Jahreskontrollmeldungen den zuständigen Finanzbehörden der in Betracht kommenden Staaten übermitteln. Mit dem Antrag auf Teilnahme am Kontrollmeldeverfahren gilt die Zustimmung des Gläubigers und des Schuldners zur Weiterleitung der Angaben des Schuldners an den Wohnsitz- oder Sitzstaat des Gläubigers als erteilt (§ 50d Abs. 5 Satz 5 EStG).

V. Haftung

13 Die Ermächtigung zur Anwendung des Kontrollmeldeverfahrens lässt die Haftung im Sinne des § 50a Abs. 5 EStG unberührt. Hat der Schuldner der Vergütungen das Kontrollmeldeverfahren nicht ordnungsgemäß angewendet, so wird eine nicht oder zu wenig einbehaltene oder abgeführte Steuer durch Haftungsbescheid nach § 73g EStDV nacherhoben. Von der Geltendmachung der Haftung wird abgesehen, wenn die nicht ordnungsgemäße Anwendung des Kontrollmeldeverfahrens darauf beruht, dass der Schuldner der Vergütungen von dem Gläubiger hinsichtlich seiner Person oder seines Wohnsitzes getäuscht worden ist, sofern sich dem Schuldner der Vergütungen nicht nach den Umständen des Falles Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Gläubigers hätten aufdrängen müssen.

14 Der Haftungsbescheid wird von dem für den Schuldner der Vergütungen nach § 73e EStDV örtlich zuständigen Finanzamt erlassen; dieses wird aufgrund eigener Feststellungen (vgl. Tz. 11) oder auf Ersuchen des Bundesamtes für Finanzen tätig.

VI. Erstmalige Anwendung

15 Dieses Schreiben ersetzt das (BStBl 1994 I S. 4) und gilt für Zahlungen, die von dem Schuldner ab dem geleistet werden.

BMF v. - IV B 4 - S 2293 - 54/02


Fundstelle(n):
BStBl 2002 I Seite 1386
XAAAA-81135