BAG Urteil v. - 3 AZR 298/20

Betriebliche Altersversorgung - Gesamtschuld - Invalidität

Leitsatz

§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG und die darin angeordnete Einstandspflicht des Arbeitgebers führt im Regelfall nicht zu einer Gesamtschuld iSv. §§ 421 ff. BGB zwischen dem externen Versorgungsträger und dem die betriebliche Altersversorgung zusagenden Arbeitgeber.

Gesetze: § 1 Abs 1 S 3 BetrAVG, § 1 Abs 1 S 1 BetrAVG

Instanzenzug: ArbG Augsburg Az: 5 Ca 1494/19 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 3 Sa 10/20 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Zahlung einer Dienstunfähigkeitsrente für die Zeit vom bis zum .

2Der Kläger war auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom bei der Beklagten zu 1., einem Unternehmen der Chemischen Industrie, bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers war von einer Versorgungszusage unterlegt. Danach waren ihm Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den jeweils geltenden Satzungen und Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Beklagten zu 2. und des Beklagten zu 3. zugesagt.

3Die im Streitzeitraum geltende Satzung des Beklagten zu 2. bestimmt auszugsweise:

4Die im Streitzeitraum geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (im Folgenden AVB) des Beklagten zu 2. lauten auszugsweise wie folgt:

5Die im Streitzeitraum geltende Satzung des Beklagten zu 3. bestimmt auszugsweise:

6Die im Streitzeitraum maßgeblichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (im Folgenden AVB) des Beklagten zu 3. lauten auszugsweise wie folgt:

7Der Kläger war seit dem durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom wurde ihm auf seinen Antrag vom befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom bis zum bewilligt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag vom zum schnellstmöglich beendet, um die Versorgungsleistung zu erhalten, da dem Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für den Bezug einer Dienstunfähigkeitsrente genannt wurde.

8Seit dem bezieht der Kläger vom Beklagten zu 2. eine monatliche Dienstunfähigkeitsrente iHv. 307,62 Euro brutto und vom Beklagten zu 3. eine solche iHv. 18,70 Euro brutto.

9Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung der monatlichen Dienstunfähigkeitsrenten auch für den Zeitraum vom bis zum verlangt. Er hat die Ansicht vertreten, die Regelungen der AVB, wonach die Gewährung einer Dienstunfähigkeitsrente die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erfordere, benachteilige ihn unangemessen und sei daher unwirksam.

10Der Kläger hat zuletzt beantragt,

11Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, die zu 1. beklagte vormalige Arbeitgeberin hafte nicht für die Dienstunfähigkeitsrenten als Gesamtschuldnerin neben den Beklagten zu 2. und zu 3. Die Beklagten zu 2. und zu 3. seien ebenfalls nicht zur Zahlung verpflichtet. Die jeweiligen AVB unterlägen keiner AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB, hielten jedenfalls aber einer entsprechenden Überprüfung stand. Es stelle keine unangemessene Benachteiligung dar, den Bezug von Dienstunfähigkeitsrenten von der vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig zu machen.

12Das Arbeitsgericht hat die zunächst ausschließlich gegen die Beklagten zu 1. und zu 2. als Gesamtschuldner gerichtete Klage auf Zahlung insgesamt von 3.589,52 Euro durch Versäumnisurteil vom abgewiesen. Nach erfolgtem Einspruch hat der Kläger seine Klage mit am an den Beklagten zu 3. zugestelltem Schriftsatz auf diesen erweitert und den Gesamtbetrag der Klage aufgeteilt sowie die weiter gehende Klage gegen den Beklagten zu 2. zurückgenommen. Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 2. nicht zurückgenommen worden war, und die Klage gegen den Beklagten zu 3. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagten begehren die Zurückweisung der Revision.

Gründe

13Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Endurteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist gegen alle Beklagten unbegründet.

14I. Die gegen die Beklagte zu 1. als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 2. und dem Beklagten zu 3. gerichtete Klage ist unbegründet. Die Beklagte zu 1. haftet trotz ihrer Einstandspflicht aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG nicht als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 2. und dem Beklagten zu 3. für die streitgegenständlichen Dienstunfähigkeitsrenten.

151. Eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 1. und dem Beklagten zu 2. bzw. dem Beklagten zu 3. ergibt sich vorliegend nicht aus einer vertraglichen Abrede. Eine solche ist vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich. Sie ergibt sich weder aus der Satzung noch aus den AVB des Beklagten zu 2. und des Beklagten zu 3. Diese Regelungen verhalten sich nicht zu Fragen der Haftung der Trägerunternehmen - wie der Beklagten zu 1. - im Außenverhältnis.

162. Eine gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich auch nicht unmittelbar aus dem Betriebsrentengesetz, insbesondere nicht aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG.

17a) § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG ordnet - anders als etwa § 613a Abs. 2 Satz 1 BGB - keine Gesamtschuld an. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG hat der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Diese Bestimmung, die durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz - AVmG) vom (BGBl. I S. 1310) in das Betriebsrentengesetz eingefügt wurde, basiert auf der ständigen Rechtsprechung des Senats, wonach im Betriebsrentenrecht stets zwischen der arbeitsrechtlichen Grundverpflichtung und den Durchführungswegen zu unterscheiden und der eingeschaltete externe Versorgungsträger seiner Funktion nach nur ein Instrument des Arbeitgebers zur Erfüllung seiner arbeitsrechtlichen Versorgungspflichten ist ( - zu II 1 der Gründe; - 3 AZR 713/98 - zu I 1 a bb der Gründe, BAGE 93, 105; - 3 AZR 774/94 - zu II 2 a der Gründe; - 3 AZR 282/94 - zu B III 2 b bb der Gründe, BAGE 79, 236; - 3 AZR 138/91 - zu 2 a der Gründe; - 3 AZR 408/86 - zu II 2 a der Gründe). Wird die geschuldete Versorgung nicht auf dem vorgesehenen Durchführungsweg erbracht, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Versorgungsfall erforderlichenfalls aus seinem eigenen Vermögen die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die er dem Arbeitnehmer versprochen hat (Verschaffungsanspruch). Er hat demnach gleichwertige Leistungen zu erbringen. Nach dem betriebsrentenrechtlichen System führt diese Einstandspflicht des Arbeitgebers nicht lediglich zu Schadensersatz-, sondern zu Erfüllungsansprüchen der Versorgungsberechtigten.

18Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 1 BetrAVG durch das Altersvermögensgesetz aufgegriffen. Ausweislich der amtlichen Begründung sollte „lediglich aus Gründen der Klarstellung ausdrücklich geregelt“ werden, „dass unabhängig von der Durchführungsform der betrieblichen Altersversorgung immer eine arbeitsrechtliche ‚Grundverpflichtung’ des Arbeitgebers zur Erbringung der zugesagten Leistungen besteht“ (BT-Drs. 14/4595 S. 67). Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass der Arbeitgeber sich seiner Verpflichtungen aus der Versorgungszusage nicht entledigen kann, indem er betriebliche Altersversorgung über einen externen Versorgungsträger durchführt. Ihn trifft insoweit vielmehr eine Einstandspflicht, nach der er dem Arbeitnehmer im Versorgungsfall die zugesagten Leistungen ggf. zu verschaffen hat ( - Rn. 36, BAGE 142, 72).

19Nach § 1 Abs. 1 BetrAVG ist demnach betriebsrentenrechtlich zu unterscheiden zwischen der Versorgungszusage (Satz 1), der Bestimmung des internen oder externen Durchführungsweges (Satz 2) und dem aus der Einstandspflicht (Satz 3) folgenden Verschaffungsanspruch als Erfüllungsanspruch. Der Verschaffungsanspruch richtet sich mithin darauf, eine Lücke zu schließen, die sich zwischen der Versorgungszusage einerseits und der Ausgestaltung des Durchführungsweges andererseits ergeben kann. Die Einstandspflicht betrifft zum einen Fälle, in denen die für die Durchführung der Versorgungszusage vom Arbeitgeber mit dem Versorgungsträger getroffene Regelung hinter den Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber dem Versorgungsempfänger zurückbleibt. Sie ist zudem gegeben, wenn der externe Versorgungsträger die Betriebsrentenansprüche aus anderen Gründen nicht erfüllt. Die Einstandspflicht stellt somit sicher, dass bei Schwierigkeiten im Durchführungsweg gleichwohl der Versorgungszusage entsprechende Leistungen erbracht werden ( - Rn. 20, BAGE 123, 82). Diese Einstandspflicht kann der Arbeitgeber - wie sich aus § 19 Abs. 3 BetrAVG (früher § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG aF) ergibt - nicht ausschließen (vgl.  - Rn. 37, BAGE 142, 72).

20b) Die von § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG angeordnete Einstandspflicht bestimmt danach jedoch keine Gesamtschuld zwischen dem externen Versorgungsträger einerseits und dem die Versorgungszusage erteilenden Arbeitgeber andererseits. Vielmehr folgt aus ihr lediglich die Pflicht des Arbeitgebers, für die Erfüllung der Versorgungszusage einzustehen. Eine Gesamtschuld zwischen Arbeitgeber und Versorgungsträger besteht nur, wenn sie aus allgemeinen Grundsätzen folgt.

213. Eine Gesamtschuld zwischen den Beklagten zu 2. und zu 3. einerseits und der Beklagten zu 1. andererseits besteht aber auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen.

22a) Für die Annahme einer vertraglich nicht vereinbarten und auch gesetzlich nicht ausdrücklich bestimmten Gesamtschuld ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl.  - Rn. 17 f.) eine Gleichstufigkeit zwischen den für die Begründung einer Gesamtschuld in Betracht kommenden Verpflichtungen erforderlich (vgl. statt vieler MüKoBGB/Heinemeyer 8. Aufl. § 421 Rn. 12 mwN auch zur Gegenauffassung). Mit dem Erfordernis der Gleichstufigkeit soll erreicht werden, dass durch die Erfüllung der Schuld auch die anderen erlöschen, mithin eine Tilgungsgemeinschaft besteht. Sie fehlt, wenn der Leistungszweck der einen gegenüber der anderen Verpflichtung vorläufig und/oder subsidiär und somit nachrangig ist (vgl.  - Rn. 17; Palandt/Grüneberg 80. Aufl. § 421 Rn. 7).

23b) Eine Tilgungsgemeinschaft in diesem Sinne besteht vorliegend nicht.

24aa) Wird die Versorgung über eine Unterstützungskasse nach § 1b Abs. 4 BetrAVG durchgeführt, besteht nach der Rechtsprechung des Senats zwischen dem Arbeitgeber und der Unterstützungskasse eine Gesamtschuld. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Unterstützungskassen nach § 1b Abs. 4 Satz 1 BetrAVG rechtsfähige Versorgungseinrichtungen sind, die - anders als bei anderen mittelbaren Durchführungswegen - auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewähren. Gleichwohl haben Arbeitnehmer in den Fällen, in denen der Arbeitgeber die Leistungen einer Unterstützungskasse versprochen hat, einen Anspruch auch gegen die Unterstützungskasse. Der Ausschluss des Rechtsanspruchs ist lediglich als ein an sachliche Gründe gebundenes Widerrufsrecht zu verstehen (vgl.  - Rn. 41 mwN; - 3 AZR 356/12 - Rn. 11; - 3 AZR 216/09 - Rn. 69, BAGE 133, 158). Die sich danach gegen die Unterstützungskasse ergebenden Rechte sind damit unmittelbar Ausfluss der gegen den Arbeitgeber bestehenden Ansprüche; sie stehen in einem direkten inneren Zusammenhang. Daher ist zumindest von einer Gleichstufigkeit in dieser Konstellation auszugehen.

25bb) Der Senat hat weiter angenommen, dass eine gesamtschuldnerische Haftung des vormaligen Arbeitgebers mit der die Versorgung schuldende Pensionskasse besteht und damit auch eine unmittelbare Inanspruchnahme des Arbeitgebers möglich ist, wenn die Versorgungsregelungen der Pensionskasse wegen Verstoßes gegen Diskriminierungsverbote unwirksam sind (vgl.  - Rn. 46 ff., BAGE 125, 133), sich der Versorgungsberechtigte also im Verfahren - auch - auf eine derartige Fallgestaltung beruft. Grund hierfür ist die Effektivierung der Diskriminierungsverbote, die eine Gleichstufigkeit der Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber und der Versorgungseinrichtung gebietet.

