BGH Urteil v. - X ZR 61/20

Arbeitnehmererfindung: Verpflichtung des Arbeitgebers zur Übertragung des Schutzrechts an den Arbeitnehmer nach einer Mitteilung über die Aufgabe des Schutzrechts - Zündlanze

Leitsatz

Zündlanze

Ein Arbeitgeber ist nach einer Mitteilung im Sinne von § 16 Abs. 1 ArbNErfG nur dann zur Übertragung des Rechts an den Arbeitnehmer verpflichtet, wenn dieser ein entsprechendes Verlangen innerhalb der in § 16 Abs. 2 ArbNErfG normierten Frist äußert. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber an seiner Absicht, die Schutzrechtsanmeldung bzw. das Schutzrecht aufzugeben, nicht mehr festhält.

Gesetze: § 16 Abs 1 ArbnErfG, § 16 Abs 2 ArbnErfG

Instanzenzug: Az: 6 U 59/19 Urteilvorgehend LG Mannheim Az: 2 O 63/18

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die Beklagte auf die Einräumung einer hälftigen Mitberechtigung an einem deutschen Patent in Anspruch.

2Der Kläger war bei der Beklagten von November 2004 bis Ende September 2015 beschäftigt, zunächst als Entwicklungsingenieur und zuletzt als Leiter der Entwicklungsabteilung. Im Rahmen seiner Tätigkeit entwickelte er gemeinsam mit einem weiteren Mitarbeiter eine Zündlanze zum Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen. Die Beklagte hat die Erfindung in Anspruch genommen und am zum Patent angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Patents wurde am veröffentlicht.

3Nach dem Ausscheiden des Klägers teilte der Geschäftsführer der Beklagten ihm mit E-Mail vom mit, dass eine Arbeitnehmererfindervergütung für sechs Jahre in Höhe von 3.541,20 Euro je Erfinder gezahlt und die Jahresgebühr für das Patent letztmalig für 2017 entrichtet werde. Nachdem der Kläger Einwendungen gegen die Höhe der Vergütung erhoben hatte, erklärte die Beklagte in einer weiteren E-Mail vom unter anderem, sie werde das Patent nach einer Laufzeit von sechs Jahren nicht weiter aufrechterhalten.

4Der Kläger lieferte bei der Deutschen Post AG einen an die Beklagte gerichteten Brief vom ein, in dem er mitteilte, er nehme das Patent nach Ablauf der sechs Jahre für sich in Anspruch. Der Zugang dieses Schreibens an die Beklagte steht zwischen den Parteien im Streit.

5Der Kläger ist mittlerweile bei einem Unternehmen beschäftigt, das nach seinem Eintritt den Vertrieb von Produkten aufgenommen hat, die mit denen der Beklagten in Wettbewerb stehen. Im Mai 2017 erklärte die Beklagte unter Hinweis darauf, sie wolle das Patent nicht freigeben.

6Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Berechtigung an dem Patent zur Hälfte abzutreten. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, der die Beklagte entgegentritt.

Gründe

7Die Revision des Klägers bleibt erfolglos.

8I. Das Berufungsgericht (OLG Karlsruhe, GRUR 2021, 52) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9Die nach § 16 Abs. 1 ArbNErfG erforderliche Mitteilung der Beklagten, das auf die Diensterfindung erteilte Schutzrecht nicht aufrechterhalten zu wollen, sei am erfolgt. Mit dem Hinweis auf die Absicht, die Jahresgebühr letztmals für 2017 zu entrichten, habe die Beklagte ihren Entschluss zur Aufgabe des Schutzrechts hinreichend deutlich erklärt. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die Nichtzahlung der Jahresgebühr zum Erlöschen des Patents führe. Die Wirksamkeit einer solchen Erklärung setze weder voraus, dass dem Arbeitnehmer zugleich mitgeteilt werde, dass ein auf drei Monate befristetes Recht zur Äußerung bestehe, noch hänge sie davon ab, dass sie gegenüber allen Miterfindern erfolge.

10Zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Kläger die Übertragung des Patents an sich verlangt habe, seien bereits mehr als drei Monate seit der Mitteilung der Beklagten verstrichen gewesen. Dies gelte auch dann, wenn man zugunsten des Klägers annehme, dass sein Schreiben vom der Beklagten tags darauf zugegangen sei. Mit der Mitteilung der Beklagten vom habe diese lediglich ihre bereits zuvor mitgeteilte Absicht bestätigt, das Patent aufgeben zu wollen. Diese Mitteilung habe daher weder ein neues Recht des Klägers begründet, die Übertragung des Rechts zu verlangen, noch eine weitere Frist in Lauf gesetzt.

11Daher könne der Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte ihm eine Mitberechtigung am Patent einräume. Zwar ergäben sich aus dem Wortlaut von § 16 ArbNErfG sowie der Entstehungsgeschichte dieser Norm keine klaren Schlussfolgerungen in die eine oder andere Richtung. Sowohl die Systematik als auch Sinn und Zweck der Norm sprächen jedoch für dieses Verständnis. Zweck der Regelung sei es, dem Arbeitnehmer die Übernahme des Rechts vor dessen Aufgabe zu ermöglichen, nach fruchtlosem Fristablauf jedoch dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu eröffnen, das Schutzrecht aufzugeben, ohne sich Schadensersatzansprüchen auszusetzen. Ein Verständnis der in § 16 Abs. 2 ArbNErfG normierten Frist als Ausschlussfrist entspreche dem Anliegen einer baldigen Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Bezug auf die Diensterfindung. Wäre der Arbeitnehmer auch noch nach dem Ablauf der Frist befugt, die Übertragung zu verlangen, führte dies zu erheblichen Belastungen und Unsicherheiten auf Seiten des Arbeitgebers. Zudem fehle es an einer inneren Rechtfertigung dafür, dem Arbeitnehmer das Recht, eine Übertragung des Patents zu verlangen, auch noch nach Fristablauf zuzubilligen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist dürfe der Arbeitgeber davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer kein Interesse an der Übertragung des Rechts habe, und sei in seinen Dispositionen über das Schutzrecht wieder frei.

12II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Einräumung einer Mitberechtigung an dem Patent nicht zusteht.

131. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt, dass der Arbeitgeber zur Übertragung der Anmeldung bzw. des Patents nicht verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der in § 16 Abs. 2 ArbNErfG normierten Frist von drei Monaten ein entsprechendes Verlangen an ihn richtet.

14a) Nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen hat der Arbeitgeber die Befugnis, eine Diensterfindung in Anspruch zu nehmen (§ 6 ArbNErfG).

15Durch die Inanspruchnahme gehen die vermögenswerten Rechte an der Diensterfindung auf den Arbeitgeber über (§ 7 ArbNErfG). Dieser ist im Gegenzug verpflichtet, den Arbeitnehmer angemessen zu vergüten (§ 9 ArbNErfG) und die Diensterfindung unverzüglich zur Erteilung eines Schutzrechts anzumelden (§ 13 ArbNErfG). Damit geht die Verpflichtung des Arbeitgebers einher, die mit dem Erteilungsverfahren in Zusammenhang stehenden Kosten, ferner die Kosten der Aufrechterhaltung einer Patentanmeldung und eines darauf erteilten Patents zu tragen.

16b) § 16 ArbNErfG sieht die Möglichkeit vor, dass der Arbeitgeber, der eine Diensterfindung in Anspruch genommen hat, eine daraus hervorgegangene Patentanmeldung nicht weiterverfolgt oder ein erteiltes Patent auch dann nicht aufrechterhält, wenn der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers noch nicht erfüllt ist.

17Die Regelung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass sich eine Erfindung oder ein Schutzrecht oft schon nach kurzer Zeit, etwa infolge der Weiterentwicklung der Technik oder durch eine Veränderung der Marktverhältnisse, als überholt erweist und sich die Weiterverfolgung einer Anmeldung oder die Aufrechterhaltung eines Patents bis zum Ablauf der gesetzlichen Höchstschutzdauer für den Arbeitgeber wirtschaftlich nicht lohnt (BT-Drucks. 2/1648 S. 33; , GRUR 1988, 762, 763 - Windform). Bei einer solchen Sachlage soll der Arbeitgeber die Möglichkeit haben, die Aufwendungen zu begrenzen, die mit einer Anmeldung der Diensterfindung zum Patent einhergehen. Das Gesetz überlässt es allein dem Arbeitgeber, entsprechende wirtschaftliche Überlegungen anzustellen und entsprechend über seine Schutzrechte zu disponieren (BGH GRUR 1988, 762, 763 - Windform).

