BVerwG Urteil v. - 8 C 28/20

Reichweite des Verbots gewerblicher Ankäufe mit Gewährung des Rückkaufsrechts

Leitsatz

Das Verbot des § 34 Abs. 4 GewO erfasst alle vertraglichen Gestaltungen, bei denen der Verkäufer dem gewerblich handelnden Käufer das Eigentum an einer beweglichen Sache überträgt und sich dieses durch Rückzahlung des Kaufpreises und Erbringung einer weiteren vertraglich vereinbarten Leistung wieder verschaffen kann, die über einen Nutzungsersatz im Sinne von §§ 346, 347 BGB hinausgeht (im Anschluss an - NJW 2009, 3368).

Gesetze: Art 12 Abs 1 GG, Art 103 Abs 2 GG, Art 56 AEUV, § 34 Abs 4 GewO, § 144 Abs 2 Nr 2 GewO, Art 7 Abs 2 Nr 1 LStrVG BY, Art 29 VwZVG BY, Art 31 VwZVG BY, Art 36 VwZVG BY

Instanzenzug: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Az: 22 B 18.1574 Urteilvorgehend Az: M 16 K 14.5826 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das von seinen Kunden Kraftfahrzeuge ankauft. Gleichzeitig mieten die Kunden das jeweils verkaufte Fahrzeug für einen bestimmten Zeitraum. Ihnen wird ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag eingeräumt, das nur bis zur Beendigung des Mietvertrags ausgeübt werden kann. Mit dessen Ablauf erlischt auch das Rücktrittsrecht.

2Das Landratsamt München untersagte mit dem angefochtenen Bescheid dieses Geschäftsmodell und drohte der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld an. Die hiergegen erhobene Klage ist in erster Instanz erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Das Geschäftsmodell der Klägerin verstoße nicht gegen § 34 Abs. 4 GewO. Dabei müsse nicht entschieden werden, ob sich diese Vorschrift nur an Pfandleiher oder Pfandvermittler oder an jedermann richte. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 34 Abs. 4 GewO werde die Tätigkeit der Klägerin nicht von dieser Norm erfasst, da die Verbindung eines Kaufvertrags und eines Mietvertrags nicht als Ankauf mit Gewährung eines Rückkaufsrechts im Sinne der Vorschrift angesehen werden könne.

3Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend, verfassungsrechtlicher Maßstab für die Auslegung des § 34 Abs. 4 GewO sei nicht Art. 103 Abs. 2 GG, sondern das allgemeine rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. Im Einklang damit werde das Geschäftsmodell der Klägerin von der Verbotsnorm erfasst, da es nicht auf die Bezeichnung des den Kunden eingeräumten Gestaltungsrechts ankomme. Nach dem allein maßgeblichen tatsächlichen Regelungsgehalt werde hier ein Rückkaufsrecht im Sinne des § 34 Abs. 4 GewO gewährt. Die Vorschrift finde auch nicht nur auf Pfandleiher und Pfandvermittler Anwendung.

4Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom zu ändern und die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom zurückzuweisen.

5Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

6Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

7Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, nach der Genese und dem Sinn der Vorschrift würden alle Gewerbetreibenden von § 34 Abs. 4 GewO erfasst. Der sachliche Anwendungsbereich der Norm sei ebenfalls eröffnet. Das den Kunden der Klägerin eingeräumte Rücktrittsrecht stelle ein Rückkaufsrecht dar. Es bringe die Gefahren mit sich, vor denen § 34 Abs. 4 GewO schützen solle. Dieses Verständnis stehe mit Verfassungsrecht im Einklang.

Gründe

8Die Revision ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar die Klage zu Recht als zulässig angesehen (1.), aber § 34 Abs. 4 GewO auf der Grundlage verfassungsrechtlicher Erwägungen, denen nicht zu folgen ist, einen zu engen sachlichen Anwendungsbereich beigemessen (2.). Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (3.). Vielmehr ist es zu ändern und die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen (4.).

