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WP Praxis Nr. 12 vom Seite 418

Working Capital Management

Prof. Dr. Henner Klönne

Das Working Capital Management wird im Prüfungsgebiet „Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre“ gem. § 4 Abs. 3 WiPrPrüfV nicht explizit genannt, lässt sich indes verschiedenen Bereichen zuordnen, bspw. der Finanz- bzw. Liquiditätsplanung, der Kostenrechnung bzw. dem Kostenmanagement sowie der (wertorientierten) Unternehmensführung.

I. Einordnung

Das Working Capital umfasst grundsätzlich die Vermögensteile, die innerhalb eines Produktionszyklus oder zumindest innerhalb eines Jahres wieder in liquide Mittel umgewandelt werden können. Eine eindeutige Definition, welche Komponenten dem Working Capital zuzurechnen sind, existiert nicht. Indes werden bei der Ermittlung des Working Capital i. d. R. die Bilanzpositionen einbezogen, die unzweifelhaft der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zuzurechnen sind. Dies sind vor allem das Vorratsvermögen sowie die Forderungen aus Lieferung und Leistung auf der Aktivseite und die Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung auf der Passivseite. Die Differenz zwischen den Working Capital Positionen der Aktivseite sowie der Passivseite wird als Net Working Capital (Nettoumlaufvermögen) bezeichnet.

Unter Working Capital Management wird im Allgemeinen die Optimierung des im Nettoumlaufvermögen gebundenen Kapitals verstanden. Auf diese Weise soll zum einen die (frei verfügbare) Liquidität des Unternehmens gesteigert werden. Zum anderen sollen die Kapitalkosten reduziert werden. Die gängige Kennzahl des Working Capital Management ist der Cash Conversion Cycle (auch Geldumschlag genannt).

II. Aufgabenstellung

Der Werttreiberbaum (Übersicht 1) zeigt die Ermittlung des Return on Capital Employed (ROCE) eines Handelsunternehmens. Beantworten Sie auf dieser Grundlage die folgenden Fragen zur Analyse des Working Capital!

  1. Definieren Sie den Begriff des Cash Conversion Cycle und erläutern Sie, wie sich dessen einmalige Verkürzung unter sonst gleichen Bedingungen auf den Cashflow und auf den Kassenbestand der aktuellen Periode und zukünftiger Perioden auswirkt! (6 Punkte)

  2. Ermitteln Sie die Kennzahlen Days Sales Outstanding (DSO), Days Inventory Held (DIH) und Days Payables Outstanding (DPO) sowie die Länge des Cash Conversion Cycle in Tagen! (12 Punkte)

  3. Um eine Verbesserung des ROCE zu erreichen, erwägt das Unternehmen eine Verringerung des Vorratsbestands. Wie weit müsste der Vorratsbestand ceteris paribus gesenkt werden (wenn überhaupt möglich), damit das Unternehmen einen Residualgewinn von gerade null erreichen kann? Gehen Sie bei Ihrer Antwort von einem Gesamtkapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital, WACC) in Höhe von 10 % aus. (5 Punkte)

  4. Nehmen Sie kritisch zu der These Stellung, dass eine Verringerung des Net Working Capital immer zu einer Erhöhung der Rentabilität führe! Unter welchen Voraussetzungen gilt diese These? Und unter welchen Umständen kann auch genau das Gegenteil passieren? Strukturieren Sie Ihre Ausführungen nach den drei Einsatzgebieten „Optimierung des Vorratsvermögens“, „Forderungsmanagement“ und „Verbindlichkeitenmanagement“ und nennen Sie jeweils mindestens ein Beispiel für einen gegenläufigen Effekt. (12 Punkte)

S. 419

III. Lösungshinweise

a) Der Cash Conversion Cycle gibt die Dauer (gemessen in Tagen) an, die ein Unternehmen benötigt, um die Investitionen in Lagerbestände (Kauf von Material) und andere Ressourcen in liquide Mittel (Zahlungseingänge aus Verkäufen) umzuwandeln. Ein kurzer Cash Conversion Cycle bedeutet grundsätzlich, dass ein Unternehmen sein im operativen Nettoumlaufvermögen gebundenes Kapital effizient steuert. Berechnet wird der Cash Conversion Cycle als Kapitalbindung in den Forderungen (Debitorentage resp. Days Sales Outstanding (DSO)) zuzüglich der Kapitalbindung in den Vorräten (Vorratstage resp. Days Inventory Held (DIH)) abzüglich der Vorfinanzierung durch die Lieferanten (Verbindlichkeitstage resp. Days Payables Outstanding (DPO)):


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Übersicht 2: Cash Conversion Cycle (CCC)
Days Sales Outstanding (DSO)
+ Days Inventory Held (DIH)
– Days Payables Outstanding (DPO)
= Cash Conversion Cycle (CCC)

Eine einmalige Verkürzung des Cash Conversion Cycle sorgt unter sonst gleichen Bedingungen dafür, dass weniger Kapital gebunden ist, d. h. einmalig Kapital freigesetzt wird. Entsprechend steigt der Cashflow der aktuellen Periode und damit auch der Kassenbestand. Auf den Cashflow der künftigen Perioden hat die einmalige Kapitalfreisetzung hingegen keine weiteren unmittelbaren Auswirkungen.

b) Die Days Sales Outstanding ist die Durchschnittszeit (in Tagen), in der die Kunden die Forderungen aus Lieferung und Leistung bezahlen. Für ein Jahr wird die Kennzahl wie folgt ermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Ø Forderungen LuL
DSO
=
Umsatzerlöse
• Tage pro Jahr
=
250.000
3.000.000
• 360 = 30

Die Days Inventory Held ist die Verweildauer der Vorräte im Lager. Bezogen auf ein Jahr wird die Kennzahl wiederum wie folgt ermittelt: