Feststellungsklage beim Finanzgericht zur Verfolgung des Widerspruchs
eines Insolvenzschuldners gegen eine Insolvenzforderung des Finanzamts
Leitsatz
1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Klageerhebung und noch während des Laufes der Klagefrist hat zur Folge, dass
die laufenden Klagefristen gemäß § 240 der Zivilprozessordnung - ZPO - analog für die Dauer des Insolvenzverfahrens unterbrochen
sind. Noch innerhalb der Klagefrist - aber nach Insolvenzeröffnung - beim FG eingehende Anfechtungsklagen des Klägers und
Insolvenzschuldners sind mangels Prozessführungsbefugnis (unheilbar) unzulässig (im Streitfall Absendung der Klageschrift
vor, aber Eingang beim FG nach Insolvenzeröffnung).
2. Widerspricht der Insolvenzschuldner der Forderungsanmeldung des Finanzamts (§ 174 InsO) gemäß §§ 178, 184 InsO, liegen
Steuerbescheide als vollstreckbare Schuldtitel vor, so dass nach § 184 Abs. 2 Satz 1 InsO der Insolvenzschuldner nach seinem
Widerspruch das Verfahren – soweit es bereits anhängig war - aufnehmen muss. Eine Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens
kommt aber nur in Betracht, wenn zulässig erhobene Klagen anhängig sind.
3. In der vorstehenden Verfahrenssituation kann der Insolvenzschuldner seine Widersprüche nur durch Einlegen des jeweils zulässigen
Rechtsmittels – hier der Klage – verfolgen (vgl. , juris). Dabei handelt es sich dann aber nicht um eine Anfechtungsklage, sondern um eine Feststellungsklage
gerichtet auf die Feststellung, dass die Widersprüche rechtmäßig sind.
4. Da der Kläger in der vorstehenden Verfahrenssituation keine Möglichkeit mehr hatte, sein Begehren durch Anfechtungsklagen
zu verfolgen, ist vorliegend der Grundsatz der Subsidiarität gewahrt und es besteht ein Rechtsschutzinteresse an der begehrten
Feststellung.
5. Einnahmen- und Ausgabenseiten sind getrennt zu betrachten. Das Einkommensteuerrecht kennt grds, kein Korrespondenzprinzip,
demzufolge der Empfänger einer Leistung nicht zu versteuern braucht, was der Geber nicht abziehen darf und – umgekehrt – der
Empfänger versteuern muss, was der Leistende von der Bemessungsgrundlage abziehen darf. Eine derart unbedingte wechselseitige
Abhängigkeit wäre mit dem Grundsatz der Individualbesteuerung unvereinbar. Geldzuflüsse sind daher auch dann beim Empfänger
als Betriebseinnahmen zu erfassen, wenn sie beim Leistungsempfänger nur teilweise zum Abzug zugelassen sind (etwa gemäß §
4 Abs. 5 EStG; im Streitfall: Pauschale Kürzungen der Betriebsausgaben bei den Empfängern wegen Zweifeln an den ausgestellten
Rechnungen).
Fundstelle(n): KAAAH-82112
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