18Ist zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber einen entsprechenden Entschluss fasst, der durch die Inanspruchnahme der Erfindung begründete Anspruch des Arbeitnehmers auf angemessene Vergütung bereits vollständig erfüllt, darf der Arbeitgeber das Recht aufgeben, ohne die Einwilligung des Erfinders einholen oder ihn auch nur befragen zu müssen (, GRUR 1963, 315, 317 - Pauschalabfindung).

19Anders verhält es sich, wenn - wie hier - der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers noch nicht erfüllt ist. Zwar ist es dem Arbeitgeber auch in diesem Fall möglich, sich von den mit der Anmeldung oder der Aufrechterhaltung des Patents verbundenen finanziellen Belastungen zu befreien. Nach § 16 ArbNErfG muss er dem Arbeitnehmererfinder dann aber einen Ausgleich gewähren, und zwar dadurch, dass er die Anmeldung bzw. das Patent auf Verlangen auf den Arbeitnehmer überträgt. Die Verpflichtung zur Übertragung entsteht, wenn der Arbeitnehmer auf die in § 16 Abs. 1 ArbNErfG vorgeschriebene Mitteilung hin ein entsprechendes Verlangen an den Arbeitgeber richtet (, GRUR 2002, 609, juris Rn. 28 f. - Drahtinjektionseinrichtung).

20c) Zu Recht hat das Berufungsgericht - in Einklang mit der mit der einhelligen Ansicht in der Literatur (Bartenbach/Volz, ArbNErfG, 6. Auflage 2019, § 16 Rn. 31; Busse/Keukenschrijver, PatG, 9. Auflage 2020, § 16 ArbNErfG Rn. 19; Hoppe-Jänisch in Boemke/Kursawe, ArbNErfG § 16 Rn. 139; Volmer/Gaul, ArbNErfG, 2. Auflage 1983, § 16 Rn. 166 f.; ebenso Schiedsstelle, Einigungsvorschlag Arb.Erf. 35/11, S. 4 f.) - entschieden, dass eine Pflicht zur Übertragung nur dann besteht, wenn der Arbeitnehmer ein entsprechendes Verlangen innerhalb der in § 16 Abs. 2 ArbNErfG normierten Frist äußert, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt an seiner Absicht festhält, das Recht aufzugeben.

21aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, ergibt sich dies allerdings nicht schon aus dem Wortlaut des Gesetzes.

22§ 16 Abs. 2 ArbNErfG ist nur zu entnehmen, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, das Recht aufzugeben, sofern der Arbeitnehmer nicht innerhalb von drei Monaten ab Zugang der Mitteilung nach § 16 Abs. 1 ArbNErfG die Übertragung des Rechts verlangt. Wie sich die Rechtslage darstellt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Frist kein Übertragungsverlangen an den Arbeitgeber richtet und dieser an der zum Ausdruck gebrachten Aufgabeabsicht nicht mehr festhält, ist nicht ausdrücklich geregelt. Auch die Materialien (BT-Drucks. 2/1648 S. 33 f.) sind insoweit unergiebig.

23bb) Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen dafür, dass der Arbeitnehmer die Übertragung nach Ablauf der in § 16 Abs. 2 ArbNErfG bestimmten Frist nicht mehr verlangen kann.

24(1) § 16 ArbNErfG dient dem Zweck, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Arbeitnehmers an einer vollständigen Vergütung für seine Diensterfindung und dem Interesse des Arbeitgebers daran zu schaffen, den Aufwand und die Kosten für eine Patentanmeldung oder ein Patent, die aus der Diensterfindung hervorgegangen sind, zu begrenzen.

25Ein solcher Ausgleich der Interessen ist geboten, weil zu dem Recht, das auf die Diensterfindung zurückgeht, beide Seiten einen Beitrag geleistet haben. Einerseits beruht ein solches Recht auf einer Erfindung des Arbeitnehmers. Andererseits handelt es sich um eine gebundene Erfindung, da sie aus der dem Arbeitnehmer obliegenden Tätigkeit entstanden ist oder maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebs beruht (§ 4 Abs. 2 ArbNErfG). Zudem fallen die für die Anmeldung der Erfindung zum Patent und für dessen Aufrechterhaltung einhergehenden Kosten dem Arbeitgeber zur Last (§ 13 ArbNErfG).

