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NWB Nr. 35 vom Seite 2613

Steuerliche Immobilienbewertung: vom Einheitswert zum Verkehrswert

Teil III: Verfahren zur Wertermittlung für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer ab 2009

Karoline Nagel

[i]Teil I s. Nagel, NWB 32/2021 S. 2377Die vierteilige Beitragsreihe erläutert die Anwendung und Durchführung der Verfahren der steuerlichen Immobilienbewertung und ermöglicht damit eine kritische Auseinandersetzung mit ihrer Ausgestaltung durch den Steuergesetzgeber. [i]Teil II s. Nagel, NWB 33/2021 S. 2464Teil III beschäftigt sich mit der Adaption für Erbschaft-/Schenkungsteuerzwecke sowie für die Ersatzbemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer und stellt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den marktgängigen Bewertungsverfahren heraus.

I. Hintergrund

[i]Annäherung an den gemeinen Wert durch Nutzung der marktgängigen Bewertungsverfahren auch für steuerliche ZweckeUm der Vorgabe des (BStBl 2007 II S. 192) zu genügen, die Immobilienwertermittlung für erbschaftsteuerliche Zwecke möglichst nah am Verkehrswert auszurichten, war im Regierungsentwurf des Erbschaftsteuerreformgesetzes v.  (BT-Drucks. 16/7918) zunächst vorgesehen, sich zwar im Grundsatz an den marktgängigen Bewertungsverfahren zu orientieren, die Detailregelungen zur Wertermittlung jedoch außerhalb des BewG in einer Rechtsverordnung zu regeln. Im BewG verankern wollte man jedoch von Beginn an die Geltung von Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren und die Anwendungsbereiche für die jeweiligen Grundstücksarten. Die Ausrichtung an der – damals noch gültigen, im Jahr 2010 durch die ImmoWertV abgelösten – WertV 1988 sollte sicherstellen, dass den individuellen Gegebenheiten auf dem Grundstücksmarkt durch die unterschiedlichen Bewertungsverfahren ausreichend Rechnung getragen wird.

[i]Anwenderfreundliche Vereinfachungen sollen Massenverfahren ermöglichenGleichzeitig sollten diese durch anwenderfreundliche Vereinfachungen in der Regel eine Bewertung ohne Ortsbesichtigung und Sachverständigengutachten ermöglichen S. 2614(vgl. BT-Drucks. 16/7918 S. 46). Auf Beschlussempfehlung des Finanzausschusses v.  (BT-Drucks. 16/11075) wurden die Vorgaben statt durch Rechtsverordnung in Gestalt der §§ 183 bis 191 BewG Teil des Erbschaftsteuerreformgesetzes v.  (BGBl 2008 I S. 3018). Aus dem Bericht des Finanzausschusses zur Beschlussempfehlung geht aus den Erläuterungen der einzelnen Normen hervor, dass diese im Wesentlichen nach dem Leitbild der WertV 1988 entworfen wurden, gleichzeitig aber versucht wurde, die Bewertung so einfach handhabbar wie möglich zu gestalten (vgl. BT-Drucks. 16/11107 v. , S. 17 ff.). Die Bewertungsvorschriften finden für die Erbschaftsteuer für Bewertungsstichtage ab dem Anwendung.

[i]Neugestaltung der Ersatzbemessungsgrundlage für die GrEStFür Zwecke der Berechnung der Ersatzbemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer (§ 8 Abs. 2 GrEStG) griff der Gesetzgeber nach den Beschlüssen des , 1 BvL 14/11 (BStBl 2015 II S. 871) zur Verfassungswidrigkeit der Bedarfswerte auf die für die Erbschaftsteuer bestehenden Wertermittlungsvorschriften zurück und änderte den gesetzlichen Verweis in § 8 Abs. 2 GrEStG im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 (BGBl 2015 I S. 1834). [i]Braun/Eisele, NWB 36/2015 S. 2648 Hierbei bezog sich der Finanzausschuss, auf dessen Beschlussempfehlung hin auch hier die Aufnahme ins Gesetz erfolgte, auf die Ausführungen des BVerfG, die Bewertungsverfahren für Erbschaftsteuerzwecke kämen „dem Verkehrswert jedenfalls deutlich näher als die für die Grunderwerbsteuer geltenden Bewertungsregeln“ (vgl. BT-Drucks. 18/6094 S. 86), und wertete dieses offenbar als Beleg, dass bei einer geforderten Annäherung an gemeine Werte auch für andere Steuerarten die Normen des Sechsten Abschnitts im Zweiten Teil des BewG herangezogen werden könnten. Der Verweis gilt grundsätzlich ab dem (Tag nach der Verkündung im BGBl). Gemäß § 23 Abs. 14 Satz 1 und 2 GrEStG i. V. mit § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gilt er außerdem rückwirkend für alle Erwerbsvorgänge nach dem , für die die Steuer bis zum noch nicht festgesetzt worden ist (vgl. auch Teil I, unter III, 2, b).