26c) Diese Gesichtspunkte sind auf andere Fallgestaltungen nicht übertrag-bar. Die Voraussetzungen einer Gesamtschuld liegen deshalb hier nicht vor, da die Beklagte zu 1. ihre Versorgungszusage nicht über eine Unterstützungskasse durchführt und auch kein Diskriminierungsverbot in Frage steht.

274. Es kommt daher lediglich eine subsidiäre Haftung der Beklagten zu 1. als vormalige Arbeitgeberin in Betracht, die eine Zahlungspflicht neben oder anstelle der des Versorgungsträgers erfordert. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Zweck des § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG dies gebietet. Die Voraussetzungen einer subsidiären Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. liegen indes nicht vor.

28a) Eine Haftung des Arbeitgebers neben dem Versorgungsträger kommt in Betracht, wenn der Versorgungsträger aus Gründen, die im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Versorgungsträger liegen, eine Leistung an den Versorgungsberechtigten verweigert. Derartige Streitigkeiten dürfen nicht zulasten des Versorgungsberechtigten gehen (vgl.  - zu II 2 der Gründe).

29Eine unmittelbare Haftung des Arbeitgebers ist auch dann erforderlich, wenn über die bloße Prozessführung hinaus weitere Schwierigkeiten der Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Versorgungsträger im Raum stehen. Auch wenn man den Versorgungsberechtigten nicht für verpflichtet hält, gegen die mittelbaren Versorgungsträger einen erfolglosen Vollstreckungsversuch zu unternehmen (so ausdrücklich Schlewing in Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand Februar 2021 Teil 5 G Rn. 16), so ist es nicht ausreichend, diesen zur Leistung aufzufordern.

30Liegt sogar bereits ein rechtskräftiges Urteil gegen den Versorgungsträger vor und leistet dieser nicht, kann der Betriebsrentner den Arbeitgeber unmittelbar entsprechend den ausgeurteilten Verpflichtungen in Anspruch nehmen; § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG führt dann im Folgeprozess zu einer materiell-rechtlichen verfahrensübergreifenden Bindungswirkung aus dem Urteil gegen den Versorgungsträger.

31b) Statt des Versorgungsträgers haftet der Arbeitgeber, wenn die Verpflichtungen aus der Versorgungszusage über die Verpflichtungen gegenüber dem Versorgungsträger hinausgehen, zB wenn der Versorgungsträger aus Gründen, die allein ihn, aber nicht den Arbeitgeber betreffen, berechtigt ist, die Leistungen zu kürzen (dazu  - Rn. 40 ff.).

32c) Diese Erwägungen greifen jedoch nicht, wenn die Parteien über die zutreffende Auslegung der Versorgungsregelungen des externen Versorgungsträgers streiten, die auch Inhalt der Versorgungszusage des Arbeitgebers sind. Der Arbeitgeber, der eine Versorgung über eine Pensionskasse verspricht, macht damit zugleich deutlich, dass der Versorgungsempfänger seine Leistungen, auf die auch ein Rechtsanspruch besteht, unmittelbar von dem jeweiligen Versorgungsträger bekommt. Nur für den Fall, dass dies nicht erfolgt, soll der Subsidiäranspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG bestehen. Damit soll es aber bei der vorrangigen Haftung des mittelbaren Versorgungsträgers bleiben. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.

33II. Die gegen den Beklagten zu 2. gerichtete Klage auf Zahlung rückständiger Dienstunfähigkeitsrente für die Zeit vom bis zum ist ebenfalls nicht begründet. Zwar benachteiligen die den Eintritt des Versicherungsfalls an die vorherige Beendigung des Dienstverhältnisses anknüpfenden AVB des Beklagten zu 2. den Kläger unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine ergänzende Auslegung der AVB des Beklagten zu 2. ergibt jedoch, dass eine Regelung angemessen ist, die dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer eine rückwirkende Zahlung der Dienstunfähigkeitsrente garantiert, die aus einer unangemessen langen Dauer der Entscheidung über die Rentenberechtigung vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses folgt. Die Voraussetzungen der so ergänzend ausgelegten AVB des Beklagten zu 2. sind vorliegend erfüllt, weshalb dem Kläger für die Zeit vor dem kein Anspruch auf eine Dienstunfähigkeitsrente zusteht.

341. Dem Kläger sind von der Beklagten zu 1. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ua. entsprechend der jeweils gültigen Satzung und der jeweils geltenden AVB des Beklagten zu 2. zugesagt. Die Wirksamkeit der Einbeziehung dieser Regelungswerke wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen. Gründe für eine hiervon abweichende Beurteilung bestehen auch nicht. Die Regelungen gelten deshalb als Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB auch zugunsten des Klägers (vgl. nur  - Rn. 60). Nach den AVB des Beklagten zu 2. steht dem Kläger für Zeiträume vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie sie hier streitbefangen sind, keine Dienstunfähigkeitsrente zu. Das folgt zum einen daraus, dass nach § 8 Abs. 2 AVB die Dienstunfähigkeit als Voraussetzung für die Dienstunfähigkeitsrente an den Gesundheitszustand nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses anknüpft. Es folgt zum anderen daraus, dass nach § 6 Abs. 1 AVB des Beklagten zu 2. allgemeine Leistungsvoraussetzung für den Anspruch auf Kassenleistungen - und damit sowohl für die Alters-, vorgezogene Alters- wie für die Dienstunfähigkeitsrente - ua. die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses iSv. § 3 Abs. 3 Satzung des Beklagten zu 2. ist.

352. Die Regelungen der AVB des Beklagten zu 2. unterliegen einer AGB-Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB. Dem steht nicht entgegen, dass es sich beim Beklagten zu 2. um einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit handelt. Die über die Versorgungszusage der Beklagten zu 1. und die Satzung des Beklagten zu 2. einbezogenen Leistungsvoraussetzungen sind in den AVB des Beklagten zu 2. geregelt, mithin einem Regelungswerk außerhalb der Satzung der Beklagten zu 2. Schon deshalb handelt es sich nicht um einen Vertrag auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB, der danach nicht der AGB-Kontrolle unterliegt. Die AVB des Beklagten zu 2. sind zudem - wovon auch die Parteien und das Landesarbeitsgericht ausgegangen sind - für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und dem Kläger von der Beklagten zu 1. und dem Beklagten zu 2. ohne Verhandlungsmöglichkeit gestellt, sodass Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BGB).

