BGH Beschluss v. - IX ZB 85/19

Vergütung des Insolvenzverwalters: Anspruch auf eine Mehrvergütung bei freihändiger Veräußerung eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Grundstücks; Vereinbarung eines Kostenbeitrags für die Verwertung einer Immobilie zu Gunsten der Masse; Vergleichsberechnung zur Ermittlung der Höhe der Mehrvergütung

Leitsatz

1. Im Fall der freihändigen Veräußerung eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Grundstücks durch den Insolvenzverwalter kann dieser Anspruch auf eine Mehrvergütung haben, die sich auf höchstens 2% des Verwertungserlöses beläuft.

2. Ist zwischen Verwalter und Absonderungsberechtigten allgemein ein Kostenbeitrag für die Verwertung einer Immobilie zu Gunsten der Masse vereinbart worden, beträgt der für die Vergütung maßgebliche Anteil der Feststellungskosten 4/9 dieses Beitrags.

3. Bei der zur Ermittlung der Höhe der Mehrvergütung gebotenen Vergleichsberechnung ist jeweils darauf abzustellen, wie hoch die Vergütung unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen konkret wäre. Der auf höchstens 50% der Feststellungskosten begrenzte Differenzbetrag bildet abschließend die dem Insolvenzverwalter zu gewährende Mehrvergütung.

Gesetze: § 63 Abs 1 InsO, § 1 Abs 2 Nr 1 InsVV

Instanzenzug: LG Memmingen Az: 44 T 1475/19vorgehend AG Memmingen Az: 1 IN 175/12

Gründe

I.

1Das Insolvenzgericht eröffnete mit Beschluss vom das Insolvenzverfahren über das Vermögen der V.   GmbH (fortan: Schuldnerin) und bestellte den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter. Der weitere Beteiligte veräußerte eine mit Absonderungsrechten belastete Betriebsimmobilie der Schuldnerin freihändig. Aus einem im Hinblick auf diese Veräußerung vereinbarten Kostenbeitrag und an weiteren, gesetzlichen Feststellungskostenbeiträgen flossen insgesamt 323.708,91 € an die Masse. Die Masse abzüglich der durch die Veräußerung der Absonderungsgegenstände erzielten Erlöse belief sich auf 4.377.506,42 €. Der weitere Beteiligte hat für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter eine Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV in Höhe von 161.854,46 € - die Hälfte der genannten Kostenbeiträge - zugrunde gelegt und einen Zuschlag in Höhe der 1,1-fachen, die Mehrvergütung einschließenden Regelvergütung beantragt. Das Insolvenzgericht hat Zuschläge von 40 % auf die Regelvergütung einschließlich Mehrvergütung zuerkannt. Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein erstinstanzliches Vergütungsbegehren weiter.

II.

2Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

31. Das Beschwerdegericht hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Insolvenzgerichts gemeint, die geltend gemachten Erschwernisse rechtfertigten bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nur einen Zuschlag in Höhe von 40 % der Regelvergütung. Zu berücksichtigen sei, dass die Arbeit des weiteren Beteiligten durch seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter erheblich vereinfacht worden sei. Weitere Erleichterungen ergäben sich daraus, dass der weitere Beteiligte auf Kosten der Masse Dritte mit rechtlichen Dienstleistungen beauftragt habe. Maßgeblich für den Erhöhungsfaktor von 40 % sei jedoch der Umstand, dass sich der Zuschlag auch auf die Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV beziehe. Die Begrenzung der Mehrvergütung auf 50 % des für die Feststellung in die Masse geflossenen Beitrags werde verfehlt, wenn - wie vom weiteren Beteiligten beantragt - infolge eines Gesamtzuschlags von über 100 % der Verwalter mehr erhalte, als durch die Verwertungstätigkeit zur Masse gelangt sei.

42. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

5a) Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde, dass die angefochtene Entscheidung im Sinne der § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO nicht mit Gründen versehen sei. Trotz der fehlenden Wiedergabe des Beschwerdeantrags lässt sich das Rechtsschutzziel des weiteren Beteiligten - die Weiterverfolgung seines zuletzt gestellten Vergütungsantrags - noch hinreichend aus dem angefochtenen Beschluss und den darin in Bezug genommenen Entscheidungen des Insolvenzgerichts entnehmen.

6b) Von Rechtsfehlern beeinflusst ist hingegen die Auffassung des Beschwerdegerichts, bei der Bemessung der Höhe eines Zuschlages zur Regelvergütung sei maßgeblich auf die Auswirkungen des Zuschlages auf die Höhe der Mehrvergütung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV abzustellen.

7Ob die Voraussetzungen für einen Zuschlag gemäß § 3 InsVV vorliegen und wie hoch dieser zu bemessen ist, muss vom Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall entschieden werden. Dessen Entscheidung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt. Zu prüfen sind die Maßstäbe (Rechtsgrundsätze) und ihre Beachtung, nach denen das Leistungsbild der entfalteten Verwaltertätigkeit im Einzelfall gewürdigt und zu dem Grundsatz einer leistungsangemessenen Vergütung (§ 63 InsO) in Beziehung gesetzt worden ist (vgl. etwa , ZIP 2002, 1459, 1460; vom - IX ZB 169/11, ZInsO 2013, 2288 Rn. 4; vom - IX ZB 2/19, ZIP 2019, 2021 Rn. 22).

8Eine solche Maßstabsverschiebung liegt im Streitfall vor. Mit Zu- und Abschlägen zur Regelvergütung soll dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Insolvenzverwalters Rechnung getragen werden (§ 63 Abs. 1 Satz 3 InsO). Zu- und Abschläge sind tätigkeitsbezogen und sollen es ermöglichen, einem erheblichen Mehr- oder Minderaufwand des Verwalters gerecht zu werden (vgl. , ZInsO 2007, 439 Rn. 10; vom - IX ZB 2/19, ZIP 2019, 2021 Rn. 19). Ihre Bemessung dient nicht dazu, der Begrenzung einer Mehrvergütung des Insolvenzverwalters nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV Geltung zu verschaffen.

93. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 577 Abs. 3 ZPO). Der Rechtsfehler beschwert den weiteren Beteiligten nicht. Vielmehr kommt im Ergebnis eine höhere als die vom Insolvenzgericht zuerkannte Vergütung auch bei voller Berücksichtigung des von ihm geltend gemachten Gesamtzuschlags von 110 % nicht in Betracht.

10a) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass dem Insolvenzverwalter auch bei einer Verwertung eines mit Absonderungsrechten belasteten Grundstücks eine Mehrvergütung entsprechend den Grundsätzen des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV zusteht. Diese Mehrvergütung ist allerdings in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV auf die Hälfte des für die Feststellung in die Masse geflossenen Betrags begrenzt.

11Der Senat hat bislang offenlassen können, ob dem Insolvenzverwalter im Fall der freihändigen Verwertung einer Immobilie, bei der der Masse ein mit dem Absonderungsberechtigten frei vereinbarter Kostenbeitrag zugute kommt, eine Mehrvergütung entsprechend § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV zuzusprechen ist oder ob sich die Vergütung in einem solchen Fall gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV (nur) nach der um den erzielten Kostenbeitrag erhöhten Masse berechnet (vgl. , juris Rn. 2; vom - IX ZB 141/11, ZInsO 2013, 1104 Rn. 2; vom - IX ZB 17/15, WM 2016, 1304 Rn. 11 f; vom - IX ZB 84/16, WM 2017, 2035 Rn. 16).