91. Die Anfechtungsklage ist zulässig. Dem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage steht nicht entgegen, dass das Landgericht München I die Klägerin mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom (4 HK O 21699/15) zur Unterlassung ihres Geschäftsmodells verurteilt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine verwaltungsgerichtliche Klage nur dann, wenn der Erfolg der Klage die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessern würde; dabei muss diese Nutzlosigkeit eindeutig sein. Das könnte hier nur angenommen werden, wenn der Verwirklichung der von der Klägerin behaupteten Rechtsposition - der Ausübung ihrer mit dem angefochtenen Bescheid untersagten Tätigkeit - aufgrund der Verurteilung durch das Landgericht zivilrechtliche Hindernisse entgegenstünden, die sich schlechthin nicht ausräumen ließen (vgl. 4 B 110.93 - NVwZ 1994, 482). So liegt es hier nicht, da die Unterlassungspflichten der Klägerin aus dem zivilgerichtlichen Urteil beispielsweise durch eine Einigung der dortigen Prozessparteien entfallen könnten. Bei Verneinung der Zulässigkeit einer Klage gegen die Untersagung würde zudem der Rechtsschutz der Klägerin gegen die damit verbundene Zwangsmittelandrohung deutlich verkürzt.

102. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die untersagte Tätigkeit der Klägerin verstößt gegen § 34 Abs. 4 GewO. Danach ist der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufsrechts verboten. Dieses Verbot erfasst alle vertraglichen Gestaltungen, bei denen der Verkäufer dem gewerblich handelnden Käufer das Eigentum an einer beweglichen Sache überträgt und sich dieses durch Rückzahlung des Kaufpreises und Erbringung einer weiteren vertraglich vereinbarten Leistung wieder verschaffen kann, die über einen Nutzungsersatz im Sinne von §§ 346, 347 BGB hinausgeht (vgl. - NJW 2009, 3368 Rn. 26). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs bedarf es keiner Einschränkungen dieser Voraussetzungen im Hinblick auf Zahl und Typus der vertraglichen Vereinbarungen. Das Verbot greift auch dann ein, wenn zwischen Verkäufer und Käufer mehrere Verträge abgeschlossen werden. Entsprechen diese Verträge nicht alle dem Vertragstypus des Kaufvertrags im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 433 ff. BGB), steht dies einer Anwendung des § 34 Abs. 4 GewO ebenfalls nicht entgegen. Ebenso unerheblich sind die von den Vertragsparteien gewählten Vertragsbezeichnungen.

11a) Dieses Verständnis beruht auf dem Wortlaut der Vorschrift. § 34 Abs. 4 GewO setzt die Verbindung eines Ankaufs mit der Gewährung eines Rechts zum Rückkauf voraus. Beide Begriffe sind nicht normativ vorgeprägt. Der Rückkauf ist - ebenso wie der Ankauf - gesetzlich nicht definiert und insbesondere nicht mit dem Wiederkauf (§§ 456 ff. BGB) gleichzusetzen, weil er dem öffentlichen Recht entstammt ( - NJW 2009, 3368 Rn. 25). Er bedarf daher, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat, der Auslegung. Unter einem Rückkauf lässt sich nicht nur ein - gewissermaßen zum Ankauf spiegelbildlicher - Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB verstehen, sondern auch jeder andere auf einer Willenserklärung des Verkäufers beruhende Rückerwerb, der zur Wiederherstellung der ursprünglichen Eigentums- und Besitzverhältnisse hinsichtlich des Kaufgegenstands führt. Der Wortlaut setzt dabei nicht voraus, dass alle maßgeblichen Vereinbarungen in einem einzigen Vertrag zusammengefasst sind, da der Ankauf lediglich "mit" der Gewährung des Rückkaufsrechts verbunden sein, nicht aber in einem einzigen Rechtsgeschäft erfolgen muss.

12b) Die Entstehungsgeschichte der Norm deutet in dieselbe Richtung und spricht zusätzlich dafür, den Anwendungsbereich des Verbots auf den Rückerwerb der Kaufsache gegen Entgelt zu beschränken.

