Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 9 K 9167/17 EFG 2021 S. 825 Nr. 10

Gesetze: EStG § 3 Nr. 26a S. 1, EStG § 3 Nr. 26a S. 2, EStG § 3 Nr. 26, EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3, WHG 2 § 56 Abs. 1 S. 2, WHG 2 § 56 Abs. 1 S. 3, AO § 14, AO § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, AO § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 8, AO § 55 Abs. 1, BbgWG § 59, BbgWG § 66

Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG für Aufwandsentschädigung eines von einer Kommune in den Aufsichtsrat einer kommunalen Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungs-GmbH in Brandenburg entsandten, dem Weisungsrecht der Kommune unterliegenden Steuerpflichtigen

Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG

zur Gemeinnützigkeit von Abwassserentsorgung und Trinkwassserversorgung

Leitsatz

1. Nimmt eine kommunale GmbH in Brandenburg im sogenannten „Betreibermodell” unmittelbar für die an ihr beteiligten, gemäß §§ 59, 66 des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG) aufgabenpflichtigen Kommunen überwiegend die Pflichtaufgabe der gemeinnützigen Abwasserentsorgung und daneben die Pflichtaufgabe der Trinkwasserversorgung wahr, so ist die von der GmbH an einen von einer beteiligten Kommune in den Aufsichtsrat der GmbH entsandten, dem Weisungsrecht der entsendenden Kommune unterliegenden Aufsichtsrat gezahlte Aufwandsentschädigung, die der Aufsichtsrat nach Abzug der ihm tatsächlich entstandenen Kosten an die Kommune abführen muss, nach § 3 Nr. 26a EStG steuerfrei; insoweit ist unerheblich, ob die GmbH gemeinnützig ist.

2. Hinsichtlich der Person des Dienstherrn bzw. Auftraggebers im Sinne des § 3 Nr. 26a Satz 1 EStG bestehen die gleichen Voraussetzungen wie bei der parallelen Vorschrift des § 3 Nr. 26 EStG. § 3 Nr. 26a EStG setzt auch für eine juristische Person des öffentlichen Rechts als „Dienst-” oder „Auftraggeber” voraus, dass gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt werden und dass die Tätigkeit des Steuerpflichtigen für den ideellen Bereich der dienst- oder auftraggebenden Körperschaft (einschließlich ihrer Zweckbetriebe) erfolgt. Bei einer Bejahung der „Förderung gemeinnütziger Zwecke” ist es für die Gewährung des Freibetrags auch unschädlich, wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen in den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts fällt oder wenn die Tätigkeit in einem Aufsichtsorgan einer juristischen Person des Privatrechts ausgeübt wird. Lediglich die Tätigkeit in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder im Rahmen der Vermögensverwaltung ist nicht ausreichend.

3. Die Abwasserbeseitigung als hoheitliche Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand erfüllt materiell die Gemeinnützigkeitskriterien einer Förderung der Allgemeinheit auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO) sowie des Natur- und Umweltschutzes (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AO). Der Staat und seine Untergliederungen erfüllen im hoheitlichen Bereich zwangsläufig die subjektiven Voraussetzungen der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit.

4. Es bleibt offen, ob die Trinkwasserversorgung eine gemeinnützige Tätigkeit darstellt. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte und die GmbH im Urteilsfall somit teilweise eine gemeinnützige Tätigkeit (Abwasserentsorgung) und teilweise eine nicht gemeinnützige Tätigkeit (Trinkwasserversorgung) ausüben sollte, ist die Aufwandsentschädigung vollständig und nicht nur teilweise nach § 3 Nr. 26a EStG steuerfrei, sofern die GmbH überwiegend gemeinnützig tätig ist (im Streitfall: 60 % der Umsatzerlöse der GmbH aus der Abwasserentsorgung).

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
DStZ 2021 S. 428 Nr. 11
EFG 2021 S. 825 Nr. 10
EStB 2021 S. 446 Nr. 10
GStB 2021 S. 319 Nr. 9
GmbH-StB 2021 S. 224 Nr. 7
SAAAH-76374

In den folgenden Produkten ist das Dokument enthalten:

Kiehl Büroberufe
Kiehl Die Steuerfachangestellten Plus
NWB Lohn, Deklaration & Buchhaltung
Wählen Sie das für Ihre Bedürfnisse passende NWB-Paket und testen Sie dieses kostenfrei
Jetzt testen