12aa) Die Frage wird unterschiedlich beantwortet. Von der ganz überwiegenden Auffassung wird eine entsprechende Anwendung bejaht, also eine Berechnung wie bei beweglichen Sachen vorgenommen (vgl. LG Heilbronn, ZInsO 2011, 1958, 1959; Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, § 1 InsVV Rn. 43; MünchKomm-InsO/Riedel, 4. Aufl., § 1 InsVV Rn. 19; HmbKomm-InsO/Büttner, 8. Aufl., § 1 InsVV Rn. 34; HK-InsO/Keller, 10. Aufl., § 1 InsVV Rn. 23; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 1 Rn. 62; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 5. Aufl., § 3 Rn. 83). Dabei wird zum Teil eine ausdrückliche Bezeichnung und Bestimmbarkeit des in Frage stehenden Betrages als Feststellungskostenbeitrag als Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV verlangt (LG Heilbronn, aaO; Haarmeyer/Mock, aaO). Von anderen Vertretern dieser Meinungsgruppe wird vorgeschlagen, einen - wie im vorliegenden Fall nach dem Rechtsbeschwerdevorbringen - nicht näher bezeichneten Kostenbeitrag des Absonderungsgläubigers entsprechend § 171 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 InsO im Verhältnis 4 zu 5 zu quoteln und so einen für die Vergütung berücksichtigungsfähigen Anteil der Feststellungskosten zu ermitteln (Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, aaO; HmbKomm-InsO/Büttner, aaO; HK-InsO/Keller, aaO). Die Gegenauffassung lehnt eine entsprechende Anwendung der Vorschrift im Falle einer freihändigen Grundstücksverwertung grundsätzlich ab (Graf-Schlicker/Steh, InsO, 5. Aufl., § 1 InsVV Rn. 24; Graeber/Graeber, InsVV, 3. Aufl., § 1 Rn. 103 f; Weis/Ristelhuber, ZInsO 2002, 859, 860 f).

13bb) Der Senat folgt der herrschenden Meinung und bejaht eine entsprechende Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV auf die freihändige Verwertung von Immobilien durch den Insolvenzverwalter.

14(1) Allerdings könnte die im Verordnungstext gewählte Formulierung auf den ersten Blick für die zuletzt genannte Auffassung sprechen. Denn Kosten der Feststellung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV sieht die Insolvenzordnung nur bei der Veräußerung von beweglichen Gegenständen vor. Nach § 171 Abs. 1 Satz 1 InsO umfassen diese Kosten diejenigen der tatsächlichen Feststellung des Gegenstands und der Feststellung der Rechte an diesem. Nach § 171 Abs. 1 Satz 2 sind die Kosten pauschal mit vier vom Hundert des Verwertungserlöses anzusetzen. Parallel dazu bestimmt § 10 Abs. 1 Nr. 1a Halbsatz 2 ZVG in Verbindung mit § 74a Abs. 5 Satz 2 ZVG für die Zwangsversteigerung ebenfalls eine Kostenpauschale in Höhe von vier vom Hundert für die Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt.

15(2) Der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV darf jedoch nicht auf die Fälle verengt werden, in denen gesetzlich geregelte Feststellungskosten anfallen. Für ein weites Verständnis des Anwendungsbereichs der Regelung spricht ihr systematischer Zusammenhang. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 InsVV sieht für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage im Ausgangspunkt die Berücksichtigung sämtlicher mit Absonderungsrechten belasteter, von dem Verwalter verwerteter Massegegenstände vor, ohne Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen Gegenständen. Dies stimmt mit § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO überein, wonach sich die Verwaltervergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse berechnet. Zu dieser gehören auch mit Absonderungsrechten belastete Immobilien. Dann erscheint es folgerichtig anzunehmen, dass vereinbarte Kostenbeiträge im Zusammenhang mit der freihändigen Verwertung von Immobilien nicht nur nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV als ein der Masse zugutekommender Überschuss der Grundstücksverwertung die Berechnungsgrundlage erhöhen, sondern auch Anknüpfungspunkt einer Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV sein können.