13Seit jeher zielten die gewerberechtlichen Vorschriften über die Pfandleihe darauf zu verhindern, dass der Sache nach gewerbsmäßig durch Pfandrechte an beweglichen Sachen gesicherte Darlehen gegeben werden. Unter Rückkaufsgeschäften im Sinne des § 34 Abs. 4 GewO und der Vorgängervorschriften sind daher verschleierte Pfandleihgeschäfte zu verstehen (vgl. RG, Urteil vom - VI 473/11 - RGZ 79, 361 <364>; - NJW 2009, 3368 Rn. 25). Das gesetzliche Verbot betrifft im Hinblick auf diesen entstehungsgeschichtlichen Hintergrund nicht jede Rückabwicklung eines Kaufvertrags zwischen einem gewerblichen Ankäufer und seinem Kunden, sondern nur solche Geschäfte, bei denen die Wiedererlangung der Kaufsache mit einer Pflicht des Verkäufers zur Erbringung einer vertraglich vereinbarten Leistung verbunden ist, die über die Rückerstattung des Kaufpreises und einen bloßen Nutzungsersatz im Sinne des §§ 346, 347 BGB hinausgeht. Nicht maßgeblich ist dabei, ob diese zusätzliche Leistung an eine bestimmte Gegenleistung - beispielsweise die Überlassung des Kapitals oder des Gebrauchs der Kaufsache an den Kunden - oder an sonstige Umstände wie den entstandenen Verwaltungsaufwand geknüpft ist oder ohne andere Gegenleistung als die Rückübereignung der Kaufsache erbracht werden muss. Die Vergleichbarkeit mit dem gewerblichen Pfandleihgeschäft folgt schon daraus, dass der Rückerwerb nicht nur von der Rückzahlung des Kaufpreises, sondern auch von der Erbringung der weiteren, den gesetzlich vorgesehenen Nutzungsersatz übersteigenden vertraglichen Leistung durch den Kunden abhängt (vgl. a.a.O. Rn. 26). In diesen Fällen besteht die für den Erlass des § 34 Abs. 4 GewO maßgebliche Gefahr einer Umgehung der Pfandleihvorschriften.

14Demgegenüber kommt es nach der Entstehungsgeschichte der Norm nicht darauf an, ob der Besitz der Sache schon im Rahmen des Ankaufs auf den Gewerbetreibenden übergeht, auch wenn eine solche Übergabe Voraussetzung der Entstehung eines zivilrechtlichen Pfandrechts ist (vgl. § 1205 Abs. 1 BGB). Vielmehr greifen die Regelungen der Gewerbeordnung über den gewerblichen Rückkauf seit jeher auch dann ein, wenn zwischen dem Käufer und dem Verkäufer zusätzlich ein Mietvertrag abgeschlossen und die tatsächliche Übergabe der Sache durch die Vereinbarung eines Besitzkonstituts (§ 930 BGB) ersetzt wurde (vgl. Bayerischer VGH, Entscheidung vom , GewArch 17 (1918), 470 <472 ff.>; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand Februar 2021, § 34 Rn. 25). Ein verschleiertes Pfandleihgeschäft liegt daher auch dann vor, wenn der unmittelbare Besitz an der Kaufsache - entgegen § 433 Abs. 1 BGB (vgl. dazu Beckmann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 433 Rn. 106 ff.) - während des für die Möglichkeit des Rückerwerbs ausbedungenen Zeitraums beim Verkäufer verbleibt.

15c) Gesetzessystematische und teleologische Gesichtspunkte stützen dieses Verständnis. § 34 Abs. 4 GewO tritt zu den engen gesetzlichen Vorgaben für das Pfandleihgewerbe in § 34 Abs. 1 bis 3 GewO nebst der Pfandleiherverordnung hinzu und soll verhindern, dass diese restriktiven Vorschriften mittels gewerblicher Rückkaufsgeschäfte umgangen werden (vgl. BT-Drs. 3/318 S. 17; Höfling, in: Friauf u.a., GewO, § 34 Rn. 46). Zielsetzung aller Vorschriften ist damit der Schutz der Kunden (vgl. zu den Zielsetzungen der Pfandleiherverordnung 8 C 9.17 - BVerwGE 161, 334 Rn. 20). Wegen dieses Gesetzeszwecks ist nicht die Zahl der zwischen dem Ankäufer und dem Kunden geschlossenen Verträge, ihre Bezeichnung oder ihre Zuordnung zu einem bestimmten Vertragstypus entscheidend. Vielmehr kommt es darauf an, ob die getroffenen Vereinbarungen nach ihrem Inhalt unter das Verbot fallen ( - NJW 2009, 3368 Rn. 24). Das ist bei jeder Vertragsgestaltung zu bejahen, bei der ein gewerblicher Ankäufer zwar den Rückerwerb der Sache anbietet, für dessen Verwirklichung aber zusätzliche, über die Rückzahlung des Kaufpreises und einen bloßen Nutzungsersatz hinausgehende Leistungen des Verkäufers erforderlich sind. Denn in allen diesen Fällen besteht das Risiko, dass der gewerbliche Käufer - ohne an die für Pfandleiher oder Pfandvermittler geltenden Einschränkungen gebunden zu sein - sich durch eine Vertragsgestaltung, die zu seinen Gunsten von den Pfandleihvorschriften abweicht, erhebliche Gewinne auf Kosten des Verkäufers (Kunden) verschaffen und nach einem Scheitern des Rückerwerbs als Eigentümer frei über die Kaufsache verfügen kann. Vor dieser Gefahr soll § 34 Abs. 4 GewO gerade schützen (vgl. BT-Drs. 3/318 S. 17).