26Um diesen Interessenausgleich zu gewährleisten, ist die - grundsätzlich unbeschränkte - Befugnis des Arbeitgebers, über die aus der Diensterfindung hervorgegangenen Schutzrechte zu verfügen, eingeschränkt, solange der Anspruch des Arbeitnehmers auf angemessene Vergütung (§ 9 ArbNErfG) noch nicht vollständig erfüllt ist. Der Arbeitgeber ist zwar auch in dieser Konstellation nicht verpflichtet, an den entstandenen Rechten festzuhalten; er muss dem Arbeitnehmer aber die Möglichkeit geben, diese Rechte zu übernehmen. Dem Arbeitnehmer steht hierfür eine Überlegungsfrist von drei Monaten zur Verfügung, in der er sich, gegebenenfalls nach Einholung fachkundigen Rats, darüber klarwerden kann, ob er die aus der Übertragung des Rechts resultierenden Chancen ergreifen und die damit verbundenen Belastungen übernehmen möchte. Bis zum Ablauf dieser Frist bleibt der Arbeitgeber verpflichtet, alle ihm zumutbaren Maßnahmen zu treffen, um das Recht in dem Zustand zu erhalten, in dem es sich zum Zeitpunkt der Mitteilung der Aufgabeabsicht befunden hat (, GRUR 2002, 609, juris Rn. 46 - Drahtinjektionseinrichtung).

27Verlangt der Arbeitnehmer die Übertragung des Rechts, begründet der Zugang einer entsprechenden Erklärung wie bereits erwähnt einen schuldrechtlichen Übertragungsanspruch gegen den Arbeitgeber (BGH GRUR 2002, 609, juris Rn. 28 f. - Drahtinjektionseinrichtung).

28Verstreicht die Frist, ohne dass der Arbeitnehmer ein Übertragungsverlangen geäußert hat, darf der Arbeitgeber annehmen, dass der Arbeitnehmer kein Interesse an einer Übernahme des Rechts hat. Deshalb ist er nach § 16 Abs. 2 ArbNErfG berechtigt, das Recht aufzugeben, ohne sich Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers auszusetzen. Ohne Belang ist insoweit, ob der Arbeitgeber das Recht unmittelbar nach Ablauf der Frist aufgibt, indem er etwa gegenüber dem Patentamt auf das Patent verzichtet (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG), oder erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa indem er die Frist zur Zahlung der nächsten Jahresgebühr verstreichen lässt.

29(2) Entgegen der Auffassung der Revision muss der Arbeitgeber einem nach Ablauf dieser Frist zugegangenen Übertragungsverlangen auch dann nicht entsprechen, wenn er an seiner zum Ausdruck gebrachten Aufgabeabsicht nicht festhält. In dieser Lage steht es ihm vielmehr frei, es beim ursprünglichen Zustand zu belassen, also die Rechte weiter aufrechtzuerhalten und den Arbeitnehmer angemessen zu vergüten.

30Nach § 16 Abs. 2 ArbNErfG ist der Arbeitgeber nach Ablauf der Frist berechtigt, das Recht aufzugeben. Eine Pflicht zur Aufgabe des Rechts sieht das Gesetz nicht vor. Eine solche Pflicht käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer aus einer Mitteilung nach § 16 Abs. 1 ArbNErfG das berechtigte Vertrauen darauf ableiten könnte, dass der Arbeitnehmer seine geäußerte Absicht nach Ablauf der Frist in die Tat umsetzen wird. Hierfür besteht kein zureichender Grund, weil die Aufgabe auch für den Arbeitnehmer nicht ohne weiteres vorteilhaft ist und das Gesetz ihm nur die Möglichkeit eröffnet, eine angekündigte Aufgabe des Rechts innerhalb einer Frist von drei Monaten abzuwenden.

31Angesichts dessen verbleibt es nach Ablauf der Frist des § 16 Abs. 2 ArbNErfG bei dem Grundsatz, dass das Recht zur Nutzung der technischen Lehre aufgrund der Inanspruchnahme der Diensterfindung dem Arbeitgeber zusteht. Die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers werden hierdurch nicht beeinträchtigt, weil er seinen Anspruch auf angemessene Vergütung behält.

