Grunderwerbsteuer bei Auflösung nichtehelicher Lebensgemeinschaften
Leitsatz
1. NV: § 3 Nr. 5a GrEStG erfasst den Grundstückserwerb durch den früheren Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes.
2. NV: Die Vorschrift erfasst nicht den Grundstückserwerb durch den früheren Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
Gesetze: GrEStG § 3 Nr. 5a; GrEStG § 9; EStG § 2 Abs. 8
Instanzenzug:
Tatbestand
I.
1 Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hatte im Jahre 2015 zusammen mit seiner damaligen langjährigen Lebensgefährtin (L) ein Einfamilienhaus zu je hälftigem Miteigentum erworben. Im Jahre 2019 kam es zur Trennung.
2 Mit notariell beurkundetem Vertrag vom erwarb der Kläger von L deren Miteigentumsanteil. Er übernahm die im Grundbuch eingetragenen Belastungen und die schuldrechtlichen Verbindlichkeiten (valutierend mit 270.902,28 €) und hatte außerdem 15.000 € an L zu zahlen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) setzte mit Bescheid vom Grunderwerbsteuer in Höhe von 9.779 € fest. Als Bemessungsgrundlage wurden 150.451 € (15.000 € Kaufpreis sowie 135.451 € übernommene Verbindlichkeiten) zugrunde gelegt. Mit Einspruch und Klage berief sich der Kläger in erster Linie auf die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), hilfsweise darauf, dass die Bemessungsgrundlage nur 15.000 € betrage.
3 Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, dass mit „Lebenspartner“ i.S. des § 3 Nr. 5a GrEStG nur Lebenspartner i.S. des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) vom (BGBl I 2001, 266) gemeint seien. Die Nichtberücksichtigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die von der Veräußerin übernommenen Verbindlichkeiten seien als sonstige Leistung zutreffend nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden.
4 Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, eine Beschränkung der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 5a GrEStG auf die „eingetragene“ Lebenspartnerschaft sei nicht mit Art. 3 GG vereinbar. Im Übrigen sei sie der Vorschrift, die nur vom „Lebenspartner“ spreche, auch gar nicht zu entnehmen, so dass ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit aus Art. 20 GG vorliege. Im allgemeinen Sprachgebrauch umfasse der Begriff „Lebenspartner“ sowohl den eingetragenen Lebenspartner als auch den Lebensgefährten. Schließlich sei fehlerhaft eine Schuldübernahme in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden, nachdem es lediglich eine Haftungsfreistellung für Verbindlichkeiten gegeben habe, für die der Kläger auch zuvor schon gehaftet habe.
5 Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
Gründe
II.
6 Die Beschwerde ist, soweit sie den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht, unbegründet. Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO sind entweder nicht dargelegt worden oder liegen nicht vor.
7 1. Die Rüge, der Wortlaut des § 3 Nr. 5a GrEStG rechtfertige keine Einschränkung der Steuerbefreiung auf eingetragene Lebenspartnerschaften, enthält Einwände gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit des FG-Urteils, die eine Zulassung der Revision für sich genommen im Allgemeinen nicht rechtfertigen. Erst ein sog. qualifizierter Rechtsfehler führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (vgl. etwa , BFH/NV 2020, 364, Rz 9). Die Auslegung des Begriffs „Lebenspartnerschaft“ durch das FG stellt jedoch keinen qualifizierten Rechtsfehler dar, sondern ist umgekehrt eindeutig richtig. Nach § 3 Nr. 5a GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Grundstückserwerb durch den früheren Lebenspartner des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Es kann dahinstehen, inwieweit es tatsächlich, wie der Kläger meint, im Alltagssprachgebrauch üblich ist, die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als „Lebenspartner“ zu bezeichnen. In § 3 Nr. 5a GrEStG sind damit nur Lebenspartner i.S. des LPartG gemeint.
