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WP Praxis Nr. 7 vom Seite 242

Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung

Prof. Dr. Henner Klönne

Nach § 4 Abs. 3 WiPrPrüfV umfasst das Prüfungsgebiet „Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre“ im WP-Examen auch die Kostenrechnung. Dabei wird unter den Kostenrechnungssystemen zum einen zwischen der Teilkostenrechnung und der Vollkostenrechnung und zum anderen zwischen der Ist-, Plan- und Normalkostenrechnung differenziert. Die Deckungsbeitragsrechnung ist ein Ansatz der Teilkostenrechnung.

I. Einordnung

Die Teilkostenrechnung unterscheidet sich von der Vollkostenrechnung hinsichtlich des Umfangs der Verrechnung der Kosten auf die Kostenträger. Von einer Teilkostenrechnung wird gesprochen, wenn nur bestimmte Kosten bzw. bestimmte Kostenkategorien auf die Kostenträger verrechnet werden. So sollen den Kostenträgern lediglich diejenigen Kosten zugerechnet werden, die sie auch verursacht haben.

Im System der Teilkostenrechnung auf Basis variabler Kosten wird die Periodenerfolgsrechnung meist zu einer Deckungsbeitragsrechnung ausgebaut. Der Deckungsbeitrag bezeichnet dabei im Allgemeinen die Differenz zwischen den Erlösen und den variablen sowie ggf. direkt zurechenbaren fixen Kosten. Die Deckungsbeitragsrechnung zählt zu den wesentlichen Ansätzen der Teilkostenrechnung.

Bei der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung („Direct Costing“) werden von der Summe der produktbezogenen Deckungsbeiträge die gesamten Fixkosten der Unternehmung in einem Block abgezogen. In der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung wird der Fixkostenblock nach der Zurechenbarkeit z. B. auf Produktarten, Produktgruppen oder Bereiche aufgespalten, um die Aussagekraft zu erhöhen. Interpretiert werden die fixen Gemeinkosten dabei als Einzelkosten einer bestimmten Teileinheit. Demzufolge kann auf jede Schlüsselung der fixen Gemeinkosten verzichtet werden.

Weiter verfeinert wird dieses Konzept in der mehrdimensionalen Deckungsbeitragsrechnung, indem zusätzlich die Zurechenbarkeit nach verschiedenen Dimensionen (z. B. Produktgruppen, Kundengruppen und/oder Absatzgebieten) vorgenommen wird. Auf diese Weise ergeben sich verschiedene mehrstufige Deckungsbeitragsrechnungen nebeneinander, auf deren Basis sich unterschiedliche Einblicke in die Kostenstruktur ergeben können.

II. Aufgabenstellung

Ihr Unternehmen, die Race&Ace GmbH, produziert und vertreibt Fahrräder in zwei Typen, City und Race. Die Fahrräder werden in Deutschland (D) und Frankreich (F) vertrieben. Die Race&Ace GmbH unterscheidet zusätzlich die Kundengruppen „Damen“ und „Herren“. Die folgenden Tabellen zeigen Ihnen Absatzmengen sowie Preise und Material-, Fertigungs-und Vertriebseinzelkosten.


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Übersicht 1: Absatzzahlen
Absatzzahlen
City
Race
Deutschland
Damen
100
150
Herren
100
200
Frankreich
Damen
100
250
Herren
100
200


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Übersicht 2: Preise und Kosten
City
Race
Preis [€]
350
800
Material- und Fertigungseinzelkosten [€]
200
450
Vertriebseinzelkosten [€]
100
200

Für den Vertrieb fallen folgende Fixkosten in Euro nach Kundengruppe und Produkt an:


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Übersicht 3: Vertriebskosten
City
Damen
Herren
Deutschland
6.000
4.000
Frankreich
2.000
4.000
Race
Damen
Herren
Deutschland
2.000
2.000
Frankreich
4.000
4.000

S. 243In der folgenden Tabelle finden Sie die zusätzlichen länderabhängigen Lizenzierungsgebühren in Euro:


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Übersicht 4: Lizenzierungsgebühren
Fixe Lizenzierungsgebühren
City
Race
Deutschland
5.000
15.000
Frankreich
6.000
12.000

Für die Produktion fallen produktabhängige Fixkosten i. H. von 10.000 € für City und 15.000 € für Race an. Für die Unternehmensleitung fallen Unternehmensfixkosten i. H. von 20.000 € an.

  1. Berechnen Sie den Periodenerfolg mithilfe einer mehrdimensionalen Deckungsbeitragsrechnung. Verwenden Sie dazu die Hierarchie Produkt–Kundengruppe–Absatzgebiet. (20 Punkte)

  2. Welche Handlungsempfehlungen würden Sie dem Unternehmen anhand Ihrer Ergebnisse aus Aufgabenteil a) geben? Begründen Sie Ihre Antwort. (4 Punkte)

  3. Ein Berater schlägt Ihnen vor, den Verkauf von Cityrädern in Deutschland ganz einzustellen. Welche zwei Möglichkeiten hätten Sie, Ihre Deckungsbeitragsrechnung zu gliedern, um hierzu eine möglichst genaue Entscheidungsgrundlage zu erhalten? Welche Kosten könnten in einer solchen Rechnung genauer zugerechnet werden? Welche der beiden Varianten würden Sie im vorliegenden Fall bevorzugen? (6 Punkte)