16d) Die dargestellte Interpretation genügt den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die nicht gebieten § 34 Abs. 4 GewO im Sinne des Berufungsurteils einschränkend auszulegen. Auch aus dem Unionsrecht lässt sich ein derartiges Erfordernis nicht ableiten.

17aa) Im Hinblick auf die von Verfassungs wegen gebotene Bestimmtheit ist zu berücksichtigen, dass eine Vorschrift nur dann rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht, wenn und soweit sich aus ihr mit ausreichender Bestimmbarkeit ermitteln lässt, wer von der Norm betroffen ist und was von den pflichtigen Personen verlangt wird. Normen müssen daher so genau gefasst sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die Notwendigkeit der Auslegung einer Begriffsbestimmung nimmt der Norm noch nicht die Bestimmtheit. Die Betroffenen müssen jedoch die Rechtslage anhand objektiver Kriterien erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können.

18Besondere Anforderungen sind gemäß Art. 103 Abs. 2 GG an die Bestimmtheit der Regelung bußgeld- oder strafbewehrter Pflichten zu stellen, zu denen § 34 Abs. 4 GewO gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 GewO gehört. Die zuletzt genannte Vorschrift stellt jedenfalls teilweise eine Blankettnorm dar, soweit der Gesetzgeber die Beschreibung des Ordnungswidrigkeitentatbestandes durch die Verweisung auf § 34 Abs. 4 GewO ersetzt hat. In einem solchen Fall muss neben der Sanktionsnorm auch die sie ausfüllende Vorschrift die Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG erfüllen (stRspr, vgl. - BVerfGE 143, 38 Rn. 44, 46 m.w.N.). Bei Ordnungswidrigkeiten- oder Straftatbeständen müssen die Adressaten im Regelfall bereits anhand des Wortlauts voraussehen können, ob ein Verhalten darunter fällt oder nicht. Ist der Tatbestand weiter gefasst, kann sich die erforderliche Bestimmtheit aus einer Auslegung unter Rückgriff auf weitere Normen ergeben (vgl. 8 C 2.19 - Buchholz 442.01 § 1 PBefG Nr. 4 Rn. 9 f.). Ausgeschlossen ist eine Rechtsanwendung, die tatbestandsausweitend über den Inhalt der Norm hinausgeht, wobei der mögliche Wortsinn als äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation aus der Sicht des Normadressaten zu bestimmen ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 718/89 u.a. - BVerfGE 92, 1 <12> und vom - 2 BvR 2559/08 u.a. - BVerfGE 126, 170 <197>).

