BAG Urteil v. - 6 AZR 639/19

Lehrkraft für besondere Aufgaben an einer niedersächsischen Universität - Eingruppierung

Gesetze: § 305 Abs 1 S 1 BGB, § 305 S 2 BGB, TV-L, § 32 Abs 1 S 1 HSchulG ND 2007

Instanzenzug: ArbG Osnabrück Az: 3 Ca 227/18 E Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 8 Sa 989/18 E Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin.

2Die Klägerin studierte an der Universität O im Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften und legte im Jahr 1993 erfolgreich die Magisterprüfung ab. Als Hauptfächer belegte sie „Kunst/Kunstpädagogik“ und „Textiles Gestalten“.

3Seit dem ist sie bei dem beklagten Land beschäftigt. Sie ist seitdem an der Universität O als Lehrkraft für besondere Aufgaben im Fachbereich Kultur- und Sozialwissenschaften tätig und unterrichtet im Fach „Textiles Gestalten“. Dieses Fach wird für Studierende des Lehramts an Grund-, Haupt- und Realschulen angeboten. Die Klägerin führt hierbei Seminare und Übungen durch. Dies beinhaltet die Abnahme der diesbezüglichen Prüfungen sowie fachorganisatorische Aufgaben.

4Auf das Arbeitsverhältnis finden die Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Die Vergütung der im Landesdienst stehenden Lehrkräfte für besondere Aufgaben an Universitäten ist jedoch tariflich nicht geregelt (vgl. Vorbemerkung Nr. 5 der Anlage 1a zum Bundes-Angestelltentarifvertrag [BAT] sowie § 44 TV-L iVm. § 1 des Tarifvertrags über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder [TV EntgO-L]). Bezüglich der Beschäftigung von Lektorinnen, Lektoren und Lehrkräften für besondere Aufgaben im Land Niedersachsen hat das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur deshalb durch einen Runderlass Vorgaben zur Eingruppierung im Entgeltgruppensystem des TV-L gemacht (im Folgenden Runderlass).

5Der Runderlass vom (- Z 2.1-03 220/50 (1) -) sieht in Ziff. 3.1.3 Buchst. a vor, dass Lehrkräfte für besondere Aufgaben an Universitäten mit abgeschlossenem Bachelor-Studium nach einer nach dem Abschluss liegenden, der Vorbildung fachlich und qualitativ entsprechenden fünfjährigen Tätigkeit in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert sind. Nach Ziff. 3.1.4 des Runderlasses sind Lehrkräfte für besondere Aufgaben an Universitäten in die Entgeltgruppe 13 TV-L eingruppiert, wenn sie eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 der Entgeltordnung des TV-L aufweisen und eine „dem Studium entsprechende Lehrtätigkeit“ verrichten. Nach Ziff. 3.2 des Runderlasses ist eine dem Studium entsprechende Lehrtätigkeit eine Lehrtätigkeit in einem Fachbereich, deren fachlicher Inhalt dem abgeschlossenen Studium entspricht. Diese Regelungen galten bis zum . Eine Neufassung des Runderlasses, welche vom bis zum Anwendung fand, beinhaltete insoweit keine Änderungen. Die seit dem geltende Fassung (- Z 2.1-03 220/50 (14) -) nahm nur eine redaktionelle Änderung des Verweises auf die Entgeltordnung des TV-L vor.

6Die Vergütung der Klägerin richtet sich unstreitig nach den Vorgaben des Runderlasses in der jeweiligen Fassung. Das beklagte Land vergütet die Klägerin nach Entgeltgruppe 11 TV-L. Mit Schreiben vom , und hat die Klägerin erfolglos eine Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TV-L verlangt.

