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BBK Nr. 18 vom Seite 882

Reduzierung der Stornoquote

Elektronische Checkliste zur Sicherung und Verbesserung von Liquidität und Gewinn

Jörgen Erichsen

Das [i]Stornoquote als Frühwarnindikator Stornieren von Aufträgen oder Käufen ist in gewissen Grenzen ein normaler Vorgang, der zum Wirtschaften dazugehört und auch in der Kalkulation abgebildet werden kann. Häufen sich aber die Fälle oder steigen sie im Vergleich zu den Vorjahren an, sollten Unternehmer nach den Gründen fragen und sich bemühen, die Stornoquote wieder zu senken. Eine Zunahme von Stornierungen kann auch ein Hinweis darauf sein, dass es im Betrieb strukturelle Probleme gibt und mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sein kann. Kennzahlen aus diesem Bereich lassen sich daher gut als Frühwarnindikatoren nutzen.

Der Beitrag listet mögliche Ursachen für eine steigende Stornoquote auf und zeigt Maßnahmen, um das Problem zu entschärfen.

Erichsen, Reduzierung der Stornoquote, Checkliste, Arbeitshilfe NWB WAAAH-88294

I. Auswirkungen von Storni auf Umsatz und Gewinn

[i]Liquiditätsbelastung durch StornierungenStorniert ein Kunde einen Auftrag und sendet das Produkt zurück (die Begriffe Produkt, Artikel und Auftrag werden synonym verwendet), entfällt der bereits sicher geglaubte Umsatz. Hinzu kommen zusätzliche Kosten, z. B. für die Bearbeitung der Rückläufer oder auch für Rücksendungen – je nachdem, welche Rechte ein Käufer hat. Auch wenn noch keine Arbeiten geleistet wurden, z. B. weil ein Kunde einen erteilten Auftrag zurückzieht, kann Aufwand entstehen, wenn im Betrieb bereits begonnen wurde, den Auftrag zu organisieren und den Mitarbeitereinsatz zu planen. Grundsätzlich belastet jede Stornierung die Liquidität und kann wirtschaftliche Folgen haben.

Ein vereinfachtes Beispiel zeigt mögliche monetären Folgen:S. 883

Beispiel

Ein Unternehmen erzielt im Jahr 1 Mio. € Umsatz und einen Gewinn von 100.000 €. Im Laufe des Jahres senden Kunden Produkte mit einem Volumen von 10.000 € bzw. „nur“ 1 % zurück. Damit reduzieren sich unter sonst gleichen Bedingungen der Umsatz um den gleichen Wert und der Gewinn um 1.000 €. Je nach Ausgangslage im Betrieb kann der fehlende Umsatz zusätzlich zu Liquiditätsengpässen führen. Hinzu kommt oft, dass Zusatzarbeiten fällig werden, um die Storni zu bearbeiten oder den Preis für bereits gezahlte Waren an die Kunden zurück zu überweisen. Um den Gewinnausfall zu kompensieren, müsste – ebenfalls unter sonst gleichen Bedingungen – der Umsatz um 10 % gesteigert werden.

II. Ursachen für Stornierungen oder steigende Stornoquoten

[i]Defizite in Qualität, Zeitmanagement oder KundenfreundlichkeitSenden Kunden bereits gekaufte Produkte zurück oder ziehen sie erteilte Aufträge zurück, können dafür zahlreiche Ursachen verantwortlich sein. Zum einen kommen natürlich Qualitätsprobleme oder eine Verschlechterung des Service in Betracht. Auch Probleme bei der Einhaltung zugesagter Liefertermine können den gleichen Effekt haben, ebenso unfreundliche oder unwillige Mitarbeiter.

Zum anderen sollte aber auch das Entgelt- oder Provisionssystem hinterfragt werden. Bekommen Vertriebsmitarbeiter bei Verkaufsabschluss in jedem Fall eine Umsatzprovision, kann dies dazu führen, dass sie Kunden eher zu einem Kauf „überreden“ als diese zu überzeugen. Ob der Kunde mit der Leistung bzw. dem Produkt zufrieden sein wird, tritt ggf. in den Hintergrund. Oft fragen sich die Kunden dann nach dem Kauf oder der Auftragserteilung, ob sie diesen Artikel wirklich wollen bzw. benötigen oder ob eventuell eine andere Lösung in Betracht kommt.

