Zur Beweislast bzgl. der Wirksamkeit einer Einspruchsrücknahme und zur Bestimmung des Empfängers einer gegenüber einer Finanzbehörde
abgegebenen Erklärung und damit die Reichweite des Empfängerhorizonts nach Maßgabe der innerbehördlichen organisatorischen
Zuständigkeit.
Leitsatz
1. Soweit ein Ehepartner den Einspruch gegen einen Einkommensteuerbescheid im eigenen Namen und im Namen des anderen Ehepartners
auch unter dem Briefkopf des Ehepartners zurücknimmt, nimmt er für sich in Anspruch, auch in Vollmacht für den anderen Ehepartner
zu handeln. Es bedarf dann keiner weiteren Überprüfung des Bestehens dieser Vollmacht, wenn in gleicher Weise bereits der
Einspruch eingelegt wurde.
2. Die grundsätzlich die Finanzbehörde treffende Beweislast für die Abgabe einer die Einspruchsrücknahme beinhaltenden Erklärung
des Einspruchsführers greift nicht, wenn die Existenz einer solchen Erklärung nicht infrage steht, weil eine Rücknahmeerklärung
nach ihrem eindeutigen Wortlaut unstreitig vorliegt und lediglich darüber gestritten wird, ob diese Rücknahmeerklärung aufgrund
eines außerhalb ihrer selbst liegenden Sachverhalts (hier: ein in Bezug genommenes Telefonat mit dem Einspruchssachbearbeiter)
als bloße Einschränkung eines Einspruchs hätte aufgefasst werden müssen. Für derartige außerhalb der Rücknahmeerklärung liegende
Sachverhaltsumstände, die deren Verständnis entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch in ihr Gegenteil wandeln sollen, trifft
die Beweislast den sich hierauf unter Umkehrung des Verhältnisses von Regel und Ausnahme berufenden Einspruchsführer.
3. Für die Bestimmung des Empfängers einer gegenüber einer Behörde abgegebenen Erklärung und die Auslegung dieser Erklärung
aus Sicht des Empfängerhorizonts muss auf den Kenntnisstand der das Finanzamt repräsentierenden und für die Bearbeitung einer
bestimmten Steuerangelegenheit innerbehördlich zuständigen Beamten abgestellt werden. Dies entspricht der Maßgeblichkeit der
positiven Kenntnis derjenigen Personen, die innerhalb der zuständigen Finanzbehörde organisationsmäßig für den Erlass eines
Steuerbescheids berufen sind, bei der Frage des nachträglichen Bekanntwerdens neuer Tatsachen im Sinne von § 173 Abs. 1 Nr.
2 AO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): DStRE 2022 S. 765 Nr. 12 EFG 2021 S. 911 Nr. 11 RAAAH-80063
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