7Sie ist der Auffassung, dass sie gemäß Ziff. 3.1.4 des Runderlasses in die Entgeltgruppe 13 TV-L eingruppiert sei. Sie erfülle die Voraussetzung einer abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulbildung und verrichte eine ihrem Studium entsprechende Lehrtätigkeit. Dabei sei es nach Ziff. 3.1.4 des Runderlasses nicht erforderlich, dass die Lehrtätigkeit wissenschaftlich sei. Ausweislich der Definition in Ziff. 3.2 des Runderlasses sei vielmehr maßgeblich, dass die Lehrtätigkeit dem fachlichen Inhalt des abgeschlossenen Studiums entspreche. Sie übe die Lehrtätigkeit genau in dem Fachbereich aus, in dem sie selbst ihr Studium absolviert habe. Bei dem Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften handle es sich um den Vorgänger des aktuellen Fachbereichs Kultur- und Sozialwissenschaften derselben Universität. Sie unterrichte in dem Fach, das sie selbst studiert habe („Textiles Gestalten“). Eine größere Deckungsgleichheit von absolviertem Studium und ausgeübter Lehrtätigkeit sei nicht denkbar.

8Dessen ungeachtet erfüllten ihre Lehrveranstaltungen auch wissenschaftliche Anforderungen. Dementsprechend sei die von ihr angebotene Lehrveranstaltung „Textiltechnische und gestalterische Prozesse“ zuvor von einer Lehrbeauftragten „auf der Basis eines Professorenhonorars“ durchgeführt worden. Zum Wintersemester 2017/2018 habe sie das Seminar „Praktisch-methodisches Projekt“ von einer akademischen Oberrätin übernommen.

9Die Klägerin hat daher beantragt,

10Das beklagte Land hat die Abweisung der Klage beantragt. Die Klägerin werde nach Ziff. 3.1.3 Buchst. a des Runderlasses zutreffend nach Entgeltgruppe 11 TV-L vergütet. Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 TV-L nach Ziff. 3.1.4 des Runderlasses seien nicht erfüllt. Die Klägerin verfüge zwar über eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung. Die Voraussetzung „einer dem Studium entsprechenden Lehrtätigkeit“ sei aber nicht erfüllt. Die von ihr durchgeführten Lehrveranstaltungen im Fach „Textiles Gestalten“ seien Teil eines nichtwissenschaftlichen Studiengangs (Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen). Dem entspreche der Inhalt der Lehrveranstaltungen. Die Klägerin übe eine Lehrtätigkeit im textilpraktischen Bereich aus, für die wissenschaftliche Kenntnisse nicht erforderlich seien. Die durchgeführte Lehre könne auch mit einem Bachelor-Abschluss - entsprechend der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TV-L - erteilt werden.

11Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Gründe

12Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung hätte das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückweisen dürfen. Vor einer abschließenden Entscheidung ist den Parteien jedoch noch Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben.

13I. Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag bedarf allerdings der Auslegung.

141. Seinem Wortlaut nach ist der Antrag auf eine Verurteilung zur Eingruppierung und zur Zahlung einer unbezifferten Differenzvergütung gerichtet. Mit diesem Inhalt wäre der Antrag unzulässig.

15a) Der erste Teil des Antrags (Verurteilung zur Eingruppierung) wäre mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Bei der Eingruppierung handelt es sich um einen rein geistigen Akt der wertenden Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Tätigkeitsmerkmal einer Vergütungsordnung (vgl.  - Rn. 11) und damit nicht um einen rechtsgestaltenden Akt des Arbeitgebers (Eylert/Kreutzberg-Kowalczyk NZA-RR 2020, 337, 340). Dementsprechend besteht auch kein Anspruch gegen den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer durch Vornahme einer Leistungshandlung „einzugruppieren“ (Schaub ArbR-HdB/Treber 18. Aufl. § 65 Rn. 2). Der gestellte Leistungsantrag ist damit objektiv sinnlos und deshalb ohne Rechtsschutzbedürfnis (vgl.  - Rn. 22; BeckOK ZPO/Bacher Stand ZPO § 253 Rn. 30).

16b) Der Antrag auf Zahlung der „Differenz zur bisher gezahlten Vergütung“ würde als Leistungsantrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen.

