Prozesskostenhilfe: Darlegung und Glaubhaftmachung der Einkünfte bei für eine bescheidene Lebensführung nicht ausreichenden finanziellen Mitteln
Gesetze: § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 118 Abs 2 S 1 ZPO, § 118 Abs 2 S 4 ZPO
Instanzenzug: Az: 13 U 82/14vorgehend LG Aachen Az: 10 O 227/13 Urteilnachgehend Az: XI ZA 1/21 Beschluss
Gründe
I.
1Die Beklagte begehrt Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Berufungsgerichts, mit dem ihre Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Aachen vom teilweise zurückgewiesen worden ist (SA 69 ff.).
2Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in den Vorinstanzen ist das angefochtene Urteil am zugestellt worden (GA VII/1540). Mit einem am eingegangenen Telefax vom selben Tag hat die Beklagte Prozesskostenhilfe "wegen Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgericht Köln, 13 U 82/14, vom " begehrt und eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Nachweise vom selben Tage dazu vorgelegt. Mit einem am eingegangenen Telefax hat die Beklagte den Prozesskostenhilfeantrag begründet. Am wurde die Beklagte aufgefordert, die Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bis zum zu ergänzen, zu erläutern sowie entsprechende Nachweise vorzulegen. Die Beklagte hat daraufhin diese Angaben in Schreiben vom , vom sowie vom ergänzt und teilweise Belege vorgelegt.
II.
3Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
41. Einer Partei, die nicht über die finanziellen Mittel zur Einlegung eines Rechtsmittels verfügt, wird auf Antrag Wiedereinsetzung in eine versäumte Rechtsmittelfrist gewährt, wenn die Partei innerhalb dieser Rechtsmittelfrist einen Prozesskostenhilfeantrag bei Gericht gestellt und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über diesen Antrag ohne Verzögerung entschieden werden kann. Das setzt voraus, dass innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist nicht nur der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, sondern auch eine vollständig und wahrheitsgemäß ausgefüllte Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Partei unter Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Formulars (§ 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO, § 1 Abs. 1 PKHFV) nebst den erforderlichen Nachweisen vorgelegt wird (BGH, Beschlüsse vom - XI ZA 1/01, juris Rn. 3, vom - IX ZB 221/02, NJW 2002, 2793 f., vom - XII ZB 116/05, NJW-RR 2006, 140, 141, vom - XII ZB 151/07, NJW-RR 2008, 942 Rn. 10, vom - IX ZA 29/11, juris Rn. 2, vom - IX ZA 36/12, juris Rn. 2 und vom - XI ZA 13/12, juris Rn. 4).
52. Diesen Anforderungen genügt der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten nicht.
6a) Prozesskostenhilfe erhält eine Partei, die die Kosten der Prozessführung nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 114 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. ZPO).
7b) Wird Prozesskostenhilfe von Personen beantragt, die, wie die Beklagte, nach ihren Angaben nur einen äußerst geringfügigen Geldbetrag aus einer Rente beziehen, muss dargelegt und glaubhaft gemacht werden, wie der Lebensunterhalt finanziert wird. Auch freiwillige Zuwendungen Dritter sind nach der umfassenden Definition des § 115 ZPO grundsätzlich dem Einkommen hinzuzurechnen, wenn sie regelmäßig und in nennenswertem Umfang gewährt werden. Bei freiwilligen Leistungen Dritter müssen etwa eidesstattliche Versicherungen der Dritten über Umfang und Grund der Hilfeleistung vorgelegt werden (, NJW-RR 2018, 190 Rn. 7). Hinzu kommt, dass, wenn die von einem Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren beziffert angegebenen Einkünfte auch für einen noch so bescheidenen Lebensunterhalt nicht ausreichen, die Vermutung gerechtfertigt ist, dass bestimmte Einkünfte nicht angegeben wurden. Diese Vermutung muss der Antragsteller ausräumen. Andernfalls ist sein Begehren nach staatlicher Prozessfinanzierung rechtsmissbräuchlich (BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 184/05, NJW-RR 2008, 953 Rn. 8 und vom - X ZA 1/17, FamRZ 2019, 547 Rn. 5).
8Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht und insbesondere auch eine Versicherung an Eides statt vorlegt. Hat der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist bestimmte Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab (§ 118 Abs. 2 Satz 1 und 4 ZPO).
93. Nach diesen Maßstäben ist der Beklagten Prozesskostenhilfe zu versagen, weil sie auch nach Ablauf der ihr für ergänzende Angaben und zur Auflösung von Widersprüchen gesetzten Frist keine hinreichend zuverlässigen, vollständigen und widerspruchsfreien Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hat.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:270721BXIZA1.21.0
Fundstelle(n):
LAAAH-94487