Instanzenzug: Sozialgericht für das Saarland Az: S 1 KR 623/17 Urteilvorgehend Landessozialgericht für das Saarland Az: L 2 KR 39/18 Urteil
Tatbestand
1Im Streit steht eine Hilfsmittelversorgung mit orthopädischen Maßschuhen und diabetischen Fußbetteinlagen.
2Der 1958 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger wurde 2015 mit einem Paar Sondereinlagen für konfektionierte Schuhe versorgt. Er beantragte am unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung die Versorgung mit einem Paar orthopädischer Straßenschuhe nach Maß mit diabetischen Fußbetteinlagen aufgrund der Diagnose "Knick-Senk-Spreiz-Fuß beiderseits". Der Antrag blieb erfolglos, weil der Kläger weiterhin ausreichend versorgt sei und keine medizinische Indikation für orthopädische Maßschuhe bestehe (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ).
3Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids zur Versorgung mit einem Paar orthopädischer Straßenschuhe mit diabetes-adaptierten Fußbetteinlagen wegen Eintritts der Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs 3a SGB V verurteilt (Urteil vom ). Das LSG hat die Berufung der Beklagten unter Klarstellung des Tenors des SG-Urteils zurückgewiesen. Der Sachleistungsanspruch des Klägers sei mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V entstanden (Urteil vom ).
4Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 13 Abs 3a SGB V.
5Die Beklagte beantragtsinngemäß,die Urteile des Landessozialgerichts für das Saarland vom und des Sozialgerichts für das Saarland vom aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
6Der Klägerbeantragt,die Revision zurückzuweisen.
7Er ist der Ansicht, das angefochtene Berufungsurteil sei zutreffend, und er hält der geänderten Rechtsprechung des BSG zur Genehmigungsfiktion Einwendungen entgegen.
Gründe
8Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), worüber der Senat aufgrund der Einverständnisse der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs 2 SGG). Der Kläger hat entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nach der geänderten Rechtsprechung des BSG keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung mit dem Hilfsmittel aufgrund einer fiktiven Genehmigung nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V. Ob ein Anspruch nach Maßgabe des § 33 SGB V auf Hilfsmittelversorgung besteht, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.
91. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Entscheidungen der Vorinstanzen sowie die ablehnenden Bescheide der Beklagten, gegen die sich der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) gewandt hat.
102. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel als Sachleistung aufgrund einer Genehmigungsfiktion, weil eine nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V (idF des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom , BGBl I 277) gesetzlich fingierte Genehmigung anders als nach der vom BSG nach der streitbefangenen Entscheidung des LSG aufgegebenen früheren Rechtsprechung (stRspr seit - BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33) keinen eigenständig durchsetzbaren Sachleistungsanspruch begründet. Wie zunächst der 1. Senat des BSG entschieden hat, vermittelt die Regelung Versicherten allein eine Rechtsposition, die zur Selbstbeschaffung berechtigt, und kann nur zu einem Anspruch auf Kostenerstattung bzw -freistellung führen ( - BSGE 130, 200 = SozR 4-2500 § 13 Nr 53). Dem hat sich der erkennende 3. Senat nach eigener Prüfung angeschlossen ( - BSGE 130, 219 = SozR 4-2500 § 13 Nr 52). Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgetragenen Argumente fest.
113. Ausgehend von den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) kann sich der Kläger danach nicht auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a SGB V für das von ihm begehrte Hilfsmittel berufen, weil er sich dieses nicht selbst beschafft hat und auch keine vertragliche Bindung eingegangen ist, von deren Kosten er freizustellen wäre. Sein Begehren war von Anfang an auf die Versorgung mit einer Sachleistung gerichtet.
124. Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger Anspruch auf Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen und diabetischen Fußbetteinlagen nach Maßgabe von § 33 SGB V hat. Das LSG wird deshalb nach Sachverhaltsaufklärung und Nachholung der fehlenden Feststellungen über den Anspruch des Klägers auf Hilfsmittelversorgung zu entscheiden haben.
135. Das LSG wird im Berufungsverfahren über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2021:170621UB3KR1120R0
Fundstelle(n):
BAAAH-91213