363. Die in den AVB des Beklagten zu 2. bestimmte Verknüpfung des Versicherungsfalls „Dienstunfähigkeit“ und damit auch des Anspruchs auf die Zahlung einer Dienstunfähigkeitsrente an die vorherige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hält einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB nicht in jeder Hinsicht stand. Der Kläger wird dadurch gemäß § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt.

37a) Die Regelungen der AVB des Beklagten zu 2. zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für den Eintritt des Versicherungsfalls sind uneingeschränkt kontrollfähig.

38aa) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB findet eine uneingeschränkte Inhaltskontrolle nur statt, wenn durch Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Rechtsvorschriften in diesem Sinne sind dabei nicht nur Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn. Dazu gehören auch die aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten. In vollem Umfang kontrollfähig sind Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen modifizieren, einschränken oder aushöhlen. Abweichungen von der sich aus rechtlichen Vorgaben ergebenden Vertragstypik unterliegen einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle ( - Rn. 22, BAGE 165, 345; - 3 AZR 297/15 - Rn. 30 mwN, BAGE 158, 154). Werden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt, sind damit Regelungen, die von den im Betriebsrentengesetz angelegten Formen der Risikoabdeckung abweichen, uneingeschränkt kontrollfähig. Keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegt dagegen die Höhe der zugesagten Versorgung, da es insofern an rechtlichen Vorgaben fehlt ( - Rn. 31 mwN, aaO).

39bb) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs weichen die AVB des Beklagten zu 2. vom Leitbild der Invaliditätsversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ab, sodass diese Bestimmungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für den Eintritt des Versicherungsfalls einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unterworfen sind. Kennzeichnend für eine Invaliditätsversorgung ist der Ausgleich für krankheits- oder behinderungsbedingte Einkommensverluste des Arbeitnehmers vor Erreichen der Altersgrenze (Entgeltersatzfunktion).

40(1) Das Ausscheiden der versorgungsberechtigten Person aus dem Arbeitsverhältnis ist kein prägendes Merkmal der Invaliditätsversorgung (anders wohl CKK/Clemenz/Wortmann 2. Aufl. Anh. BetrAV Rn. 39b). Der Senat hat zwar wiederholt erkannt, dass eine Leistung nur dann der betrieblichen Altersversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zuzuordnen ist, wenn sie dazu dient, die Versorgung des Arbeitnehmers nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbs- oder Berufsleben zu sichern (vgl.  - zu II 2 a der Gründe, BAGE 51, 51; - 3 AZR 121/89 - zu I 2 b der Gründe; - 3 AZR 454/97 - zu B II der Gründe, BAGE 90, 120; ebenso Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. § 1 Rn. 14). Damit hat der Senat allerdings lediglich den Versorgungszweck der betrieblichen Altersversorgung betont.

41In jüngeren Entscheidungen knüpft der Senat allein an die Verwirklichung des abgesicherten Risikos an. Betriebliche Altersversorgung liegt demnach vor, wenn dem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt sind. Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen, und die Leistungspflicht muss nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden. Erforderlich und ausreichend ist, dass durch die vorgesehene Leistung ein im Betriebsrentengesetz genanntes biometrisches Risiko teilweise übernommen wird. Die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken und die Invaliditätssicherung einen Teil der Invaliditätsrisiken ab. Die Risikoübernahme muss in einer Versorgung bestehen. Dabei ist der Begriff der Versorgung weit auszulegen. Versorgung sind alle Leistungen, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen. Außer Zusagen auf rentenförmige Leistungen können auch einmalige Kapitalzuwendungen oder Sachleistungen die Merkmale der betrieblichen Altersversorgung erfüllen. Es genügt, dass der Versorgungszweck die Leistung und deren Ausgestaltung prägt (vgl.  - Rn. 18; - 3 AZR 411/15 - Rn. 15 mwN, BAGE 156, 196).

42(2) Das gesetzliche Leitbild der Invaliditätsversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG folgt demnach aus dem abgesicherten Risiko. Ein allgemeiner Begriff der Invalidität nach dem Betriebsrentengesetz besteht nicht.

43Bei der Abgrenzung der vom Betriebsrentenrecht erfassten Risiken knüpft das Gesetz jedoch einerseits an die gesetzliche Rentenversicherung an, verlangt andererseits aber keinen vollen Gleichklang (vgl.  - Rn. 19; - 3 AZR 594/09 - Rn. 25 f., BAGE 133, 289). Denn der Arbeitgeber ist frei darin, die Voraussetzungen der Invaliditätsversorgung selbst zu bestimmen (vgl.  - Rn. 19; - 3 AZR 594/09 - Rn. 26, aaO). Die sozialrechtlichen Definitionen gelten damit nur, wenn eine autonome Definition fehlt (vgl.  - Rn. 25; - 3 AZR 21/00 - zu I 1 der Gründe; - 3 AZR 742/98 - zu I 1 a der Gründe). Das ändert aber nichts daran, dass die Vertragstypik dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zu entnehmen ist. Nur soweit sich die vom Arbeitgeber definierten Anspruchsvoraussetzungen darauf richten, ein Risiko von der Art, wie es auch in der gesetzlichen Rentenversicherung definiert ist, abzusichern, halten sie sich im Rahmen der Vertragstypik. Schränkt der Arbeitgeber die Zusage einer Invaliditätsversorgung abweichend von dieser Vertragstypik zulasten des Versorgungsberechtigten ein, so unterliegt diese Einschränkung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. für den Fall der Hinterbliebenenversorgung  - Rn. 24 mwN, BAGE 165, 345).