16Dies steht in keinem Widerspruch zu den Materialien. Aus der Begründung zur Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (abgedruckt u.a. bei Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., dort zu 4., dritter Absatz) folgt, dass das Augenmerk des Verordnungsgebers bei der Fassung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV der Vermeidung einer übermäßigen Vergütung des Insolvenzverwalters durch die Verwertung von mit Absonderungsrechten belasteten Gegenständen galt. Deshalb sah er sich veranlasst, die grundsätzlich bestimmte Berücksichtigung von Absonderungsgegenständen in der Berechnungsgrundlage nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 InsVV durch die Einführung einer Kappungsgrenze in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV zu begrenzen. Auch wenn die Begründung der Verordnung in diesem Kontext auf die damals neuen Regelungen zu den gesetzlichen Feststellungskosten in § 171 Abs. 1 InsO und § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG abzielt, lassen sich diese Überlegungen auf die freihändige Verwertung von Grundstücken durch den Verwalter übertragen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Verordnungsgeber seinerzeit schlicht nicht bedacht hat, dass auch in einem solchen Fall Kostenbeiträge zur Masse fließen können (vgl. Graeber/Graeber, InsVV, 3. Aufl. § 1 Rn. 103). Jedenfalls lässt sich der Begründung ebenso wenig wie dem Text der Verordnung selbst entnehmen, dass eine entsprechende Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV bei der freihändigen Immobilienveräußerung ausgeschlossen sein soll. Im Gegenteil wäre es nach dem Sinn und Zweck der Regelung geradezu unverständlich, wenn solche Vorgänge davon nicht erfasst würden (vgl. Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, § 1 Rn. 43).

17Die Interessenlage bei der Verwertung von mit Absonderungsrechten belasteten Mobilien einerseits und von Immobilien andererseits ist schließlich nicht nur unter dem Aspekt einer Begrenzung der Verwaltervergütung gleichgelagert. Vielmehr geht es in beiden Fällen auch und gerade darum, im Interesse der Absonderungsberechtigten und der übrigen Gläubiger (Erhöhung der Masse und der Quote der nicht gesicherten Gläubiger, vgl. , WM 2016, 1304 Rn. 12; Graeber/Graeber, aaO Rn. 99) einen (genügenden) Anreiz für die Verwertung derartiger Gegenstände durch den Insolvenzverwalter zu setzen. Wäre eine Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV bei der freihändigen Veräußerung von Grundstücken ausgeschlossen, könnte das ungeachtet der Pflicht des Verwalters zur bestmöglichen Verwertung (, NZI 2011, 138 Rn. 15) und seiner eventuellen Haftung nach § 60 InsO bei Verletzung dieser Pflicht nachteilige Auswirkungen auf die Effizienz von solchen Verwertungshandlungen haben.

18cc) Die Intention des Verordnungsgebers, die sich aufgrund einer Vergleichsberechnung ergebende Mehrvergütung im Interesse der Masse nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV zu begrenzen, gilt allerdings für die freihändige Verwertung von Immobilien nicht anders als bei der Verwertung von beweglichen Gegenständen durch den Insolvenzverwalter. Auch im erstgenannten Fall muss sichergestellt sein, dass die Masse infolge der Einbeziehung von solchen Vermögensgegenständen in die Berechnungsgrundlage, die aufgrund ihrer Belastung mit Absonderungsrechten für die Zahlung der Vergütung tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, nicht von der Verwaltervergütung aufgezehrt wird (Begründung zu § 1 InsVV bei Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO). Zwar besteht vor diesem Hintergrund kein Anlass, den von dem Verwalter auszuhandelnden Kostenbeitrag auf einen bestimmten Prozentsatz des Verwertungserlöses zu begrenzen, weil die Masse und die ungesicherten Gläubiger von einer möglichst hohen Zahlung des Absonderungsberechtigten profitieren. Zu beschränken ist aber die Mehrvergütung des Verwalters, und zwar entsprechend der Regelung für bewegliche Gegenstände (50 % der gesetzlichen Feststellungskosten in Höhe von vier vom Hundert des Erlöses gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 InsO und § 10 Abs. 1 Nr. 1a Halbsatz 2 ZVG) auf höchstens 2 % des für den Absonderungsgegenstand erzielten Verwertungserlöses (vgl. Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 1 Rn. 62; MünchKomm-InsO/Riedel, 4. Aufl., § 1 InsVV Rn. 20; HK-InsO/Keller, 10. Aufl., § 1 InsVV Rn. 26; HmbKomm-InsO/Büttner, 8. Aufl., § 1 InsVV Rn. 34; BeckOK-InsO/Budnik, 2021, § 1 InsVV Rn. 19; Nerlich/Römermann/Stephan, InsO, 2017, § 1 InsVV Rn. 16; Förster, ZInsO 2002, 575).