172. Die beiden Elemente des gestellten Antrags können jedoch zusammenfassend dahingehend ausgelegt werden, dass die Verpflichtung des beklagten Landes zur Vergütung der Klägerin nach Entgeltgruppe 13 TV-L seit dem festgestellt werden soll. Dies entspricht dem erkennbaren Klageziel (vgl.  - Rn. 14). Die festzustellende Verpflichtung beinhaltet den angenommenen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Differenz zur bisher gezahlten Vergütung. Bei dem formulierten Begehren der Zahlung der Differenzvergütung handelt es sich letztlich um einen unselbstständigen Antragsbestandteil, welchem keine gesonderte Bedeutung zukommt (vgl.  - Rn. 18; Eylert/Kreutzberg-Kowalczyk NZA-RR 2020, 337, 341).

183. Mit diesem Inhalt ist die Klage als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse ist gegeben. Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Eingruppierung der Klägerin in dem streitgegenständlichen Zeitabschnitt beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Die Klage weist auch den erforderlichen Gegenwartsbezug auf ( - Rn. 13).

19II. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat noch nicht abschließend entscheiden.

201. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass sich die Vergütung der Klägerin nach dem Runderlass in der jeweils geltenden Fassung richtet. Der Senat kann daher davon ausgehen, dass die Parteien die Geltung des Runderlasses durch eine vertragliche Inbezugnahme vereinbart haben (vgl. hierzu  - Rn. 19 ff.; - 6 AZR 671/15 - Rn. 17 ff., BAGE 158, 81; - 6 AZR 487/15 - Rn. 20 ff.).

212. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts spricht viel dafür, dass die Klägerin gemäß Ziff. 3.1.4 des Runderlasses jedenfalls seit dem die Voraussetzungen für eine Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TV-L erfüllt.

22a) Bei dem Runderlass handelt es sich nach § 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB um Allgemeine Geschäftsbedingungen, welche von dem beklagten Land offensichtlich für eine Vielzahl von Verträgen mit Lehrkräften für besondere Aufgaben gleichlautend verwendet und den Beschäftigten bei Vertragsschluss gestellt werden. Die Auslegung eines solchen Runderlasses ist wie die anderer Allgemeiner Geschäftsbedingungen und nicht nach Regeln des Verwaltungsrechts vorzunehmen (vgl.  - Rn. 28; - 6 AZR 352/14 - Rn. 25). Die durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung ( - Rn. 15).

23b) Ziff. 3.1.4 des Runderlasses verlangt für eine Vergütung der Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach Entgeltgruppe 13 TV-L zunächst eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 der Entgeltordnung des TV-L. Das beklagte Land hat nicht bestritten, dass die Klägerin eine solche Hochschulbildung vorweisen kann.

24c) Ob die Klägerin auch die weitere Voraussetzung einer „dem Studium entsprechenden Lehrtätigkeit“ erfüllt, kann ohne Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme für die Parteien nicht abschließend entschieden werden.

25aa) Eine dem Studium entsprechende Lehrtätigkeit ist nach der Definition in Ziff. 3.2 des Runderlasses eine Lehrtätigkeit in einem Fachbereich, deren fachlicher Inhalt dem abgeschlossenen Studium entspricht. Eine wissenschaftliche Lehrtätigkeit wird damit nicht ausdrücklich verlangt. Allenfalls ließe sich ein solches Erfordernis der Verknüpfung mit einer abgeschlossenen „wissenschaftlichen“ Hochschulbildung entnehmen. Eine solche Voraussetzung stünde jedoch im nicht aufgelösten Widerspruch zur gesetzlich bestimmten Aufgabenstellung der betroffenen Lehrkräfte, auf die sich der Erlass bezieht. In Ziff. 1 Satz 1 des Runderlasses wird angeführt, dass sich die Aufgaben der Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach § 32 Abs. 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) bestimmen. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 NHG üben Lehrkräfte für besondere Aufgaben an Universitäten ihre Lehrtätigkeit weisungsgebunden als nichtselbstständige Lehre aus (zur Erteilung von Lehraufträgen als Nebentätigkeit vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2 NHG). Die Ausübung einer solchen nichtselbstständigen Lehre erfüllt das Kriterium der Wissenschaftlichkeit nicht, denn Wissenschaftlichkeit der Lehre setzt voraus, dass dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt. Bei Vermittlung von Erkenntnissen Dritter muss von dem Lehrenden nach dem Vertragsinhalt erwartet werden, dass er diese Erkenntnisse kritisch hinterfragt, sich damit auseinandersetzt und dass er die eigenen Reflexionen in seine Lehrtätigkeit einbringt (vgl. zu § 1 Abs. 1 WissZeitVG  - Rn. 17 mwN). § 32 Abs. 1 Satz 1 NHG sieht dies nicht vor. Das spricht dafür, Ziff. 3.1.4 iVm. Ziff. 3.2 des Runderlasses so zu verstehen, dass damit nur ein inhaltlicher Bezug zum abgeschlossenen Studium verlangt wird. Damit würde den Lehrkräften für besondere Aufgaben an Universitäten mit Blick auf ihre gesetzliche Aufgabenstellung eine Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TV-L auch ohne wissenschaftliche Lehrtätigkeit ermöglicht. Die Auffassung des beklagten Landes würde demgegenüber dazu führen, dass Ziff. 3.1.4 des Runderlasses wegen des in Bezug genommenen § 32 Abs. 1 Satz 1 NHG praktisch nicht zur Anwendung käme.