8 a) Im Rahmen eines Gesetzes ist der Begriff rechtstechnisch zu verstehen und meint nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung die Lebenspartnerschaft nach dem entsprechenden Gesetz. Der BFH hat regelmäßig den durch Gesetz verwendeten Begriff „Lebenspartner“ im Sinne der eingetragenen Lebenspartnerschaft verstanden und nicht etwa im Sinne einer —dann näher zu konturierenden— Lebensgemeinschaft. Das betrifft nicht nur die seitens des FA zitierte Entscheidung zu § 2 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (, BFHE 257, 424, BStBl II 2017, 903). Es betrifft auch verschiedene Begünstigungsvorschriften in der Erbschaft- und Schenkungsteuer (vgl. , BFHE 240, 404, BStBl II 2013, 633, Rz 14 f.; , BFH/NV 2016, 47).
9 b) Es gibt keinen teleologischen oder systematischen Ansatz, in der Grunderwerbsteuer eine abweichende Auslegung vorzunehmen. Vielmehr hatte der Gesetzgeber ein solches Verständnis ausdrücklich beabsichtigt. Das Jahressteuergesetz 2010 (BGBl I 2010, 1768), durch dessen Art. 29 Nr. 1 Buchst. c die Nr. 5a in § 3 GrEStG eingefügt wurde, wollte eingetragene Lebenspartner u.a. im Grunderwerbsteuerrecht den Ehegatten gleichstellen. Die Vorschrift beruhte auf der Erwägung, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft wie bei der Scheidung von Ehegatten durch gerichtliches Urteil aufgehoben werden kann und hier Gleichklang hergestellt werden sollte (BTDrucks 17/2249, S. 2, 99). Diese Überlegungen setzen denknotwendig voraus, dass mit dem Begriff „Lebenspartnerschaft“ allein die eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem LPartG gemeint war.
10 2. Mit den verfassungsrechtlichen Einwänden macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend.
11 a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn hinsichtlich ihrer Beantwortung Unsicherheit besteht. Daran fehlt es nach ständiger Rechtsprechung des BFH, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (vgl. etwa , BFH/NV 2020, 1174, BStBl II 2020, 586, Rz 3, m.w.N.). Das gilt insbesondere, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt (vgl. etwa , BFH/NV 2020, 870, Rz 3, m.w.N.).
12 b) Im Streitfall bestehen keine Zweifel, dass § 3 Nr. 5a GrEStG mit der vorbezeichneten Auslegung weder gegen Art. 20 GG noch gegen Art. 3 GG verstößt.
13 aa) Der Grundsatz der Normenklarheit ist nicht bereits deshalb verletzt, weil eine Norm der Auslegung bedarf. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (, BVerfGE 83, 130, unter B.I.3.d, m.w.N.).
14 bb) Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der Ehe wie auch einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist nicht erkennbar. Die Ehe sowie die Lebenspartnerschaft nach dem LPartG schaffen vielfältige, insbesondere vermögensbezogene Rechte und Pflichten. Eine vergleichbare Rechtsbindung ist in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht vorhanden. Es ist deshalb sachlich gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber eine vermögensbezogene Privilegierung, wie sie § 3 Nr. 5 GrEStG für frühere Ehegatten und § 3 Nr. 5a GrEStG für frühere Lebenspartner schaffen, auf nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht ausgedehnt hat. Mit entsprechenden Erwägungen hat der BFH die Verfassungskonformität des Begünstigungsausschlusses der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in der Erbschaft- und Schenkungsteuer bejaht (BFH-Urteil in BFHE 240, 404, BStBl II 2013, 633, Rz 16 bis 19). Sie entspricht der Begründung, mit der das BVerfG die Ungleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in der Erbschaft- und Schenkungsteuer für unzulässig erachtet hat (, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400). Für eine abweichende Betrachtungsweise für die Grunderwerbsteuer ist kein Grund ersichtlich.
15 3. Die Einwände gegen die Einbeziehung der übernommenen Schulden und dinglichen Belastungen in die Bemessungsgrundlage richten sich allein gegen die materiell-rechtliche Rechtsanwendung durch das FG. Damit wird keiner der Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht.
16 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
17 5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2020:B.011220.IIB53.20.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2021 S. 540 Nr. 5
UVR 2021 S. 137 Nr. 5
LAAAH-74162