44(3) Wesentliches Merkmal der betrieblichen Invaliditätsversorgung ist deren Entgeltersatzfunktion (vgl. ErfK/Steinmeyer 21. Aufl. BetrAVG § 1 Rn. 7). Diese korrespondiert mit der Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI, die seit dem Jahr 2001 an die Stelle der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente nach §§ 43 f. SGB VI aF getreten ist. Bereits diese Renten sollten den Einkommensverlust kompensieren, der durch die gesundheitlich bedingte Aufgabe eines Berufs oder einer Erwerbstätigkeit eingetreten war (vgl. Jörg in Kreikebohm SGB VI 1. Aufl. 1997 § 43 Rn. 3, § 44 Rn. 18). Gleichermaßen soll die Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI nF einen Ausgleich für die wirtschaftlichen Einbußen vor Erreichen der Regelaltersrente gewährleisten, wenn Versicherte aufgrund gesundheitsbedingter Einschränkungen nicht am Erwerbsleben teilnehmen können (vgl. statt vieler Kreikebohm in KKW 6. Aufl. SGB VI § 43 Rn. 1; Kamprad in Hauck/Noftz SGB Stand April 2021 § 43 SGB VI Rn. 1). Entscheidend für die Invaliditätsversorgung nach dem Betriebsrentengesetz ist folglich die Absicherung der an biologische Risiken und die sich daraus ergebenden körperlichen Einschränkungen gebundene Gefahr des Einkommensverlustes (vgl.  - Rn. 35, BAGE 161, 335; - 3 AZR 668/15 - Rn. 21 f.; - 3 AZR 350/09 - Rn. 20; - 3 AZR 391/06 - Rn. 21).

45(4) Diese Vertragstypik schränken die AVB des Beklagten zu 2. ein, indem sie bestimmen, dass Voraussetzung für den Bezug einer Dienstunfähigkeitsrente die vorherige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist. Bei Dienstunfähigkeit iSd. AVB des Beklagten zu 2. besteht auch Arbeitsunfähigkeit, sodass der Versorgungsberechtigte - vorbehaltlich tarifvertraglicher Ergänzungsleistungen - nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt verliert (§ 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB). In der gesetzlichen Krankenversicherung besteht danach Anspruch auf Krankengeld nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB V, wobei eine gesetzliche Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zur Kürzung des Krankengeldes führt (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V) und eine gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung den Anspruch auf Krankengeld ausschließt (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V). In jedem Fall entsteht mit Wegfall des Anspruchs auf Arbeitsentgelt ein gesundheitlich bedingter Einkommensverlust unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Dieses Risiko abzusichern, ist vertragstypischer Zweck der Invaliditätsversorgung nach dem Betriebsrentengesetz (vgl.  - Rn. 20; - 3 AZR 391/06 - Rn. 21). Indem die AVB des Beklagten zu 2. ua. den Eintritt des Versicherungsfalls „Dienstunfähigkeit“ davon abhängig machen, dass zuvor das Beschäftigungsverhältnis des Versorgungsberechtigten beendet sein muss, weichen die AVB des Beklagten zu 2. von der Vertragstypik der betrieblichen Invaliditätsversorgung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ab.

46b) Der vollständige Ausschluss einer betrieblichen Invaliditätsrente vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 BGB dar.

47aa) Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Vertragspartners, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (st. Rspr., vgl. etwa  - Rn. 29; - 7 AZR 582/17 - Rn. 42; - 9 AZR 383/18 - Rn. 23, BAGE 164, 316; - 3 AZR 179/16 - Rn. 69; - 3 AZR 796/11 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 1).

48Bei der gebotenen Interessenabwägung sind nicht nur die Interessen des Versorgungsberechtigten einerseits und des Beklagten zu 2. als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern auch die Interessen des Arbeitgebers als die Versorgung Zusagendem zu berücksichtigen und einzubeziehen. Zwar regeln die AVB des Beklagten zu 2. nur das Verhältnis zwischen dem Beklagten zu 2. als die Versorgung unmittelbar schuldende Pensionskasse und dem Kläger als Versorgungsberechtigten. Entsprechend dem Zweck der Durchführung der betrieblichen Altersversorgung sind jedoch neben deren Interessen auch die Interessen des zusagenden Arbeitgebers zu berücksichtigen (vgl. für die Auslegung entsprechender Regelungen  - Rn. 20).

49bb) Eine unangemessene Benachteiligung folgt vorliegend nicht aus § 307 Abs. 2 BGB.

50(1) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Abweichung den Kernbereich der gesetzlichen Regelung betrifft (CKK/Klumpp 2. Aufl. § 307 BGB Rn. 71). Es muss eine Beeinträchtigung des Gerechtigkeitskerns einer Regelung vorliegen (Däubler/Deinert/Walser/Walser 5. Aufl. § 307 Rn. 223). Eine solches Gewicht kommt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für einen Anspruch auf eine betriebliche Dienstunfähigkeitsrente jedoch nicht zu.

51Der Arbeitgeber kann Leistungen der Invaliditätsversorgung versprechen, eine Rechtspflicht hierzu trifft ihn jedoch nicht (vgl.  - Rn. 28, BAGE 147, 1). Entscheidet er sich für eine solche Zusage, so ist er nach Betriebsrentenrecht nicht gehalten, sich den Regeln der gesetzlichen Sozialversicherung anzuschließen und für die betriebliche Versorgung gleiche oder entsprechende Regeln aufzustellen ( - Rn. 19; - 3 AZR 594/09 - Rn. 26, BAGE 133, 289). Infolgedessen können die Anspruchsvoraussetzungen einer Invaliditätsrente enger als im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht beschrieben werden ( - aaO; - 3 AZR 594/09 - Rn. 27 mwN, aaO). Die Aufstellung zusätzlicher Regelungen über die Definition des biometrischen Risikos hinaus als Leistungsvoraussetzung ist deshalb für sich genommen noch keine Abweichung vom Kernbereich der gesetzlichen Regelung oder ihres Gerechtigkeitskerns.

52Die streitgegenständliche Einschränkung der Invaliditätsversorgung ist auch nicht deshalb unvereinbar mit wesentlichen Grundgedanken des Betriebsrentengesetzes, weil sie ein wesentliches Schutzdefizit aufseiten der Versorgungsberechtigten zur Folge hätte (zu diesem Unterfall der unangemessenen Benachteiligung vgl. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 12. Aufl. § 307 BGB Rn. 227; CKK/Klumpp 2. Aufl. § 307 BGB Rn. 71). Vielmehr wird der Zweck der Versorgungsleistung dahingehend begrenzt, dass sie nur im Falle eines gesteigerten Schutzbedürfnisses geleistet wird, nämlich nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses infolge der Invalidität. Bis dahin bietet gerade der Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses mit der immanenten Möglichkeit einer Fortsetzung einen Mindestschutz der Versorgungsberechtigten.