[i]Vorsicht bei Umsatzprovisionen!Möglich ist auch, dass der Kunde nach einem Kauf wirtschaftliche Probleme bekommen hat oder bei Wettbewerbern vermeintlich bessere Artikel erhalten kann. Auch bei der Beauftragung fremder Dienstleister mit dem Verkauf kann es vermehrt zu Stornierungen kommen, etwa wenn diese je Abschluss bezahlt werden. In diesem Fall ist die Versuchung für die Dienstleister groß, Kunden zu einem Abschluss zu „motivieren“, z. B. durch Aussagen wie „Wenn Sie jetzt abschließen, gehen Sie doch kein Risiko ein. Sie können ja innerhalb von XX Tagen vom Vertrag zurücktreten.“

Die Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen.

III. Analyse und Bewertung des Status quo

1. Bestandsaufnahme

[i]Stornorelevante KennzahlenUnternehmer sollten zunächst prüfen, ob und in welchem Umfang in ihrem Betrieb Handlungsbedarf besteht. Konkrete Anhaltspunkte bieten folgende Kennzahlen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stornoquote
Anzahl stornierter Käufe • 100/Gesamtzahl Käufe
Volumen Stornierungen
Umsatzvolumen stornierter Käufe • 100/Gesamtumsatz
Stornoquote eigene Mitarbeiter
Anzahl stornierter Verträge oder Käufe • 100/Gesamtzahl Verträge bzw. Käufe (bezogen auf eigene Vertriebsmitarbeiter)
Stornoquote externe Dienstleister
Anzahl stornierter Verträge oder Käufe • 100/Gesamtzahl Verträge bzw. Käufe (bezogen auf externe Dienstleister)
Stornoquote Online
Anzahl stornierter Verträge oder Käufe • 100/Gesamtzahl Verträge bzw. Käufe (bezogen auf Online-Verkäufe)
DB-Quote Stornierungen
Deckungsbeitragsvolumen (DBV) stornierter Käufe/Gesamt-Deckungsbeitragsvolumen
Abschlussquote
Stornierungen von Neuaufträgen • 100/Gesamtzahl Neuaufträge (ggf. unterteilt nach Vertriebskanälen)S. 884
Kundenindex
Anzahl Kunden lfd. Jahr/Anzahl Kunden Vorjahr
Hinweis: Die Kennzahl bezieht sich nicht unmittelbar auf Stornierungen. Mittelbar lassen sich aber sehr wohl Rückschlüsse ziehen, wenn die Kennziffer in die Gesamtbetrachtung einbezogen wird. Zum einen wenden sich Kunden, die stornieren, oft vom Unternehmen ab, zum anderen gibt es Kunden, die zwar nicht stornieren, aber direkt zum Wettbewerber wechseln. Insofern kann die parallele Analyse zusätzliche Informationen liefern.
Kundenbeziehungsdauer
Zeitraum zwischen erstem Kauf und aktuellem Jahr (Analyse bzw. Aufstellung für A- und ggf. große B-Kunden und Errechnung des Mittelwerts). Steigende Zeiträume deuten auf höhere Kundenzufriedenheit hin und umgekehrt.

[i]Ziel: Stornoquote < 0,5 % des UmsatzesDie Kennzahlen sollten möglichst monatlich erhoben und über einen längeren Zeitraum von z. B. zwei bis drei Jahren verglichen werden. Ein geringer „Bodensatz“ an Stornierungen ist i. d. R. unkritisch, sollte sich aber in einem sehr niedrigen Bereich von möglichst unter 0,5 % des Umsatzes oder des Deckungsbeitragsvolumens bewegen. Ausschließlich auf die Anzahl von Stornierungen abzustellen, kann zu Fehlinterpretationen führen. Hat es z. B. nur zehn Stornierungen bei 10.000 Käufen gegeben, ist dies auf den ersten Blick sicher sehr gut. Befinden sich unter diesen zehn Stornierungen aber zwei Fälle mit hohem Umsatzvolumen, dürfen die Liquiditätsfolgen nicht unterschätzt werden.