19Dabei muss es sich im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV um einen Beitrag für Feststellungskosten des Verwalters handeln. Ist - wie im vorliegenden Fall - nur allgemein eine Massebeteiligung vereinbart worden, muss angenommen werden, dass diese sowohl einen Beitrag für Feststellungs- als auch für Verwertungskosten enthält. Ergeben sich aus der Abrede zwischen Absonderungsgläubiger und Insolvenzverwalter keine Anhaltspunkte für eine abweichende Aufteilung, ist der Anteil der Feststellungskosten entsprechend der gesetzlichen Regelung zu beweglichen Gegenständen zu ermitteln. Nach § 171 Abs. 1 Satz 2 InsO betragen die pauschalen Feststellungskosten vier vom Hundert des Erlöses, die pauschalen Verwertungskosten werden gemäß § 171 Abs. 2 Satz 1 InsO mit fünf vom Hundert angesetzt. Für die freihändige Immobilienveräußerung durch den Verwalter folgt daraus, dass sich der Anteil der Feststellungskosten an einem nicht näher definierten Kostenbeitrag im Zweifel auf 4/9 beläuft (ebenso Prasser/Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, § 1 InsVV Rn. 43; HmbKomm-InsO/Büttner, aaO; HK-InsO/Keller, aaO Rn. 23; Graeber/Graeber, InsVV, 3. Aufl., § 1 Rn. 105).

20b) Die nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV dem Insolvenzverwalter zustehende Mehrvergütung ist jedoch - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde und anders als das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt meint - auch unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen auf 50 % des Betrags begrenzt, der für die Kosten der Feststellung in die Masse geflossen ist. Dies gilt auch für die Mehrvergütung, die sich aus der Veräußerung von mit Absonderungsrechten belasteten Grundstücken ergibt.

21aa) Allerdings trifft der Ausgangspunkt in den Überlegungen der Vorinstanzen zu, die Begrenzung der Vergütung in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV bringe die Vorstellung des Verordnungsgebers zum Ausdruck, dass die Veräußerung eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Gegenstands auch den ungesicherten Gläubigern noch einen Nutzen bringen soll, indem die zweite Hälfte des Feststellungskostenbeitrags nicht für die Vergütung des Verwalters verbraucht werden darf, sondern der Masse vorbehalten bleiben muss (vgl. die Verordnungsbegründung bei Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., dort zu 4., dritter Absatz; , WM 2016, 1304 Rn. 12; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 1 Rn. 57). Diese Wertung gilt unabhängig davon, dass die nicht gesicherten Gläubiger im Hinblick auf die Befriedigung der persönlichen Forderungen der Absonderungsgläubiger letztlich auch durch eine höhere Quote von der Verwertung der Absonderungsgegenstände profitieren.