53(2) Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich vorliegend ebenso wenig aus § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach liegt eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel vor, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

54Vertragszweck der Invaliditätsversorgung ist ein Ausgleich für krankheits- oder behinderungsbedingte Einkommensverluste. Dieser wird durch die streitgegenständliche Einschränkung nicht gefährdet, sondern auf seinen Kernbereich reduziert. Zwar wird ein Einkommensverlust im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht durch betriebliche Versorgungsleistungen (teilweise) ausgeglichen. Diese werden vielmehr erst dann erbracht, wenn sie sich zusätzlich in einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses manifestiert haben. Die Versorgung wird mithin geleistet, wenn ein besonderes Schutzbedürfnis besteht, weil eine Fortsetzung des bisherigen Beschäftigungsverhältnisses ausscheidet.

55(3) Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich jedoch unter Berücksichtigung der im Rahmen von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durchzuführenden Abwägung der betroffenen Interessen der Versorgungsberechtigten und der Versorgungsschuldner im Sinne einer praktischen Konkordanz (vgl. dazu  - zu B I 3 der Gründe, BVerfGE 97, 169), damit die grundrechtlich geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden ( - Rn. 36, BAGE 143, 62; - 2 AZR 472/01 - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 103, 111). Die durch die AVB des Beklagten zu 2. vorgenommene Einschränkung der Invaliditätsversorgung durch das Erfordernis der vorherigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ist in dem insgesamt in den AVB des Beklagten zu 2. vorgesehenen Umfang unangemessen benachteiligend.

56(a) Aufseiten der Arbeitgeber, deren Interessen nach dem Vorgesagten zu berücksichtigen sind, besteht zunächst das berechtigte Interesse, Doppelleistungen zu vermeiden. Der Arbeitgeber muss die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus den Erträgen des Unternehmens erwirtschaften. Das Interesse des Arbeitgebers, diese Kosten zu beschränken, ist bei der Auslegung und Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dadurch Rechnung zu tragen, dass die grundrechtlichen Wertungen der Berufsfreiheit iSv. Art. 12 Abs. 1 GG, jedenfalls aber der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit, die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt ist, angemessen berücksichtigt werden.

57Wird die betriebliche Invaliditätsleistung nicht von einer vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht, können sich daraus Doppelleistungen ergeben. Auch im ruhenden Arbeitsverhältnis können Ansprüche der Arbeitnehmer begründet werden, wie etwa der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub, der auch in Zeiten entsteht, in denen das Arbeitsverhältnis ruht und der Arbeitnehmer eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht ( - Rn. 12 ff., BAGE 142, 371). Diesen Anspruch müsste der Arbeitgeber entweder in natura erfüllen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist oder wieder wird, oder es besteht zumindest die Gefahr, dass er eine Urlaubsabgeltung zahlen muss. Je nach Ausgestaltung der arbeitsvertraglichen Regeln können im Einzelfall auch Ansprüche auf betriebliche Sonderzahlungen oder Steigerungen der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eintreten, obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wird. Rechtssicher lässt sich dies nur begrenzen, indem die Zahlung einer Invaliditätsrente von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht wird.

58Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der die Versorgung zusagende Arbeitgeber ein legitimes Interesse an Planungssicherheit hinsichtlich des Arbeitsplatzes eines Arbeitnehmers hat, an den Versorgungsleistungen erbracht werden. Bei einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis kann der Versorgungsberechtigte nach Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit vom Arbeitgeber verlangen, wieder beschäftigt zu werden (vgl.  - Rn. 45 ff., BAGE 154, 268). Dieser müsste für einen solchen Fall Vorsorge treffen, obwohl er gleichzeitig eine betriebliche Dienstunfähigkeitsrente finanzieren muss. Jedenfalls kann er sich einem innerbetrieblichen Regelungsbedarf - etwa der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem anderen Arbeitnehmer - ausgesetzt sehen, der dem reibungslosen Betriebsablauf nicht förderlich ist.

59(b) Aufseiten des Versorgungsberechtigten sind bei der Auslegung und Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Wertungen seines durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesses am Erhalt seines Arbeitsplatzes zu berücksichtigen. Die Berufsfreiheit schützt die Vertragsfreiheit der Beschäftigten im beruflichen Bereich. Das Grundrecht garantiert die freie Wahl des Arbeitsplatzes und schützt den Entschluss, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in dem gewählten Beruf zu ergreifen, ein Arbeitsverhältnis beizubehalten oder es aufzugeben (, 1 BvR 1375/14 - Rn. 38, BVerfGE 149, 126).

60Dieses Interesse wird durch die streitgegenständlichen Regelungen der AVB des Beklagten zu 2. zwar nicht unmittelbar beeinträchtigt, aber doch insofern berührt, als der Versorgungsberechtigte die ihm zugesagte Dienstunfähigkeitsrente nur erlangen kann, wenn er zunächst sein Arbeitsverhältnis beendet und damit auch die Chance aufgibt, es im Falle einer Behebung des Leistungshindernisses fortzusetzen. Das Bestandsinteresse des Versorgungsberechtigten wird dadurch verstärkt, dass gesetzliche Erwerbsminderungsrenten im Regelfall nur befristet gewährt werden (§ 102 Abs. 2 SGB VI), sodass ihre Gewährung auf Dauer nicht rechtlich gesichert ist.

61Dazu kommt, dass die Verknüpfung des Eintritts des Versorgungsfalls „Dienstunfähigkeit“ mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Druck auf den Arbeitnehmer ausübt, über sein Arbeitsverhältnis bereits zu einem Zeitpunkt verbindlich zu disponieren und dieses ggf. aufzugeben, zu dem noch gar nicht feststeht, ob er überhaupt die Voraussetzung einer Dienstunfähigkeitsrente erfüllen wird und wie lange der Beklagte zu 2. für eine Entscheidung über die materiellen Voraussetzungen der Dienstunfähigkeitsrente benötigt. Der Versorgungsberechtigte gerät damit in den Zwang zunächst sein Arbeitsverhältnis aufzugeben, um sich dadurch überhaupt die Chance auf eine Invaliditätsversorgung zu eröffnen. Dies führt letztlich zu einem unzumutbaren Druck auf den Versorgungsberechtigten und zum Überwiegen seiner Interessen gegenüber denen des Beklagten zu 2. und der des die Versorgung zusagenden Arbeitgebers.