26bb) Das Landesarbeitsgericht hat das og., von § 32 Abs. 1 Satz 1 NHG nahegelegte Verständnis von Ziff. 3.1.4 iVm. Ziff. 3.2 des Runderlasses nicht erwogen. Bei einem solchen Verständnis trüge seine Ansicht, es könne dahingestellt bleiben, ob der Runderlass für eine dem Studium entsprechende Lehrtätigkeit einen wissenschaftlichen Bezug verlange, nicht mehr.

27(1) Das Landesarbeitsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass für eine dem Studium entsprechende Lehrtätigkeit kein wissenschaftlicher Bezug verlangt werde. Die bloße Erklärung, der fachliche Inhalt der Lehrtätigkeit entspreche dem abgeschlossenen Studium, genüge allerdings nicht. Damit werde im Ergebnis nur der Wortlaut des Runderlasses wiederholt. Der fachliche Inhalt der ausgeübten Lehrtätigkeit sei hier nicht dargestellt worden. Auf die Behauptung des beklagten Landes, die durchgeführte Lehrtätigkeit im textilpraktischen Bereich könne mit einem Bachelor-Abschluss erteilt werden, hätte die Klägerin darlegen müssen, dass sie für die Ausübung ihrer Lehrtätigkeit Kenntnisse und Fertigkeiten benötige, die über den Bachelor-Abschluss hinausgehen. So hätte sie die Inhalte ihres Studiums darstellen können und diese mit den im Einzelnen vorzutragenden Lehrinhalten abgleichen können. Es wäre auch möglich gewesen, Master- und Bachelor-Abschluss gegenüberzustellen und die höheren Anforderungen an die Ausbildung mit Masterprüfung zu beschreiben oder die Inhalte ihrer derzeitigen Lehrtätigkeit genauer darzulegen. Die bloße Benennung der Lehrveranstaltungen reiche nicht aus.

28(2) Diese Argumentation trägt nicht, wenn Ziff. 3.1.4 iVm. Ziff. 3.2 des Runderlasses lediglich einen inhaltlichen Bezug zum wissenschaftlichen Hochschulstudium der Klägerin verlangte.

29(a) Der Kläger einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat als Anspruchsteller diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den rechtlichen Schluss zulassen, dass er die im Einzelfall für sich beanspruchten Tätigkeitsmerkmale einer Eingruppierungsregelung unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt (vgl.  - Rn. 26; - 4 AZR 488/17 - Rn. 21). Hiervon geht das Landesarbeitsgericht im Ansatz zutreffend aus. Ebenfalls zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die bloße Behauptung, die Voraussetzungen entsprechend dem Wortlaut der Eingruppierungsregelung zu erfüllen, nicht ausreicht.