22bb) Die Kappungsgrenze in Höhe von 50 % der Feststellungskosten stellt aber eine absolute Grenze dar. Die Mehrvergütung kann nicht über diese Grenze hinaus erhöht werden. Zwar ist auch eine Mehrvergütung Bestandteil der Regelvergütung, auf die sich Zu- und Abschläge gemäß § 3 InsVV beziehen, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat (, ZIP 2006, 1204 Rn. 48; vom - IX ZB 141/11, ZInsO 2013, 1104 Rn. 6). Soweit aus diesen Entscheidungen im Schrifttum geschlossen worden ist, die errechnete Sondervergütung könne noch (beliebig) um Zuschläge - genauso wie die Regelvergütung im Übrigen - erhöht werden (vgl. etwa MünchKomm-InsO/Riedel, 4. Aufl., § 1 InsVV Rn. 22; HK-InsO/Keller, aaO Rn. 27; HmbKomm-InsO/Büttner, aaO, Rn. 32; Graf-Schlicker/Steh, InsO, 5. Aufl., § 1 InsVV Rn. 20; Graeber/Graeber, aaO Rn. 93), beruht das aber auf einem unzutreffenden Verständnis dieser Rechtsprechung.

23cc) Auch im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV erforderlichen Vergleichsberechnung sind die Zu- und Abschläge auf die Regelvergütung zu erstrecken. Damit wird der vorgenannten Senatsrechtsprechung genügt, nach der auch die Sondervergütung Teil der Regelvergütung ist und Gegenstand von Zu- und Abschlägen sein kann. Jedoch darf der Teil der Regelvergütung, der sich aus der Mehrvergütung ergibt, durch Zuschläge nicht über 50 % der Feststellungskosten hinaus erhöht werden. Daher ist die Mehrvergütung in einem letzten Rechenschritt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV stets auf höchstens 50 % der Feststellungskosten zu begrenzen.

24c) Nach diesen Grundsätzen beträgt die dem weiteren Beteiligten zustehende Vergütung selbst unter Zugrundelegung des von ihm begehrten Zuschlags von 110 % höchstens 347.459,73 € netto. Da das Insolvenzgericht eine Vergütung in Höhe von 388.016,42 € netto zugesprochen hat, ist der weitere Beteiligte durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert. Das ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:

25Der für die Betriebsimmobilie erzielte, nicht näher qualifizierte Kostenbeitrag des Absonderungsgläubigers beläuft sich nach dem Rechtsbeschwerdevorbringen auf 203.490 €. Das sind 3,57 % des Veräußerungserlöses. Der berücksichtigungsfähige Feststellungskostenanteil von 4/9 dieser Zahlung in die Masse beträgt 90.440 €. Hinzu kommen die angefallenen gesetzlichen Feststellungskosten für die Verwertung von beweglichen Gegenständen in Höhe von 120.218,91 €. In der Summe ergeben sich daraus für die Vergütungsfestsetzung maßgebliche Feststellungskosten von 210.658,91 €. Die Mehrvergütung ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV auf die Hälfte dieses Betrages, mithin auf 105.329,46 €, begrenzt. Die von den Vorinstanzen zutreffend ermittelte Regelvergütung nach einer Masse von 4.377.506,42 € beläuft sich auf 115.300,13 €. Legte man den von dem weiteren Beteiligten für angemessen gehaltenen Zuschlag in Höhe der 1,1-fachen Regelvergütung zugrunde, ergäbe sich für ihn daraus eine zusätzliche Forderung von 126.830,14 €. Im Ergebnis errechnete sich eine ihm zustehende Nettovergütung von in der Summe 347.459,73 €. Die dem weiteren Beteiligten von den Vorinstanzen zuerkannte Vergütung beträgt hingegen sogar 388.016,42 € netto, was einem knapp 1,8-fachen Zuschlag entspricht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:220721BIXZB85.19.0

Fundstelle(n):
WM 2021 S. 1710 Nr. 35
ZIP 2021 S. 1872 Nr. 36
ZIP 2021 S. 67 Nr. 35
ZAAAH-87431