32Vor diesem Hintergrund bedarf es entgegen der Auffassung der Revision auch keiner ausdrücklichen oder konkludenten Erklärung des Arbeitgebers, dass er das Recht entgegen seiner zum Ausdruck gebrachten Absicht aufrechterhalten will.

33(3) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dieser Regelung nicht die Gefahr, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine in Wirklichkeit nicht bestehende Aufgabeabsicht vorspiegelt.

34Der Arbeitgeber müsste in dieser Konstellation damit rechnen, dass der Arbeitnehmer die Übertragung des Rechts verlangt und er seine Rechtsstellung deshalb verliert. Schon dieses Risiko lässt es aus Sicht eines besonnenen Arbeitgebers als untunlich erscheinen, zum Schein in Aussicht zu stellen, dass er die Rechte aufgeben wolle.

35Zudem ist ein Arbeitgeber, der sich entgegen einer erklärten Ankündigung zur Aufrechterhaltung entschlossen hat, zu einer erneuten Ankündigung nach § 16 Abs. 1 ArbNErfG verpflichtet, wenn er sich später abermals für eine Aufgabe entscheidet (Bartenbach/Volz, ArbNErfG, 6. Auflage 2019, § 16 Rn. 32).

362. Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die E-Mail vom den Anforderungen an eine Mitteilung der Aufgabeabsicht nach § 16 Abs. 1 ArbNErfG genügt und ein am zugegangenes Übertragungsverlangen deshalb keinen Übertragungsanspruch des Klägers begründen konnte.

37a) In welcher Weise der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seine Absicht zur Aufgabe des Patents zu informieren hat, gibt § 16 Abs. 1 ArbNErfG nicht im Einzelnen vor.

38b) Nach dem Zweck der Norm muss der Arbeitnehmer der Mitteilung hinreichend deutlich entnehmen können, dass der Arbeitgeber den Entschluss gefasst hat, die Patentanmeldung nicht weiter zu verfolgen oder das Patent nicht aufrechtzuerhalten, damit er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist nutzen und gegebenenfalls rechtzeitig ein Übertragungsverlangen an den Arbeitgeber richten kann. Die Anforderungen an eine solche Mitteilung hängen auch von den für den Arbeitgeber erkennbaren Verständnismöglichkeiten des betroffenen Arbeitnehmers ab.

39Diesen Anforderungen wird die E-Mail vom gerecht. Aus ihr geht hinreichend deutlich hervor, dass die Beklagte beabsichtigt, die Jahresgebühren nur noch bis 2017 zu zahlen. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger als ehemaligem Leiter der Entwicklungsabteilung der Beklagten die rechtlichen Konsequenzen einer solchen Vorgehensweise bekannt. Folglich durfte die Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger den Inhalt ihrer Ankündigung zutreffend erfassen wird.

40c) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine ausdrückliche Anfrage, ob der Arbeitnehmer an einer Übergabe interessiert ist, oder eine Belehrung über die Frist des § 16 Abs. 2 ArbNErfG nicht erforderlich sind.

41§ 16 Abs. 1 ArbNErfG sieht solche Erfordernisse nicht vor. § 16 Abs. 2 ArbNErfG knüpft den Fristbeginn lediglich an den Zugang der Mitteilung, nicht aber an weitere Voraussetzungen.

42d) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Frist des § 16 Abs. 1 ArbNErfG bereits mit der ersten ordnungsgemäßen Mitteilung zu laufen beginnt und eine Wiederholung dieser Mitteilung nicht zu einem Neubeginn der bereits laufenden Frist führt.

43Mit einer hinreichend deutlichen Mitteilung ist der Arbeitnehmer in die Lage versetzt, von der ihm eingeräumten Überlegungsfrist Gebrauch zu machen. Eine erneute Mitteilung während des Fristlaufs führt insoweit nicht zu einer relevanten Änderung und kann deshalb keinen Neubeginn der Frist bewirken.

44III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:270721UXZR61.20.0

Fundstelle(n):
DB 2021 S. 2215 Nr. 38
NJW 2021 S. 10 Nr. 38
JAAAH-87432