62(c) Dieser Druck ist auch unter Berücksichtigung der gegenläufigen Interessen der Arbeitgeber nicht mehr hinnehmbar, wenn sich die positive Entscheidung aus Gründen, die nicht in der Sphäre des Versorgungsberechtigten liegen, um mehr als zwei Monate nach der Antragstellung bei noch bestehendem Arbeitsverhältnis verzögert. Eine Verknüpfung des Beginns der Invalidenrente mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist in diesen Fällen nur angemessen, wenn für eine dem Zeitraum einer solchen unangemessenen Verzögerung entsprechende Zeit auch - berechnet vom Ende des Arbeitsverhältnisses - rückwirkend Rentenleistungen erbracht werden. Dieses Erfordernis wird besonders, aber nicht nur in den Fällen deutlich, in denen der Versorgungsträger die Anerkennung der biologischen Voraussetzungen der Invaliditätsrente zu Unrecht verneint und den Versorgungsberechtigten in eine Auseinandersetzung über diese Voraussetzungen treibt. An einer die unzumutbare Benachteiligung ausschließenden Regelung fehlt es vorliegend.

634. Der Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB hat zwar zur Folge, dass die Einschränkung der Versorgungszusage der versprochenen Dienstunfähigkeitsrente durch das Erfordernis einer vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in § 8 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 AVB des Beklagten zu 2. insgesamt unwirksam ist. Die durch die der Leistungsvoraussetzung der vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandene Lücke in der Versorgungszusage ist aber durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.

64a) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB) und sein Inhalt richtet sich insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB). Eine geltungserhaltende Reduktion von Klauseln auf den zulässigen Inhalt durch die Gerichte findet grundsätzlich nicht statt ( - Rn. 25, BAGE 156, 150). Eine Klausel bleibt nur dann teilweise aufrechterhalten, wenn sie mehrere Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abgrenzbar ist. Verbleibt nach der Streichung der unwirksamen Teilregelung und des unwirksamen Klauselteils eine verständliche Regelung, bleibt diese bestehen - sog. blue-pencil-Test (vgl.  - Rn. 43 mwN). Eine solche bloße Streichung der zu beanstandenden Regelung unter Aufrechterhaltung der restlichen Bestimmungen ist hier im Hinblick auf das Erfordernis der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für Rentenleistungen nicht möglich.

65b) Jedoch ist vorliegend eine ergänzende Vertragsauslegung geboten.

66aa) Eine solche ist jedenfalls dann möglich, wenn ein Festhalten am Vertrag auch für den Verwender eine unzumutbare Härte iSv. § 306 Abs. 3 BGB darstellt ( - Rn. 44 mwN, BAGE 158, 154). Ob die Möglichkeit der ergänzenden Vertragsauslegung tatsächlich durch eine derartige Voraussetzung einerseits eröffnet und andererseits begrenzt ist, kann jedoch dahinstehen.

67(1) Zum einen läge eine solche unzumutbare Härte hier vor, würde in § 6 Abs. 1 AVB des Beklagten zu 2. die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses als Leistungsvoraussetzung gestrichen. Der Arbeitgeber wäre dann bei sämtlichen Versicherungsfällen nicht mehr vor Doppelansprüchen versorgungsberechtigter Arbeitnehmer geschützt und würde keine Planungssicherheit hinsichtlich des Arbeitsplatzes des Versorgungsberechtigten erlangen. Das bezöge sich nicht nur auf die Dienstunfähigkeitsrenten, sondern auch auf die Altersrenten, hinsichtlich derer dieses Erfordernis keinerlei rechtlichen Bedenken unterliegt.

68Dieses Ergebnis ist hier deshalb unzumutbar, weil das Erfordernis einer vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch bei der Invaliditätsrente bislang von der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligt wurde ( - zu 2 c der Gründe; - 3 AZR 376/82 - zu II der Gründe).

69(2) Zum anderen wäre eine ergänzende Vertragsauslegung hier zumindest nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB geboten. Diese Regelung verlangt, dass bei der Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen sind.

70(a) Diese Bestimmung ist im Wege der zweckentsprechend erweiternden Auslegung - teleologische Extension - dahingehend auszulegen, dass sie auch das Rechtsverhältnis zwischen dem versorgungsberechtigten - ehemaligen - Arbeitnehmer und einer Pensionskasse erfasst. In ihrem eigenen Anwendungsbereich dient sie dazu, vor allem die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit „im Arbeitsrecht“ nicht zwingend uneingeschränkt zur Anwendung kommen zu lassen, vielmehr sollten die „besonderen Bedürfnisse eines Arbeitsverhältnisses“ berücksichtigt werden können (BT-Drs. 14/6857 S. 54). Auch sollte den Besonderheiten spezifischer Bereiche des Arbeitsrechts angemessen Rechnung getragen werden können (BT-Drs. 14/7052 S. 189). Zu diesen besonderen Rechtsbereichen gehört auch das Recht der betrieblichen Altersversorgung ( - Rn. 28 mwN, BAGE 135, 334), das - soweit es Arbeitnehmer betrifft - ein Teil des Arbeitsverhältnisses ist. Die Durchführung über eine Pensionskasse als mittelbarem Versorgungsträger ist im Betriebsrentenrecht unmittelbar angelegt (§ 1b Abs. 3 Satz 1 BetrAVG). Das Dreiecksverhältnis zwischen Arbeitgeber, Pensionskasse und - ehemaligem - Arbeitnehmer findet seinen Ursprung im Arbeitsverhältnis, was als Hintergrund bei der rechtlichen Beurteilung nicht ausgeblendet werden darf. Das rechtfertigt es, die Besonderheiten des Arbeitsrechts, einschließlich derer des Betriebsrentenrechts, auch im Verhältnis zwischen dem - ehemaligen - Arbeitnehmer und der Pensionskasse angemessen zu berücksichtigen. Das gilt zumal vor dem Hintergrund der Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG.