30(b) Die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin würden bei einem von § 32 Abs. 1 Satz 1 NHG vorgegebenen Verständnis des Runderlasses überspannt, wenn ein Vergleich der fachlichen Anforderungen ihrer Lehrtätigkeit mit der Qualifikation eines Bachelor-Abschlusses verlangt würde. Die Eingruppierungsregelungen in Ziff. 3.1.3 und Ziff. 3.1.4 des Runderlasses machten dann einen solchen Vergleich nicht erforderlich. Sie gingen vielmehr von einem unterschiedlichen Qualifikationsniveau aus (abgeschlossenes Bachelor-Studium bzw. abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung) und verlangten hieran anknüpfend eine bestimmte Tätigkeit („der Vorbildung fachlich und qualitativ entsprechenden fünfjährigen Tätigkeit“ bzw. „dem Studium entsprechende Lehrtätigkeit“). Für die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin eine ihrem Studium entsprechende Lehrtätigkeit erbringt, wäre nach der Definition in Ziff. 3.2 des Runderlasses dann nur der Bezug zu ihrem eigenen Studium entscheidend, nicht zu einem Bachelor-Studium. Ziff. 3.2 des Runderlasses bezieht sich nur auf das „abgeschlossene Studium“. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts würde im Ergebnis dazu führen, dass die Lehrtätigkeit auch dann wissenschaftliches Niveau aufweisen müsste, wenn der Erlass das an sich nicht verlangte. Anderenfalls wäre die angenommene Erforderlichkeit der „über den Bachelor-Abschluss hinausgehenden Kenntnisse und Fertigkeiten“ für die Lehrtätigkeit nicht erklärbar.

31(3) Einen inhaltlichen Bezug zu ihrem Studium hat die Klägerin hinreichend aufgezeigt. Das beklagte Land ist dem nicht entgegengetreten, sondern hat letztlich nur die Wissenschaftlichkeit der Lehrtätigkeit in Abrede gestellt. Die Klägerin hat an der Universität O im Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften studiert. Ihre Hauptfächer waren „Kunst/Kunstpädagogik“ und „Textiles Gestalten“. Seit Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums lehrt sie an derselben Universität im Fachbereich Kultur- und Sozialwissenschaften. Ihrem unbestrittenen Vortrag nach handelt es sich hierbei um den Fachbereich, der in Nachfolge zu dem Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften steht. In diesem Fachbereich unterrichtet sie das Fach „Textiles Gestalten“, welches ihrem eigenen Hauptfach entspricht. Schon deshalb ist evident, dass sie eine Lehrtätigkeit verrichtet, deren fachlicher Inhalt ihrem abgeschlossenen Studium entspricht. Wenn es auf die Wissenschaftlichkeit ihrer Lehrveranstaltungen nicht ankommt, ist ohne Belang, ob das Fach „Textiles Gestalten“ in den Lehrveranstaltungen der Klägerin auf wissenschaftlichem Niveau unterrichtet wird und ob dieses Fach Teil eines wissenschaftlichen oder nichtwissenschaftlichen Studiengangs ist. Maßgeblich ist allein die gegebene fachliche Verbindung zwischen der wissenschaftlichen Hochschulbildung der Klägerin und ihrer Lehrtätigkeit.

32(4) Demnach wäre es nicht entscheidungserheblich, welche Qualifikationen die Lehrkräfte hatten, welche die Lehrveranstaltungen der Klägerin vormals betreuten.

333. Der Senat ist an einer abschließenden Entscheidung gehindert. Die nach Auffassung des Senats für das Verständnis des Runderlasses maßgebliche Verknüpfung der Vergütungsregelungen mit § 32 Abs. 1 Satz 1 NHG wurde im Verfahren bisher nicht erkennbar thematisiert. Den Parteien ist daher zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens zunächst Gelegenheit zur diesbezüglichen Stellungnahme zu geben. Dabei ist nicht auszuschließen, dass neuer Sachvortrag zu erbringen ist. Dies ist nach § 559 ZPO nur im Rahmen eines fortgesetzten Berufungsverfahrens möglich (vgl.  - Rn. 23). Bei seiner Würdigung etwaigen neuen Vortrags des beklagten Landes wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass der Inhalt des Runderlasses als Allgemeine Geschäftsbedingung nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln ist. Ansatzpunkt für seine nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist deshalb in erster Linie sein Wortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Erlass aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist (vgl.  - Rn. 17 mwN; - 6 AZR 246/17 - Rn. 19).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2020:171220.U.6AZR639.19.0

Fundstelle(n):
QAAAH-74532