19Daran gemessen kann der Normadressat des § 34 Abs. 4 GewO auch unter Berücksichtigung der Auslegungsbedürftigkeit der Vorschrift ohne Weiteres voraussehen, ob seine Tätigkeit dem Verbot unterfällt oder nicht. Im Rahmen des möglichen Wortsinns hält sich jede Auslegung, die als gewerblichen Ankauf "mit Gewährung des Rückkaufsrechts" eine mit einem solchen Kaufvertrag verbundene, aber nicht notwendig darin enthaltene Vereinbarung eines Rechts des Verkäufers zum Rückerwerb der Kaufsache versteht. Die Entstehungsgeschichte der Regelung, ihr systematischer Zusammenhang und ihr Schutzzweck verengen den Anwendungsbereich auf eine Verbindung des gewerblichen Ankaufs mit vertraglichen Abreden, nach denen die Verwirklichung des Rückerwerbs von Leistungen des Verkäufers abhängt, die über die - gesetzlich für den Rücktrittsfall vorgesehene - Erstattung des Kaufpreises und den Nutzungsersatz (§§ 346 f. BGB) hinausgehen. Eine solche Vertragsgestaltung unterfällt dem Begriff "Ankauf mit Gewährung des Rückkaufsrechts" unabhängig davon, ob nur ein Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB oder daneben noch eine andere schuldrechtliche Vereinbarung vorliegt. Diese Interpretation folgt aus der bereits dargelegten Anwendung der anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung. Sie knüpft an die jeweils getroffenen vertraglichen Vereinbarungen und damit an objektive Kriterien an; den Normadressaten ist es ohne Weiteres möglich, ihre gewerbliche Tätigkeit daran auszurichten und die Grenzen zulässiger Vertragsgestaltung zu erkennen.

20bb) Die dargestellte Auslegung des § 34 Abs. 4 GewO ist ferner mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Das gesetzliche Verbot stellt - entgegen der Annahme der Klägerin - keine Beschränkung der Berufswahl, sondern nur eine Regelung der Berufsausübung dar, die im Hinblick auf den Schutz der Verkäufer den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt. Die Vorschrift verbietet lediglich eine bestimmte, für die Verkäufer besonders nachteilige Form der Vertragsgestaltung; unbenommen bleibt es den Gewerbetreibenden, Pfandkredite in dem von § 34 GewO gezogenen Rahmen zu vergeben ( - NJW 2009, 3368 Rn. 27).

21cc) Schließlich verletzt dieses Verständnis der Verbotsnorm auch nicht die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV). Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs ist zulässig, wenn mit ihr ein berechtigtes und mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu vereinbarendes Ziel verfolgt wird und wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, soweit sie in einem solchen Fall geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Als zwingender Grund des Allgemeinwohls, der eine Beschränkung rechtfertigen kann, ist - auch im Bereich der Finanzdienstleistungen - der Verbraucherschutz anerkannt (stRspr, vgl. [ECLI:EU:C:2013:498], Citroën/FvF - Rn. 37 f.). Ferner muss die Regelung tatsächlich dem Anliegen gerecht werden, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen ( [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - Rn. 64).

22Danach ist die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch § 34 Abs. 4 GewO unionsrechtskonform. Die Vorschrift dient der umfassenden Sicherung der Kunden des Gewerbetreibenden vor einer Umgehung der restriktiven Vorgaben der Pfandleihevorschriften einschließlich der Pfandleiherverordnung, die ihrerseits den Schutz der Verpfänder zum Ziel hat (vgl. 8 C 9.17 - BVerwGE 161, 334 Rn. 20). Die Eignung der Norm zur Erreichung dieses Ziels ist nicht zu bezweifeln, da auf ihrer Grundlage durch Pfandrechte an beweglichen Sachen gesicherte Darlehen nur nach den für Pfandleiher geltenden Vorschriften vergeben werden dürfen. Ein milderes, gleich wirksames Mittel, um dies zu erreichen, steht nicht zur Verfügung. Die Regelung ergänzt die gesetzlichen Vorgaben für Pfandleiher und Pfandvermittler durch das ausdrückliche Verbot von vertraglichen Umgehungen dieser Schutzvorschriften und genügt daher dem unionsrechtlichen Gebot der Kohärenz.

23e) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts verstößt die untersagte Tätigkeit der Klägerin gegen § 34 Abs. 4 GewO. Nach den bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs räumt die Klägerin den Verkäufern der Kraftfahrzeuge ein Rücktrittsrecht ein. Zugleich wird ein mit dem Kaufvertrag verbundener, befristeter Mietvertrag geschlossen. Der Zeitraum, in dem das Rücktrittsrecht ausgeübt werden kann, entspricht der Laufzeit des Mietvertrags. Damit übertragen die Kunden als Verkäufer der gewerblich handelnden Klägerin als Käuferin das Eigentum an beweglichen Sachen und können sich dieses durch Rückzahlung des Kaufpreises und Erbringung des vertraglich vereinbarten Mietzinses wieder verschaffen. Die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses aufgrund des Mietvertrages geht über den gesetzlichen Nutzungsersatz (vgl. § 346 Abs. 1, § 347 Abs. 1 Satz 1 BGB) hinaus und bleibt auch im Fall des Rücktritts vom Kaufvertrag als hiervon unabhängige vertragliche Leistungspflicht bestehen (vgl. - unter II.2.d)cc)).

243. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf dem dargestellten Bundesrechtsverstoß (§ 137 Abs. 1 VwGO) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Anfechtungsklage hat nicht deswegen Erfolg, weil die Klägerin - was der Verwaltungsgerichtshof offen gelassen hat (UA S. 9 f.) - nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des § 34 Abs. 4 GewO erfasst und der angegriffene Bescheid deshalb rechtswidrig wäre.

25Das Verbot des § 34 Abs. 4 GewO richtet sich nicht nur an Pfandleiher oder Pfandvermittler, sondern an jedermann und damit auch an die Klägerin. Dies folgt aus dem Wortlaut der den gewerblichen Rückkaufhandel als Tätigkeit schlechthin verbietet, sowie aus der Entstehungsgeschichte und dem Schutzzweck der Norm. Eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf - ohnehin der staatlichen Aufsicht unterliegende - Pfandleiher und Pfandvermittler würde die Gefahr einer Umgehung des Verbots auslösen und widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, den Abschluss von Rückkaufsgeschäften generell zu untersagen (vgl. BT-Drs. 3/318, S. 17; - NJW 2009, 3368 Rn. 21 f.). Anderes folgt nicht daraus, dass sich dieses Verbot in § 34 GewO findet und damit einen Teil der Vorschrift bildet, die im Übrigen die gesetzlichen Vorgaben für die Pfandleihe und die Pfandvermittlung enthält. Daraus kann nicht die Absicht des Gesetzgebers hergeleitet werden, den persönlichen Anwendungsbereich der Verbotsnorm zu begrenzen; vielmehr sollen die Vorschriften für Pfandleiher und Pfandvermittler durch ein an jedermann gerichtetes Verbot der Umgehung dieser restriktiven Vorgaben ergänzt werden, das an die Stelle der vorherigen, ebenfalls für alle geltenden Gleichstellung von Rückkauf- und Pfandleihgeschäften in § 34 Abs. 2 GewO a.F. trat.

264. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), da die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hierfür ausreichen. Dem steht nicht entgegen, dass die angefochtene Untersagung auf die irrevisible landesrechtliche Vorschrift des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG BY) gestützt ist. Das Berufungsgericht hat diese Vorschrift nicht herangezogen, so dass ihrer Anwendung durch das Revisionsgericht nichts im Wege steht ( 3 C 49.87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 224).

27Nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG BY können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigung sind im Hinblick auf den Verstoß der Klägerin gegen § 144 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 34 Abs. 4 GewO erfüllt.

28Die Ermessensausübung seitens des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin die Beteiligung des Zentralverbandes des Deutschen Pfandkreditgewerbes e.V. im Verwaltungsverfahren kritisiert, ist nicht erkennbar, dass diese zu sachfremden Erwägungen des Beklagten oder zu sonstigen Fehlern seiner Ermessensentscheidung geführt hätte.

29Die Ermessensausübung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen ( 8 C 18.16 - BVerwGE 160, 193 Rn. 21).

30Mit diesen Vorgaben steht die Ermessensausübung des Beklagten im Einklang. Anhaltspunkte für ein systemloses oder willkürliches Vorgehen bestehen ebenso wenig wie für eine Ungleichbehandlung innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs. Eine rechtliche Verpflichtung zu der von der Klägerin für erforderlich gehaltenen bundesweiten Koordinierung des Vorgehens ist weder aus Art. 3 Abs. 1 GG noch aus dem unionsrechtlichen Kohärenzerfordernis gemäß Art. 56 AEUV herzuleiten.

31Die Zwangsgeldandrohung (Nummer 2 des angefochtenen Bescheides) beruht auf Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 und Art. 36 VwZVG BY. Sie ist rechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Nummer 3 des Bescheides, die sich aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 6 und 10 des Kostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis ergibt.

32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2021:070721U8C28.20.0

Fundstelle(n):
ZIP 2021 S. 67 Nr. 35
LAAAH-90524