71(b) Zu den - insoweit einzubeziehenden ( - Rn. 28 mwN, BAGE 135, 334) - Besonderheiten des Betriebsrentenrechts gehört, dass die Versorgungsleistungen auf einer langfristigen Risikokalkulation beruhen und Erweiterungen der Risikoübernahme zu erheblichen Belastungen führen können. Das ist dann unangemessen, wenn sich die Unwirksamkeit einer Klausel erst aus einer Fortentwicklung der Rechtsprechung ergibt. Bewirkt deshalb die vollständige Unwirksamkeit einer Vertragsklausel - wie hier - eine erhebliche Gefahr erweiterter Leistungen, obwohl nur ein eng begrenzter Einzelaspekt einer Klausel der Inhaltskontrolle nicht standhält, und dies erst aus einer Fortentwicklung der Rechtsprechung folgt, ist eine ergänzende Vertragsauslegung angemessen.

72bb) Unionsrecht steht nicht entgegen. Die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist nicht anwendbar. Es ist deshalb unerheblich, welche Anforderung ihr Art. 6 Abs. 1 für die teilweise inhaltliche Aufrechterhaltung missbräuchlicher Klauseln aufstellt (dazu  - Rn. 39 ff.). Denn wie sich aus dem 10. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt, soll sie für Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gelten. Von der Richtlinie ausgenommen sind nach dessen Satz 3 ua. „daher insbesondere Arbeitsverträge“. Die Formulierung „insbesondere“ eröffnet dabei ohne Weiteres eine Ausnahme für solche Verträge, wie die über die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung über eine Pensionskasse, die ihre rechtliche Wurzel im Arbeitsvertrag haben. Denn sie stehen wertungsmäßig - wie ausgeführt - einem Arbeitsvertrag gleich. Die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens zum Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es in diesem Zusammenhang nicht (zu den Vorlagevoraussetzungen  - [Kommission/Frankreich] Rn. 110; - C-283/81 - [C.I.L.F.I.T.]). Soweit - wie hier - Besonderheiten des Arbeitsrechts zu berücksichtigen sind, hat der nationale Gesetzgeber die Wertungen der Richtlinie sich auch nicht zu eigen gemacht.

73c) Die durch die Rechtsunwirksamkeit der vereinbarten Klausel entstehende planwidrige Unvollständigkeit der Versorgungszusage ist deshalb im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

74aa) Ist eine vertragliche Regelung planwidrig unvollständig, tritt an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn diesen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen und ihr Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich sind danach die Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden. Geht es - wie hier - um vielfach verwendete Vertragsbedingungen, hat die ergänzende Auslegung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am selben Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise und nicht nur den konkret beteiligten Parteien ausgerichtet sein muss. Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines immer wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Lassen sich nach diesen Kriterien hinreichende Anhaltspunkte für einen typischen Parteiwillen nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Möglichkeiten der Lückenschließung in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung aus (vgl.  - Rn. 34 f.). Die ergänzende Vertragsauslegung kann - ebenso wie die Auslegung der Versorgungszusage insgesamt - auch durch das Revisionsgericht vorgenommen werden ( - Rn. 49 mwN, BAGE 158, 154).

75bb) Danach ist der Vertrag der Parteien ergänzend dahingehend auszulegen, dass eine vom Ende des Arbeitsverhältnisses gerechnet rückwirkende Leistung der Dienstunfähigkeitsrente für die Dauer des Zeitraums als vereinbart gilt, um den sich die positive Entscheidung auf einen Antrag des Arbeitnehmers vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses aus Gründen, die nicht in der Sphäre des Versorgungsberechtigten liegen, um mehr als zwei Monate ab der Antragstellung bei der Pensionskasse verzögert. Nur eine solche Regelung trägt den typischerweise vorhandenen Interessen der Beteiligten ausreichend Rechnung. Mit der verwendeten Klausel wollte der Beklagte zu 2. - für die Arbeitnehmer erkennbar - das von ihm zu tragende Risiko der Invaliditätsversorgung begrenzen. Er bediente sich dabei eines Kriteriums, das einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat und dem Interesse des Arbeitgebers, Doppelzahlungen zu verhindern und Planungssicherheit hinsichtlich des Arbeitsplatzes zu erhalten, Rechnung trägt. Andererseits darf die Ungewissheit für den Versorgungsberechtigten hinsichtlich der Frage des Vorliegens seiner Dienstunfähigkeit im Sinne der AVB nicht unangemessen lange dauern. Dies führt zu einer im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zur Lückenschließung heranzuziehenden Klausel, die punktgenau die unangemessenen Nebenfolgen im grundsätzlich zulässigen Vertragsgefüge des Beklagten zu 2. beseitigt. Dies ist die konsequente Ersetzung der unwirksamen Klausel.

76Der Vertrag ist danach ergänzend so auszulegen, dass folgende Klausel als vereinbart gilt:

775. Damit ist die Klage gegen den Beklagten zu 2. vorliegend unbegründet. Der Kläger hat zeitnah nach seiner Antragstellung im Anschluss an die Bekanntgabe des Bescheids der gesetzlichen Rentenversicherung im Januar 2019 eine Entscheidung über das Vorliegen der Dienstunfähigkeit erhalten und sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1. einvernehmlich mit Ablauf des Monats Februar 2019 beendet. Ab liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Dienstunfähigkeitsrente vor und der Beklagte zu 2. leistet seither die Dienstunfähigkeitsrente. Für die Zeit davor liegen die Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeitsrente nach den ergänzt ausgelegten AVB nicht vor.

78III. Die gegen den Beklagten zu 3. gerichtete Klage auf Zahlung rückständiger Dienstunfähigkeitsrente iHv. insgesamt 205,70 Euro brutto zzgl. Zinsen ist ebenfalls unbegründet. Insoweit gilt das zuvor zum Anspruch gegen den Beklagten zu 2. Gesagte entsprechend. Die entscheidenden Regelungen der Satzung und der AVB gleichen sich.

79IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:130721.U.3AZR298.20.0

Fundstelle(n):
BB 2022 S. 440 Nr. 8
DB 2021 S. 2159 Nr. 37
DStR-Aktuell 2021 S. 11 Nr. 37
NJW 2021 S. 10 Nr. 34
ZIP 2021 S. 1992 Nr. 38
VAAAH-87172