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WP Praxis Nr. 11 vom Seite 360

Anpassungsbedarf bei Anwendung der ISA (DE)

Historie, Gründe und formale Änderungen in den GoA des IDW

WP/StB Prof. Dr. Holger Philipps

Bei Abschlussprüfungen über Geschäftsjahre mit Beginn am oder nach dem (mit Ausnahme von Rumpfgeschäftsjahren, die vor dem enden) werden die ISA (DE) fester Bestandteil der Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) des IDW. Aufgrund einer bereits längeren Anwendungshistorie der ISA-Inhalte in Deutschland sind Abschlussprüfer damit bereits weitgehend vertraut. Der Beitrag richtet den Blick auf formale Unterschiede zwischen den bisherigen IDW PS und den sie künftig ersetzenden ISA (DE) und verdeutlicht, dass es hier doch zahlreiche Differenzen gibt. Aufgrund dessen ist der praxisintern erforderliche Anpassungsbedarf beim Einsatz der GoA des IDW mit Anwendung der ISA (DE) in der Abschlussprüfung nicht zu unterschätzen. Daher empfiehlt sich, ihre Einführung praxisintern sorgfältig zu planen und umzusetzen.

Der Beitrag bildet den Auftakt zu einer sich daran anschließenden Reihe weiterer Beiträge zu den ISA (DE). Darin wird zuerst ein inhaltlicher Überblick über die ISA (DE) insgesamt gegeben, einschließlich materieller Unterschiede zu den sie ersetzenden IDW PS. In den darauffolgenden Beiträgen wird nacheinander jeder einzelne ISA (DE) inhaltlich näher vorgestellt.

Canipa-Valdez, ISA, infoCenter, NWB PAAAE-15455

Kernaussagen
  • Die Anwendung der ISA-Inhalte in Deutschland hat eine mittlerweile rd. 25-jährige Historie. Mangels förmlicher Adaption durch die EU ist die Aufnahme der ISA mit Modifikationen zur Berücksichtigung nationaler Besonderheiten in Deutschland (sog. ISA (DE)) daher lediglich ein weiterer logischer Schritt.

  • Infolge der zeitlich bereits ausgedehnten Anwendung der ISA-Inhalte in Deutschland halten sich die mit Aufnahme der ISA (DE) in die GoA des IDW verbundenen materiellen Auswirkungen in Grenzen. Ihre formalen Auswirkungen aufgrund unterschiedlicher Regelungssystematik, Strukturen und Begrifflichkeiten sind indes nicht zu unterschätzen.

  • Anpassungsbedarf ergibt sich praxisintern insbesondere bei der Auftragsdokumentation, bei den internen Prüfungsrichtlinien/Prüfungsmanuals/Audit Guidelines, beim Zugang zu nötigen Fachinformationen und bei der Aus- und Fortbildung sowie – soweit einschlägig – beim Prüfungsbericht und bei weiteren Regelungen im Qualitätssicherungssystem.

I. Bedeutung und Aktualität des Themas

Bei Abschlussprüfungen über Geschäftsjahre mit Beginn am oder nach dem (mit Ausnahme von Rumpfgeschäftsjahren, die vor dem enden) werden die Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) in neuer Zusammensetzung zur Anwendung kommen. Diese GoA des IDW schließen dann neben bestimmten IDW Prüfungsstandards (IDW PS) mehrheitlich sog. International Standards on Auditing (ISA) unter Berücksichtigung deutscher Besonderheiten (ISA (DE)) ein. Dafür sprechen gute Gründe. Infolge der Coronavirus-Pandemie hat sich ihr ursprünglicher Anwendungszeitpunkt (Abschlussprüfungen über Geschäftsjahre mit Beginn nach dem ) um ein Jahr verschoben; die freiwillig frühere Anwendung ist dadurch nicht berührt.

Durch Aufnahme der ISA (DE) ergeben sich erhebliche formale Änderungen im Gefüge der bisherigen GoA des IDW, aber auch einige materielle Neuerungen.

Der Änderungsprozess hin zur nun stärker unmittelbaren Aufnahme der ISA in die GoA des IDW wurde vom IDW im September 2017 durch die Entscheidung eingeleitet, ISA nicht mehr in die IDW PS zu transformieren, sondern sie mit Berücksichtigung der deutschen Rechtslage innerhalb seiner GoA originär zur Anwendung kommen zu lassen. In zeitlich S. 361enger Folge dazu, im Dezember 2017, veröffentlichte das IDW mit ISA (E-DE) 720 (Revised) „Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers im Zusammenhang mit sonstigen Informationen“ den ersten sog. ISA (DE) im Entwurf. Mit zeitlichem Versatz von rd. zwei Jahren folgten von November 2018 bis Mai 2019 sowie im November 2019 weitere insgesamt 25 ISA (DE) im Entwurf. Die finalen Fassungen dieser Standards als ISA (DE) legte das IDW im Zeitraum November 2019 bis September 2020 vor.

Bereits durch diesen mittelfristig ausgerichteten Zeitverlauf kommt die Anwendung der ISA (DE) bei Abschlussprüfungen nicht überraschend. Ungeachtet dessen, reichen die Wurzeln der ISA-Beachtung schon wesentlich länger zurück, nämlich mittlerweile rd. 25 Jahre. Ausreichend Zeit also, sich damit ausführlich zu beschäftigen.

Dennoch ist nicht auszuschließen, dass die Anwendung der ISA (DE) als Teil der geänderten GoA des IDW doch noch etwas unterschätzt wird – damit verbunden ist nicht nur ein bloß nummerischer Einschnitt. Aus diesem Anlass skizziert der Beitrag zunächst Hintergründe zur Anwendung der ISA (DE) in Deutschland (historische Entwicklung und Gründe für die unmittelbare Aufnahme der ISA (DE) in die GoA des IDW, Abschnitte II. und III.), geht anschließend auf vor allem formale sowie im kurzen Überblick auch auf materielle Änderungen daraus sowie die zeitlichen Anwendungsregeln ein (Abschnitte IV., V. und VI.) und formuliert abschließend Hinweise für praxisinternen Anpassungsbedarf bei der Umstellung der Abschlussprüfung auf die ISA (DE).

Der Beitrag bildet den Auftakt zu einer sich daran anschließenden Reihe weiterer Beiträge. Darin wird zuerst ein inhaltlicher Überblick über die ISA (DE) einschließlich materieller Unterschiede zu den sie ersetzenden IDW PS gegeben. Die darauffolgenden Beiträge sind dann jeweils grundsätzlich gleich aufgebaut und stellen so nacheinander jeden einzelnen ISA (DE) in zusammengefasster Form inhaltlich näher vor.